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Geist und Stoff, Leben und Tod

Schmidt-Nummer: S-3343

Online seit: 31st March, 2013

SCHICKSAL UND SEELE

Berlin, 17. Februar 1917

Die Frage nach dem Wesen des menschlichen Schicksals, die zweifellos für jeden Menschen im Mittelpunkt nicht nur des seelischen, sondern des gesamten Lebens steht, ist zugleich eine solche, an welche die verschiedenen Philosophien, die doch in der mannigfaltigsten Weise nach der Lösung der Weltenrätsel gerungen haben, nur wenig herangetreten sind. Man findet, wie diese Philosophien die Rätsel der Natur, die Rätsel der menschlichen Seele, den Zusammenhang der stofflichen Welt mit der geistigen Welt, die Eigentümlichkeit der geistigen Welt selber erforschen wollen, wie sie aber zumeist haltmachen gerade vor dieser so hervorragenden Lebensfrage nach dem menschlichen Schicksal.

Unter den wenigen philosophischen Denkern, welche ihr Denken heranzubringen versuchten an die Schicksalsfrage, ist Schopenhauer. Man mag nun zu Schopenhauer stehen wie man will, man mag, was er als Ergebnisse seiner Weltanschauung dargelegt, zugeben oder ablehnen, das eine wird man gerade ihm nicht absprechen können: daß er versuchte, sein philosophisches Denken unmittelbar an das Leben heranzubringen, es so zu gestalten, daß die Fragen, die dem Menschen entgegentreten im Alltag, wirklich eine Lösung finden können. Und so war er es auch, der nicht nur versucht hat, über das Schicksal im allgemeinen sich Gedanken zu machen, sondern sogar eine interessante Abhandlung geschrieben hat über den Zusammenhang der auf den ersten Augenblick zufällig im menschlichen Lebenslauf sich folgenden Ereignisse, die in diesen Lebenslauf bestimmend eingreifen. Allein es ist merkwürdig, daß selbst Schopenhauer, der in bezug auf manche seiner Gedanken so kühn war, gerade im Beginn seiner Abhandlung über den Schicksalszusammenhang der menschlichen Lebensverhältnisse sagt, daß man die Meinungen, die er ausspricht, nicht allzu ernstlich nehmen, sondern mehr eben als Meinungen ansehen solle, weil er durchaus nicht, wie in bezug auf seine übrigen philosophischen Aufstellungen, in bezug auf diese Schicksalsfragen seiner selbst in seinem Denken ganz sicher sei. Und man kann sagen, daß gerade an der Art und Weise, wie ein solcher ins Leben hineinschürfender Denker Schicksalsfragen sich vorlegt und zu lösen versucht, sich zeigt, daß diesen Fragen eigentlich nur ein solches Forschen nahekommen kann, welches aufsteigt — wie ich vorgestern hier ausgeführt habe — von dem gewöhnlichen Bewußtsein des Alltags und der gewöhnlichen Wissenschaft zu dem, was damals genannt wurde das schauende Bewußtsein. Ich erlaubte mir zu sagen, daß dieses sich ebenso zu dem gewöhnlichen Bewußtsein verhält, wie das gewöhnliche Bewußtsein zu dem vom Traum erfüllten Bewußtsein, und daß der Mensch aufwachen kann aus dem gewöhnlichen Bewußtsein zu dem schauenden Bewußtsein, wie er aufwacht aus dem träumenden Bewußtsein zu dem gewöhnlichen Bewußtsein, durch das er sich einordnet den Dingen der sinnlichen, der stofflichen Welt um ihn herum. Wer sich wirklich zu nähern versucht den tiefen Fragen nach der Wesenheit des menschlichen Schicksals, der verspürt, daß diese Wesenheit an das menschliche Erkennen nur herankommt, wenn dieses Erkennen selber sich — wie es vorgestern charakterisiert worden ist — aus der Welt der stofflichen Vorgänge heraus zu erheben vermag in das unmittelbar geistige Erleben.

Es ist interessant, wie Schopenhauer den Traum zu Hilfe ruft in seiner eigentümlichen Art, um der Schicksalsfrage nahezukommen. Er sagt: In der Traumeswelt, die scheinbar chaotisch ist, folgen Vorstellungsbilder auf Vorstellungsbilder, welche gewisse Widersprüche zeigen können, gerade so, wie das Leben sie zeigt, nur daß das Leben sie intensiver, stärker an den Menschen heranbringt. Dann aber zeigt sich gewissermaßen die Auflösung der Traumeswidersprüche im wachen Bewußtsein, wenn diese Widersprüche sich zusammenfügen. Und da macht Schopenhauer besonders aufmerksam auf den ja sehr bekannten Typus der Traumeswelt, auf den sogenannten Examenstraum, wo der Mensch alle Schrecknisse im Traum durchlebt, die ihn überkommen können, wenn er sich selber im Traume gefragt sieht um dieses oder jenes, und nun die Prüfung nicht bestehen kann, nicht antworten kann. Ein anderer kommt im Traume, der dann die Antwort gibt. Schopenhauer macht gerade auf diesen Traum aufmerksam. Er sagt: Also hat sich — im Traume — das Ich des Menschen selber gefragt. Aber es ist doch natürlich, daß auch derjenige, der dem Träumenden erschienen ist als der Wissende, er selber ist, dieser Träumende; er war also imstande, selber diese Antworten zu geben. Und erwacht der Mensch, meint Schopenhauer, dann sieht er, daß sowohl der Wissende wie der Nichtwissende er selber ist; es fügt sich das Ganze in die Einheit der Persönlichkeit zusammen. Das wache Bewußtsein zeigt, daß dasjenige, was gespalten war im Traum, eine Wesenheit ist. Allein gerade an der Art und Weise, wie Schopenhauer dieses Beispiel verfolgt, zeigt sich so recht deutlich, wie er als bloß denkender Philosoph, nicht als schauender Philosoph, zwar dazu kommen kann, gewisse Beobachtungen über das Seelenleben zu machen, aber nicht dazu, diese Beobachtungen zu wirklichen Ergebnissen zu bringen. Greifen wir dieses Beispiel auf und versuchen wir im späteren Verlauf des Vortrages gerade auf dieses Beispiel aus der Traumeswelt hinzudeuten von dem Gesichtspunkte des schauenden Bewußtseins.

Das Schicksalsratsel gehört eben zu denjenigen Lebensrätseln, welche sich dem alltäglichen Denken, das sich ausgebildet hat an der äußeren stofflichen Welt, nicht ergeben, mit denen dieses Denken nichts anzufangen weiß. Im Grunde genommen zeigt sich diesem Denken der Verlauf des menschlichen Schicksals mehr oder weniger als eine Summe von Zufälligkeiten. Und wenn sich auch Notwendigkeiten, innere Zusammenhänge ergeben, so ist es doch so, daß der Mensch im gewöhnlichen Bewußtsein niemals sicher sein kann, ob dasjenige, was er wie eine planmäßige Einheit in seinem Schicksal, seinem gesamten Lebensschicksal erblickt, auf einem objektiven inneren Wirklichkeitszusammenhang beruht, oder ob es bloß von der Phantasie in den ganzen Lebensverlauf hineinversetzt ist als Idee eines Planes.

Nun kann man sich nicht dem Bereich des menschlichen Lebens nähern, in dem das Schicksal in seiner wahren Gestalt erscheint, so daß es in seinem Leben und Weben durchschaut werden kann, wenn man nicht das Leben der Seele etwas näher verfolgt, wie es sich entwickeln muß, wenn es aus dem gewöhnlichen Alltagsbewußtsein des Wachens aufsteigt in das schauende Bewußtsein. Dann aber zeigt sich, daß man mit diesem Gange des inneren Seelenlebens des Menschen zugleich der so tief einschneidenden Schicksalsfrage nahekommt. Ich habe vorgestern bereits darauf aufmerksam gemacht, daß der Ausgangspunkt der Geistesforschung sein muß das innere Erleben des Denkens. Aber ich habe ausdrücklich hervorgehoben, daß dieses Denken nicht nur durch Sinnen vertieft werden muß, sondern daß es wirklich durch Zurücktreten des Menschen vor seinem eigenen Erkenntnisakte angeschaut werden muß, dann aber, indem es angeschaut wird, innerlich erkraftet, entwickelt werden muß. Ich habe das Bild gebraucht, daß das Denken, wie man es gewöhnlich im Leben hat, gewissermaßen als die Wurzel angesehen werden muß, aus der durch Seelenübungen herausgetrieben werden der Stamm und die Blätter der ganzen geistigen Erkenntnispflanze. Ich habe aufmerksam gemacht, daß diese Seelenübungen, die rein innere Vorgänge der Seele sind, die der Mensch vorzunehmen hat, nicht willkürliche sind, sondern daß sie methodische, systematische innere Seelenarbeiten darstellen, die keineswegs zurückstehen, in bezug auf innere Systematik, hinter demjenigen wissenschaftlichen Arbeiten, das sich auf die äußere Welt bezieht. Nur arbeitet der Naturforscher im Laboratorium mit äußerlichen Werkzeugen. Der Geistesforscher arbeitet mit dem, was seine Seele erlebt, indem er es nicht so läßt, wie es im gewöhnlichen Leben erlebt wird, sondern es bearbeitet, umwandelt, vorwärtsbringt bis zu jenem Punkte, den ich charakterisiert habe dadurch, daß ich sagte: Wird das Denken also entwickelt, so gelangt der Mensch dazu, sein seelisches Leben herauszuheben aus dem Leben der Stofflichkeit, der Leibesvorgänge. Der Mensch gelangt dazu, durch Entwickelung, innere Bearbeitung seines Denkens, sich selber — insofern er der Welt der stofflichen Vorgänge angehört — so gegenüberzutreten, wie man im gewöhnlichen Leben den sinnlichen Dingen gegenübertritt. So daß man sich selber als Sinnesmensch Objekt wird, während man gewissermaßen einzieht in den eigentlichen Geistesmenschen, der sonst immer im Menschen steckt, der aber durch solche seelische Übungen herausgezogen wird aus dem Leibesleben. Diese inneren seelischen Arbeiten können hier nicht im einzelnen beschrieben werden. Sie sind ausführlich dargestellt in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» und «Geheimwissenschaft» und in anderen Büchern, die Sie in diesen angegeben finden. Das Wichtige nun, was für unsere heutige Frage in Betracht kommt, ist dieses, daß zum Eindringen in die hinter der physisch-sinnlichen Welt liegende geistige Welt jenes gewissermaßen persönliche Denken nicht hinreichend ist, das man geübt hat in der äußeren stofflichen Welt, das man dadurch gelernt hat, daß man die Dinge der äußeren stofflichen Welt vergleicht, daß man nach ihren Zusammenhängen forscht und so weiter. Dieses Denken steht — das zeigt sich dem schauenden Bewußtsein — in einem viel zu unmittelbaren Zusammenhang mit dem seelisch-leiblichen Menschen, um eindringen zu können in die wirkliche geistige Welt. Der Mensch selbst, indem er im gewöhnlichen Leben ein Denker ist, benützt dieses Denken ausschließlich in Anwendung auf die sinnliche Welt. Dieses Denken kommt, so wie es zum Gebrauche in der sinnlichen Welt an seiner Subjektivität, an seiner Persönlichkeit haftet, nicht aus der Sinneswelt, in der der Mensch steht, heraus, kann nicht in die geistige Welt eindringen. Der Denkübungen sind viele vorzunehmen, um das zu erreichen, wovon gesprochen werden soll, aber eine charakteristische möchte ich herausgreifen: Es handelt sich darum, das Denken gewissermaßen loszulösen von seiner gewöhnlichen Wesenheit, seinen gewöhnlichen Bedingungen. Wenn man einen Gedanken faßt, so ist er zunächst gar nichts anderes als das, was mit der physisch-sinnlichen Welt in Zusammenhang steht. Und man mag sich noch so sehr anstrengen: Wenn man nur bei der Denkarbeit bleibt, die sich im gewöhnlichen Leben entwickelt, ist das Denken zu schwach, zu kraftlos, zu wenig energisch, um in die geistige Welt einzutreten. Man muß gewissermaßen erst von dem gewöhnlichen Leben das Denken loslösen, damit man dann mit seiner Individualität in das losgelöste Denken hineinschlüpfen und sich so aus dem Leibe herausziehen kann.

Wie kann man es nun machen, daß man sein Denken gewissermaßen von seinem gewöhnlichen Wesen loslöst? Das kann man dadurch zustandebringen, daß man gewisse Gedanken — es kommt gar nicht darauf an, welche Gedanken das sind, am besten bildhafte Gedanken, die man leicht überschaut, bei denen man sicher ist, daß man sie in dem Moment, wo man sie hegt, wirklich bildet, so daß sie nicht Reminiszenzen sein können von Erlebnissen — in energischer Meditation, in energischer Konzentration durchdenkt. Solch eine Übung muß allerdings oftmals gemacht werden. Dadurch aber, daß man solche Übungen wiederholt, daß man immer wiederum auf denselben Gedankenkomplex zurückkommt, löst man aus dem Bereiche des gewöhnlichen Lebens diesen Denkkomplex heraus, man übergibt ihn der Welt, man läßt ihn mit sich selbst leben. Wenn ich heute einen bestimmten Denkkomplex habe, mich ganz in ihn vertiefe, dann von ihm abkomme, das gewöhnliche Leben verfolge, dann ist er nicht etwa völlig vernichtet, dann lebt er weiter, und er kann nach einiger Zeit heraufgeholt werden und wiederum in mein Bewußtsein gebracht werden. Das Leben, das er so weiterlebt, das lebt er gewissermaßen ohne meine Persönlichkeit, die unmittelbar an das stofflich-leibliche Leben gebunden ist. Das Denken ist der geistigen Welt übergeben. Den Gedanken hat man hineinfließen lassen in das geistige Leben, und er wird wiederum aus demselben herausgezogen. Wenn man die nötige Geduld und Ausdauer hat, bringt man es dahin, nach verhältnismäßig langer Zeit-es können Tage, Wochen, Monate, Jahre sein — einem Gedanken wieder zu begegnen, den man also losgelöst hat aus dem Bereich des subjektiven Lebens, den man dem unbekannten Weltenwirken übergeben hat, so daß er ohne uns fortfließt. Wenn man dann gewahr wird, was er geworden ist, ohne daß unsere an die Leiblichkeit gebundene Seele eingegriffen hat, dann macht man an dieser Gedankenbegegnung nach und nach jene bedeutsamen Erlebnisse durch, die es einem zur inneren Gewißheit bringen, daß man in dem Gedankenleben als in einem Geistigen lebt. Daß man sich jetzt dem Gedankenleben, das sich also zuerst losgelöst hat von uns, selber übergibt, mit dem losgelösten Gedankenleben selber von den stofflich-leiblichen Vorgängen loskommt — eine Begegnung eines Gedankenkomplexes mit anderen Gedankenkomplexen, die oftmals nach Jahren eintreten kann, mit jenen Tatsachen, die zwischen den Gedanken verlaufen —, das sind die für die nächste Stufe der Geist-Erkenntnis wichtigsten inneren Erlebnisse.

Man kommt dadurch in die Lage, in einen neuen Lebensbereich einzutreten, welcher uns so vorkommt, als ob, gerade so wie im physischen Leben die Augen dem Leibe eingeprägt sind zum physischen Anschauen, sich der Seele «geistige Augen» — um diesen Goethe-Ausdruck zu brauchen — eingeprägt haben, die nun eine neue Welt um sich herum schauen. Der Mensch erwacht wirklich aus seinem gewöhnlichen Bewußtsein zu einer neuen Welt. Ebenso, wie sonst die farbenbunte, die tönende Welt, die wärmende Welt um uns herum ist, ist jetzt eine ätherisch-geistige Welt um uns herum. Dadurch aber, daß wir diese geistige Welt kennenlernen in ihren mannigfaltigsten Erscheinungen, lernen wir auch etwas an uns selber kennen, das wir eigentlich auf eine andere Art nicht kennenlernen können, als auf den Wegen, die beschrieben worden sind. Wir lernen dasjenige kennen, das ich mir erlaubt habe in einem Aufsatz, der kürzlich in der Vierteljahrsschrift «Das Reich» erschienen ist, den Bildekräfteleib des Menschen zu nennen. Dieser Bildekräfteleib ist im Menschen ebenso wie der physische Menschenleib. Wie dieser physische Menschenleib mit seinem Leben verläuft in physischen und chemischen Prozessen, so trägt der Mensch in sich, diesen physischen Menschenleib durchdringend, in dem Leben zwischen Geburt und Tod diesen Bildekräfteleib. Ich nenne ihn so aus dem Grunde, weil wir, wenn wir ihn schauen, wenn wir wirklich hinausdringen über die bloß stofflichen Vorgänge, dann gewahr werden, daß ebenso, wie in dem physischen Leib die physischen und chemischen Kräfte die Vorgänge dieses physischen Leibes bewirken, der Mensch getrieben wird zwischen Geburt und Tod durch die Kräfte dieses Bildekräfteleibes, welche da sein müssen, damit das Wachstum verläuft, damit eine Entwickelung verläuft, damit der Mensch hinübergetragen wird von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr, wie sie verfließen zwischen Geburt und Tod.

Allerdings muß man sich Verschiedenes aneignen, will man auf diesen Gebieten nicht straucheln. Denn was so von der Geistesforschung gesagt wird, es sind wahrhaftig nicht Phantasien, es sind Wirklichkeiten, wie die derbsten Wirklichkeiten der äußeren physischen Welt, ja intensivere Wirklichkeiten. Aber gar sehr steht entgegen aus der Welt des gewöhnlichen Bewußtseins erstens die Tatsache, daß der Mensch für die Auffassungsweise der gewöhnlichen Welt kaum in der Regel so ehrlich und wahr gegen sich selber ist, wie er sein muß, wenn er in diesen Dingen wirklich Fortschritte machen will. Und das zweite ist, daß die Art des Anschauens, des Wahrnehmens, eine ganz andere ist, wenn man hinausdringt aus der Welt seines bloß sinnlichen Wahrnehmens und des Bloß-über-die-Sinnenwelt-Denkens zu diesem schauenden denkerischen Erleben; denn es ist kein bloßes Denken mehr, es ist ein denkerisches Erleben. Man muß zu einer anderen Art des Sichverhaltens zu sich in der Seele kommen, um Fortschritte zu machen. Man muß gewissermaßen in die Lage kommen, den Augenblick zu erfassen — so möchte ich es nennen. Im gewöhnlichen Bewußtsein haben wir Zeit, den Gedanken da zu lassen im Bewußtsein, wenn wir dieses oder jenes auffassen wollen. Wenn wir aber zum denkerischen Erleben, zum Erleben des anschauenden Denkens aufrücken, müssen wir in die Lage kommen, dasjenige, was herauserglänzt, heraus sich offenbart aus der geistigen Welt — also zunächst aus dieser Welt des Bildekräfteleibes —, rasch im Augenblick zu erfassen. Ich möchte sagen, jene Auffassungsweise, die wir sonst als die Auffassungweise der Reflexakte bezeichnen, die muß sich vergeistigend unseres Seelenlebens bemächtigen. Wir brauchen nicht erst lange einen Gedanken zu fassen im Bewußtsein, wenn zum Beispiel eine Fliege uns ins Auge fliegen will, sondern wir schließen das Auge rasch. Wie wir da die Geistesgegenwart haben, im Augenblick das Richtige zu treffen, so müssen wir innerlich mit der Seele im Augenblick dasjenige erfassen, was aus der geistigen Welt herausblitzt und nur dadurch in die persönlichen Gedanken hereingebracht werden kann, daß es stark erfaßt wird, aber im Augenblick erfaßt wird. Dieses Üben der Geistesgegenwart für das Erfassen, das gehört zu dem Wichtigsten, das sich der Geistesforscher aneignen muß. Eignet er es sich nicht an, so kann es kommen, daß die Dinge, die er beobachtet — wie es vielen geht, die Versuche machen auf diesem Gebiet — in dem Augenblick, wo er aufmerksam wird, wo er sie gewahr wird, auch schon wiederum verflogen sind, so daß sie wie nicht da gewesen sind.

So kommt der Mensch zunächst zu der Erkenntnis seines Bildekräfteleibes, ohne den der physische Leib in jedem Augenblick ein Leichnam wäre, so wie er ein Leichnam wird, wenn dieser Bildekräfteleib ihn verläßt, das heißt, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes geht. Um aber in die wirkliche geistige Welt, in eine, ich möchte sagen, selbständige geistige Welt einzudringen — denn die geistige Welt des Bildekräfteleibes ist ja an den physischen Stoffesleib gebunden, bleibt immer bei ihm zwischen Geburt und Tod —, muß man jene Seelenentwickelung, jene seelische Selbsterziehung, von der ich gesprochen habe, noch weitertreiben. Und da kommt es darauf an, nun für das innere Weben der Gedanken und Vorstellungen, die man ja schon bis zu einem Grade selbständig gemacht hat auf der ersten Stufe des Übens, die ich eben beschrieben habe, noch etwas ganz Besonderes einzuführen.

Soll man charakterisieren, was nunmehr in das anschauend erlebte Denken eingeführt werden muß, so könnte man es in der folgenden Weise charakterisieren: Im gewöhnlichen Denken, das wir im Alltag und in der gewöhnlichen Wissenschaft brauchen, bewegen wir uns von einem Gedanken zum anderen hin, so daß wir uns beherrschen lassen von der Logik, von dem Zusammenhang der Gedanken. Wir versuchen im wesentlichen durch innere Logik zu einem richtigen Denken zu kommen. Das genügt nicht für das geistige Erkennen. Das einfache, logische Fügen eines Gedankens an den anderen, und Nachsehen, ob ein Gedanke mit dem anderen in einem logischen Widerspruch oder Einklang steht, das genügt nicht für das schauende Bewußtsein. Da muß vielmehr etwas eintreten, was sich vergleichen läßt mit dem Leben, das wir sonst in der Außenwelt führen auf den verschiedensten Gebieten. Leicht läßt es sich charakterisieren auf moralischem Gebiete. Wie verhalten wir uns als Menschen auf moralischem Gebiet? Da können wir versucht sein, diese oder jene Handlung zunächst in Gedanken uns vorzustellen; aber wir werden nicht jede Handlung ausführen, die wir uns vorstellen können, die veranlaßt ist durch diese oder jene Begierde oder Affekte, sondern indem wir eine Handlung, ich möchte sagen, in der Absicht haben, oder nicht bis zu der Absicht, sondern nur bis zur Vorstellung gebracht haben, sagen wir uns: diese Handlung soll vollzogen werden, oder sie soll nicht vollzogen werden. Die Kräfte des Seelenlebens, die uns dazu verleiten, diese Handlung zu vollziehen, die sollen bekämpft werden. Als moralische Menschen stehen wir in einem Leben des Kampfes drinnen. Das innere und äußere Leben mag die Intentionen geben zu den mannigfaltigsten Handlungen: wir vollziehen sie nicht alle. Wir wissen, sie sind uns erlaubt, aber wir dürfen sie uns nicht gestatten. Wir stehen nicht bloß in einem logischen Einklang oder Widerspruch, sondern wir stehen in einem Zusammenhang der Wirklichkeit, und wir gestatten uns die eine Handlung nicht, gegenüber der anderen, die vollzogen werden muß.

Mit diesem sich von einem bloß logischen Zusammenhang sehr wohl unterscheidenden realen Zusammenhang der Handlungen läßt sich das vergleichen, zu dem jetzt das Denken aufrücken muß. Der Geistesforscher muß dazu kommen, indem er gewissen Gedanken sich hingibt, die vielleicht geeignet sind, die Welt in der einen oder anderen Weise zu erklären, sich vielleicht anderen Gedanken hinzugeben, die gewisse Dinge von der einen oder anderen Seite beleuchten. Dann aber muß der Mensch in seinem Leben nicht bloße Logik in seinen Gedanken suchen, sondern die Gedanken müssen in der Seele aufleben so, daß der eine Gedanke nicht nur dem anderen logisch widerspricht, sondern den anderen vernichtet. Dieses innere Leben, das ein äußeres Bild im moralischen Sollen oder Nichtsollen hat, das ergibt sich. Gewisse Gedanken verbieten sich, bekämpfen einander; eine lebendige Wechselwirkung der Gedanken tritt ein in dem Leben der Gedanken, in dem man lebendig drinnensteht. Es ist im ganzen gerade darauf der größte Wert zu legen, daß man, wenn man, wie geschildert, fortschreitet im Seelenleben, zu einer Stufe des denkerischen Anschauens kommt, wo die Gedanken zu innerem Leben übergehen und sich dadurch in ihrer Vielfältigkeit zeigen, aber so, daß gewissermaßen der eine den anderen verschluckt, aufzehrt, aus jedem einzelnen ein lebendiges Leben kommt. Ich will ein Beispiel anführen, indem ich wieder an Schopenhauer anknüpfe. Schopenhauer bleibt bloßer Denker, er steigt nicht auf zum schauenden Bewußtsein, und wir wissen ja: Schopenhauer ist ein Ankläger des Lebens. Er hat ja wie zu einem Geleitspruch seines Lebens denjenigen gemacht: «Das Leben ist eine mißliche Sache. Ich habe mich entschlossen, es damit hinzubringen, daß ich über das Leben nachdenke.» Und wohl die meisten der Zuhörer werden wissen, wie scharfe Anklagen Schopenhauer gegen das Leben als solches gerichtet hat. Da findet sich denn einmal eine besonders bezeichnende Stelle. Da sagt er: Das Leben könnte eigentlich gar nicht in Wirklichkeit eine theoretische Frage sein, wenn es nicht praktisch wertlos wäre. Denn würde das Leben, so wie es uns praktisch entgegentritt, seinen Wert unmittelbar darbieten, so würde der Verstand nichts mehr zu tun haben, es würde ihm nicht einfallen, irgendwie nach Rätseln zu forschen, er würde sich nicht verwundern über das Leben und nicht dazukommen, nach den Rätseln und nach den tieferen Gründen des Lebens zu forschen, er könnte auch nicht in gewisse Zweifel kommen; er könnte nicht nach einem Zweck fragen, da der Zweck ihm unmittelbar entgegentreten würde. — Man kann allerdings sagen: Für jemand, der das Leben in seiner Vielseitigkeit betrachtet, wird dieser Gedanke, den Schopenhauer anführt, als ein einseitiger erscheinen. Aber für Schopenhauer ist er sogar ein solcher, in dem er ganz gefangen ist, in dem er drinnen lebt. Wer die Vielseitigkeit des Lebens ins Auge faßt, der wird sagen: Nun, wie Schopenhauers Seele durch ehrliche, aufrichtige Gedanken dazu getrieben wird, so das Leben anzuschauen, daß dieser Gedanke vor seine Seele tritt, so könnte auch ein anderer Gedanke vor eine Menschenseele treten, der, ich möchte sagen, das Leben gerade entgegengesetzt ansieht. Zum Beispiel könnte gesagt werden: Wenn das Leben so wäre, daß es gar nichts zu fragen gäbe, so würde es dem Verstand keine Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Der Mensch würde verurteilt sein, in sich untätig zu sein, wie mit gelähmtem Verstand durch das Leben zu gehen. Denn das Leben brächte ihm auf dem Präsentierteller das schon entgegen, was es ist. Gerade solches Leben wäre ja nichtig, weil es den Menschen innerlich ertötet. — Sie sehen also klar den der Schopenhauerschen Weltanschauung entgegengesetzten Gedanken. Würde es niemandem einfallen können, über das Leben nachzudenken, so müßte das Leben nichtig sein; würde der Zweck des Lebens einem unmittelbar entgegentreten, so würde alles Streben aufhören müssen, und das Leben des Menschen wäre zwecklos.

Mit derselben innerlichen Kraft, durch dieselbe innere Seelenhingabe an die Wirklichkeit kann einem dieser dem Schopenhauerschen Gedanken entgegengesetzte Gedanke kommen. Solche Gedanken, welche das Leben in der verschiedensten Weise beleuchten — und alle solchen Gedanken sind in einer gewissen Weise berechtigt, so wie die verschiedenen photographischen Aufnahmen eines Hauses oder eines Baumes verschieden ausfallen, und alle im Grunde genommen berechtigt sind, aber das Haus oder der Baum doch nur durch Zusammenfassen aller einzelnen Aufnahmen gegeben ist —, treten gerade dem, der seelische Übungen als Geistesforscher macht, von allen Seiten entgegen. Aber sie treten in das geschilderte Wechselspiel zueinander; der eine Gedanke vernichtet den anderen teilweise oder ganz. Und man ist mit seiner Seele hingegeben diesem inneren Leben, einem Leben, das man sonst nicht haben kann in dieser inneren Seelenintimität, wenn man sich nicht vorbereitet hat dadurch, daß man also nicht dem gegenwärtigen den vergangenen Gedanken entgegenstellt, wie ich es beschrieben habe, sondern dem gegenwärtigen Gedanken den gegenwärtigen, daß man die Gedanken ihr Leben aneinander entfalten läßt, und selber hingegeben ist an dieses Entfalten. Und indem man also an diesen Gedankenkampf und die Gedankenharmonie — denn beides ist es zugleich — hingegeben ist, dadurch kommt man in einem noch intensiveren Maße los von dem gewöhnlichen Leben im stofflichen Leibe.

Und nunmehr gelangt man in eine selbständige Geisteswelt, die also nicht wie diejenige Welt, in der der Bildekräfteleib ist, an den menschlichen physischen Leib gebunden ist, sondern die völlig unabhängig ist vom menschlichen physischen Leibe. Und jetzt lernt man erst erkennen eine Erscheinung des gewöhnlichen Lebens, die bedeutungsvoll ist, die aber eigentlich nur von dem Gesichtspunkte, der jetzt geschildert worden ist, wirklich beobachtet werden kann, so daß die Beobachtung zu Ergebnissen führt: das ist die Welt des Schlafes.

Indem der Mensch einschläft, hört sein gewöhnliches Leben des Tages auf; indem er aufwacht, beginnt es wieder. Für das schauende Bewußtsein zeigt sich, daß der Mensch in selbständiger geistiger Wesenheit vom Einschlafen bis zum Aufwachen außerhalb seines physisch-stofflichen Leibes ist. Nur ist sein Bewußtsein im gewöhnlichen Leben so wenig kraftvoll, daß er, wenn er so selbständig außerhalb des physischen Leibes ist, dasjenige, in dem er jetzt ist, und auch die geistige Umgebung, in der dieses lebt, nicht wahrnehmen kann. Denn das gewöhnliche Bewußtsein ist nur so geübt, daß es durch das Werkzeug des physischen Leibes die äußeren physischen Gegenstände wahrnehmen kann; es ist nicht so erkraftet, daß es am Geiste selber jenen inneren Widerstand finden kann, der ihm dann diese Geist-Erlebnisse spiegelt. Dieses Erkraften aber ist für die Seele eingetreten durch die Übungen, die ich in meinen Büchern näher beschrieben habe, und so kann der Mensch dazu kommen, daß er erkennen lernt, was das eigentlich ist, in dem er sich außerhalb seines Leibes vom Einschlafen bis zum Aufwachen befindet. Das wird für ihn jetzt nicht die leere Welt, die sonst für ihn verläuft vom Einschlafen bis zum Aufwachen, sondern es wird eine erfüllte Welt, die mit dem schauenden Bewußtsein wirklich erfahren, erlebt wird. Der Mensch ist jetzt nicht nur sich selber gegenüber als seinem Bildekräfteleib, sondern er ist jetzt wirklich so, daß er sein Seelisches schaut, dasjenige schaut, was ihn nicht nur, sein Wachstum bewirkend, durchdringt, sondern ihn so durchdringt, daß es, wie ich es vorgestern geschildert habe, an diesem physischen Leib und auch an dem Bildekräfteleib arbeitet, um alle die seelischen Erlebnisse hervorzurufen, die mit Hilfe des physischen und Bildekräfteleibes erlebt werden. Aber der Mensch kennt das jetzt auch, was so im physischen Leibe arbeitet und im Bildekräfteleib als selbständige geistige Wesenheit, die in der geistigen Welt wurzelt und selber darinnen lebt, und die rhythmisch abwechseln muß zwischen dem Versenktsein in den physischen Leib und dem selbständigen Leben in der geistigen Welt zwischen Einschlafen und Aufwachen. Indem der Mensch dem schauenden Bewußtsein entgegenbringen kann durch die Stufe der Erkenntnis, die ich geschildert habe, das, was außerhalb des Leibes erlebt werden kann, erlebt er das Seelisch-Geistige. Aber er lernt jetzt auch erkennen, was er unbewußt durchmacht in der Zeit vom Einschlafen bis zum Aufwachen. In diesem unbewußten Erleben sind rein geistige Erlebnisse, die der Mensch durchmacht, während der Körper seine rein organischen, physikalischen Prozesse durchmacht, durch die er gewissermaßen das ausbessert, was die Seele verbraucht während des täglichen Arbeits- und Erkenntnislebens. Es sind geistige Prozesse, die die Seele durchlebt, und diese geistigen Prozesse kommen nur zum Bewußtsein, wenn dieses Bewußtsein so weit erwacht ist. Aber es kann im träumenden Bewußtsein das geschehen — und geschieht in jedem Traum —, daß das, was in der rein geistigen Welt durchlebt wird zwischen Einschlafen und Aufwachen, hinuntergespiegelt wird in den physischen und Bildekräfteleib. In dem Momente des nicht genug starken Schlafes, des Aufwachens, da wird es hineingespiegelt, und da tritt es dann durch den Bildekräfteleib, wie eben die Traumesbilder, in Spiegelung vor die Seele. Es ist gewissermaßen das rein geistige Leben, das sonst für das gewöhnliche Bewußtsein unbewußt bleibt, wenn der Mensch träumt, in die intensive Traumesphantasie umgesetzt. Das, was die Traumesbilder darbieten, ist so nicht eine Wirklichkeit, sondern es sind Bilder, die wahre geistige Wirklichkeit verändernde Bilder; aber sie sind veranlaßt durch das Wirken der geistigen Wirklichkeit auf den physischen Leib und Bildekräfteleib. Da kann dann der Mensch, indem er also das schauende Bewußtsein entwickelt, auch kraftvoll zurückblicken auf das, was sonst vorgeht während seines Schlafes. Und von diesem Gesichtspunkte aus gelangt man jetzt zu einer ganz anderen, und jetzt erst wahrhaftigen Erklärung dessen, was Schopenhauer nur als Beobachtung hinstellen kann, aber ohne zu einem Ergebnis zu kommen.

Nehmen wir wiederum auf von diesem Gesichtspunkte aus diesen sogenannten Examenstraum, wo also der Mensch sich spaltet in bezug auf sein Ich in zwei Teile, von denen der eine Antwort geben kann, der andere nicht. Schopenhauer kommt nur bis zu der abstrakten Auskunft: Wenn der Mensch aufgewacht ist, merkt er, daß diese beiden Traumpersönlichkeiten eine sind. Er kommt bis zu jener abstrakten Einheit, an der alle Abstraktlinge ein solches Gefallen haben. Derjenige aber, der mit dem schauenden Bewußtsein den ganzen Vorgang durchdringt, der lernt erkennen, daß das seelisch-geistige Wesen, das den Menschen begleitet von der Geburt bis zum Tode, es ist, was da angeschaut wird, daß das selbständige geistige Leben angeschaut wird, das ja, nur unterbewußt oder unbewußt, dem Traumesleben und auch dem Schlafesleben zugrunde liegt. Und so stellt sich dar, daß der Mensch, indem er vor sich hat sich selber als den Nichtwissenden, der auf die Fragen keine Antwort geben kann, da einmal sich anschaut in einer Lebenszeit, wo er noch nicht Antwort geben konnte; und dann schaut er sich an in dem anderen, der die Antwort geben kann, in einem späteren Lebensaugenblick, wo er eben schon Antwort geben kann. Er hat diese beiden Lebensaugenblicke vor sich: Einmal, wo er noch nicht Antwort geben konnte, und dann, wo er Antwort geben kann. Er schaut sich also zweimal an.

Sehen Sie, da haben wir konkret herausgearbeitet, wozu Schopenhauer, da er nicht schauender Philosoph war, nicht kommen konnte. Er wußte nicht, inwiefern sich des Menschen Ich gespalten hat in den jüngeren Menschen, der noch nicht Antwort geben konnte, und in den älteren, der schon Antwort geben konnte. Und warum geschieht diese Spaltung? Sie geschieht, weil tief im Untergrunde der Seele das lebt, wovon wir sagen können: der Mensch ist in einen fortwährenden Kampf hineingestellt, in ein fortwährendes Ringen. Ein inneres Ringen war es, wodurch der Mensch gekommen ist von dem Nichtwissen, das nicht Antwort geben konnte, zu dem Wissen, das Antwort geben konnte auf die Fragen. Im äußeren Leben verläuft dieses Ringen so, daß man ihm nicht viel Aufmerksamkeit zuwendet. Man läßt es gewissermaßen aus der Alltagsaufmerksamkeit fallen. Aber in den Tiefen der Seele, da stellt dieses Ringen eine Summe von Kräften dar. Man hat innerlich unterbewußt arbeiten müssen, um aus dem Nichtwissen in das Wissen hineinzukommen. Dieses Ringen, das sonst unter der Schwelle des Bewußtseins verläuft, lebt aber in der Seele. Denn in der Seele ist wahrhaftig viel mehr als dasjenige, dessen sich die Seele gewöhnlich bewußt ist. Und wenn die Seele ihre Aufmerksamkeit abwendet von der äußeren Welt, an die sie sonst gefesselt ist, dann tritt ihr das entgegen; aber sie hat jetzt für das gewöhnliche Bewußtsein keine Möglichkeit, das in seiner Wahrheit aufzufassen. Denn sie ist ja nicht gewöhnt, dieses Ringen wahrzunehmen. Sie wendet ihm, wie gesagt, im gewöhnlichen Bewußtsein keine Aufmerksamkeit zu. So tritt dieses innere Bewußtsein zwar in der Seele auf im Schlafe, im Traume, aber es bildet sich ab, indem es zwei Bilder zeigt: den nichtwissenden und den wissenden Menschen, zwischen denen das Ringen liegt und tätig war. So hätte Schopenhauer, wenn er zum konkreten schauenden Bewußtsein aufgerückt wäre, diese interessante Tatsache des Examenstraumes auffassen müssen. Dann hätte er auch einsehen müssen, daß da etwas sich hineinwebt in diese Welt des Traumes, was durch das ganze Leben hindurch auf dem Grunde der Seele pulst, und was zusammenhängt mit einem tiefinnerlichen Ringen und Kräften in der Seele. In der Außenwelt zeigt sich dieses nicht. Der Mensch würde beirrt werden, wenn er fortwährend dieses Ringens vor seinem seelischen Auge hätte. Er muß sich hineinstellen in die äußere Welt, muß sich einordnen in die äußere Welt. Aber es verläuft vieles, während er sich also in die Welt einordnet, in seiner Seele. Während er aus einem Nichtwissenden, der nicht Antwort geben kann, zu einem Wissenden wird, der die Fragen beantworten kann, verläuft eben sehr vieles in der Seele. Und das webt und lebt, während der Mensch der äußeren Wirklichkeit abgewendet ist. So zeigt sich gewissermaßen das, was der Mensch nun äußerlich im wirklichen Leben durchmacht, was er für die Welt der Arbeit, für die Welt der anderen Menschen wird, für die Welt, in der er nützlich, wertvoll sein soll dadurch, daß in seinem inneren Leben geheimnisvolle Vorgänge des Ringens stattfinden.

Nun, ich sagte schon vorgestern: Vergleichsweise, nicht mit einem gewissen mißverständlichen asketischen Nebensinn, zeigt sich für den, der das Leben durchschaut, auch dasjenige, was in der Sinnenwelt ausgebreitet ist, als eine Summe von Bildern. Ebenso wie der Traum eine Nachbildung ist des äußeren physischen Lebens, so ist dieses äußere physische Leben eine Nachbildung eines geistigen Lebens, zu dem der Mensch durch das schauende Bewußtsein aufwacht, in das er sich hineinlebt.

Ich habe in meinen verschiedenen Schriften den ersten Standpunkt der geistigen Erkenntnis, durch den der Mensch dazu gelangt, am Menschen selber den Bildekräfteleib wahrzunehmen, die imaginative Erkenntnis genannt. Ich bitte, sich nicht an diesem Ausdruck zu stoßen. Es ist sehr leicht, sich daran zu stoßen, weil man gewöhnlich dasjenige dabei denkt, was im gewöhnlichen Leben darunter vorgestellt wird. Man braucht sich aber nicht daran zu stoßen, es ist nur das gemeint, was charakterisiert ist. Dieses imaginative Erkennen stellt sich in Bildern dar, aber in Bildern, die nicht bloße Phantasiebilder sind, sondern die auf eine Wirklichkeit hinweisen.

Dasjenige Denken aber, das sich so vor die Seele stellt, daß man es vergleichen kann mit dem äußeren Wechselleben im Moralischen, das nannte ich in meinen Schriften die inspirierte Erkenntnis, weil da ein selbständiges Geistiges vor die Seele tritt, in dem die Seele nun lebt. Der Begriff der Inspiration — von dem man nur allen Aberglauben fernhalten muß — ist durchaus anwendbar auf jenes innere Wahrnehmen einer geistigen Welt, das jetzt eintritt, wenn die Seele sich erhoben hat zu einem solchen Erkennen. Durch die inspirierte Erkenntnis gelangt sie dazu, nicht nur für das gewöhnliche Leben die Bedeutung des Träumens, des Schlafes einzusehen, sondern nun wirklich das selbständige Geistesleben so zu überschauen, daß sie sich Vorstellungen machen kann über das geistige Leben, das außerhalb des Lebens zwischen Geburt und Tod verläuft. Die Seele gelangt dazu, die selbständige Geisteswelt in die Vorstellungen über jenes Leben hereinzunehmen, in dem die Seele lebte, bevor sie durch die Geburt oder Empfängnis heruntergestiegen ist in die physische Welt. Die Seele gelangt dazu, sich Vorstellungen zu machen, wie das Leben verfließt, wenn sie durch die Pforte des Todes gegangen ist. Der Mensch — ich habe schon vorgestern daraufhingedeutet, und es wird Gegenstand der weiteren Vorträge sein — erlebt wiederholte Erdenleben, und so erlebt er auch eine Zeit, die verfließt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. In dieser Zeit, die wesentlich länger dauert als das Leben zwischen Geburt und Tod, lebt die Seele in einer rein geistigen Welt; aber in dieser hat sie die Kräfte, mit denen sie sich selbst durchdringt, die so um sie herum sind, wie hier die Kräfte der physischen Welt. Aus dieser Welt heraus holt sie die Kräfte, mit denen sie sich selber durchdringt, und die sie in das hineinträgt, was ihr durch die Vererbung von Vater und Mutter, Großvater und Großmutter und so weiter aus der Welt der physischen Stofflichkeit entgegengebracht wird. Indem der Mensch aber in diese Welt hineinschaut, schaut er auf die Grundkräfte, auf die, ich möchte sagen, richtunggebenden Kräfte seines inneren Schicksals. Denn dasjenige, was wir, aus der Seele heraus veranlagt, dem Leben entgegentragen, so daß wir in einer gewissen Weise sind, und dadurch dieses oder jenes erfahren, das wirkt unser inneres Schicksal. Das wird aber nicht bloß durch die Erziehung, die ja die Dinge herausholt aus der menschlichen Individualität, aber nur das, was in ihr liegt, herausholen kann, das wird nicht bloß durch das äußere physische Leben im Menschen ausgebildet, das trägt der Mensch durch die Empfängnis oder Geburt herein aus der Zeit vor der Geburt, aus dem Leben in der geistigen Welt, in der es das schauende Bewußtsein schaut. Und so sehen wir auf die Gründe für das innere Schicksal des Menschen, zu dem die Kräfte gebildet werden zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Da sehen wir auf all das, was aus dem Inneren der Seele heraus unser Schicksal bestimmt. Sind wir dazu veranlagt, besonders zu sinnen, so kann uns das Leben in gewissen Lagen schwerfallen. Diese Veranlagung zum Sinnen, wir bringen sie aber mit aus dem Leben, das verflossen ist zwischen dem letzten Erdenleben und dieser Geburt. Dadurch, daß wir dieses Leben durchleben, dadurch durchweben wir die physische Stofflichkeit, die uns durch die Empfängnis oder Geburt gegeben wird, mit all den Kräften, die von innen heraus unser Leben schicksalsmäßig gestalten.

Dazu kommt nun dasjenige, was von außen herein das Leben schicksalsmäßig gestaltet. Denn das Gesamtschicksal des Menschen fließt ja zusammen aus der Art und Weise, wie wir selbst unsere Kräfte der Außenwelt entgegentragen: ob wir stumpf diese Kräfte ihr entgegentragen, und nur durch die stumpfen Kräfte etwas erfahren, oder ob wir die Kräfte energisch der Außenwelt entgegenbringen und dadurch anders unser Leben hinbringen. In hundertfältiger Weise gestaltet sich so das von innen heraus sich formende Schicksal; und in dem, was äußere Schicksalsschläge sind, die in Leid und Freude, in Lust und in Schmerz bestehen, in ihnen besteht der andere Teil des Schicksals, der sich zusammenwebt zu dem gesamten Schicksalsverlauf mit dem, was von innen kommt. Auch zu dem Begreifen desjenigen, was von außen her am Schicksal webt, gelangen wir nur, wenn wir Einlaß gewinnen durch das schauende Bewußtsein in die geistige Welt.

Dazu muß nun noch ein Drittes kommen. Um das zu erforschen, reichen die beiden Erkenntnisarten nicht aus. Dazu muß kommen die intuitive Erkenntnis. Ich gebrauche dieses Wort jetzt aber nicht in dunkel symbolischem Sinne, sondern in dem Sinne, wie ich es charakterisieren will. Ich habe zwei Stufen des Aufrückens in geistiger Erkenntnis dargestellt. Die eine Stufe wurde dadurch herbeigeführt, daß das Denken sich selbständig erlebt in den Gedanken, und gewissermaßen das, was zwischen den Gedanken ist, wenn sie sich selbst überlassen werden, erlebt wird. Dann treten die Gedanken in ein inneres Wechselspiel, es werden die Gedanken zu dem inneren Schicksal, und dadurch fangen wir an, das Schicksal zu begreifen, das in der geistigen Welt veranlagt ist. Nun kann aber ein Weiteres dadurch eintreten, daß man all die inneren Prüfungen der Seele, die man durchmacht, wenn man dasjenige erlebt, was ich so als diese beiden Stufen des lebendigen Erkennens geschildert habe, daß man das innerlich wahr, innerlich ehrlich durchlebt. Denn gar groß sind ja die Versuchungen, die den Menschen auf diesem Gebiet dazu verführen, unaufrichtig gegen sich selbst zu sein, sich einzureden, man erlebe wirklich dieses oder jenes. Allein nicht durch einen logischen, nicht durch irgendeinen dialektischen Beweis läßt sich klarlegen, wodurch man zur Wirklichkeit kommt. Die eben charakterisierte Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit gegen sich selbst muß da sein. Sonst aber kann man nur sagen: Man erlebt eben die Wirklichkeit durch unmittelbare Erfahrung; da läßt sich nichts beweisen. Geradeso, wie man niemandem beweisen kann, der es abstreiten will, daß es einen Walfisch gibt, wie der Walfisch nur durch die Erfahrung bewiesen werden kann, so läßt sich auch für geistige Erlebnisse nur durch das schauende Bewußtsein beweisen, daß sie da sind. Durch das schauende Bewußtsein kann man sich so klar sein, daß man es mit einer geistigen Wirklichkeit und nicht mit einer Phantasieschöpfung zu tun hat, wie man sich in der Sinnenwelt klar sein kann, ob man ein Tier aus Papiermache oder ein lebendiges Tier vor sich hat. Wie man da nicht zu beweisen braucht, sondern durch unmittelbare Erfahrung sich überzeugt, so überzeugt man sich auch von der geistigen Wirklichkeit durch innere Erfahrung.

Dann aber, wenn man immer weiter und weiter schreitet, wenn man wirklich in innerer Geduld und Ausdauer die genannten Übungen fortführt, gelangt man dazu, daß von einem bestimmten Punkte ab dieses erlebte Erkennen selbst Schicksal wird, ein Schicksalsereignis wird. Da muß man eben wirklich so aufrichtig sein und sich klar sein, wie wenig das gewöhnliche, oftmals so theoretisierende, bloß logische Erkennen eigentlich für die meisten Menschen ein Schicksalserlebnis ist. Wie wenig! Man erkennt, weil man die Sehnsucht hat dazu; aber dieses Erkennen trägt man doch mit sich wie etwas, was neben dem Leben einherläuft. Aber wenn der Mensch als Geistesforscher so weiterschreitet, wie ich das geschildert habe, dann kommt eben ein Augenblick-er mag früher oder später kommen, er wird kommen —, wo das Erkennen selbst ein Schicksal wird, wo man so innerlich durchkraftet ist durch den Geist, daß man durch den Geist selber im geistigen Universum steht, wo das ein solches inneres Ereignis wird, daß es trotz aller inneren Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit das wichtigste Ereignis wird. Man darf sagen: dieses bedeutet etwas in das Leben sehr tief Einschneidendes. Man erlebt gewiß als Mensch — Sie wissen es alle — einschneidende Schicksalserlebnisse, die oftmals das ganze Dasein in andere Bahnen führen, Erlebnisse, die die Seele tief aufrütteln, Erlebnisse erhabenster Freude, Erlebnisse tiefster Tragik. Aber es kann und muß, wenn wirklich geistige Erkenntnis als Forschung erreicht werden soll, doch möglich sein, daß die Erkenntnis selbst an den Menschen so herantritt, daß sie Schicksalserleben wird: ein solches Schicksalserlebnis, gegenüber dem die anderen Schicksalserlebnisse, mögen sie noch so bedeutend sein, ein wenig sich in den Schatten stellen. Die größte Wendung, der größte Einschlag des Lebens, er kann und er muß für den wahrhaft geistig Erkennenden so kommen, daß von einem gewissen Momente ab er sich so erkennend im Geiste weiß, daß dieses Schicksalserlebnis alle anderen Schicksalserlebnisse übertönt. Und der Ton, der von diesem Schicksalserlebnis kommt, er tönt dann so in der Seele, daß man nunmehr weiß, wo die Kräfte weben in der geistigen Welt, welche den Lebenslauf — für viele scheinbar zufällig — so zusammenstellen, so durchdringen, daß nicht nur in dem, was von innen heraus sich formt, Plan und Zusammenhang ist, sondern auch diejenigen Ereignisse, die in der Außenwelt sind, entweder zusammenhängen oder so an uns herantreten, daß sie wiederum die Grundlage bilden für Zusammenhänge, die sich dann im nächsten Erdenleben abspielen. Denn es hängt ja beim geistigen Erkennen sehr viel davon ab, daß man das wirklich durchleben kann, was als Wirkung herauskommt. Dadurch, daß man solch ein Erlebnis, wie ich es jetzt als Schicksalserlebnis des Erkennens, und früher als Erlebnis des erkennenden Bewußtseins geschildert habe, durchlebt, daß man nicht nur es anschaut, sondern die Wirkungen in der Seele hat, und die Seele dadurch umgeartet wird — dadurch wird die Seele eine schauende Seele. Jetzt gelangt sie dazu, nicht nur hineinzuschauen in das Leben, das zwischen dem Tod und einer neuen Geburt verfließt, sondern sich Vorstellungen zu bilden über Kräfte, die aus früheren Erdenleben herkommen. Diese Kräfte, die herüberwirken aus früheren Erdenleben, leben wieder auf in diesem Erdenleben, und sie weben sich wiederum zusammen mit dem, was als Neues in unser Leben eintritt, sie leben sich zusammen zu einem Gesamtschicksal, das von außen sich seine Kräfte bildet und das wiederum die Grundlage bildet für die folgenden Erdenleben. Und so stellt sich dasjenige, was aus dem Inneren kommt, als die Wirkung dar des Lebens, das zwischen Tod und neuer Geburt verläuft. Das dagegen, was von außen kommt, stellt sich so dar, daß herüberwirken die Grundlagen, die in früheren Erdenleben gelegt sind.

Ich weiß sehr wohl, wie sehr das heutige Bewußtsein, das mit Recht sich an der naturwissenschaftlichen Weltanschauung herangebildet hat, solchen Vorstellungen widerstrebt, wie sie jetzt über das äußere und innere Schicksal gegeben worden sind. Es wird noch lange brauchen, bis man, ich möchte sagen, durch immerwährende Wiederholung denen, die da glauben, aus einer naturwissenschaftlichen Überzeugung heraus dieser geisteswissenschaftlichen Anschauung widerstreben zu müssen, klarmachen kann, daß diese geisteswissenschaftliche Überzeugung in vollem Einklang steht mit alledem, was durch die Naturwissenschaft heute in so bewundernswürdiger Weise an die Oberfläche des menschlichen Denkens gebracht worden ist. Denjenigen, die vom Standpunkte einer festgegründeten naturwissenschaftlichen Weltanschauung der Geisteswissenschaft widerstreiten, kann man immer nachweisen, daß sie eigentlich nicht wissen, wovon sie reden, weil sie nicht die Geduld und Ausdauer haben, sich wirklich in die Geisteswissenschaft einzulassen. Betrachten wir gerade zum Schluß dasjenige, was sich uns als allgemeine Grundlage für die Schicksalsfrage der menschlichen Seele darstellt, im Zusammenhang mit gewissen naturwissenschaftlichen Gedanken der Gegenwart. Da wird mancher kommen und sagen: Diese Naturwissenschaft hat es endlich dazu gebracht, durch sorgfältige Forschung klarzulegen, wie gerade im physischen Vererbungszusammenhang Kräfte liegen, die uns formen, die an unserem Schicksal mitarbeiten. Und weit ist die Naturwissenschaft schon gekommen auf diesem Gebiet. Und da kommt nun solch ein Geistesforscher und sagt gegenüber dem, was der Naturforscher nachgewiesen hat als aus der physischen Vererbung stammend, es sei das innere Schicksal bedingt durch das, was in der rein geistigen Welt sich abspielt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Beide Dinge stehen aber völlig miteinander im Einklang; nur muß man sich klar sein darüber, daß man ausbilden muß zu demjenigen Denken, das ein bloß logisches Denken ist, das wirklichkeitsgemäße, auch das geistig-wirklichkeitsgemäße Denken. Auf dieses habe ich in meinem neuesten Buche «Vom Menschenrätsel» besonders hingewiesen, ich will es heute nur entwickeln mit Bezug auf diesen Gedanken. Logisches Denken ist meist damit zufrieden, daß Gedanken sich miteinander vertragen. Aber logisch miteinander verträgliche Gedanken können nur scheinbar miteinander verträglich sein. Wenn man außerhalb der Wirklichkeit steht und auf die bloße Logik sieht, kann es durchaus sein, daß der Schein trügt, daß die Logik einen Einklang vorzaubert, während die Wirklichkeit ihr widerstreitet. Schopenhauer spottet selber einmal darüber, wie Gedanken ganz miteinander übereinstimmen können, und doch die Wirklichkeit ihnen widerstreitet, indem er darauf hinweist, wie Franz I. von Frankreich denselben Gedanken zu haben behauptete wie Karl V. Er sagte: «Ich habe ja denselben Gedanken, ich will ganz dasselbe wie mein lieber Bruder Karl V.» Da beide dasselbe wollten, schienen ihre Gedanken gleich zu sein. Ob sie aber zusammenstimmten? Sie wollten nämlich beide Mailand erobern! Die Wirklichkeit rektifiziert den Gedanken. Das ist sehr auffallend, in die Augen springend. Aber wo man sonst in einer ähnlichen Weise am Schein des Einklanges hängt und nicht die Gedanken, sei es in die physische oder in die geistige Wirklichkeit, hinuntertauchen, da merkt man es oftmals nicht. Und so merkt man nicht, wie der Gedanke, den ich eben entwickelt habe über die Kräfte des inneren Schicksals, sehr wohl vereinbar ist mit dem Gedanken der physischen Vererbung. Da sehen wir, wie aber gerade dem richtigen Tatbestand gegenüber eigentlich das Weltanschauungsdenken recht unlogisch wird. Es ist ja sehr interessant, wenn man verfolgt, mit welcher wissenschaftlichen Klarheit der Vererbungsgedanke begründet worden ist, von dem Pflanzenreich angefangen, durch die Mendelschen Resultate, bis hinauf in die Familienforschung, wo gezeigt wird, daß sich in der Familie gewisse Kräfte und Fähigkeiten — nun, meinetwegen forterben. Ein solches Buch über Familienforschung und Vererbungslehre, wie das von Robert Sommer erschienene, ist ja außerordentlich interessant; noch interessanter ist das, was er 1908 hat folgen lassen über Goethe im Lichte der Vererbung. Denn man kann natürlich sehr schön darstellen, wie das, was bei Goethe hervortrat als diese oder jene Kraft seines Geistes, nach der einen Seite schon veranlagt war, die eine bei diesem Vorfahr, die andere bei einem anderen, die dritte bei einem dritten; und so sind sie alle zusammengeflossen in einem Nachkommen und sie zeigen sich zuletzt in ganz besonders genialer Ausbildung. Nun ja, das hat dazu geführt, daß die Vererbungslehre von Gregor Mendel, die auf wissenschaftlich richtigen Tatsachen beruht, die mit Bezug auf die Vererbung bei Pflanzen und Tieren außerordentlich tiefsinnig ist, daß man diese Idee der Vererbung einfach in das Geistige überträgt und sagt: Die besonderen Begabungen stehen immer am Ende einer Abstammungslinie, sind also von der Abstammungsströmung durch Vater und Mutter, durch Großvater und Großmutter hindurch vererbt. Ich habe schon öfter auch hier darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Gedanke nicht sehr wirklichkeitsgemäß und logisch ist. Denn wollte man wirklich zeigen, daß die Eigenschaften von einem Menschen auf den Nachkommen übergehen, dann müßte man zeigen, daß der Vorfahr die betreffenden Eigenschaften hat, daß sich beim Nachkommen die Eigenschaften zeigen, die schon beim Vorfahren waren. Das ist aber nicht wunderbarer, der Gedanke ist nicht tiefer als der, daß ein Mensch, der ins Wasser gefallen ist, naß ist. Er ist durchgegangen in der physischen Vererbung durch die Vorfahrenströmung, also bringt er durch die Vererbung besondere Eigenschaften mit sich.

Aber es ist nicht zu leugnen, daß sich sehr früh in der Vorfahrenreihe die Veranlagung zeigt zu dem, was bei dem Nachkommen zuletzt herauskommt. Dieser Gedanke ist, äußerlich-physisch angeschaut, durchaus zu halten; aber für das schauende Bewußtsein zeigt sich das Folgende: So wie hier diesen physischen Menschenleib die Seele durchdringt, wie die Seele im physischen Menschenleibe wirkt und lebt, so ist auch all dasjenige, was in unserer Umgebung lebt, von Seelisch-Geistigem durchflössen und durchwoben. Alles, was im Physischen geschieht, ist durchdrungen von Seelischem, so wie mein Finger und mein Arm von Seelischem durchdrungen ist und nicht ein bloß Physisches ist. Überall ist Seelisches. Und so durchdrungen ist auch das Physische, das herunterströmt vielleicht von einem Menschen im 14. Jahrhundert durch einen Nachkommen im 15., 16. Jahrhundert bis hinein ins 20.: da leben sich die physischen Vorgänge fort; ihnen fließen parallel geistige Vorgänge. Die geistige Welt ist nicht etwa in einem Wolkenkuckucksheim abgesondert von der physischen Welt; sie durchdringt die physische Welt. Und da, wo die physischen Vererbungsvorgänge sich abwickeln durch die Jahrhunderte hindurch, da geschieht auch Geistiges. Da ist die geistige Welt. Und die Seele des Menschen, der in einem bestimmten Zeitpunkt geboren wird, sie ist lange schon mit den Vorgängen, die sich in der Vorfahrenreihe abspielen, verbunden. Grob gesprochen: Wird ein Mensch im 20. Jahrhundert geboren von einem Vater und einer Mutter, die wiederum abstammen von Eltern, die im 19. Jahrhundert geboren sind und so weiter herauf, so kommen wir durch Jahrhunderte hindurch; da geht die Vererbungsströmung, die schließlich zu dem Menschen, den wir im Auge haben, herunterströmt. Aber die Seele ist schon seit Jahrhunderten tätig in dem, was die Menschenpaare zusammenführt. Was geschieht zwischen den Menschen und sich dann ausprägt in der Vererbung, das wirkt, während hier die physische Vererbung vor sich geht, herein aus der geistigen Welt, so daß immer der richtige Vater zur richtigen Mutter geführt wird. Da wird vorbereitet das, wozu die Seele strebt, damit sie dann geboren werde in dem Nachkommen.

Da haben Sie den Gedanken so gefaßt, daß alles zusammengefaßt ist. Alles geschieht in der physischen Vererbung, aber die Seele ist immer dabei; die Seele gesellt sich schon Jahrhunderte vorher in die Strömung von einem Menschenpaar zu Nachkommen und immer wieder Nachkommen. So bewirkt die Seele selbst dasjenige, was in der Vererbungsfolge das vorbereitet, was sie dann wird, und was endlich heute zum Ausdruck kommt. — Für die heutige Weltanschauung, für die heutige Vererbungstheorie, ist dieser Gedanke vielleicht noch grotesk. Er kann auch nur dadurch erlangt werden, daß man sich auf dem heute geschilderten Wege Vorstellungen über die geistige Welt bildet; aber er wird sich schon im Laufe der Zeit einleben.

Und jetzt will ich auch noch — wenn es auch wegen der Kürze der Zeit nur ganz kurz geschehen kann — in gewisser Weise schildern, was wir, grob gesprochen, nennen könnten die Technik des äußeren Schicksals, nachdem ich die Technik des inneren Schicksals im Zusammenhang mit der Vererbung besprochen habe. Dies, was unter Menschen sich abspielt im gewöhnlichen Leben, was ein Mensch dem anderen zufügt, was ein Mensch dem anderen sagt, was ein Mensch durch den anderen erlebt dadurch, daß Gefühle in ihm hervorgerufen werden durch die Worte und Taten des anderen, daß er selber zu diesen Worten und Taten veranlaßt wird, das alles ist nur die eine Seite dessen, was zwischen den Menschen geschieht. Und dasjenige, was im Bewußtsein lebt in dem Verhältnis der Menschen zu der übrigen Umgebung, ist auch nur eine Seite. In der menschlichen Seele lebt eigentlich mehr als das, dessen sie sich bewußt ist. Und so spielt sich auch unendlich viel mehr ab zwischen zwei Menschen, die im Leben zusammen sind, als das, was im Bewußtsein des einen oder des anderen Menschen sich abspielt. Und so zwischen allen Menschen, die sich begegnen. In den tiefen Untergründen des Bewußtseins spielt sich gar vieles ab. Das bleibt in diesen Untergründen, tritt auch manchmal herauf. Da ist ein abwechselndes Herauftreten und wiederum Zurückwogen, aber auch ein vollständiges Bleiben im Unterbewußten. Aber was in den Tiefen der Seele abläuft, was nicht im Bewußtsein erlebt wird, nur im Unterbewußten, es ist deshalb doch in der Seele und wirkt in der Seele. Um das Beispiel zu vereinfachen: Wir treten einem Menschen entgegen, wir erleben in bewußter Weise etwas mit ihm, aber gerade dadurch erleben wir auch noch etwas Tieferes, etwas Tieferes wird noch in der Seele angeregt. Es lebt bei uns weiter, lebt in ihm weiter. Das wirkt weiter und wird durchgetragen durch die Pforte des Todes, das wird innerhalb der geistigen Welt in dem Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt weiter ausgebildet zur Vorbereitung für ein neues Erdenleben. Alles dasjenige, was also gerade in den Tiefen der Seele durchlebt wird, es wird so durch die Pforte des Todes getragen, daß ich diese Art etwa damit vergleichen kann, daß ich sage: Es gibt, wie Sie alle wissen, im äußeren physischen Dasein die Möglichkeit, einen Raum luftleer zu machen, wenn man Luft auspumpt aus einem Raum. Wenn man dann irgendwo öffnet, dann dringt die äußere Luft in diesen luftleeren Raum ein. Der Raum, der leer ist, der kann keine Kräfte entwickeln; aber gerade die Außenwelt dringt in ihn ein, das Äußere dringt in ihn ein. Wäre er voll, so würde das Äußere nicht eindringen können, aber das Äußere dringt gerade dadurch ein, daß es zuströmen muß durch seine Leere. Indem wir dasjenige, was in unserer Seele, also in dem Unterbewußten veranlagt wird im weiteren Umkreis des bewußten Seelenlebens, durch die Pforte des Todes tragen, daß es in unserer Seele oftmals als Glücksgefühl lebt, erzeugt es gewissermaßen einen leeren Raum in der Seele, vergleichsweise selbstverständlich gesprochen, das Physische ins Geistige umgesetzt; denn so stellt es sich dem schauenden Bewußtsein dar. Mit dieser Leerheit lebt der Mensch zwischen dem Tod und einer neuen Geburt und tritt wiederum damit durch die Geburt in ein neues Erdenleben. Und so trägt er in dieses neue Erdenleben als Folge der früheren Erdenleben einen leeren Raum-vergleichsweise gesprochen. Durch diesen seelisch leeren Raum zieht er die entsprechenden Verhältnisse der Außenwelt an sich heran. Dadurch kommen die Wesen und die Schläge des äußeren Schicksals heran; dadurch findet er ein Menschenwesen, das er in einem Leben kennenlernte, wieder, tritt wiederum mit ihm zusammen. Er zieht es dadurch heran, daß dasjenige, was seine Vollheit in der Seele war, Leerheit wurde, die saugend ist für gewisse Ereignisse. Und geradeso wie der luftleere Raum die Luft anzieht, so zieht eine durch gewisse Ereignisse erreichte Leerheit gewisse Erlebnisse wieder heran. Das ist, ich möchte sagen, grob ausgedrückt, die Technik, wie das eine Erdenleben in das andere hereinwirkt.

Ich habe mich bemüht, Ihnen heute vor die Seele zu führen eine Anzahl Beobachtungen und Ergebnisse der Geisteswissenschaft, die im allgemeinen zusammenhängen mit dem menschlichen Schicksal und seinen Rätseln. Dieses Allgemeine kann die Grundlage werden, um Beobachtungen anzustellen auch über einzelne Schicksalsfragen. In einer so schicksaltragenden Zeit muß auch dieses naheliegen. Daher werde ich im nächsten Vortrag gerade über einzelne solcher Schicksalsfragen sprechen, auf der Grundlage der allgemein-menschlichen Schicksale, die Bedeutung einzelner Schicksalsschläge, freudvoller, leidvoller Schicksalsschläge für das unmittelbare Leben, sein Glück, seinen ganzen Verlauf darzustellen versuchen.

Gerade an der Schicksalsfrage zeigt sich etwas, was ich noch erwähnen will, weil es sehr wichtig ist und verkannt wird auch von denjenigen, die wohlwollend der Geisteswissenschaft gegenüberstehen. Man glaubt sehr leicht, den Einwand machen zu können: Ja, was bedeutet denn diese Geisteswissenschaft für diejenigen, die nicht selber Geistesforscher werden können? — Das beantwortet sich am besten damit, daß für den Geistesforscher selber die Geistesforschung ein Schicksal ist. Sie ist für ihn das, was ich mehr oder weniger geschildert habe; aber was das Leben fordert, das wird das geistige Erlebnis erst dadurch, daß man all dasjenige, was der Geistesforscher findet, herüberbringt in die Gedankenwelt, die jetzt bloß befruchtet wird, nur nicht von der äußeren sinnlichen Wirklichkeit, sondern von der inneren geistigen Wirklichkeit. Und diese Gedankenwelt, die kann jeder Mensch dann aufnehmen, wenn er sich ihr nur vorurteilsfrei hingibt. Es ist wirklich nicht richtig, wenn gesagt wird, nur dem Geistesforscher liegen die Geheimnisse der geistigen Welt klar. Daß sie heute so wenigen Menschen klarliegen, das kommt daher, daß heute verhältnismäßig viele Menschen nur Empfänglichkeit haben für solche Gedanken, die aus dem äußeren Leben hergenommen sind. So glaubt man dem Chemiker, wenn man auch nicht seine Versuche kennt, durch die er gewisse Ergebnisse zustandebringt, so glaubt man den Astronomen, wenn man auch nicht alle intimen Beobachtungen kennt, die er machen muß. Man glaubt daran, weil man sich vorurteilslos den Gedanken hingibt, die in der Forscherstube, in der Klinik, im Laboratorium, auf der Sternwarte sich ergeben, und man wendet die forscherischen Ergebnisse im Leben an; das Leben wird von ihnen befruchtet. Man kann in die Gedanken hereinbekommen das, was der andere erforschen muß.

Heute ist die Zeit noch nicht da, aber sie liegt nicht allzu ferne, wo die Menschen ihre Gedanken hinlenken werden auf das, was gewissermaßen in dem geistigen Laboratorium des Geistesforschers vorgeht und zu Ergebnissen führt aus Beobachtungen heraus. Das hängt nur ab von einer gewissen Umänderung der Denkgewohnheiten. Die Menschen haben sich auch an die Kopernikanische Weltanschauung gewöhnen müssen, da werden sie sich auch gewöhnen an die Ergebnisse der Geistesforschung. Dann, wenn man die Gedanken hat, in die der Geistesforscher seine Ergebnisse prägt, dann genügen diese Gedanken, obwohl heute bis zu einem gewissen Grade jeder so weit Geistesforscher werden kann, daß er sich von der Wahrheit der geistigen Welt überzeugen kann, auch von einzelnen Tatsachen der geistigen Welt. Um aber eine voll gegründete Überzeugung haben zu können, braucht man nicht selber Geistesforscher zu sein, sondern nur unbefangen, vorurteilslos, nicht getrübt durch die materialistisch-naturwissenschaftlichen Begriffe der Gegenwart, dem gegenüberzutreten, was sich als Ideenwelt ausbreitet, die das Ergebnis dieser geisteswissenschaftlichen Beobachtungen des Geistesforschers ist. Und hat man das nur einmal wirklich gedacht, dann hat man in diesem Denken dasjenige, was aus der geistigen Welt zunächst für das Leben gebraucht wird. Was für das Leben im allgemeinen gebraucht wird, kann durch ein gedankliches Durchdringen der Geistesforschung erkannt werden. Damit die Geistesforschung fortschreiten kann, müssen gewisse Menschen selber Forscher werden, sich einlassen auf die geistige Welt und sich ihre Seele ausbilden durch jene Methoden, die so innere geistige sind, wie die Methoden des Chemikers, des Physiologen, des Biologen äußere sind. Und in der Zukunft werden Menschen — das ist nicht schwer zu erlangen für die gesunde Seele — sich das aneignen, was als ein gewisser Grundstock der Geisteswissenschaft gelten kann, und was dahin führt, daß man sich bestimmt davon überzeugen kann, daß die Ergebnisse der Geistesforschung der Wirklichkeit entsprechen. Das kann heute auf der gegenwärtigen Stufe der Menschheit durch Berücksichtigung dessen, was Sie in meinen Büchern dargelegt finden, erreicht werden. Aber immer wiederum muß betont werden, daß der Einwand nicht gelten kann: Ich sehe nicht hinein in die geistige Welt, daher hat das keinen Wert, was der Geistesforscher darstellt! — Bei vorurteilslosem Denken kann man finden: Wenn das in Gedanken gegossen wird, was der Geistesforscher gibt, kann in diesen Gedanken ein Lebensgut gewonnen werden, das, in die Seele gelegt, diese Seele wirklich so weiterführt, daß selbst solche Dinge allmählich verständlich werden, welche sonst selbst dem philosophischen Verständnis, wie wir gesehen haben, trotzen, wie die philosophisch so wenig bearbeitete Rätselfrage nach dem menschlichen Schicksal.

Es zeigt sich nun auf einer viel höheren Stufe vor dem geistigen Anschauen, daß wirklich auch mit Bezug auf das Schicksal der Vergleich fortgesetzt werden kann, den ich vorgestern gebraucht habe: Wir haben das träumende Bewußtsein und können es mit dem gewöhnlichen Bewußtsein vergleichen. Im Traume erlebt der Mensch etwas, was einem Schicksal ähnlich sieht, in solchen Träumen, wie ich sie im Sinne Schopenhauers dargestellt habe. Der Mensch klärt sich auf über diesen Traum, wie er zusammenfließt in das Leben, das erlebt wird in der äußeren physisch-sinnlichen Welt, wenn er aufwacht aus dem Traumbewußtsein in das gewöhnliche Bewußtsein. — Wacht der Mensch aber auf aus dem gewöhnlichen physischen Bewußtsein in das schauende Bewußtsein, dann hellt sich auf, was unser Leben durchfließt, tragisch oder freudig, erhebend oder niederschlagend, leidvoll oder freudvoll. Das, was so unser Leben durchfließt, das klärt sich auf, das gewinnt solchen Zusammenhang, wie der Traum gewinnt, wenn wir aufwachen und uns eingliedern in die physische Wirklichkeit. So wie das scheinbare Zusammenhängen des Traumes der physischen Wirklichkeit weicht beim gewöhnlichen Aufwachen, so weicht dasjenige, was wie der Schicksalstraum, der freudvoll oder leidvoll, schicksaltragend das menschliche Leben durchsetzt, das klärt sich auf in einer höheren, im Geistigen waltenden Wirklichkeit, wo der Mensch nun als geistiger Mensch wacht und lebt; das klärt sich auf in der geistigen Welt. Wir erleben unser Schicksal, weil es der Spiegel ist, den wir erleben müssen, während wir in der geistigen Welt als Geistesmensch unser Leben durchmachen durch viele Stufen hindurch, und weil wir durch dasjenige, was wir im Schicksal erleben, von Lebensstufe zu Lebensstufe eilen. Denn schließlich ist doch für eine tiefere Auffassung alles Leben, im Leibe, im Geiste, durch viele geistige und physische Leben, alles Leben ist in Vervollkommnung. Es strebt nicht nur der Mensch, solange er lebt, es strebt ein jedes Wesen; die ganze Welt strebt, das ganze Universum strebt von Vollkommenheitsstufe zu Vollkommenheitsstufe. Und ein tiefes Gefühl von dem Ziel des Lebens und Werdens enthüllt sich einem erst, wenn der Mensch aufwacht aus seinem Leben in der physischen Welt, der stofflichen Vorgänge, zu einem Leben im Geiste, einem geistigen Leben auf der Erde, wo sich gegenüber dem Abbild der Vollkommenheit hier im Physischen das Urbild aller Vervollkommnung im Geistigen zeigt.




Zuletzt aktualisiert: 24-Mar-2024
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