Okkulte Untersuchungen uber das Leben zwischen Tod und neuer Geburt
Schmidt-Nummer: S-2732
Online seit: 15th February, 2017
ÜBER DAS LEBEN ZWISCHEN TOD UND NEUER GEBURT
DIE
ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN DER SINNLICHEN UND DER
ÜBERSINNLICHEN WELT
München, 10. März 1913
Erster Vortrag
Es
wird sehr häufig in Kreisen, in denen materialistische
Gesinnung herrscht, eine Redewendung gebraucht, welche
zunächst, wenigstens äußerlich betrachtet, so
scheint, als ob sie im Grunde genommen ganz vernünftig
wäre, die aber doch ganz anders erscheint, wenn man sie
mit den Erkenntnissen der Geisteswissenschaft beleuchtet.
Insbesondere konnte man diese Redensart sehr häufig
hören in der Zeit, in welcher der theoretische
Materialismus geblüht und große populäre Kreise
beherrscht hat; aber auch heute hört man diese Redensart
zuweilen noch. Sie besagt: Wenn man auch annehmen wolle,
daß es ein Leben gäbe jenseits der Pforte des Todes,
so brauche sich der Mensch ja nicht, bevor er an diese Pforte
des Todes herantrete, mit diesem Leben zu befassen; denn wenn
er einmal hindurchgegangen sein werde durch diese Pforte des
Todes, werde er ja sehen, was da kommt; und für hier,
für die physische Welt, genüge es vollkommen, sich
hineinzuleben in dieses physische Dasein, und man dürfe
hoffen, daß, wenn man sich nur voll hineingelebt habe in
dieses physische Dasein, man dann auch schon geeignet sein
werde, falls es ein solches Leben jenseits der Pforte des Todes
gäbe, es in entsprechender Weise an sich herantreten zu
lassen.
Gegenüber dem hellseherischen Blicke, der hinzuschauen hat
auf das Gebiet, das der Mensch durchlebt zwischen dem Tode und
einer neuen Geburt, erweist sich aber diese Redensart als eine
völlig unmögliche. Wenn nämlich der Mensch durch
die Pforte des Todes getreten ist — wir haben ja schon
darauf hingewiesen in den Betrachtungen, die wir bei meiner
letzten hiesigen Anwesenheit angestellt haben —, dann ist
er zunächst damit beschäftigt, das zu verarbeiten,
was ihm noch geblieben ist an Resten, an Erinnerungen und
Zusammenhängen mit dem letzten Erdenleben. Man möchte
sagen: In den ersten Zeiten nach dem Tode, durch Jahre, ja
durch Jahrzehnte hindurch, schaut der Mensch in einer gewissen
Weise zurück auf sein letztes Erdenleben; er ist noch mit
den Dingen beschäftigt, die im astralischen Leibe als
Kräfte zurückgeblieben sind vom letzten Erdenleben.
Aber immer mehr und mehr tritt er ein in diejenige Region, die
wir gleichsam vom kosmischen Gesichtspunkte aus das letzte Mal
beschrieben haben; immer mehr und mehr tritt er ein in die
Region, wo er in Zusammenhang kommt mit den Wesenheiten der
höheren Hierarchien. Und der Mensch muß zwischen dem
Tod und einer neuen Geburt mit diesen Wesenheiten der
höheren Hierarchien in Zusammenhang kommen; denn er
muß diejenigen Kräfte sammeln, welche er dann
wiederum braucht, wenn er neuerdings durch die Geburt in ein
physisches Dasein tritt. Der Mensch muß ja zweierlei
mitbringen in dieses physische Dasein, was ihm sozusagen
herangebildet und erkraftet ist zwischen dem Tode und der
Geburt. Er muß diejenigen Kräfte hereinbringen, die
ihn befähigen, wenn er sich verbunden hat mit dem, was in
der Vererbungsströmung liegt und ihm sozusagen als von der
Vererbungsströmung kommende Substantialität
übergeben wird, er muß in dem, was sich da verbindet
mit dieser Vererbungsströmung, die Kräfte haben,
welche von den ersten Jahren an und dann lange noch durch das
Leben hindurch von innen heraus die Leiblichkeit plastisch
ausgestalten; so daß die Leiblichkeit durchaus
angepaßt ist der Individualität, die sich der Mensch
aus dem vorhergegangenen Erdenleben herüberbringt. Was dem
Menschen gegeben wird von seinen Voreltern in der physischen
Vererbungslinie, das entspricht ja sozusagen der menschlichen
Individualität nur dadurch, daß der Mensch angezogen
wird von gewissen, man möchte sagen,
Mischungsverhältnissen in der physischen Vererbungslinie,
die erzeugt wird von der Art, wie Vater, Mutter,
Großvater, Großmutter und so weiter hinauf, waren.
Von dem, was da entstehen kann in der physischen
Vererbungslinie, wird der Mensch angezogen. Aber das, was da
der Mensch als seine äußere Hülle empfängt,
indem er durch die Geburt geht, das muß erst im Feineren
plastisch ausgestaltet werden. Und das wird ausgestaltet mit
Hilfe einer ungeheuer komplizierten Anordnung von Kräften,
die sich der Mensch aus der geistigen Welt mitbringt und die er
so erhält, daß er von der einen Ordnung der
Hierarchien aus diese Kräfte, von einer anderen
Hierarchienordnung jene Kräfte erhält. Wenn wir einen
bildlichen Ausdruck gebrauchen wollen, so können wir
sagen: Zwischen dem Tode und einer neuen Geburt werden dem
Menschen übergeben die Gaben der Wesenheiten höherer
Hierarchien, und diese Gaben sind die Kräfte, die der
Mensch braucht, um das, was ihm durch die Vererbung
übergeben wird, seiner eigenen Individualität
anzupassen.
Wenn dieses das eine ist, was wir berücksichtigen
müssen bei dem sich verkörpernden Menschen, dann ist
das andere das, daß der Mensch wiederum arbeitet, wenn er
sich dessen auch nicht bewußt ist, an der
Zusammenfügung und Ausgestaltung seines Schicksals.
Mancherlei, was wie durch einen Zufall geschieht im
Menschenleben, führt der Mensch dadurch herbei, daß
er sich die Kräfte zwischen dem Tode und der Geburt
angeeignet hat, die ihn befähigen, dann im Erdenleben
gerade an das heranzukommen, was in seinem Karma gelegen sein
kann. Das alles weist uns darauf hin, wie der Mensch zwischen
dem Tod und einer neuen Geburt die Gaben empfangen muß von
den Wesenheiten der höheren Hierarchien, mit denen er da
in Zusammenhang kommt.
Nun
ist ein Zweifaches möglich, wie sich dem seherischen Blick
bezeugt, wenn die menschliche Seele durch dieses Gebiet
zwischen dem Tod und einer neuen Geburt hindurchgeht. Es ist
möglich, daß diese menschliche Seele ohne geistiges
Licht, gleichsam im Finsteren tappend, sich hindurchwinden
muß durch die Wesenheiten der höheren Hierarchien so,
daß sie nirgends eigentlich die Möglichkeit findet,
aus den inneren Tendenzen heraus die entsprechenden Gaben der
höheren Hierarchien entgegenzunehmen. Man muß auf dem
Wege zwischen dem Tode und einer neuen Geburt die
Möglichkeit haben, wenn man die Gaben der Wesen
höherer Hierarchien entgegennehmen will, diese Wesenheiten
zu schauen, diesen Wesenheiten wirklich bewußt
entgegenzutreten. Bildlich gesprochen: Man kann ohne Licht im
Finsteren — natürlich ist geistiges Licht gemeint
— sich hindurchwinden müssen durch das, was man
erleben sollte, durch die Gemeinschaft mit den Wesenheiten der
höheren Hierarchien. Man kann aber auch so hindurchgehen,
daß man, je nachdem man nach dem Karma die Notwendigkeit
hat, diese Gaben beleuchtet bekommt und sie in der richtigen
Weise entgegennimmt. Das Licht nun, das uns zu leuchten hat,
damit wir nicht im Finsteren durchgehen durch die Wesenheiten
der höheren Hierarchien, das kann uns nimmermehr gegeben
werden, wenn wir durch die Pforte des Todes hindurchgeschritten
sind, falls wir es uns nicht schon mitbringen durch das, was
wir an Gefühlen, an Empfindungen, an Gedanken entwickeln,
die in dem Leben zwischen der Geburt und dem Tode nach den
höheren Welten hingelenkt sind. Es ist also etwas, was wir
uns selber zubereiten müssen in diesem Leben vor dem
physischen Tode. Dadurch, daß wir die Gedanken,
Empfindungen, Gefühle hinlenken — vielleicht auch
nur ahnend hinlenken, aber doch hinlenken — nach den
übersinnlichen Welten, dadurch bereiten wir uns das Licht;
denn dieses Licht kann nur von uns selber herausscheinen: das
Licht, wodurch wir so hindurchgehen durch die Wesenheiten der
höheren Hierarchien, daß diese uns ihre Gaben
wirklich verabreichen können, daß wir sozusagen nicht
danebengreifen, wenn wir sie empfangen sollen. So sehen wir,
daß die Redensart ganz falsch ist, die da besagt, wir
können warten und brauchen uns nicht zu kümmern um
die übersinnlichen Welten, bis der Tod eintritt. Das ist
durchaus unrichtig; denn wie sie an uns herantreten, ob sie so
herantreten, daß wir aus ihnen die Kräfte empfangen
können, die wir brauchen für das nächste Leben,
das hängt davon ab, wie wir uns selber das Feld zwischen
dem Tode und einer neuen Geburt namentlich auf einer gewissen
Strecke beleuchten können. Und wir bleiben im Finstern,
wenn wir unter vollständiger Leugnung oder Abweisung des
Gedankens an die übersinnlichen Welten das Leben bis zum
physischen Tode zugebracht haben. Es kann eben etwas zwar
durchaus plausibel, annehmbar erscheinen für die
gewöhnliche Verständigkeit des Menschen: gemessen mit
den Tatsachen der höheren Welten hört es auf, wahr zu
sein. So zeigt sich dem seherischen Blick gar oft, daß an
einem Menschen, der sich nicht gekümmert hat um die
übersinnlichen Welten, der nichts hat von ihnen wissen
wollen, der nach dem Grundsatz gelebt hat, hier in der
physischen Welt sei alles Meinen, Denken, Fühlen,
Empfinden dieser Welt nur zugewendet, der sich sagte, das
andere wird dann schon an mich herantreten, wenn es Zeit ist es
kann der seherische Blick entdecken, daß eine solche
Seele, die also durch die Pforte des Todes hindurchgeht, eben
im Finstern hindurchgeht, daß sie versäumen muß,
weil sie so im Finstern durchgeht, entgegenzunehmen die Gaben,
welche ihr verabreicht werden sollen von den Wesenheiten der
höheren Hierarchien. Und tritt dann eine solche Seele
durch die Geburt in ein neues Erdendasein, so fehlen ihr die
Kräfte, welche ausgestalten können die Leiblichkeit,
welche diese innere Formation so plastisch gestalten
könnten, daß der Mensch gemäß seinem Karma
wirklich zulänglich ist im Leben. Hat sich der Mensch in
der Weise, wie es eben angedeutet worden ist, in einem
früheren Leben stumpf erwiesen gegenüber den
übersinnlichen Welten, so muß er, wenn diese
Stumpfheit durch die Finsternis gegangen ist,
unausgerüstet und unzulänglich in ein neues Leben
treten.
Er
hat Kräfte in seiner Leiblichkeit nicht ausgestaltet, die
er ausgestaltet haben sollte im nächsten Erdenleben,
gewisse innere Formationen bilden sich nicht; der Mensch bleibt
in gewisser Weise hinter dem zurück, was er hätte
werden können, was er auch hätte werden sollen. Er
war willkürlich stumpf in dem vorhergehenden Leben und
wird notwendig stumpfer, als er hätte werden können
und sollen in dem nächsten Erdenleben. Er kann nicht so
viel begreifen, als er sonst hätte begreifen können;
er kann nicht so Anteil nehmen an der Welt, als er sonst
hätte Anteil nehmen können; er bleibt ohne Interesse
für das, wofür er sonst Interesse gehabt
hätte.
Das
alles kann sich einstellen als karmische Folge des
willkürlichen Stumpfbleibens in einem vorhergehenden
Leben. Und so kann der Mensch, wenn er dann neuerdings durch
die Pforte des Todes tritt, mit einem erarbeiteten Seelengut
durch diese Pforte des Todes treten, das weit
zurückgeblieben ist hinter dem, was es hätte werden
sollen. Wenn dann der Mensch wieder eintritt in die geistige
Welt und wiederum durchmacht das Gebiet zwischen dem Tode und
einer neuen Geburt, so könnte man zunächst jetzt
glauben, da er ja wesentlich in seinen inneren Kräften
herabgestimmt worden ist und unzulänglich geworden ist,
daß er jetzt noch mehr in der Finsternis tappen
müsse, und man könnte gewissermaßen verzweifeln
daran, daß ein solcher Mensch sich jemals wieder erheben
könne. So ist es nun nicht; aber etwas anderes tritt heran
in diesem Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, das
als ein zweites zu Betrachtendes sich vor die Seele stellen
soll. In diesem Leben, das dann auf das unwillkürlich
stumpfe Leben folgt, hat, weil es so war, wie es eben verlief,
Luzifer mit seinen Kräften eine besondere Gewalt über
den Menschen, und der beleuchtet ihm jetzt das Feld zwischen
dem Tod und einer neuen Geburt. Er muß nun die Gaben,
durch die luziferischen Kräfte beleuchtet, von den
höheren Wesen entgegennehmen. Dadurch bekommen alle diese
Gaben eine ganz besondere Färbung. Allerdings tritt der
Mensch dadurch, daß er jetzt nicht durch die Finsternis
geschritten ist, aber auch nicht selbständig sich aus sich
selbst heraus das entsprechende Feld beleuchtet hat, so in das
nächste Dasein, daß er das, was ihm gegeben wird in
der Vererbung, zwar plastisch ausgestalten kann; aber es ist
das alles, was er ausgestaltet, von luziferischer Färbung.
Und wenn man dann einen solchen Menschen im nächsten Leben
betrachtet, so ist er oftmals von der Art wie zahlreiche
Menschen, die uns insbesondere in unserer gegenwärtigen
Zeit begegnen: Menschen mit einer nüchternen, trockenen
nicht nur, sondern egoistischen Urteilsfähigkeit, mit
einer egoistischen Verständigkeit, die überall, wo
sie im Leben auftritt, nur den eigenen Vorteil im Auge hat. Das
ist das, was an Eigenschaften der Seele aus allem vorhergehend
Geschilderten hervorgeht. Die Selbstlinge, die klug sind, aber
ihre Klugheit nur im Dienste ihrer Selbstsucht anzuwenden
geeignet sind, die alle Anordnungen so treffen, daß ihrer
Selbstsucht gedient ist, die gescheit sind, aber nur gescheit
zu ihrem eigenen Vorteil, das sind zumeist solche Seelen, die
vorher den Weg durchgemacht haben, der eben geschildert worden
ist. Und es hängt dann davon ab, weil jetzt diese Seelen
allerdings nicht stumpf bleiben, sondern wegen vielerlei
Kräften, die in ihnen sind aus noch früheren
Erdeninkarnationen, daß sie doch herantreten können
an das, was ihnen wiederum auf der Erde im physischen Leben
einen Strahl hereinbringen kann von wirklich
übersinnlichem Dasein.
Dadurch liegt die Möglichkeit vor, in einem neuen
Erdendasein sozusagen entzündet zu werden von
Erkenntnissen der höheren Welten. Eine solche Seele
braucht also nicht abgeschlossen zu werden von allem weiteren
Eindringen in die geistigen Welten, sie wird wiederum sich
erheben; aber das wird eintreten, was geschildert worden ist.
Und wir haben da einen sehr merkwürdigen, bedeutungsvollen
Zusammenhang zwischen drei Erdenleben und den
dazwischenliegenden beiden Leben zwischen dem Tod und einer
neuen Geburt. Der seherische Blick entdeckt tatsächlich
recht oft — gerade dann, wenn er nach jenen Menschen sich
hinwendet, die in der Gegenwart als klug, gescheit gelten, aber
in allen ihren Maßnahmen nur auf ihren Vorteil bedachte
Seelen sind — als vorhergehende Ereignisse für diese
Seelen das, was geschildert worden ist: zuerst ein Leben, das
sich willkürlich abgewendet hat von allem Interesse an den
übersinnlichen Welten; dann ein Leben, das gar nicht
fähig war, weil es die inneren leiblichen Organe nicht
hatte, sich auch nur für etwas zu interessieren in der
physischen Welt, was ihm naheliegen könnte, wenn es eben
nicht solche Vorbedingungen hätte; dann ein nächstes
Leben, das nur dient dem selbstsüchtigen Verstande, der
selbstsüchtigen Klugheit. Bei der weiten Verbreitung der
selbstsüchtigen Klugheit in unserer gegenwärtigen
Zeit ist es möglich, sozusagen gerade diesen Weg der
Menschenseelen zu verfolgen; denn wir kommen da zurück in
Zeiten, in denen wir viele, viele Menschen finden in
vorhergehender Inkarnation, die wegen ihrer unausgebildeten
Organe nur ein sehr stumpfes Interesse hatten, sogar für
die gewöhnliche Sinneswelt, nicht nur für die
übersinnliche Welt. Und dann kommen wir auf eine dritte
Inkarnation zurück, die oftmals für diese Seelen
liegt in demjenigen, was wir die vierte nachatlantische
Kulturperiode nennen, wo mehr, als man heute glaubt,
willkürlicher Atheismus, willkürliche
Interesselosigkeit für die übersinnlichen Welten in
den mannigfaltigsten Gegenden der Erde gewaltet haben. Weil die
Umstände so liegen, ist es gerade möglich, den
geschilderten Entwickelungsweg der Seele in bezug auf die
angedeuteten Ereignisse heute zu studieren. Aber das Studium
dieses Entwickelungsweges der Seele zeigt uns ganz klar, was da
kommen muß für eine Seele, die in unserer Zeit
wiederum willkürlich sich verschließt vor den
übersinnlichen Welten.
Noch in einer anderen Weise kann das Leben in drei
aufeinanderfolgenden Inkarnationen verlaufen. Da kann sich zum
Beispiel das Folgende zeigen: Wir beobachten eine Seele, welche
im wesentlichen, sagen wir, so ist, daß sie mit einem
gewissen Fanatismus, mit einer gewissen Engherzigkeit ihre
seelischen Bedürfnisse befriedigt an dem, was sich
zunächst ergibt. Eine, man möchte sagen,
religiös-egoistische Seele beobachtet man. Wir finden
heute solche Seelen. Es hat sie immer gegeben im
Entwickelungslauf der Menschheit auf der Erde, Seelen, die
sozusagen gläubig sind, instinktiv gläubig aus dem
Grunde, weil sie aus einem gewissen seelischen Egoismus heraus
eine Art Belohnung oder Ausgleich für das physische
Erdenleben erwarten wollen in einem Jenseits. Diese Erwartung
kann ja durchaus egoistisch sein und kann verknüpft sein
mit einer fanatischen Engherzigkeit gegenüber dem, was,
sagen wir als Geisteswissenschaft oder aus den Mysterien
heraus, über die höheren Welten an die Menschen
herantritt. Wie viele Menschen sehen wir heute, welche zwar
durchaus an dem Ausblick in eine geistige Welt festhalten, aber
fanatisch engherzig alles ablehnen, was ihnen nicht die
Richtung des Bekenntnisses gerade gibt, in das sie
hineingeboren sind, in dem sie heranerzogen sind. Solche Seelen
sind oftmals nur zu bequem, überhaupt irgend etwas
kennenzulernen über die geistigen Welten. Ein tieferer
Egoismus kann in diesen Seelen wurzeln, trotzdem sie
jenseitsgläubige Seelen sind. Alles, was mit dem
Jenseitsglauben in solcher Art zusammenhängt, weist
wiederum in einer gewissen Weise darauf hin, daß der
Mensch nicht in der richtigen Art den Weg findet zwischen dem
Tod und einer neuen Geburt, daß er die Gaben der
Wesenheiten höherer Hierarchien nicht in der richtigen
Weise entgegennehmen kann, daß diese Gaben so an ihn
herantreten, daß, wenn er durch eine nächste Geburt
wieder ins Erdenleben tritt, er zwar an seiner Leiblichkeit
arbeiten kann, er in gewisser Weise auch arbeitet an dem
Zusammenzimmern seines Karma, aber alles in einer unrichtigen
Weise ausgestaltet und zusammenzimmert, seine Leiblichkeit so
bearbeitet, daß aus ihm zum Beispiel ein Hypochonder, ein
überempfindlicher Mensch wird, der schon durch seine
leiblichen Anlagen dazu bestimmt ist, von der Außenwelt so
berührt zu werden, daß er mürrisch, unzufrieden
und unbefriedigt durch das Dasein schreitet, und von diesem
Dasein immer so angefaßt wird, daß er sich immer
verletzt glaubt durch dieses Dasein. Ein gewisses
hypochondrisches, krankhaft melancholisches Wesen, das kann
vorbereitet, vorbedingt durch die Leiblichkeit, aus den
Ursachen hervorgehen, die eben geschildert worden sind. Also
ein in egoistischem Sinne fanatisches Festhalten an gewissen
Formen eines Jenseitsbekenntnisses kann ebenso den Menschen
dazu führen, in unrichtiger Weise durchzugehen durch das
Feld zwischen dem Tode und einer neuen Geburt und seine
Leiblichkeit dann in falscher Weise empfindlich zu machen in
einem nächsten Erdenleben. Tritt er dann wiederum durch
die Pforte des Todes ein in das geistige Leben, dann hat, wie
sich dem hellseherischen Blick zeigt, auf eine solche Seele
besonders alles Ahrimanische einen tiefen Einfluß. Und
dieses Ahrimanische gibt all den Kräften, die der Mensch
dann sammelt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, eine
solche Färbung, eine solche Ausgestaltung, daß der
Mensch sich diese Kräfte durch die nächste Geburt so
ins Dasein bringt, daß er dann, ohne daß er etwas
dazu vermag, durch seine bloße Veranlagung in einer
gewissen Weise in seinem Vorstellen und Empfinden engherzig
wird, daß er unfähig wird, die Welt unbefangen zu
überschauen. Zahlreiche Geister, die wir unter uns finden,
die eine gewisse Engherzigkeit haben, die nicht imstande sind
mit ihren Gedanken aus gewissen Schranken herauszugehen, die
mit Scheuledern in gewisser Weise behaftet sind, die, selbst
wenn sie sich anstrengen, doch in einer gewissen Weise borniert
bleiben, verdanken dieses Karma den geschilderten
Verhältnissen.
Um
noch deutlicher zu machen das, was gemeint ist, sehen wir
einmal auf folgendes Beispiel hin: Da ist ein sehr, sehr
gutgläubiger, wahrscheinlich auch durchaus von der
Wahrheit dessen, was er behauptet, absolut durchdrungener
Mensch, der über die religiöse Erziehung der Kinder
geschrieben hat in dem ersten, im Vorjahre erschienenen
Freidenkerkalender. Er hat da folgende Logik entwickelt. Er
sagt: Man solle die Kinder nicht religiös erziehen, denn
es sei unnatürlich. Wenn man nämlich die Kinder
aufwachsen läßt, ohne daß man an sie
religiöse Begriffe und Ideen heranbringt, ohne daß
man ihnen religiöse Empfindungen einimpft, dann sieht man,
daß sie von selber nicht dazu kommen; daraus würde
sich ergeben, daß es unnatürlich sei, der
Menschenseele solche Begriffe und Ideen aufzunötigen, da
sie nur von außen eingeprägt sind. — Es ist
ganz gewiß, daß diejenigen, die sich heute Freidenker
nennen, mit Enthusiasmus solch einen Gedanken aufnehmen und ihn
sogar tiefsinnig finden; aber man braucht ja nur folgendes zu
bedenken: Es ist ganz allbekannt, daß ein Menschenkind,
das, bevor es sprechen gelernt hat, versetzt werden würde
auf eine einsame Insel, wenn es dort aufwachsen muß, ohne
daß ein menschlicher Laut an es herandringt, niemals
sprechen lernen würde! Daraus geht hervor, daß der
Mensch von selber sich das Sprechen nicht heranbildet, wenn es
nicht von außen an ihn herankommt. Der gute,
freireligiöse Prediger müßte auch seinen
Bekennern verbieten, die Menschenkinder das Sprechen zu lehren,
da sie ihre Sprache nicht von selbst entwickeln. Wir sehen
also, daß etwas, was sehr logisch ausschaut und was unter
Umständen eine ganz weite Gemeinde als tiefsinnig
auffaßt, nichts anderes ist als ein logischer Unsinn; denn
in dem Augenblick, wo man darüber hinausdenkt, erweist es
sich gleich als logisch ganz brüchig. Da haben wir einen
Menschen, der mit Scheuledern behaftet ist. Solche Beispiele
finden wir auf Schritt und Tritt im heutigen Leben. Gerade
heute finden sich die Menschen ungeheuer häufig, die mit
solchen Scheuledern behaftet sind, die scheinbar alle ihre
seelischen Tätigkeiten außerordentlich entwickeln,
aber in dem Augenblick, wo sie heraustreten sollen aus einem
gewissen Kreis, den sie sich gezogen haben, versagt alles; sie
sehen einfach nicht, was außerhalb dieses Kreises liegt.
Wenn wir solche Menschen zurückverfolgen, finden wir bei
ihnen die zwei vorhergehenden Inkarnationen so gestaltet, wie
es erwähnt worden ist. Daraus wiederum kann sich uns
ergeben, was einer Menschenseele in der Zukunft bevorsteht,
welche heute, wie es bei so zahlreichen Seelen der Fall ist,
aus Bequemlichkeit, aus Egoismus sich einschließt in ein
positives Bekenntnis, um dessen Grund sie nicht weiter fragt.
Ist es denn nicht so, daß viele Menschen heute unter uns
leben, welche einfach zu dem Bekenntnis sich zählen, weil
sie hineingeboren sind und weil sie später zu bequem sind,
aus ihm herauszugehen, aber mit egoistischem Fanatismus an
diesem Bekenntnis festhalten? Sie sind — wenn es
vielleicht auch ein unmöglicher Gedanke ist — ebenso
gute Evangelische oder gute Katholiken aus dem Grunde, aus dem
sie gute Durchschnittstürken wären, wenn sie durch
Verordnung ihres Karma just mitten in den Islam hineingeboren
wären. Aber es ist einmal heute die Zeit der
Menschheitsentwickelung gekommen, in der die Seelen in einer
gewissen Weise zurückbleiben und unzulänglich werden
in folgenden Inkarnationen, wenn sie die Augen nicht aufmachen
wollen gegenüber dem, was aus den geistigen Welten in
vielfältiger Art heute an die Menschenseelen herantreten
kann.
Ja,
die karmischen Zusammenhänge sind kompliziert; aber sie
hellen sich uns auf, wenn wir einige von solchen Beispielen
betrachten, wie sie jetzt eben in verschiedenartiger Weise vor
unsere Seele getreten sind. In mannigfaltig anderer Weise ist
das Leben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, und dadurch
wiederum das nächste Erdenleben, abhängig von dem
vorhergehenden. Wir können mit dem seherischen Blicke in
der geistigen Welt Seelen verfolgen, welche sozusagen eine
eigenartige Aufgabe erlangt haben zwischen dem Tode und einer
neuen Geburt. Es ist ja alles, was uns in der physischen Welt
entgegentritt, aus den geistigen Welten herein eigentlich
bewirkt. Der Mensch sieht in der physischen Welt nur nicht, wie
überall in die Vorgänge des physischen Planes die
übersinnlichen Kräfte hereinspielen. Am
kurzsichtigsten ist in dieser Beziehung eben der
materialistische Sinn. So zum Beispiel ist alles das, was an
den Menschen herantritt, sei es an Heilfaktoren der Luft oder
an Heilfaktoren des Wassers oder an anderen Heilfaktoren
unserer Umgebung, nur einseitig erklärt, nur zum Teil
erklärt, wenn wir es im Sinne der jetzigen hygienischen
Theorien erklären wollen, eben rein materialistisch. Die
ganze Art und Weise, wie Heilfaktoren, Gesundheitsfaktoren, wie
sprießendes, wachsendes, die Menschenwelt
gedeihenmachendes Leben hereinspielt in das physische Dasein,
hängt davon ab, wie die Wesenheiten der höheren
Hierarchien ihre Heilfaktoren, ihre Gesundheitsfaktoren, ihre
Kräfte, die das Menschenleben groß und schön und
wachsend werden lassen, hereinschicken aus der
übersinnlichen Welt in die sinnliche. Alles Wachsen und
Gedeihen — man kann es mit dem übersinnlichen Blick
so verfolgen —, jedes gesundende Lüftchen wird
geordnet von übersinnlichen Kräften aus, die gelenkt
und gerichtet werden von den Wesenheiten der höheren
Hierarchien. Dann kann der Seher sehen, wie in einer gewissen
Zeit die Menschenseele zwischen dem Tode und einer neuen Geburt
Diener wird derjenigen geistigen Wesenheiten der höheren
Hierarchien, welche die Heilfaktoren, die Gesundheitsfaktoren,
die Wachstumsfaktoren aus den übersinnlichen Welten in
diese sinnliche Welt hereinsenden. Da sehen wir manche Seele
eine gewisse Zeit ihres Lebens zwischen dem Tode und einer
neuen Geburt hindurch der Arbeit gewidmet, die dem Dienste gilt
der eben charakterisierten geistigen Wesenheiten der
höheren Hierarchien. Seligkeit empfinden dann solche
Menschenseelen, welche Diener sein dürfen der eben
geschilderten Wesenheiten der höheren Hierarchien.
Daß die Menschenseele eine gewisse Zeit hindurch nach
ihrem Tode so Diener sein darf von Wesenheiten der höheren
Hierarchien, die im guten, im besten Sinne das Menschenleben
zur Gedeihung und Förderung bringen, hängt davon ab,
ob diese selbe Menschenseele man kann das verfolgen, wenn man
solche Dienst leistenden Menschenseelen zurückverfolgt bis
ins letzte Erdenleben —, ob eine solche Menschenseele in
einer ganz bestimmten Art gewisse Verrichtungen während
ihrer physischen Inkarnation vollzogen hat. Es kann ja der
Mensch hier in der physischen Welt das, was er zu vollziehen
hat, so vollziehen, daß er bei einer jeden Gelegenheit
knurrt, daß ihm zuwider ist, was er tut, daß er aber
dennoch wie unter einem Joche handelnd seine Pflicht tut. Wir
sehen oft ganz gewissenhafte Menschen, aber wir sehen solche
oftmals ohne Hingabe, ohne Enthusiasmus, ohne Liebe zur Sache
ihre Arbeit vollziehen; andere sehen wir, die ihre Arbeit mit
Liebe zur Sache vollziehen, mit Hingabe, mit Enthusiasmus, mit
dem Gedanken, daß sie dadurch, sei es in sozialer oder
anderer Beziehung, der Menschheit einen Dienst leisten.
Es
hängt mit diesem eben Auseinandergesetzten noch etwas
anderes zusammen, und es ist wichtig, gerade in unserer Zeit
eine solche Betrachtung anzustellen. Gegenüber dem, was
das Menschenleben vielfach in alten Zeiten war, hat es sich
heute recht sehr verändert. Die Beschäftigungsarten
der Menschen, die sozusagen gar nicht mehr den Enthusiasmus
aufkommen lassen, nehmen immer mehr und mehr zu und müssen
gerade aus dem Fortschritt der Menschheit heraus zunehmen. Wer
wollte es leugnen, daß es heute schon zahlreiche
Beschäftigungsarten auf dem physischen Plane gibt, denen
gegenüber der Mensch einfach unwahr werden
müßte, wenn er in ihrem Vollzug Enthusiasmus
heuchelte, die er eben aus bloßem Pflichtgefühl
verrichten muß. Gewiß darf sich der Mensch durch
nichts abhalten lassen, wenn ihn sein Karma an einen gewissen
Platz gestellt hat, seine Pflicht zu tun, auch wenn er sie mit
Widerwillen tut; aber jeder Mensch ist in der Lage, wenn er nur
wirklich will, oder wenigstens, wenn ihm Gelegenheit gegeben
wird zu wollen, irgend etwas im Laufe seines Lebens zu tun,
falls sein Karma nicht gar zu sehr dagegen spricht, was auch
mit Hingabe verrichtet werden kann. Man sollte dieses bedenken
und sollte bedenken, wie wichtig es ist für den gesamten
Zusammenhang unseres Menschheitslebens, daß diejenigen,
die solches überschauen, alles was in ihrer Macht steht,
tun, gerade in unserer jetzigen sozial so schwierigen Zeit, um
die Menschen, die oftmals keuchen unter der Last und dem Joche
eines wahrhaftig nicht zum Enthusiasmus, zur Opferwilligkeit
führenden Lebens, sondern nur eines Lebens, das in
Mühsal und unter Widerwillen vollendet wird — es
sollten die Menschen, die so etwas überschauen
können, sich tief verpflichtet fühlen, sich an eine
soziale Arbeit hinzugeben, die gerade denjenigen Seelen, die,
wie verstoßen in eine gewisse soziale Finsternis, heute
stumpf bleiben — es sollten diese Menschen solchen
Seelen, die stumpf bleiben, auch wenigstens für kurze
Augenblicke die Möglichkeit geben, etwas fühlen und
denken zu dürfen, was mit Enthusiasmus erfüllen kann,
seien es auch nur Gedankenbetätigungen, die mit
Enthusiasmus getan werden. Schon aus diesem Grunde sollte uns
der Gedanke immer lieber und lieber werden, auch unseren
Freunden, daß diese anthroposophische Bewegung sich immer
mehr und mehr erweitere, daß sie da und dort soziale
Tätigkeit entwickele, da und dort sozusagen die Leute von
der Straße aufruft, die wirklich sonst stumpf dahinleben,
nichts wissen davon, daß man so denken und empfinden kann,
daß es einem das Herz hebt, die Gefühle mit einem
gewissen Enthusiasmus erfüllt. Diese Menschen sollten zu
einem solchen Enthusiasmus herangezogen werden.
In
dieser Linie wird allmählich ganz gewiß immer mehr
und mehr unsere Arbeit wirksam sein; denn gerade der
Zusammenhang dieses Erdenlebens mit dem Leben zwischen dem Tode
und einer neuen Geburt zeigt uns für diesen Gedanken etwas
höchst Bedeutungsvolles. Alles, was wir tun dürfen
hier auf der Erde in Hingabe, in Liebe zu unserer Arbeit, so
daß wir dabei sind bei unserer Arbeit, so daß wir uns
bewußt sind: es ist menschenwürdig, es ist das, was
wir tun, eine Menschenaufgabe, alles das macht uns nach dem
Tode zu dienenden Geistern der Wesenheiten der höheren
Hierarchien, die die gesundenden, wachstumfördernden
Kräfte hereinschicken aus den übersinnlichen Welten
in diese sinnliche Welt. Wir sehen, wie bedeutungsvoll es ist,
daß Enthusiasmus ist im Handeln der Menschen hier in der
physischen Welt; denn erstürbe der Enthusiasmus in der
physischen Welt, erstürbe die Liebe in der physischen
Welt, dann würden in der Zukunft die Menschen ein
Erdendasein betreten, das in physischer Beziehung wenig
gesundende, Wachstum und Gedeihen fördernde Kräfte
aus den übersinnlichen Welten hereinbekommen könnte.
Über solche Zusammenhänge zwischen der sinnlichen und
übersinnlichen Welt sehen allerdings die heute in Furcht,
in ihnen unbewußter Furcht von den übersinnlichen
Welten sich abkehrenden Seelen hinweg; aber dieser Zusammenhang
zwischen moralischer und physischer Weltenordnung ist
vorhanden.
Auch sein Gegenbild können wir ins Auge fassen. Wir finden
Seelen, die eine gewisse Zeit zwischen dem Tode und einer neuen
Geburt Diener werden derjenigen geistigen Wesenheiten, welche
umgekehrt die Krankheit befördernden, die Unglück
befördernden Elemente hereinsenden müssen aus den
übersinnlichen in die sinnlichen Welten. Und es ist ein
erschütternder, ein furchtbarer Anblick, jene
Menschenseelen zu verfolgen zwischen dem Tode und einer neuen
Geburt, die da Diener sein müssen der bösen Geister
von Krankheit und frühzeitigem Tod, der bösen Geister
oftmals eines grausamen menschlichen Schicksals, das ja aus dem
Karma bedingt ist, das aber zusammengestellt werden muß
aus den äußeren Ereignissen. Daß wir das
Schicksal erleiden, liegt im Karma; daß die
äußeren Umstände herbeigeführt werden in
der sinnlichen Welt, damit wir das Schicksal erleiden
können, das wird bewirkt von den Kräften, die aus den
übersinnlichen Welten hereingelenkt werden. Gemeint sind,
wenn von diesem gesprochen wird, Krankheiten, Seuchen, die die
Welt durchziehen und die schon auch von übersinnlichen
Kräften gelenkt werden in bezug auf äußere
Bedingungen; gemeint sind die frühzeitigen Tode, die
auftreten im Menschenleben. Wir haben ja öfter betrachtet
den Alterstod, der im normalen Leben eintreten muß mit
derselben Notwendigkeit, mit der die Pflanzenblätter
verwelken müssen, wenn der Keim zur folgenden Pflanze
gereift ist. Dieser Tod trifft ein vollendetes Leben; aber es
tritt ja auch der Tod in der Blüte der Jahre an den
Menschen heran. Und wenn so in der Blüte der Jahre an den
Menschen der Tod herantritt, dann werden die Bedingungen zu
diesem Tode herbeigeschafft von gewissen Geistern der
höheren Hierarchien, welche der rückläufigen
Bewegung zunächst dienen, aber die hereinsenden
müssen in diese Welt die Kräfte, welche eben diesen
frühzeitigen Tod ebenso wie Krankheit, karmisches
Unglück herbeiführen. Und es ist, wie gesagt,
erschütternd, die Seelen zu sehen, die durch den Tod
hindurchgegangen sind und eine gewisse Zeit dienende Wesen sind
für Krankheit und Tod, für böses Karma im
Menschenleben. Doch gerade dann wiederum, wenn man eine solche
Betrachtung anstellt und uns auf der einen Seite ein
düsteres Gefühl überkommt, indem wir also Seelen
hindurchgehen sehen durch den Tod, um zu Dienern zu werden der
bösen Geister von Krankheit und Tod, wenn es uns auf der
einen Seite schmerzlich ist, wir fühlen doch einen
Ausgleich, wenn wir dann diese Seelen zurückverfolgen und
die Ursachen, daß sie so geworden sind, im physischen
Leben dafür suchen. Da finden wir, daß solche Seelen
in dem vorhergehenden Leben in einer gewissen Art gewissenlos
waren. Gewissenlose Seelen, Seelen, die es nicht genau genommen
haben auch mit der Wahrheit, das sind die Seelen, die also
Diener werden von Krankheit und frühzeitigem Tod und so
weiter. Das ist auf der einen Seite der Ausgleich; aber es ist
ein düsterer, ein finsterer Ausgleich.
Es
gibt aber noch einen Ausgleich, der in anderer Weise da ist und
der uns zeigt, wie auch das Düstere, das Finstere, das wir
einverwoben sehen in das menschliche Dasein, doch auch
begründet ist in der allgemeinen Weisheit der Welt. Und
selbst dann, wenn wir einer Erscheinung gegenüberstehen,
der gegenüber wir zunächst bedrückt uns
fühlen müssen, so können wir uns ihr
gegenüber doch auch wieder erheben, wenn wir sozusagen ihr
Äquivalent im Gesamtzusammenhange des Daseins betrachten.
Wenn wir den Blick hinlenken zum Beispiel auf Menschen, welche
in der Blüte ihrer Jahre den physischen Plan durch
Unglück oder Krankheit verlassen haben, dann sehen wir,
wie solche Seelen, die also ihren physischen Leib, bevor er
eigentlich erschöpft war, als Hülle abgelegt haben,
ja noch die Kräfte in sich haben, die sonst gedient
hätten, wenn sie weiter hätten leben können, der
Ausgestaltung der Durchlebung des physischen Leibes und des
physischen Daseins. Diese Kräfte tragen sie durch die
Todespforte in eine höhere geistige Welt hinauf. Solche
Seelen kommen in anderer Weise an in den übersinnlichen
Welten als die Seelen, die sozusagen ausgelebt haben ihr Leben
im Erdendasein.
Es
ist besonders bedeutungsvoll, solche Seelen nach ihrem
Durchgang durch die Pforte des Todes zu betrachten, die in der
Blüte der Jahre dahingestorben sind, die durch ein
Unglück ihre leibliche Hülle verloren haben, und sie
dann weiterlebend zu finden. Sie tragen in die höheren
Welten Kräfte hinauf, die eigentlich in normaler Weise dem
physischen Erdenleben hätten dienen sollen. Was geschieht
mit diesen Kräften?
Diese Kräfte haben eine der schönsten Verwendungen in
der übersinnlichen Welt. Wenn wir nämlich verfolgen
die Wesenheiten der höheren Hierarchien, welche den
fortlaufenden Gang der Entwickelung lenken und leiten, dann
finden wir diese Wesenheiten der höheren Hierarchien
begabt mit den Kräften, die eben da sein müssen zu
einer fortschreitenden Evolution. Aber — das ist keine
Unvollkommenheit der Welt, sondern hängt mit anderen
Vollkommenheiten zusammen —, aber alle Kräfte, auch
die der höheren Hierarchien, sind in einer gewissen Weise
begrenzt, gehen nicht ins Unermeßliche, und wir finden,
daß es heute schon durchaus viele Erdenmenschen gibt, die
als Seelen in der geistigen Welt ankommen, wenn sie durch die
Pforte des Todes gegangen sind so, daß die Geister der
höheren Hierarchien, welche den gesamten Fortschritt, also
auch den zwischen dem Tode und einer neuen Geburt fördern,
nichts mit ihnen anzufangen wissen. Es ist durchaus richtig,
was oftmals von mir betont worden ist, daß wir heute noch
nicht zu verzweifeln brauchen, wenn wir gewisse Seelen finden,
die durchaus nicht Verständnis finden wollen für die
heutigen Vorstellungen, die der Mensch haben soll von der
übersinnlichen Welt, Seelen, die durch und durch
materialistisch sind, die sich ganz verschließen
gegenüber der geistigen Welt. Es ist aber, wenn dann diese
Seelen ankommen, nachdem sie durch die Pforte des Todes
geschritten sind, in gewisser Weise schwierig für die
geistigen Wesenheiten der höheren Hierarchien, mit ihnen
etwas anzufangen; denn diese geistigen Wesenheiten der
höheren Hierarchien haben die Kräfte für den
fortschreitenden Gang der Menschheitsentwickelung — aber
diese Kräfte sind eben für den
fortschreitenden Gang. Wenn sich nun Seelen ganz und gar
verschließen gegenüber diesem fortschreitenden Gang,
dann haben sie gleichsam eine zu große Schwere, als
daß die Geister der höheren Hierarchien diese Schwere
überwinden könnten. Wie gesagt, es ist richtig,
daß wir gegenüber solchen Seelen noch nicht zu
verzweifeln brauchen; denn erst in der sechsten
nachatlantischen Periode wird es gefährlich für
solche Seelen, und erst in der Venuszeit können sie
sozusagen vollständig herausgeworfen werden aus der
fortschreitenden Entwickelung. Aber wenn nichts anderes
eintreten würde in der Evolution, als daß die
Wesenheiten der höheren Hierarchien, die den Fortschritt
fördern, eben mit ihren Kräften ausgestattet sind,
dann müßten solche Seelen viel früher aus der
fortschreitenden Evolution herausfallen, dann könnten die
Wesenheiten der höheren Hierarchien nichts mit ihnen
machen. Und so ist es auch, daß Schwierigkeiten eintreten
gegenüber dem, was heute nun schon einmal an die
fortschreitende Evolution der Menschheit als Anforderung
herantritt. Es ist schon einmal so, daß für eine
große Anzahl von Erdenmenschen heute noch der
Christus-Impuls nichts ist, wofür sie so recht tief eine
Empfindung haben können. Nun ist aber die Erde in einem
Entwickelungsstadium, wo die Menschenseele den Christus-Impuls
braucht, wenn sie in der richtigen Weise durch das Leben
zwischen dem Tod und einer neuen Geburt gehen soll, und es ist
gewissermaßen doch gefährlich für Seelen, die
ohne irgendeine Verbindung mit dem Christus-Impuls durch die
Pforte des Todes hindurchgehen; denn den Wesenheiten der
höheren Hierarchien, die den Fortschritt leiten, versagen
die Kräfte gegenüber solchen Menschenseelen, die
gleichsam selber sich aus der Evolution herausgerissen und
durch ihr eigentümliches Leben zum Verderben sich bestimmt
haben. Nur dadurch können die Wesenheiten der höheren
Hierarchien diesen Seelen gegenüber etwas anfangen,
daß ihnen zuwachsen die Kräfte derjenigen Seelen, die
auf die eben geschilderte Weise frühzeitig ihren Erdenleib
abgelegt haben. Dadurch kommen unverbrauchte Kräfte hinauf
in die übersinnlichen Welten, welche hier auf der Erde
hätten noch verwendet werden können; aber dadurch,
daß der Leib frühzeitig abgelegt worden ist, sind sie
nicht verwendet worden für diesen Erdenleib. Bedenken wir
einmal, wie viele Seelen in die übersinnliche Welt
hinaufgekommen sind dadurch, daß sie zum Beispiel bei der
Titanic-Katastrophe, bei dem Erdbeben von Messina oder den
zahlreichen Toden, die auf der ganzen Erde eingetreten sind in
den letzten Zeiten, das Leben verloren, ehe es vollendet war.
Denken wir, wieviel Kräfte, die auf der Erde hätten
verwendet werden können für das Fortleben, da
hinaufgedrungen sind in die höheren Welten! Diese
Kräfte wachsen den Kräften der Wesenheiten der
höheren Hierarchien zu, und mit diesen Kräften
verstärken die Wesenheiten der höheren Hierarchien
das, was ihnen sonst eigen ist, was aber nicht ausreichen
würde, um die Seelen, die sich selber herauswerfen aus der
fortlaufenden Menschheitsevolution, wiederum
hineinzuführen in die fortschreitende
Menschheitsevolution. Wir müssen natürlich unser
Karma ausleben; und wenn eine solche Sache wie die
charakterisierte besprochen wird, so darf nicht außer acht
gelassen werden, darauf aufmerksam zu machen, daß wir
unser Karma ausleben müssen. Es wäre eine furchtbare
Versündigung gegen die weisheitsvollen Gesetze der Welt,
wenn der Mensch selber etwas dazu täte, um also Diener zu
werden durch unverwendete Kräfte an dem charakterisierten
Menschheitsfortschritt gegenüber den Seelen, die sozusagen
in der Gefahr sind, ausgestoßen zu werden — der
Mensch darf nichts dazu tun; wenn aber sein Karma sich
erfüllt, wenn er in der Blüte der Jahre stirbt, so
wird er ein Helfer in der schönsten, in der beseligendsten
Art, indem die Kräfte, die er hier nicht mehr hat
verwenden können, hinaufsteigen in die höheren Welten
und zuwachsen den höheren Hierarchien, die dadurch nicht
verlorengehen lassen Seelen, die sonst verlorengehen
würden. Das ist die schöne Bestimmung derjenigen
Seelen, die in der Blüte der Jahre dahinsterben; das ist
das, was uns in den Stunden, in denen wir trotz vielleicht
manchen Schmerzes, der uns überkommt über in der
Blüte der Jahre hinsterbende Menschen, trösten kann;
das sind die Stunden, wo wir uns Überblick verschaffen
über die weisheitsvolle Weltenlenkung.
Wie
merkwürdig stellt sich doch der Kreislauf des Daseins vor
unser geistiges Auge hin! Da blicken wir auf der einen Seite
auf gewissenlose Seelen, die durch ihre Gewissenlosigkeit sich
vorbereiten, hereinzusenden in unsere Welt durch ihre Arbeit
Krankheit, frühzeitigen Tod, Unglücksfälle, und
wir sehen den Menschen betroffen von Krankheit,
frühzeitigem Tod und Unglücksfällen; wir sehen
also dadurch die Möglichkeit geboten, daß das Karma
der Gewissenlosigkeit sich auslebt. Schon will unsere Seele
bedrückt, beschwert sein; denn solch eine Beobachtung
gehört in der Tat zu jenen oftmals recht grausigen
Beobachtungen, die der Seher machen kann, wenn er die tieferen
Zusammenhänge und Geheimnisse des Daseins durchschaut.
— Man stellt sich oftmals das Hineinschauen in die
geistigen Welten als etwas Beseligendes vor. Gewisse Gebiete
des höheren Daseins haben etwas Beseligendes, aber
namentlich, wenn man in höhere Gebiete der Geheimnisse
dringt, dann ist vieles, vieles an der Beobachtung
hängend, das mit einem gewissen Grauen auch erfüllen
kann. Insbesondere an den karmischen Zusammenhängen der
Menschen ist für die seherische Beobachtung — wenn
diese gewissenhaft vorgenommen wird, wenn alles, was zu sagen
ist, wirklich herausgesucht wird aus den höheren Welten,
wenn nicht Spintisiererei und andere Dinge hineinspielen
—, es ist etwas daran, was den Seher in der
allerintensivsten Weise hinnimmt, was in einer gewissen Weise
starke Anforderungen an seine Kräfte stellt. — Dann
aber kommen auch diejenigen Dinge, die uns wiederum erkennen
lassen — selbst wenn die grauenerregendsten, die
furchtbarsten Dinge in Betracht kämen —, wie
weisheitsvoll die ganze Führung ist. Sehen wir auch das
Schicksal gewissenloser Seelen sich erfüllen und sehen
gerade diese Erfüllung in dem, was Krankheitsfälle
und früher Tod sind, die herbeigeführt werden vom
Jenseits aus in der physischen Welt, so sehen wir doch auf der
anderen Seite, wie das, was solche Menschen erleiden, die durch
einen frühzeitigen Tod gehen, Zuwachs ist an Kräften,
zum Menschenheil und zur Menschenerlösung, die durch
andere Kräfte gar nicht herbeigeführt werden
könnten. Das macht das Wunderbare aus, das
Versöhnende: Auf der einen Seite muß die
Möglichkeit geboten sein, daß die Menschen irren
können und im Irrtum auch sich sozusagen der Gefahr
nähern können, losgelöst zu werden von der
Entwickelung — könnte das nicht sein, könnten
Menschen nicht irren, nicht dem Bösen verfallen, so
könnte der Mensch seine Erdenmission nicht erfüllen.
Ist das aber möglich, so muß alles andere
möglich sein, wovon heute gesprochen worden ist, dann aber
muß es auch mit der Erdenentwickelung verbunden sein,
daß gewisse Menschen in der Blüte der Jahre
dahinsterben. Der seherische Blick, auf sie gerichtet, sieht,
wie sie es sind, auf die die Wesenheiten der höheren
Hierarchien angewiesen sind, um Kräfte zu bekommen zum
Menschenheil und zur Menschenerlösung, die sonst
überhaupt nicht da wären. Das ist das große
Versöhnende, das ist das Wunderbare, das uns
überkommt, wenn wir unseren Blick auf der einen Seite
schärfen durch das Grauenvolle, dann wiederum hinwenden
müssen zu einer weisheitsvollen Weltenlenkung, die das
Grauenvolle braucht, gerade um die höhere Weisheit
verwirklichen zu können. Diesen Dingen gegenüber wird
es zum Unsinn, wenn bloß in abstrakter Weise die Frage
aufgeworfen wird, ob es nicht sein könnte, daß die
geistigen Mächte, ohne solchen Umweg zu machen, ein
sympathisches Dasein für alle Menschen und Wesen
hätten gewähren können. Wer das verlangt, der
verlangt ungefähr dasselbe wie derjenige, der sagt, es sei
doch recht unvollkommen, daß die Götter es zur
Notwendigkeit gemacht haben, daß gar kein Kreis viereckig
sein kann. Gewiß erkennt man nicht gleich, daß die
andere Frage von demselben Wert ist, aber sie ist von demselben
Wert. So wie es kein Licht ohne Dunkelheit geben kann, so
könnte eben das, was ohne weiteres einleuchtet als etwas
Großes, Gewaltiges im Weltendasein, die Hinauflenkung
unverwendet gebliebener Kräfte der Erdenmission in die
übersinnlichen Welten, das könnte nicht da sein, wenn
nicht auf der anderen Seite das Karma der in gewissen
Inkarnationen gewissenlos gewordenen Seelen sich erfüllen
würde. Diese Dinge alle sind doch geeignet, uns
nahezulegen, wenn wir irgendwie versucht sind, das oder jenes
unvollkommen zu finden im Weltendasein, in unserer
Menschheitsumgebung, uns doch von der Empfindung zu
durchdringen, daß das Unvollkomrnenfinden doch wohl davon
herrühren werde, daß wir mit unserer Einsicht noch
nicht so weit gediehen sind, um alle Zusammenhänge zu
erkennen. Und immer kommt man weiter, wenn man sich für
unzulänglich hält da, wo man versucht ist, die
Unvollkommenheit des Daseins zu kritisieren; wenn man
vielleicht Schmerz empfindet, aber dennoch versucht auch im
Schmerz niemals Kritik anzulegen an die Weltenweisheit, sondern
da, wo einem diese Weltenweisheit Mängel
einzuschließen scheint, lieber zu sagen, daß solche
Mängel uns erscheinen in der Maja, in der großen
Täuschung, weil wir nicht fähig sind, die Dinge voll
zu durchschauen. Wir sehen, wie es uns über das physische
Erdendasein aufklären kann, den Blick hinzuwenden auf das
Feld, das der Mensch zu durchlaufen hat zwischen dem Tod und
einer neuen Geburt. Das, was physisches Dasein ist, ist ja im
allgemeinen nicht allein durchströmt von den
übersinnlichen Welten, sondern es fließen herein auch
die Taten, die der Mensch selber vollbringt zwischen dem Tode
und einer neuen Geburt. Alle diese Taten fließen herein in
die physische Welt, und was in der physischen Welt geschieht,
was an den Menschen herantritt, es ist vielfach bewirkt von den
Kräften der Menschen selber, die entfaltet werden zwischen
dem Tode und einer neuen Geburt. Allerdings gehört das zu
den schönsten Betätigungen dieser Menschenseelen, was
wir eben jetzt als Betätigung, als Arbeit der Seelen
kennengelernt haben, die mit gewissen unverbrauchten
Kräften durch die Pforte des Todes schreiten.
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