Rudolf Steiner
Wie Karma wirkt (1903)
Erschienen in:
Aufsätze aus
«Lucifer-Gnosis» 1903 – 1908
GA 32
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Englisch
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Der Schlaf ist oft der jüngere Bruder des Todes
genannt worden. Mehr, als man bei oberflächlicher Betrachtung vielleicht
anzunehmen geneigt ist, versinnlicht dieses Gleichnis die Wege des
Menschengeistes. Denn es gibt eine Idee davon, in welchem Sinne die
mannigfaltigen Verkörperungen, welche dieser Menschengeist durchmacht,
zusammenhängen. In dem Aufsatz
«Reinkarnation und Karma, vom Standpunkte der modernen Naturwissenschaft notwendige Vorstellungen»
ist dargelegt worden, daß die
gegenwärtige naturwissenschaftliche Vorstellungsart, wenn sie sich nur wirklich
selbst versteht, zu der uralten Lehre von der Entwickelung des ewigen
Menschengeistes durch viele Leben hindurch führt. Notwendig schließt sich an
diese Erkenntnis die Frage: wie hängen diese mannigfaltigen Leben miteinander
zusammen? In welchem Sinne ist das Leben eines Menschen die Wirkung seiner
früheren Verkörperungen, und wie wird es zur Ursache der späteren? Ein Bild des
Zusammenhanges von Ursache und Wirkung auf diesem Felde gibt das Gleichnis vom
Schlafe [1]. Ich stehe des Morgens auf.
Meine fortlaufende Tätigkeit war des Nachts unterbrochen. Ich kann diese
Tätigkeit des Morgens nicht in beliebiger Weise wieder aufnehmen, wenn Regel
und Zusammenhang in meinem Leben sein soll. Mit dem, was ich gestern getan
habe, sind die Vorbedingungen geschaffen für das, was ich heute zu tun habe.
Ich muß an das Ergebnis meines Wirkens von gestern anknüpfen. In vollem Sinne
des Wortes gilt es: meine Taten von gestern sind mein Schicksal von heute. Ich
habe mir selbst die Ursachen geformt, zu denen ich die Wirkungen hinzufügen muß.
Und ich finde diese Ursachen vor, nachdem ich mich eine Weile von ihnen
zurückgezogen habe. Sie gehören zu mir, auch wenn ich einige Zeit von ihnen
getrennt war.
Noch in einem anderen Sinne gehören die Wirkungen
meiner Erlebnisse von gestern zu mir. Ich bin selbst wohl durch sie verändert
worden. Man nehme an, ich habe etwas unternommen, das mir nur halb gelungen
ist. Ich habe nachgedacht, warum dies teilweise Mißlingen mich getroffen hat.
Wenn ich etwas Ähnliches wieder zu verrichten habe, so vermeide ich die
erkannten Fehler. Also ich habe mir eine neue Fähigkeit angeeignet. Dadurch
sind meine Erlebnisse von gestern die Ursachen meiner Fähigkeiten von heute.
Meine Vergangenheit bleibt mit mir verbunden; sie lebt in meiner Gegenwart
weiter; und sie wird mir in meine Zukunft hinein weiter folgen. Ich habe mir
durch meine Vergangenheit die Lage geschaffen, in der ich gegenwärtig mich
befinde. Und der Sinn des Lebens verlangt, daß ich mit dieser Lage
verknüpft bleibe. Sinnlos wäre es doch, wenn ich unter regelmäßigen
Verhältnissen ein Haus, das ich mir habe bauen lassen, nicht beziehen würde.
Nicht erwachen müßte ich heute morgen,
sondern neu, aus dem Nichts heraus, geschaffen werden, wenn die Wirkungen
meiner Taten von gestern nicht mein Schicksal von heute sein sollen. Und neu geschaffen,
aus dem Nichts heraus entstanden, müßte der Menschengeist sein, wenn nicht
die Ergebnisse seiner früheren Leben verknüpft blieben mit seinen späteren. Ja,
der Mensch kann in gar keiner anderen Lage leben als in derjenigen, die durch
sein Vorleben geschaffen worden ist. Er kann es ebensowenig wie die Tiere, die
nach ihrer Einwanderung in die Höhlen von Kentucky das Sehvermögen verloren
haben, anderswo als in diesen Höhlen leben können. Sie haben sich durch ihre
Tat, durch die Einwanderung, die Bedingungen ihres späteren Lebens geschaffen.
Eine Wesenheit, die einmal tätig war, steht in der Folge eben nicht mehr
isoliert da; sie hat ihr Selbst in ihre Taten gelegt. Und alles, was sie wird,
ist fortan verknüpft mit dem, was aus den Taten wird. Diese Verknüpfung einer
Wesenheit mit den Ergebnissen ihrer Taten ist das die ganze Welt beherrschende
Gesetz vom Karma. Die Schicksal gewordene Tätigkeit ist Karma.
Und deswegen ist der Schlaf ein gutes Bild für den
Tod, weil der Mensch während des Schlafes in der Tat dem Schauplatz entzogen
ist, auf dem sein Schicksal ihn erwartet. Während wir schlafen, laufen die
Ereignisse auf diesem Schauplatz weiter. Wir haben eine Zeitlang auf diesen
Lauf keinen Einfluß. Dennoch finden wir die Wirkungen unserer Taten wieder, und
müssen an sie anknüpfen. Wirklich verkörpert sich unsere Persönlichkeit jeden
Morgen aufs neue in unserer Tatenwelt. Was über die Nacht von uns getrennt war,
ist tagsüber gleichsam um uns gelegt.
So ist es mit den Taten unserer früheren
Verkörperungen. Ihre Ergebnisse sind der Welt, in der wir verkörpert waren,
einverleibt. Sie gehören aber zu uns, wie das Leben in den Höhlen zu den Tieren
gehört, die durch dieses Leben das Sehvermögen verloren haben. Wie diese Tiere
nur leben können, wenn sie die Umgebung wiederfinden, an die sie sich angepaßt
haben, so kann der Menschengeist nur leben in der Umgebung, die er durch
seine Taten, als die ihm entsprechende, sich geschaffen hat.
An jedem neuen Morgen wird der menschliche Körper
gleichsam von neuem durchseelt. Die Naturforschung gibt zu, daß damit etwas
vorgeht, was sie nicht begreifen kann, wenn sie sich bloß der Gesetze
bedient, die sie in der physischen Welt gewonnen hat. Man halte sich
vor, was der Naturforscher Du Bois-Reymond darüber in seiner Rede «Die Grenzen
des Naturerkennens» gesagt hat: « Ein aus irgendeinem Grunde bewußtloses, zum
Beispiel ohne Traum schlafendes Gehirn enthielte, naturwissenschaftlich (Du
Bois-Reymond sagt «astronomisch») durchschaut, kein Geheimnis mehr, und bei
naturwissenschaftlicher Kenntnis auch des übrigen Körpers wäre so die ganze
menschliche Maschine, mit ihrem Atmen, ihrem Herzschlag, ihrem Stoffwechsel,
ihrer Wärme, und so fort, bis auf das Wesen von Materie und Kraft, völlig
entziffert. Der traumlos Schlafende ist begreiflich, wie die Welt, ehe es
Bewußtsein gab. Wie aber mit der ersten Regung von Bewußtsein die Welt doppelt
unbegreiflich ward, so wird es auch der Schläfer wieder mit dem ersten ihm
dämmernden Traumbild.» Das kann nicht anders sein. Denn, was der Naturforscher
hier als den traumlos Schlafenden beschreibt, das ist dasjenige vom Menschen,
was allein den physischen Gesetzen unterworfen ist. Es folgt aber in dem
Augenblicke, in dem es wieder durchseelt erscheint, den Gesetzen des
seelischen Lebens. Schlafend folgt der menschliche Körper den physischen
Gesetzen: der Mensch erwacht, und das Licht des vernünftigen Handelns schlägt
wie ein Funke in das rein physische Dasein ein. Man drückt sich ganz im Sinne
des Naturforschers Du Bois-Reymond aus, wenn man sagt: man kann den schlafenden
Körper nach allen Seiten durchsuchen; das Seelische wird man nicht in
ihm finden können. Aber dieses Seelische setzt den Lauf seiner vernünftigen
Taten da fort, wo es ihn vor dem Einschlafen unterbrochen hat. - So gehört der
Mensch - auch für diese Betrachtung - zwei Welten an. In der einen lebt er
körperlich, und dieses körperliche Leben kann man am Faden physischer Gesetze
verfolgen; in der anderen lebt er geistig-vernünftig, und über dieses Leben
können wir durch physische Gesetze nichts erfahren. Wollen wir das eine Leben
studieren, so müssen wir uns an die physischen Gesetze der Naturwissenschaft
halten; wollen wir aber das andere Leben begreifen, so müssen wir die Gesetze
des vernünftigen Handelns kennenlernen, zum Beispiel Logik, Rechtslehre,
Wirtschaftslehre, Ästhetik usw.
Der schlafende Menschenkörper, der nur den
physischen Gesetzen unterliegt, kann niemals etwas vollbringen, was im Sinne
der Vernunftgesetze liegt. Aber der Menschengeist trägt diese Vernunftgesetze
in die physische Welt. Und soviel er in sie hineingetragen hat, soviel wird er
von ihnen wiederfinden, wenn er, nach einer Unterbrechung, den Faden seiner
Tätigkeit wieder aufnimmt.
Bleiben wir noch eine Weile bei dem Bilde vom
Schlaf. Die Persönlichkeit muß heute an ihre Taten von gestern anknüpfen, wenn
das Leben nicht sinnlos sein soll. Sie könnte es nicht, wenn sie sich nicht mit
diesen Taten verknüpft fühlte. Das Ergebnis meiner Wirksamkeit von gestern
könnte ich heute nicht aufnehmen, wenn nicht in mir selbst etwas von dieser
Wirksamkeit geblieben wäre. Hätte ich heute alles vergessen, was ich gestern
erfahren habe, so wäre ich ein neuer Mensch und könnte an nichts anknüpfen. Es
ist mein Gedächtnis, das mir die Anknüpfung an meine gestrigen Taten
ermöglicht. - Dieses Gedächtnis bindet mich an die Wirkungen meines Tuns.
Dasjenige, was im eigentlichen Sinne meinem vernünftigen Leben angehört, zum
Beispiel die Logik, ist heute dasselbe wie gestern. Dies ist anwendbar auch auf
dasjenige, was gestern durchaus nicht, was überhaupt niemals noch in
meinen Gesichtskreis getreten ist. Mein Gedächtnis verbindet mein logisches
Handeln von heute mit meinem logischen Handeln von gestern. Wenn es bloß auf
die Logik ankäme, dann könnten wir in der Tat jeden Morgen ein neues Leben
beginnen. Aber im Gedächtnisse bleibt aufbewahrt, was uns an unser Schicksal
bindet.
So finde ich mich wirklich am Morgen als eine
dreifache Wesenheit. Ich finde meinen Körper wieder, der während meines
Schlafes seinen bloß physischen Gesetzen gehorcht hat. Ich finde mich selbst,
meinen Menschengeist, wieder, der heute derselbe ist wie gestern, und der heute
die Gabe vernünftigen Handelns hat, wie gestern. Und ich finde alles dasjenige
bewahrt im Gedächtnisse, was der gestrige Tag - was meine ganze Vergangenheit -
aus mir gemacht hat.
Und damit haben wir zugleich ein Bild der
dreifachen Wesenheit des Menschen. In jeder neuen Verkörperung findet sich der
Mensch in einem physischen Organismus, der den Gesetzen der äußeren Natur unterworfen
ist. Und in jeder Verkörperung ist er derselbe Menschengeist. Als solcher ist
er das Ewige in den mannigfaltigen Verkörperungen. Körper und Geist
stehen einander gegenüber. Zwischen beiden muß etwas sein, wie das
Gedächtnis zwischen meinen Taten von gestern und denen von heute ist. Und dies
ist die Seele [2]. Sie bewahrt die Wirkungen meiner
Taten aus den früheren Leben. Sie bewirkt, daß der Geist in einer neuen Verkörperung
als dasjenige erscheint, was vorhergehende Leben aus ihm gemacht haben. So
hängen Leib, Seele und Geist zusammen. Ewig ist der Geist; Geburt und
Tod walten nach den Gesetzen der physischen Welt in der Körperlichkeit;
beide führt die Seele immer wieder zusammen, indem sie aus den Taten das Schicksal
webt.
Auch für den Vergleich der Seele mit dem Gedächtnis
ist eine Berufung auf die gegenwärtige Naturwissenschaft möglich. Im Jahre 1870
hat der Naturforscher Ewald Hering eine Abhandlung veröffentlicht, die
den Titel trägt: «Über das Gedächtnis als eine allgemeine Funktion der
organisierten Materie». Und Ernst Haeckel stimmt mit den Ansichten
Herings überein. Er sagt in seiner Arbeit «Über die Wellenzeugung der
Lebensteilchen» das Folgende: «In der Tat überzeugt uns jedes tiefere
Nachdenken, daß ohne die Annahme eines unbewußten Gedächtnisses der
lebenden Materie die wichtigsten Lebensfunktionen überhaupt unerklärbar sind.
Das Vermögen der Vorstellung und Begriffsbildung, des Denkens und Bewußtseins,
der Übung und Gewöhnung, der Ernährung und Fortpflanzung beruht auf der
Funktion des unbewußten Gedächtnisses, dessen Tätigkeit unendlich viel
bedeutungsvoller ist, als diejenige des bewußten Gedächtnisses. Mit Recht sagt
Hering, <daß es das Gedächtnis ist, dem wir fast alles verdanken, was wir
sind und haben>.» Und nun versucht Haeckel die Vorgänge der Vererbung innerhalb
der Lebewesen auf dieses unbewußte Gedächtnis zurückzuführen. Daß das
Tochterwesen dem Mutterwesen ähnlich ist, daß von dem letzteren die Eigenschaften
auf das erstere vererbt werden, soll darnach auf dem unbewußten Gedächtnis des
Lebendigen beruhen, das im Laufe der Fortpflanzung die Erinnerung an
vorhergehende Formen bewahrt. - Es ist hier nicht zu untersuchen, was an den
Darstellungen Herings und Haeckels naturwissenschaftlich haltbar ist; für die
Ziele, die hier verfolgt werden, ist lediglich wichtig, daß der Naturforscher
sich gezwungen sieht, da, wo er über Geburt und Tod hinausgeht, wo er etwas
voraussetzen muß, was den Tod überdauert, daß er da eine Wesenheit annimmt, die
er sich dem Gedächtnis ähnlich denkt. Er greift naturgemäß zu einer übersinnlichen Kraft,
da, wo die Gesetze der physischen Natur nicht hinreichen.
Man muß übrigens beachten, daß es sich hier
zunächst nur um einen Vergleich, um ein Bild handelt, wenn von
Gedächtnis gesprochen wird. Man darf nicht glauben, daß wir unter Seele etwas
verstehen, was ohne weiteres dem bewußten Gedächtnis gleichkommt. Auch im
gewöhnlichen Leben ist ja nicht immer bewußtes Gedächtnis im Spiele, wenn man
sich die Erlebnisse der Vergangenheit zunutze macht. Die Früchte dieser
Erlebnisse tragen wir in uns, auch wenn wir uns nicht bewußt an das Erlebte
immer erinnern. Wer erinnert sich an alle Einzelheiten, durch die er lesen und
schreiben gelernt hat? Ja, wem sind diese Einzelheiten überhaupt alle zum
Bewußtsein gekommen? Die Gewohnheit zum Beispiel ist eine Art unbewußten
Gedächtnisses. - Nur hingedeutet werden soll eben durch den Vergleich mit
dem Gedächtnis auf das Seelische, das sich zwischen Körper und Geist einschiebt
und den Vermittler bildet zwischen dem Ewigen und dem, was als Physisches in
den Lauf von Geburt und Tod eingesponnen ist.
Der Geist, der sich wiederverkörpert, findet also
innerhalb der physischen Welt die Ergebnisse seiner Taten als sein Schicksal
vor; und die Seele, die an ihn gebunden ist, vermittelt seine Anknüpfung an
dieses Schicksal. Man kann nun fragen: wie kann der Geist die Ergebnisse seiner
Taten vorfinden, da er doch wohl bei seiner Wiederverkörperung in eine völlig andere
Welt versetzt wird gegenüber derjenigen, in der er vorher war? Dieser Frage
liegt eine sehr äußerliche Vorstellung von Schicksalsverkettung zugrunde. Wenn
ich meinen Wohnplatz von Europa nach Amerika verlege, so befinde ich mich auch
in einer völlig neuen Umgebung. Und dennoch hängt mein Leben in Amerika von
meinem vorhergehenden in Europa ganz ab. Bin ich in Europa Mechaniker geworden,
so gestaltet sich mein Leben in Amerika ganz anders, als wenn ich Bankbeamter
geworden bin. In dem einen Falle werde ich wahrscheinlich in Amerika von
Maschinen, in dem ändern von Bankpapieren umgeben sein. In jedem Falle bestimmt
mein Vorleben meine Umgebung, es zieht gleichsam aus der ganzen Umwelt
diejenigen Dinge an sich, die ihm verwandt sind. So ist es mit meiner
Geist-Seele. Sie umgibt sich notwendig mit demjenigen, mit dem sie aus dem
Vorleben verwandt ist. Für niemand kann das dem Gleichnis von Schlaf und Tod
widersprechen, der sich bewußt ist, daß er es eben nur mit einem Gleichnis -
wenn auch mit einem der treffendsten - zu tun hat. Daß ich am Morgen die Lage
vorfinde, die ich am vorhergehenden Tage selbst geschaffen, dafür sorgt der unmittelbare
Gang der Ereignisse. Daß ich, wenn ich mich wieder verkörpere, eine Umwelt
vorfinde, die dem Ergebnis meiner Taten in dem vorhergehenden Leben entspricht:
dafür sorgt die Verwandtschaft meiner wieder geborenen Geistseele mit den
Dingen dieser Umwelt.
Was führt mich in diese Umwelt hinein? Unmittelbar
die Eigenschaften meiner Geistseele bei der neuen Verkörperung. Aber diese
Eigenschaften habe ich doch nur, weil die Taten meiner früheren Leben sie der
Geistseele eingeprägt haben. Diese Taten sind also die wirkliche Ursache, warum
ich in bestimmte Verhältnisse hineingeboren werde. Und was ich heute tue, wird mit
eine Ursache sein, warum ich in einem späteren Leben diese oder jene
Verhältnisse antreffen werde. - So schafft sich der Mensch in der Tat sein
Schicksal. Dieses erscheint nur so lange unbegreiflich, als man das einzelne
Leben für sich betrachtet und es nicht als ein Glied der aufeinander folgenden
Leben ansieht.
So kann man sagen, daß den Menschen im Leben nichts
treffen kann, wozu er nicht selbst die Bedingungen geschaffen hat. Durch die
Einsicht in das Schicksalsgesetz - in Karma -wird erst begreiflich, warum «der
Gute oft leiden muß, und der Böse glücklich sein kann». Diese scheinbare
Disharmonie des einen Lebens verschwindet, wenn der Blick erweitert wird
auf die vielen Leben. - So einfach wie einen gewöhnlichen Richter, oder wie die staatliche
Justizpflege darf man sich allerdings das Karmagesetz nicht vorstellen. Das
wäre so, wie wenn man sich Gott als alten Mann mit weißem Bart vorstellte.
Viele verfallen in diesen Fehler. Namentlich die Gegner der Karmaidee gehen von
solch irrtümlichen Voraussetzungen aus. Sie kämpfen gegen die Vorstellung, die sie
den Bekennern von Karma unterschieben, nicht gegen diejenige, welche die
wahren Kenner haben.
In welchem Verhältnisse befindet sich der Mensch
zur physischen Umwelt, wenn er in eine neue Verkörperung eintritt? Dieses
Verhältnis ergibt sich einerseits daraus, daß er in der Zwischenzeit zwischen
den beiden Verkörperungen keinen Anteil gehabt hat an der physischen Welt;
andererseits daraus, welches seine Entwickelung in dieser Zwischenzeit war.
Klar ist von vornherein, daß in diese Entwickelung nichts aus der
physischen Welt einfließen kann, denn die Geistseele befindet sich ja eben außerhalb
dieser physischen Welt. Sie kann daher alles, was in ihr vorgeht, nunmehr
bloß aus sich selbst, beziehungsweise aus der überphysischen Welt schöpfen. War
sie innerhalb der Verkörperung in die physische Tatsachenwelt verstrickt, so
ist nach der Entkörperung der unmittelbare Einfluß dieser Tatsachenwelt
von ihr genommen. Und geblieben ist ihr lediglich aus derselben das, was wir
mit dem Gedächtnisse verglichen haben. - Aus zwei Teilen besteht dieser
«Gedächtnisrest». Seine Teile ergeben sich, wenn man in Erwägung zieht, was zu
seiner Bildung beigetragen hat. -Der Geist hat in dem Körper gelebt und ist
daher durch den Körper in Beziehung zur körperlichen Umwelt gekommen. Diese
Beziehung hat ihren Ausdruck darin gefunden, daß sich vermittelst des Körpers
Triebe, Begierden, Leidenschaften entwickelt haben, und daß sich, durch diese,
äußere Handlungen vollzogen haben. Weil er körperlich ist, handelt der Mensch
unter dem Einflüsse der Triebe, Begierden und Leidenschaften. Und diese haben
nach zwei Seiten hin ihre Bedeutung. Sie drücken auf der einen Seite den
äußeren Handlungen, die der Mensch begeht, den Stempel auf. Und sie formen auf
der anderen Seite seinen persönlichen Charakter. Die Handlung, die ich begehe,
ist die Folge meiner Begierde; und ich selbst bin als Persönlichkeit das, was
diese Begierde zum Ausdruck bringt. Die Handlung geht in die Außenwelt über;
die Begierde bleibt in meiner Seele wie die Vorstellung in meinem Gedächtnisse.
Und wie zunächst das Vorstellungsbild in meinem Gedächtnisse durch jeden neuen
gleichartigen Eindruck verstärkt wird, so die Begierde durch jede neue
Handlung, die ich unter ihrem Einflüsse vollziehe. So lebt in meiner Seele
wegen des körperlichen Daseins eine Summe von Trieben, Begierden und
Leidenschaften. Man bezeichnet diese Summe als den « Körper des Verlangens »
(Kama rupa). - Dieser «Körper des Verlangens» hängt innig mit dem physischen
Dasein zusammen. Denn er entsteht ja unter dem Einfluß der physischen
Körperlichkeit. Von dem Augenblicke an, in dem der Geist nicht mehr verkörpert
ist, kann er daher seine Bildung nicht mehr fortsetzen. Der Geist muß sich von
ihm befreien, insofern er durch ihn mit dem einzelnen physischen Leben
zusammengehangen hat. Auf das physische Leben folgt ein anderes, in dem diese
Befreiung vor sich geht. Man kann fragen: Ist denn mit dem Tode nicht auch
dieser «Körper des Verlangens» zerstört? Die Antwort darauf ist: Nein, in dem
Maße, in dem in jedem Augenblicke des physischen Lebens das Verlangen die
Befriedigung überwiegt, in dem Maße bleibt das Verlangen bestehen, wenn die
Möglichkeit der Befriedigung aufgehört hat. Nur ein Mensch, der gar nichts
wünscht von der sinnlichen Welt, hat keinen Überschuß des Verlangens über die
Befriedigung. Nur der wunschlose Mensch stirbt, ohne in seinem Geiste eine
Summe von Verlangen zurückzubehalten. Und diese Summe muß nach dem Tode
gleichsam abklingen. Der Zustand dieses Abklingens wird «Aufenthalt im Orte des
Verlangens» (in Kamaloka) genannt. Man sieht leicht ein, daß dieser Zustand um
so länger dauern muß, je mehr der Mensch sich mit dem sinnlichen Leben
verbunden gefühlt hat.
Der zweite Teil des «Gedächtnisrestes» wird auf
andere Art gebildet. Wie das Verlangen den Geist nach dem vergangenen Leben
zieht, so weist ihn dieser andere Teil nach der Zukunft. Der Geist hat sich
durch seine Tätigkeit im Körper mit der Welt bekannt gemacht, der dieser Körper
angehört. Jede neue Anstrengung, jedes neue Erlebnis erhöht diese seine
Bekanntschaft. In der Regel macht der Mensch zum zweitenmal ein jedes Ding
besser als beim ersten Versuch. Die Erfahrung, das Erlebnis prägt sich dem
Geiste als eine Erhöhung seiner Fähigkeiten ein. So wirkt unsere Erfahrung auf
unsere Zukunft, und wenn wir nicht mehr Gelegenheit haben, Erfahrungen zu
machen, dann .bleibt das Ergebnis dieser Erfahrungen als «Gedächtnisrest». -
Aber keine Erfahrung könnte auf uns wirken, wenn wir nicht die Fähigkeiten
hätten, den Nutzen aus ihr zu ziehen. Wie wir die Erfahrung aufnehmen können,
was wir aus ihr zu machen vermögen, davon hängt es ab, was sie für unsere
Zukunft bedeutet. Für Goethe war ein Erlebnis etwas anderes als für seinen
Kammerdiener; und es hatte durch den ersteren ganz andere Folgen als durch den
letzteren. Welche Fähigkeiten wir uns durch ein Erlebnis erwerben, hängt somit
von der geistigen Arbeit ab, die wir in Verbindung mit dem Erlebnisse
vollbringen. - Ich habe in einem gewissen Augenblicke meines Lebens immer eine
Summe von Ergebnissen meiner Erfahrung in mir. Und diese Summe bildet die
Anwartschaft auf Fähigkeiten, die in der Folge zutage treten können. - Eine
solche Summe von Erfahrungen besitzt der Menschengeist bei seiner Entkörperung.
Sie nimmt er ins übersinnliche Leben hinüber. Verknüpft ihn nun kein
körperliches Band mehr mit dem physischen Dasein, und hat er auch die Wünsche
abgestreift, die ihn an dieses physische Dasein ketten, dann ist ihm die Frucht
seiner Erfahrung geblieben. Und diese Frucht ist ganz von der unmittelbaren
Einwirkung des vergangenen Lebens befreit. Der Geist kann nun lediglich
darauf sehen, was sich für die Zukunft daraus formen läßt. So ist der
Geist, nachdem er den « Ort des Verlangens » verlassen hat, in einem Zustande,
in dem sich seine Erlebnisse der früheren Leben in Keime - Anlagen, Fähigkeiten
usw. - für die Zukunft umsetzen. Man bezeichnet das Leben des Geistes in diesem
Zustande als den Aufenthalt in dem « Orte der Wonne » (Deva-chan). («Wonne»
kann ja einen Zustand bezeichnen, der alle Sorge um das Vergangene vergessen
macht, und das Herz lediglich für die Zukunft schlagen läßt.) Es erhellt von
selbst, daß dieser Zustand im allgemeinen um so länger dauern wird, eine je
größere Anwartschaft beim Tode auf die Aneignung neuer Fähigkeiten vorhanden
ist. - Hier kann es sich natürlich nicht darum handeln, alle Erkenntnisse zu
entwickeln, die sich auf den Menschengeist beziehen. Es soll nur gezeigt
werden, wie das Karmagesetz im physischen Leben wirkt. Dazu ist zunächst
hinreichend zu wissen, was der Geist aus diesem physischen Leben in
übersinnliche Zustände mit hinübernimmt, und was er davon zu einer neuen
Verkörperung wieder mit zurückbringt. Er bringt die zu Eigenschaften seines
Wesens gewordenen Ergebnisse der in früheren Leben gemachten Erlebnisse mit. -
Um die Tragweite davon einzu-sehen, braucht man sich den Vorgang nur an einem
einzelnen Beispiele klar zu machen. Kant sagt: « Zwei Dinge erfüllen das Gemüt
mit immer zunehmender Bewunderung: der gestirnte Himmel über mir und das
moralische Gesetz in mir.» Jeder Denkende gibt nun zu, daß der gestirnte Himmel
nicht aus dem Nichts heraus entsprungen ist, sondern sich allmählich gebildet
hat. Und Kant selbst ist es, der 1755 in einer grundlegenden Schrift die
allmähliche Bildung eines Kosmos zu erklären suchte. Aber ebensowenig darf man
die Tatsache des moralischen Gesetzes ohne eine Erklärung hinnehmen. Auch
dieses moralische Gesetz ist nicht aus dem Nichts heraus entsprungen. In den
anfänglichen Verkörperungen, die der Mensch durchgemacht hat, sprach in ihm das
moralische Gesetz nicht so, wie es in Kant gesprochen hat. Der primitive Mensch
handelt ganz so, wie es seinen Begierden entspricht. Und er nimmt die
Erlebnisse, die er mit solchem Handeln gemacht hat, hinüber in die übersinnlichen
Zustände. Hier werden sie zu höherer Fähigkeit. Und in einer weiteren
Verkörperung wirkt in ihm nicht mehr die bloße Begierde, sondern sie wird
bereits mitgelenkt durch die Wirkungen der vorher gemachten Erfahrungen. Und
viele Verkörperungen sind notwendig, bis der ursprünglich ganz den Begierden
hingegebene Mensch seiner Umwelt das geläuterte moralische Gesetz
gegenüberstellt, das Kant als etwas bezeichnet, zu dem man mit ebensolcher
Bewunderung wie zu dem Sternenhimmel aufblickt.
Die Umwelt, in die der Mensch durch eine neue
Verkörperung hineingeboren wird, bringt ihm die Ergebnisse seiner Taten, als
sein Schicksal, entgegen. Er selbst tritt in diese Umwelt mit den Fähigkeiten,
die er in den übersinnlichen Zuständen sich aus seinen früheren Erlebnissen
heraus gebildet hat. Deshalb werden auch seine Erlebnisse in der physischen
Welt im allgemeinen auf einer um so höheren Stufe stehen, je öfter er sich
verkörpert hat, oder je größer seine Anstrengungen innerhalb seiner früheren
Verkörperungen gewesen sind. Dadurch wird die Pilgerfahrt durch die
Verkörperungen hindurch eine Aufwärtsentwickelung sein. Immer reicher wird der
Schatz, den seine Erfahrungen in seinem Geiste ansammeln. Und damit tritt er
immer reifer seiner Umwelt, seinem Schicksal entgegen. Das macht ihn immer mehr
zum Herrn des Schicksals. Denn das ist es ja gerade, was er aus seinen
Erlebnissen gewinnt, daß er die Gesetze der Welt durchschauen lernt, in welcher
sich diese Erlebnisse abspielen. Erst findet sich der Geist in der Umwelt nicht
zurecht. Er tappt im dunkeln. Aber mit jeder neuen Verkörperung wird es heller
um ihn. Er erwirbt sich das Wissen, die Kenntnis der Gesetze seiner Umwelt; mit
anderen Worten: er vollbringt immer mehr mit Bewußtsein, was er vorher in
Dumpfheit vollbracht hat. Immer geringer wird der Zwang der Umwelt; immer mehr
vermag der Geist sich selbst zu bestimmen. Der Geist aber, der sich aus sich
selbst bestimmt, das ist der freie Geist. Ein Handeln im vollen hellen
Lichte des Bewußtseins ist ein freies Handeln. (Das Wesen des freien
Menschengeistes habe ich in meiner «Philosophie der Freiheit», Berlin 1893,
darzulegen versucht.) Die volle Freiheit des Menschengeistes ist das Ideal seiner
Entwickelung. Man kann nicht fragen: ist der Mensch frei oder unfrei? Die
Philosophen, welche die Frage nach der Freiheit so stellen, können niemals zu
einem klaren Gedanken darüber kommen. Denn der Mensch ist im gegenwärtigen
Zustande weder frei noch unfrei; sondern er befindet sich auf dem Wege zur
Freiheit. Er ist teilweise frei, teilweise unfrei. Er ist in dem Maße frei, als
er sich Erkenntnis, Bewußtsein des Weltzusammenhanges, erworben hat. - Daß
unser Schicksal, unser Karma in Form einer unbedingten Notwendigkeit an uns
herantritt, ist kein Hindernis unserer Freiheit. Denn wenn wir handeln, treten
wir ja mit dem Maße unserer Selbständigkeit, die wir uns erworben haben, an
dieses Schicksal heran. Nicht das Schicksal handelt, sondern wir handeln in
Gemäßheit der Gesetze dieses Schicksals.
Wenn ich ein Streichholz anzünde, so entsteht das
Feuer nach notwendigen Gesetzen; aber ich habe erst diese notwendigen Gesetze
in Wirksamkeit versetzt. Ebenso kann ich eine Handlung nur vollziehen im Sinne
der notwendigen Gesetze meines Karma; aber ich bin es, der diese notwendigen
Gesetze in Wirksamkeit versetzt. Und durch die von mir ausgehende Tat wird
neues Karma geschaffen, wie das Feuer nach notwendigen Naturgesetzen weiter
wirkt, nachdem ich es angezündet habe.
Damit ist zugleich Licht geworfen auf einen ändern
Zweifel, der in bezug auf die Wirksamkeit des Karmagesetzes jemand befallen
kann. Man könnte nämlich vielleicht sagen: wenn Karma ein unabänderliches
Gesetz ist, dann sei es ein Unding, jemand zu helfen. Denn was ihn trifft, sei
die Folge seines Karma, und es sei schlechterdings notwendig, daß ihn
dies oder jenes treffe. Gewiß, die Wirkungen des Schicksals, das sich ein
Menschengeist in früheren Verkörperungen geschaffen hat, kann ich nicht
aufheben. Aber es handelt sich darum, wie er sich mit diesem Schicksal
zurechtfindet, und welches neue Schicksal er sich unter dem Einflüsse des alten
schafft. Helfe ich ihm, so kann ich bewirken, daß er durch seine Taten seinem
Schicksal eine günstige Wendung gibt; unterlasse ich die Hilfe, so tritt
vielleicht das Gegenteil ein. Allerdings wird es darauf ankommen, ob meine
Hilfe eine weise oder unweise ist.
Eine Höherentwickelung des Menschengeistes bedeutet
sein Fortschreiten durch immer neue Verkörperungen. Diese Höherentwickelung
kommt dadurch zum Ausdrucke, daß die Welt, in der des Geistes Verkörperungen
stattfinden, von diesem immer mehr durchschaut wird. Zu dieser Welt gehören
aber die Verkörperungen selbst. Auch in bezug auf sie tritt der Geist aus dem
Zustande der Unbewußtheit in den der Bewußtheit. Auf dem Wege der Entwickelung
liegt der Punkt, in dem der Mensch mit voller Bewußtheit auf seine
Verkörperungen zurückzuschauen vermag. - Dies ist eine Vorstellung, über die
man leicht spotten kann; und es ist natürlich kinderleicht, sie abfällig zu
kritisieren. Wer das aber tut, hat von der Art solcher Wahrheiten keinen
Begriff. Und Spott sowohl wie Kritik legen sich wie ein Drache vor das Tor des
Heiligtums, innerhalb dessen man sie erkennen kann. Denn von Wahrheiten, deren
Verwirklichung für den Menschen erst in der Zukunft liegt, ist es wohl selbstverständlich,
daß er sie in der Gegenwart nicht als Tatsache auffinden kann. Es gibt nur
einen Weg, um sich von ihrer Wirklichkeit zu überzeugen; und der ist, sich
anzustrengen, um diese Wirklichkeit zu erreichen.
Anmerkungen:
1 Ich kann mir denken, daß es
viele gibt, die auf dem Gipfel der Wissenschaftlichkeit zu stehen glauben, und
welche die folgenden Auseinandersetzungen «ganz unwissenschaftlich» finden. Ich
kann diese verstehen, denn ich weiß, daß zu diesem Einwand notwendig derjenige
gedrängt wird, der keine Erfahrung auf übersinnlichem Gebiete hat und der
zugleich nicht die nötige Zurückhaltung und Selbstbescheidenheit hat, um
Zuzugeben, daß er noch etwas lernen könne. Nur wenigstens das eine sollten
solche Menschen nicht sagen, daß die hier vorgebrachten Vorgänge dem «Verstande
widersprechen», und daß man sie «mit dem Verstande nicht beweisen kann». Der
Verstand kann gar nichts tun, als Tatsachen kombinieren und systematisieren.
Tatsachen kann man erfahren, aber nicht «mit dem Verstande beweisen ».
Mit dem Verstande kann man auch einen Walfisch nicht beweisen. Den muß man
entweder selbst sehen, oder sich von denen beschreiben lassen, die einen
gesehen haben. So ist es auch mit übersinnlichen Tatsachen. Ist man noch nicht
so weit, sie selbst zu sehen, so muß man sie sich beschreiben lassen. Ich kann
jedermann die Versicherung geben, daß die übersinnlichen Tatsachen, die ich im
folgenden beschreibe, für den, dessen höhere Sinne geöffnet sind, ebenso
«tatsächlich» sind wie der Walfisch.
2 Für diejenigen, welche an die
gangbaren theosophischen Ausdrücke gewöhnt sind, bemerke ich folgendes. (Ich
entlehne meine Ausdrücke aus gewissen Gründen einer okkulten Sprache, die in
den Bezeichnungen von der in den verbreiteten theosophischen Schriften üblichen
etwas abweicht, in der Sache aber natürlich mit ihnen völlig übereinstimmt.
Daher eben will ich hier die eine Ausdrucksweise mit der anderen
zusammenstellen.) Jede der oben angegebenen Wesenheiten: Leib, Seele, Geist besteht
wieder aus drei Gliedern. Dadurch erscheint der Mensch aus neun Gliedern
gebildet. Der Leib besteht aus: i. dem eigentlichen Leib, 2. dem
Lebensleib, 5. dem Empfindungsleib. Die Seele besteht aus: 4. der
Empfindungsseele, 5. der Verstandesseele und 6. der Bewußtseinsseele. Der Geist
besteht aus: 7. Geistselbst, 8. Lebensgeist, 9. Geistesmensch. Im
verkörperten Menschen verbinden sich (fließen ineinander) 3 und 4 und 6 und 7.
Dadurch erscheinen für ihn die neun auf sieben Glieder zusammengezogen, und man
erhält die übliche theosophische Einteilung des Menschen: i. der eigentliche
Leib (Sthula sharira), 2. der Lebensleib (Prana), ;. der von der
Empfindungsseele durchsetzte Empfindungsleib (Astralkörper, Kama rupa), 4. die
Verstandesseele (Kama manas), 5. die vom Geistselbst durchsetzte Bewußtseinsseele
(Budhi manas), 6. der Lebensgeist (Budhi), 7. der Geistesmensch (Atma).