DRITTER VORTRAG
München, 18. August 1910
Bei
mancherlei von dem, was in diesem Vortragszyklus gesagt werden
muß und was überhaupt im Verlaufe unserer
anthroposophischen Unterredungen zur Sprache kommt, könnte
es scheinen, namentlich der Außenwelt, die noch wenig
bekannt ist mit den Empfindungen, die in unseren Kreisen
herrschen, als ob es mir eine gewisse Befriedigung und Freude
machte, wenn ich gedrängt bin, dieses oder jenes scheinbar
im Gegensatz zu der modernen Wissenschaft zu sagen. Ich
möchte wirklich gerade in diesem Punkt nicht gern
mißverstanden sein. Sie dürfen alle überzeugt
davon sein, daß es mich stets eine harte Überwindung
kostet, mich in Gegensatz zu stellen zu dem, was man heute
wissenschaftliche Behauptung nennt, und daß ich es an
keinem anderen Punkte jemals tun würde als da, wo es mir
genau möglich ist, selbst das wirklich zu entwickeln, was
Wissenschaft heute zu sagen hat in bezug auf das jeweilig in
Rede Stehende. Ich fühle das
Verantwortlichkeitsgefühl, nichts vorzubringen im
Gegensatz zur modernen Wissenschaft, wo es mir nicht auch
möglich wäre, überall anzuführen, was diese
moderne Wissenschaft in dem betreffenden Punkte zu sagen hat.
Und man kann sich, wenn man von diesem Gesichtspunkte ausgeht,
solch wichtigen Kapiteln wie das, was wir in diesen Tagen zu
besprechen haben, nur nähern, wenn man es tut mit einer
gewissen heiligen Scheu und eben mit einem entsprechenden
Verantwortlichkeitsgefühl.
Es
muß ja leider gesagt werden, daß in bezug auf Fragen,
die dabei berücksichtigt werden müssen, moderne
Wissenschaft ganz und gar versagen muß, daß moderne
Wissenschafter nicht einmal in der Lage sind, zu wissen, warum
ihre Ausgangspunkte versagen müssen, daß sie nicht in
der Lage sind einzusehen, warum den wirklichen, großen
Fragen des Lebens und des Daseins gegenüber gerade moderne
Wissenschaft so intensiv dilettantisch sein muß, wie nur
irgend möglich ist. Also ich bitte Sie recht sehr, das,
was gesagt wird, immer so aufzunehmen, daß im Hintergrunde
ein volles Bewußtsein von alledem steht, was in dem
betreffenden Punkte moderne Wissenschaft zu sagen hätte.
Nur kann natürlich in einer kurzen Vortragsreihe nicht
verlangt werden, daß etwa polemisch in den Einzelheiten
alles berücksichtigt werde, was zur Widerlegung dieser
oder jener modernen Anschauung über den betreffenden Punkt
zu sagen wäre. Ich muß mich so viel als irgend
möglich auf das Positive beschränken und darauf
vertrauen, daß in einem Kreise von Anthroposophen die
Voraussetzung, die ich eben gemacht habe, wirklich auch in
allen Einzelheiten gemacht wird.
Ich
versuchte Ihnen gestern zu zeigen, wie jene urgewaltigen Worte,
die am Ausgangspunkte der Bibel stehen und die uns in einer
Sprache vorliegen, die ganz anderer Natur ist als die modernen
Sprachen, wie diese urgewaltigen Worte nur dann richtig
gedeutet werden können, wenn wir versuchen, alles das zu
vergessen, was in unseren Empfindungen, in unseren
Gefühlen auflebt bei den gebräuchlichen
Übersetzungen und Übertragungen dieser Worte in
moderne Sprache. Denn die Sprache, in der ursprünglich
diese urgewaltigen Schöpfungsworte uns gegeben sind, hat
wirklich die Eigentümlichkeit, daß sie durch den
Charakter ihrer Laute Herz und Sinn hinlenkt zu den Bildern,
die vor dem Seherauge auftauchen, wenn es sich hinrichtet auf
den Punkt, wo aus dem Übersinnlichen das Sinnliche unserer
Welt hervorquillt. Und es liegt eine Gewalt und eine Kraft in
allen einzelnen Lauten, in denen, wenn wir so sagen
dürfen, der Urbeginn unseres Erdendaseins vor uns
hingestellt wird. Wir werden noch öfter im Verlaufe dieser
Vorträge gerade auf den Charakter dieser Sprache
hinzuweisen haben. Heute aber möchte ich auf einiges
für uns zunächst notwendige Sachliche eingehen.
Sie
wissen ja, daß in der Bibel nach den Worten, die ich
gestern versuchte ein wenig im Bilde vor Ihre Seele hinzumalen,
Eigenschaften von dem einen Komplex stehen, der da auftauchte
aus dem göttlichen Sinnen, aus dem produktiven Sinnen
heraus. Ich sagte Ihnen, daß wir uns vorzustellen haben,
daß wie aus einer kosmischen Erinnerung heraus zwei
Komplexe auftauchten. Der eine war ein Komplex, der sich etwa
vergleichen läßt mit dem Vorstellungscharakter, der
in uns auftauchen kann, der andere war ein Komplex, der mit
einem Begierden- oder Willenscharakter verglichen werden kann.
Der eine enthält alles das, was sich nach außen
offenbaren, ankündigen will, gleichsam nach außen hin
kraften will, haschamajim. Der andere Komplex, ha'arez,
enthält das innerlich Regsame, das innerlich von Begehren
Durchdrungene, das innerlich Belebende, sich Regende. Von
diesem innerlich Belebenden, sich Regenden werden uns dann
Eigenschaften angeführt, und diese Eigenschaften werden in
der Bibel angedeutet mit charakteristischen Lautcharakteren. Es
wird uns gesagt, daß dieses sich innerlich Regende in
einem Zustand war, der bezeichnet wird als tohu wabohu, was in
der deutschen Sprache gewöhnlich ja wiedergegeben wird mit
«wüste und wirr». Verstehen aber können wir
es nur dann, wenn wir uns wiederum genau den bildhaften
Charakter dessen vor Augen malen, was eigentlich mit dem tohu
wabohu gemeint ist. Und wir kommen nur darauf, was gemeint ist,
wenn wir aus unserer geisteswissenschaftlichen Erkenntnis
heraus uns vergegenwärtigen, was da eigentlich, sagen wir,
im Räume durcheinanderwogte, als alles das, was
früher durchschritten, hatte das Saturn-, Sonnen- und
Monden-dasein, als das Erdendasein, als planetarischer
Erdenzustand wieder auftauchte.
Ich
machte Sie gestern darauf aufmerksam, daß das, was wir den
festen Zustand nennen, also was einen Widerstand auf unsere
Sinne ausübt, während des Saturn-, Sonnen- und
Monden-zustandes noch nicht vorhanden war, daß da nur das
Element des Feurigen oder der Wärme, das Element des
Gasigen oder Luftförmigen und das Element des
Wässerigen vorhanden war. Und im Grunde genommen fügt
sich erst mit dem Aufgehen des planetarischen Erdenzustandes
das Feste zu den früheren elementarischen Zuständen
hinzu. Also in jenem Moment, wo das ins Dasein trat, was wir
gestern charakterisiert haben, wo auch sozusagen die Tendenz
auftritt, daß sich das Sonnenhafte von dem Erdhaften
abspaltet, da haben wir, wenn wir das elementarische Weben ins
Auge fassen, es mit einem sich gegenseitig Durchdringen der
Elemente Wärme, Luft und Wasser zu tun. Das wogte und
webte durcheinander. Wie das zunächst durcheinanderwogte
und -webte, wie wir es uns vorzustellen haben, wenn wir es uns
vor den geistigen Sinn hinmalen, das deuten uns diese Worte an,
die im Deutschen etwa wiedergegeben werden mit «wüste
und wirr», aber natürlich nur in ganz ungenauer
Weise, und die prägnant bezeichnet werden durch das, was
die Lautzusammenfügung ist tohu wabohu. Denn was bedeutet
dieses tohu wabohu? Wenn wir uns bildhaft vor die Seele
führen, was in der Seele angeregt werden kann durch diese
Laute, dann ist es etwa das Folgende. Der Laut, der da unserem
T sich vergleichen läßt, der regt an ein Bild des
Auseinanderkraftens von einem Mittelpunkt nach allen Seiten des
Raumes, nach allen Richtungen des Raumes. Also in dem
Augenblick, wo man den T-Laut anschlägt, wird angeregt das
Bild von einem aus dem Mittelpunkt nach allen Richtungen des
Raumes Auseinanderkraften, ins Unbegrenzte hin
Auseinanderkraften. So daß wir uns also vorzustellen haben
das Ineinandergewobensein der Elemente Wärme, Luft und
Wasser und da drinnen ein Auseinanderkraften wie von einem
Mittelpunkt aus nach allen Seiten, und wir würden dieses
Auseinanderkraften haben, wenn nur der erste Teil des
Lautgefüges da wäre, tohu. Der zweite Teil, was soll
er ergeben? Er ergibt nun genau das Entgegengesetzte von dem,
was ich eben gesagt habe. Der regt an durch seinen
Lautcharakter — durch alles das, was wach wird in der
Seele bei dem Buchstaben, der sich mit unserem B vergleichen
läßt, Bet —, der regt an alles das, was Sie im
Bilde bekommen, wenn Sie sich eine mächtig große
Kugel, eine Hohlkugel denken, sich selbst im Inneren vorstellen
und nun von allen Punkten, von allen inneren Punkten dieser
Hohlkugel wiederum Strahlen nach innen sich denken, nach dem
Mittelpunkt hereinstrahlend. Also Sie denken sich dieses Bild,
einen Punkt inmitten des Raumes, von da aus Kräfte nach
allen Richtungen des Raumes ausstrahlend, tohu; diese Strahlen
sich gleichsam an einem äußeren Kugelgehäuse
verfangend, zurückstrahlend in sich selber, von allen
Richtungen des Raumes wieder zurück, dann haben Sie das
bohu. Dann, wenn Sie sich diese Vorstellung machen und sich all
die Kraftstrahlen erfüllt denken von dem, was gegeben ist
in den drei elementarischen Wesenheiten Wärme, Luft und
Wasser, wenn Sie sich diese Kraftstrahlen denken, wie sie sich
gleichsam in diesen drei durcheinanderwogenden Elementen
bilden, dann haben Sie die Charakteristik dessen, was das
innerlich Regsame ist. So also wird uns durch diese
Lautzusammenstellung die Art angedeutet, wie das elementarische
Dasein dirigiert wird durch die Elohim.
Was
ist denn aber mit dem Ganzen jetzt überhaupt gesagt? Wir
werden nicht den ganzen großartigen dramatischen Vorgang
der sieben Schöpfungstage verstehen, wenn wir uns diese
Einzelheiten nicht vor die Seele führen. Führen wir
sie uns vor die Seele, dann wird uns das Ganze als ein
wunderbares, gewaltiges kosmisches Drama erscheinen. Was soll
eigentlich gesagt werden? Da erinnern wir uns noch einmal
daran, daß wir es in all dem, was zum Beispiel durch das
Zeitwort bara gemeint ist — in den Urbeginnen
«schufen» die Götter —, mit einer
seelisch-geistigen Tätigkeit zu tun haben. Ich verglich
das gestern damit, daß innerhalb der Seele
Vorstellungskomplexe heraufgerufen werden. So denken wir uns in
den Raum hineingelagert die Elohim, und wir denken uns das, was
angedeutet ist mit «schuf», bara, als eine
kosmisch-seelische Tätigkeit eines Ersinnens. Was sie
ersinnen, das ist dann angegeben mit haschamajim und ha'arez,
das nach außen Strahlende und das innerlich Regsame. Aber
jetzt wird auf etwas anderes Bedeutsames hingewiesen. Versetzen
Sie sich, damit Sie einen möglichst guten Vergleich haben,
in den Zustand des Aufwachens. Es dringen in Ihre Seele herauf
Vorstellungskomplexe. So dringen in der Seele der Elohim herauf
haschamajim und ha'arez.
Nun
wissen wir aber, das haben wir ja schon gestern hervorgehoben,
daß diese Elohim herüberkamen in ihrer eigenen
Entwickelung von dem Saturn-, Sonnen- und Monden-zustand. So
war das, was sie ersannen, wirklich in einer ähnlichen
Lage wie Ihre Vorstellungskomplexe, wenn Sie aufwachen und sie
in Ihre Seele heraufrufen. Dann können Sie sie gleichsam
seelisch-geistig anschauen, Sie können sagen, wie sie
sind. Sie können sagen: Wenn ich am Morgen aufwache und
wiederfinde, was früher in meiner Seele sich gelagert hat
und was ich mir heraufrufe, dann kann ich beschreiben, wie es
ist. — So konnte für die Elohim beschrieben werden,
was sich jetzt ergab, nachdem sie etwa, wenn ich es sehr grob
ausdrücken würde, sich sagten: Wir wollen jetzt
einmal ersinnen, was in unsere Seele tritt, wenn wir uns alles
das zurückrufen, was während des alten Saturn-,
Sonnen- und Monden-zustandes sich zugetragen hat. Wir wollen
sehen, wie das in der Erinnerung sich ausnimmt. — Und es
nahm sich so aus, daß es bezeichnet wird mit den Worten
tohu wabohu, daß es bezeichnet werden konnte durch ein
Bild, wie ich es eben jetzt schilderte mit den Strahlen, die
von einem Mittelpunkt ausgehen in den Raum hinaus und wieder
zurück, so daß die Elemente in diesen Kraftstrahlen
ineinanderwogen. Also konnten die Elohim etwa sagen: So also
nimmt es sich aus, nachdem wir es bis zu diesem Punkt
geführt haben. So hat es sich wieder hergestellt.
Nun
aber, um das Folgende zu verstehen, was in den modernen
Sprachen gewöhnlich so ausgedrückt wird:
«Finsternis war über den flutenden Stoffen» oder
«über den Wassern», um das zu verstehen,
müssen wir uns noch ein anderes vor Augen führen. Wir
müssen den Blick wiederum zurückwenden auf den
Hergang der Entwickelung, bevor das Erdendasein gekommen
war.
Da
haben wir zuerst das Saturndasein hereinwebend im feurigen
Element. Dann kommt dazu das Sonnendasein mit dem luftartigen
Element. Sie können es aber in meiner
«Geheimwissenschaft» nachlesen, daß mit diesem
Hinzukommen der Luft noch ein anderes verknüpft ist. Es
kommt ja nicht nur zu dem Wärmeelement das gasige oder
luftförmige Element hinzu. Das ist sozusagen die
Vergröberung des Wärmeelementes. Das feine
Wärmeelement des alten Saturn vergröbert sich zu dem
gasigen Elemente. Aber ein jedes solches Vergröbern ist
verbunden mit dem Hervorgehen eines Feineren. Wenn das
Vergröbern zu dem gasigen Element gleichsam ein
Heruntersteigen ist, so ist auf der anderen Seite das
Hinaufsteigen zu dem Lichtelement gegeben. So daß, wenn
wir von dem alten Saturn zur alten Sonne herüberkommen,
wir sagen müssen: Der alte Saturn ist noch ganz im
Wärmeelement webend; während des Sonnenzustandes
kommt dazu etwas Verdichtetes, das Gasige, dann aber auch das
Lichtelement, das da macht, daß sich die Wärme und
das Gasige nach außen hin erstrahlend offenbaren kann.
Wenn wir nun den einen der Komplexe nehmen, die da auftreten,
denjenigen, der angedeutet wird mit ha'arez, das, was
gewöhnlich übersetzt wird mit «Erde», und
beachten, daß die Elohim, nachdem sie sich erinnert
hatten, ihn ins Seelenauge faßten, dann müssen wir
uns fragen: Wie mußten sie ihn bezeichnen? — Sie
konnten ihn nicht so bezeichnen, daß in ihm jetzt wieder
aufgelebt hat, was schon in der alten Sonne war. Es fehlte das
Lichtelement. Das hatte sich abgesondert. Dadurch war ha'arez
einseitig geworden. Es hatte das Licht nicht mitgenommen,
sondern nur die dichteren Elemente, das wäßrige, das
luftförmige und das Wärmeelement. Es fehlte das Licht
allerdings nicht in dem, was mit haschamajim angedeutet wird,
aber haschamajim ist das Sonnenhafte, das sich herausbewegt aus
dem anderen Komplex. In diesem anderen Komplex fehlten die
Verfeinerungen der Elemente, fehlte das Licht. So daß wir
sagen können: In dem einen der Komplexe wogten so, wie wir
es eben mit dem tohu wabohu bezeichnet haben, durcheinander die
Wärme-, Luft- und Wasserelemente. Und sie waren
entblößt; ihnen fehlte, was im alten Sonnendasein in
die Entwickelung eingetreten ist, das Lichtelement. Sie waren
also dunkel geblieben, sie hatten nichts Sonnenhaftes. Das war
mit dem haschamajim herausgezogen aus ihnen. So bedeutet also
der Fortschritt zur Erdenentwickelung nichts anderes als:
Dasjenige, was als Licht in dem alten Sonnenhaften enthalten
war, solange dieses noch mit dem verbunden war, was wir Erde
nennen, das war herausgezogen, und ein dunkles Gewebe der
Elemente Wärme, Luft und Wasser war als das ha'arez
zurückgeblieben.
Damit haben wir also das, was die Elohim ersannen, noch genauer
vor unsere Seele hingestellt. Wir werden es uns aber niemals in
der richtigen Weise vorstellen können, wenn wir uns nicht
immer bewußt bleiben, daß alles das, was wir als
elementarisches Dasein bezeichnen, Luft, Wasser und auch
Wärme, im Grunde genommen auch die äußere
Ausdrucksform von geistigen Wesenheiten ist. Es ist nicht ganz
richtig, zu sagen das Kleid, man muß es vielmehr als eine
äußere Kundgebung auffassen. Also alles, was man so
bezeichnet als Luft, Wasser, Wärme, ist im Grunde genommen
Maja, Illusion, ist zunächst nur für den
äußeren Anblick, auch des Seelenauges, vorhanden. In
Wahrheit, wenn man auf seine eigentliche Wesenheit eingeht, ist
es Seelisch-Geistiges, ist es äußere Ankündigung
des Seelisch-Geistigen der Elohim. Wenn wir aber diese Elohim
betrachten, dann dürfen wir sie uns noch nicht irgend
menschenähnlich vorstellen, denn das war ja gerade ihr
Ziel, den Menschen zu gestalten, den Menschen ins Dasein zu
rufen in seiner eigenartigen Organisation, die eben jetzt von
ihnen ersonnen ist. Menschlich also dürfen wir sie uns
nicht denken. Wohl aber müssen wir in gewisser Beziehung
bei diesen Elohim schon eine Art von Scheidung in ihrer
Wesenheit ins Auge fassen. Wenn wir heute vom Menschen
sprechen, so können wir ihn ja gar nicht verstehen, wenn
wir seine Wesenheit nicht scheiden in ein Leibliches, ein
Seelisches und ein Geistiges. Und Sie wissen ja, wie sehr es
uns gerade auf dem anthroposophischen Felde beschäftigt,
die Wirksamkeit und Wesenheit dieser Trinität des
Menschen, dieses Leiblichen, Seelischen und Geistigen, genauer
kennen zu lernen. So zu unterscheiden, in dieser Dreiheit eine
Wesenheit zu erkennen, dazu sind wir allerdings erst beim
Menschen genötigt, und wir würden natürlich den
größten Fehler machen, wenn wir die Wesenheit der
Vormenschheit, die also in der Bibel als die Elohim bezeichnet
wird, in ähnlicher Weise uns denken würden wie den
Menschen. Aber wir müssen bei ihnen doch schon
unterscheiden eine Art Leibliches und eine Art Geistiges.
Nun
werden Sie, wenn Sie beim Menschen den Unterschied machen
zwischen seinem Leiblichen und seinem Geistigen, sich ja
durchaus bewußt sein, daß auch in der
äußeren Gestalt, als die sich Ihnen der Mensch
darbietet, seine Wesenheit in verschiedener Weise wohnt. Wir
werden zum Beispiel nicht versucht sein, in der Hand oder in
den Beinen das eigentlich Geistige des Menschen zu
lokalisieren, sondern wir sagen: Im wesentlichen ist das
Leibliche zum Beispiel im Rumpfe, in den Beinen, in den
Händen. Das Geistige hat seine Organe im Kopf, im Gehirn;
da hat es seine Werkzeuge. — Wir unterscheiden also
innerhalb der äußeren Gestalt des Menschen so,
daß wir gewisse Teile mehr als den Ausdruck des
Leiblichen, gewisse Teile mehr als den des Geistigen
begreifen.
Ein
solches müssen wir nun auch in bezug auf die Elohim, wenn
auch nicht in gleicher, doch in ähnlicher Weise tun. Im
Grunde genommen ist das ganze Gewebe und Gewoge, von dem ich
gesprochen habe, nur dann richtig verstanden, wenn wir es
auffassen als die Leiblichkeit des Geistig-Seelischen der
Elohim. Also alles das, was sich als elementarisches Weben des
Luftigen, des Wärmehaften, des Wäßrigen
dargestellt hat, ist die äußere Leiblichkeit der
Elohim. Aber wir müssen die Teile der Elohim wieder in
verschiedener Weise an diese elementarischen Glieder verteilen,
wir müssen an das Wäßrige und an das
Luftförmige mehr das Leibliche, das Gröbere der
Elohim geknüpft denken. Und in alledem, was als
Wärmeelement das Gasige und das Wäßrige
durchsetzte, was dieses tohu wabohu als das Wärmeelement
durchdrang, was es durchwogte als wogende Wärme, in dem
wirkte das, was wir nennen können das Geistige der Elohim.
Ebenso wie wir sagen, im Menschen wirkt das mehr Leibliche in
seinem Rumpf, in den Beinen und den Händen, das mehr
Geistige in seinem Kopfe, so können wir sagen, wenn wir
den ganzen Kosmos auffassen als eine Leiblichkeit der Elohim:
In dem Luft- und in dem Wasserelemente lebte das mehr Leibliche
der Elohim, und in dem Wärmeelemente webte das Geistige.
— Damit haben Sie dann den Kosmos selbst aufgefaßt
als eine Leiblichkeit der Elohim. Und nachdem das
äußerlich Leibliche charakterisiert ist als etwas,
was ein tohu wabohu der elementarischen Wesenheiten war, haben
Sie in dem, was als Wärme diese elementarischen
Wesenheiten durchdrang, den webenden Geist der Elohim
lokalisiert.
Nun
gebraucht die Bibel ein merkwürdiges Wort, um das
Verhältnis dieses Geistigen der Elohim zu den Elementen
auszudrücken: «Ruach Elohim m'rachephet.» Ein
merkwürdiges Wort, auf das wir näher eingehen
müssen, wenn wir verstehen wollen, wie der Geist der
Elohim die anderen Elemente durchwebte. Dieses Wort, racheph,
wir können es nur verstehen, wenn wir sozusagen alles zu
Hilfe nehmen, was in der damaligen Zeit durch die Seele zog,
wenn dieses Wort ausgesprochen wurde. Wenn man sagt: «Und
der Geist der Götter webte auf sich ausbreitenden
Stoffmassen» oder «auf den Wassern», so ist
damit gar nichts gesagt. Denn zu der richtigen Deutung dieses
Zeitwortes, racheph, kommen wir nur, wenn Sie sich denken
— ich muß es durch einen etwas, ich möchte
sagen groben, anschaulichen Vergleich charakterisieren —,
ein Huhn sitzt auf den Eiern, und die Brutwärme von dem
Huhn strahlt aus über die Eier, die darunter sind. Und
wenn Sie sich nun denken die Tätigkeit dieser
Brutwärme, die von dem Huhn in die Eier strahlt, um da die
Eier zum Ausreifen zu bringen, diese Tätigkeit der
Wärme, dieses Strahlen der Wärme von dem Huhn in die
Eier hinein, dann haben Sie einen Begriff von dem Zeitwort, das
da steht und uns sagt, was der Geist im Wärmeelemente tut.
Es wäre natürlich durchaus ungenau ausgedrückt,
wenn man sagen würde, der Geist der Elohim
«brütet», weil nicht das gemeint ist, was man
sich heute unter der sinnlichen Tätigkeit des Brütens
vorstellt; es ist vielmehr die Aktivität der
ausstrahlenden Wärme damit gemeint. So wie die Wärme
vom Huhn strahlt, so strahlte in die anderen elementarischen
Zustände, in den luftförmigen und den
wäßrigen, durch das Wärmeelement der Geist der
Elohim hinein. Wenn Sie sich das denken, dann haben Sie das
Bild dessen, was gemeint ist, wenn gesagt wird: «Und der
Geist der Elohim brütete über den Stoffmassen,
über den Wassern.»
Nun
haben wir aber auch bis zu einem gewissen Grade uns das Bild
konstruiert, das vor der Seele des althebräischen Weisen
schwebte, wenn er an diesen Urzustand dachte. Wir haben uns
konstruiert einen Komplex, der in der Art, wie ich Ihnen das
tohu wabohu charakterisiert habe, sozusagen kugelig
ineinanderwogende Wärme, Luft und Wasser hatte, von dem
sich abgesondert hatte alles lichtartige Element in dem
haschamajim, und wir haben dieses Ineinanderwogen der
elementarischen drei Zustände von Finsternis innerlich
durchsetzt. Wir haben in dem einen Element, in dem
Wärmehaften, wogend und webend das Geisthafte der Elohim,
das nach allen Seiten mit der sich verbreitenden Wärme wie
wogend sich selber verbreitet und zur Reifung bringt, was
zunächst unreif ist in dem finsteren Elemente.
So
stehen wir, wenn wir bis zum Ende dieses Satzes kommen, der
gewöhnlich angedeutet wird mit den Worten: «Und der
Geist der Elohim brütete über den Wassern»,
sozusagen innerhalb einer Charakteristik dessen, was im ersten
Vers der Bibel in dem ha'arez angedeutet wird mit dem Worte
«Erde». Wir haben charakterisiert, was da sozusagen
zurückgeblieben ist, nachdem das haschamajim abgezogen
war.
Fassen wir jetzt noch einmal die früheren Zustände
ins Auge. Wir können zurückgehen von der Erde zum
Mondenzustand, zum Sonnen- und zum Saturnzustand. Gehen wir
einmal zum alten Sonnenzustand zurück. Wir wissen,
daß damals von einer Trennung des heute Erdenhaften von
dem Sonnenhaften noch nicht die Rede sein konnte, also auch
nicht davon, daß das Erdenhafte von außen vom Lichte
bestrahlt wird. Das ist ja das Wesentliche unseres Erdenlebens,
daß das Licht von außen kommt, daß die Erde von
außen bestrahlt wird. Sie müssen sich die Erdkugel
eingeschlossen in die Sonne denken, einen Teil der Sonne selber
bildend und also nicht Licht empfangend, sondern selber zu
demjenigen Wesen gehörend, das Licht in den Raum
hineinstrahlt, dann haben Sie den alten Sonnenzustand. Dieser
alte Sonnenzustand ist nur dadurch zu charakterisieren,
daß man sagt: alles Erdenhafte ist nicht ein
Lichtempfangendes, es gehört zu dem Lichtverbreitenden, es
ist selber eine Lichtquelle.
Fassen Sie jetzt den Unterschied ins Auge! Der alte
Sonnenzustand: die Erde beteiligt sich an der Ausstrahlung des
Lichtes; der neue Zustand, der Erdenzustand: die Erde beteiligt
sich nicht mehr daran. Die Erde hat aus sich herausgehen lassen
alles das, was lichtverbreitend ist. Sie ist darauf angewiesen,
von außen das Licht zu empfangen. Das Licht muß in
sie einstrahlen. Das ist der charakteristische Unterschied des
neuen Erdenzustandes im Laufe der Entwickelung von dem alten
Sonnenzustand. Mit der Abtrennung des Sonnenhaften, des
haschamajim, ist mitgegangen das Lichthafte. Das ist jetzt
außerhalb der Erde. Und das elementarische Dasein, das im
ha'arez durcheinanderwogt als tohu wabohu, das hat keinen
eigenen Lichtzustand, das hat nur etwas, was man nennen kann
«durchbrütet sein von dem Geist der Elohim».
Aber das machte es nicht in sich selber hell, das ließ es
in sich dunkel.
Fassen wir jetzt das Ganze des elementarischen Daseins noch
einmal ins Auge. Sie wissen ja aus früheren
Vorträgen: Wenn wir das, was wir die elementarischen
Zustände nennen, innerhalb unseres Erdendaseins
aufzählen, so fangen wir mit dem Festen an, gehen dann
nach dem Wäßrigen, nach dem Gas- oder
Luftförmigen und nach dem Wärmeelemente. Damit haben
wir sozusagen die dichtesten Stoffzustände angegeben. Aber
damit sind diese Zustände noch nicht erschöpft. Wenn
wir weiter hinaufgehen, so finden wir feinere Zustände,
die nicht viel charakterisiert sind, wenn man sie als
«feinere Stofflichkeit» bezeichnet. Es kommt darauf
an, daß wir sie als feinere Zustände gegenüber
den gröberen des Gasigen, Wärmehaften und so weiter
erkennen. Man nennt sie gewöhnlich ätherische
Zustände. Und wir haben ja immer unterschieden in diesen
feineren Zuständen als erstes das Lichthafte. Wenn wir
also von der Wärme hinuntergehen ins Dichtere, kommen wir
zum Gasigen, wenn wir weiter hinaufgehen, zum Lichthaften. Wenn
wir noch weiter hinaufgehen von dem Lichthaften, so kommen wir
zu einem noch feineren Ätherzustand; dann kommen wir schon
zu etwas, was eigentlich in der gewöhnlichen Sinneswelt
nicht unmittelbar gegeben ist. Es ist uns in der Sinneswelt nur
ein äußerer Abglanz gegeben von dem, was wir
bezeichnen können als einen feineren Ätherzustand
gegenüber dem Lichtäther. Okkultistisch kann man
davon sprechen, daß die Kräfte in diesem feineren
Äther dieselben sind, welche das chemische Anordnen, das
Ineinanderfügen der Stoffe dirigieren, das Organisieren
des Stoffes in der Art, wie man es etwa ausdrücken kann,
wenn man auf eine Platte feinen Staub legt, die Platte dann mit
einem Violinbogen streicht und so die sogenannten Chladnischen
Klangfiguren bekommt. Was der grobe sinnliche Ton da bewirkt in
dem Staub, das geschieht überhaupt im Raum. Der Raum ist
in sich differenziert, wird durchwogt von solchen Kräften,
die feiner sind als die Lichtkräfte und die im Geistigen
das darstellen, was im Sinnlichen der Ton ist. So daß wir
von einem chemischen oder Klangäther als einem feineren
Elemente sprechen können, wenn wir aufwärtsgehen von
der Wärme zum Licht, von da zu diesem feineren Äther,
der die Kräfte enthält, die den Stoff differenzieren,
trennen und zusammenfügen, der aber in Wirklichkeit
tonartige, klangartige Wesenheit hat, von dem der sinnliche
Klang, den das sinnliche Ohr hört, nur ein
äußerer Ausdruck, nämlich ein durch die Luft
hindurchgegangener Ausdruck ist. Das bringt uns nahe diesem
feineren Elemente, das oberhalb des Lichtes liegt. Wenn wir
also davon sprechen, daß mit dem haschamajim das sich
äußerlich Offenbarende herausgetreten ist aus dem
ha'arez, dann müssen wir uns nicht nur das durch das
Lichthafte sich Offenbarende denken, sondern auch das, was sich
offenbart durch das feinere Ätherhafte des Klanghaften,
des Tonhaften, das dieses Licht wiederum durchsetzt.
Ebenso wie wir von der Wärme abwärtsgehen zu dem
Gasigen und von da zum Wässerigen, so können wir nach
aufwärts von der Wärme zum Licht, vom Licht zum
Tonhaften, zum chemisch Ordnenden gehen. Und vom
Wässerigen können wir nach abwärts schreiten zum
Erdigen. Wohin kommen wir nun, wenn wir von dem Klanghaften zu
noch feinerem, höherem Ätherischen steigen, das also
wiederum mit dem haschamajim hinausgegangen ist? Da kommen wir
zu etwas, was sozusagen als der feinste ätherische Zustand
wiederum webt in dem eben beschriebenen Ton- oder Klanghaften,
in dem chemisch Ordnenden. Wenn Sie das geistige Ohr richten
nach diesem Ätherzustand, den ich eben beschrieben habe,
dann hören Sie natürlich nicht einen
äußeren Luftklang, aber Sie hören den Ton, der
den Raum differenziert, der ihn durchsetzt und die Materien
ordnet, wie der Ton, der durch den Bogen an der Platte
hervorgerufen wird, die Chladnischen Klangfiguren ordnet. Aber
in dieses Dasein hinein, das durch den Klangäther geordnet
ist, ergießt sich eben der höhere Ätherzustand.
Der durchdringt, durchsetzt das Klangätherische so, wie in
uns den Klang, den unser Mund ausspricht, der Sinn des
Gedankens durchdringt, das was den Klang zum Worte macht. Das
fassen Sie ins Auge, was den Klang zum sinnvollen Worte macht,
dann bekommen Sie eine Vorstellung von dem, was den
Klangäther durchwebt als das feinere ätherische
Element, was kosmisch durchwebt und Sinn gibt dem ordnenden
Weltenklang: das den Raum durchwogende Wort. Und dieses den
Raum durchwogende Wort, das sich hineinergießt in den
Klangesäther, das ist zu gleicher Zeit der Ursprung des
Lebens, das ist wirklich webendes, wogendes Leben. Das also,
was mit dem haschamajim herausgezogen ist aus dem ha'arez, was
in das Sonnenhafte gegangen ist gegenüber dem anderen,
Niederen, dem Erdenhaften, gegenüber dem tohu wabohu, das
ist etwas, was sich äußerlich ankündigen kann
als Lichthaftes. Hinter diesem steht aber ein geistig
Klanghaftes, hinter diesem das kosmische Sprechen. Deshalb
dürfen wir sagen: In der brütenden Wärme lebt
sich zunächst aus das niedrige Geistige der Elohim, so wie
etwa unsere Begierden sich in unserem niederen Seelenhaften
ausleben. Das höhere Geistige der Elohim, das ist
hinausgegangen mit dem haschamajim, das lebt im Lichthaften,
geistig Klanghaften, geistig Worthaften, in dem kosmischen
Worte. Alles das, was in dieses Sonnenhafte hinausgegangen ist,
das kann allein von außen wieder hereinstrahlen in das
tohu wabohu.
Versuchen wir jetzt, uns das Ganze bildhaft vor Augen zu
führen, was vor der Seele des althebräischen Weisen
schwebte als das ha'arez, das haschamajim. Was da als geistig
Lichthaftes, Klanghaftes, Sprechendes, Wortbildendes
hinausgezogen ist, wenn das wiederum hereinstrahlt, wie wirkt
es dann? Es wirkt wie ein aus dem Sonnenhaften heraus sich
sprechendes Licht, als ein Licht, hinter dem das kosmische
Sprechen steht. Also denken wir uns alles das, was wir im tohu
wabohu gegeben haben in seiner Finsternis, in seinem
Durcheinanderwogen des Wärmehaften, des Gasigen, des
Wässerigen, denken wir es in seiner sozusagen
lichtverlorenen Finsternis. Und nun denken wir uns aus der
Tätigkeit der Elohim heraus von außen einstrahlen
durch das schöpferische Wort, das als die höchste
Äther-Entität zugrunde liegt, von außen
hereinstrahlen mit dem Licht das, was aus dem Wort
herausströmt. Wie soll man das bezeichnen, was da vorgeht?
Man kann es nicht treffender bezeichnen, als wenn man das
monumentale Wort hinstellt, das besagt: Die Wesenheiten, die
mit dem haschamajim ihr Höchstes in das Ätherische
hinausgetrieben hatten, erstrahlten zurücksprechendes
Licht aus dem Weltenraum in das tohu wabohu hinein! —
Damit haben Sie den Tatbestand dessen gegeben, was in den
monumentalen Worten liegt: Und die Götter sprachen: Es
werde Licht! und es ward Licht in dem, was Finsternis war, in
tohu wabohu. — Da haben Sie das Bild, das dem
althebräischen Weisen vorschwebte.
So
müssen wir uns die Wesenheit der Elohim über den
ganzen Kosmos ausgedehnt denken, diesen ganzen Kosmos uns wie
den Leib denken; das, was das elementarische Dasein ist in dem
tohu wabohu als die niedrigste Gestalt des Leiblichen, das
Wärmehafte als etwas höhere Gestalt, als die Gestalt
des höchsten Geistigen das haschamajim, das hinausgegangen
ist und jetzt von außen herein schaffend wirkt in die
ganze Gestaltung des tohu wabohu.
Nun
können Sie sagen: Damit führst du uns eigentlich vor,
daß durch das kosmisch gesprochene lichtstrahlende Wort
das tohu wabohu, das Durcheinanderwogen des Elementarischen,
geordnet wurde, zu dem gemacht wurde, was es später wurde.
Von wo aus wird nun aber die menschliche Gestalt organisiert?
— Es kann keine solche menschliche Gestalt geben, wie wir
sie haben, die auf zwei Beinen aufrecht geht, die die
Hände gebraucht, wie wir sie gebrauchen, ohne daß sie
von den im Gehirn veranlagten und von dort ausstrahlenden
Kräften organisiert wird. Von den höchsten geistigen
Kräften, die da ausstrahlen von unserem Geistigen, wird
unsere Gestalt organisiert. Immer wird das Niedrige von dem
Höheren organisiert. So wurde das ha'arez gleichsam als
der Leib der Elohim, als das Niedrige, von dem höheren
Leiblichen, von dem haschamajim und dem darin wirkenden
Geistigen der Elohim organisiert. Also von dem, was
hinausgegangen ist, nimmt das höchste Geistige der Elohim
Besitz und organisiert es, wie es sich ausdrückt in den
Worten: «Das durch das kosmische Sprechen sich
offenbarende Licht strömt ein in die Finsternis.»
Dadurch wird das tohu wabohu organisiert, aus der Unordnung der
Elemente herausgehoben. Wenn Sie sich also denken in dem
haschamajim gleichsam den Kopf der Elohim und in dem
Elementarischen, das zurückgeblieben ist, den Rumpf und
die Gliedmaßen, und durch die Macht des Kopfes nunmehr
organisiert Rumpf und Gliedmaßen, das Elementarische, dann
haben Sie den tatsächlichen Vorgang, dann haben Sie
gleichsam den Menschen vergrößert zum Kosmos; und in
diesem Kosmos wirkt er organisierend von den Organen des
Geistes aus, die im haschamajim liegen. Einen sich
organisierenden makrokosmischen Menschen, das dürfen wir
uns als ein Bild vor die Seele malen, wenn wir uns all die
Kräftestrahlungen denken, die von dem haschamajim nach dem
ha'arez herunterströmen.
Und
jetzt fassen wir einmal unseren heutigen Menschen auf, um uns
das Bild noch genauer vor die Seele malen zu können.
Fragen wir uns einmal: Ja, wodurch ist denn der Mensch für
die Geisteswissenschaft — nicht für die
dilettantische Wissenschaft von heute — so geworden, wie
er heute ist? Wodurch hat er denn die bestimmte Gestalt, die
ihn ja doch unterscheidet von allen übrigen Lebewesen in
seiner Umgebung; was macht ihn denn eigentlich zum Menschen?
Was webt denn da durch diese menschliche Gestalt hindurch?
— Es ist ungeheuer leicht, wenn man sich keine Binde vor
die Augen legt, zu sagen, was den Menschen zum Menschen macht.
Dasjenige, was er hat und alle übrigen Wesen um ihn herum
im irdischen Dasein nicht haben, die Sprache, die in Lauten zum
Vorschein kommt, das macht ihn zum Menschen. Denken Sie sich
die tierische Gestalt. Wodurch kann sie zur Menschengestalt
herauforganisiert werden? Was muß hineinschlagen in sie,
damit sie zur menschlichen Gestalt wird? Stellen wir die Frage
so: Denken wir uns eine tierische Gestalt, und wir
müßten sie mit etwas durchströmen, mit einem
Hauch durchströmen — was müßte dieser
Hauch enthalten, daß dadurch diese Gestalt anfangen
würde zu sprechen? — Sie müßte innerlich
sich so organisiert fühlen, daß sie Lauthaftes von
sich ausstrahlte! Das Lauthafte schafft aus der tierischen
Gestalt die menschliche Gestalt.
Wie
kann man daher den Kosmos sich bildhaft vorstellen, innerlich
erfühlen? Wie kann man alles das, was ich Ihnen in Bildern
vor die Seele geschrieben habe, in umständlicher Weise
Bild für Bild aus dem Elementarischen herauskonstruiert
habe, wie kann man das erfühlen, wie kann man die Gestalt
des makrokosmischen Menschen gleichsam innerlich erfühlen?
Wenn man anfängt zu fühlen, wie der Laut in die
Gestalt schießt! Man lerne fühlen am Laut A, wenn er
dahinsaust durch die Luft, nicht bloß den Ton, man lerne
fühlen, wie sich dieser Laut gestaltet, so wie sich der
Staub gestaltet durch den Ton des Fiedelbogens, der die Platte
streicht. Man lerne fühlen das A und lerne fühlen das
B, wie sie durch den Raum hinweben! Man lerne sie nicht
bloß als Lautstrahl fühlen, sondern als sich
Gestaltendes, dann fühlt man so, wie der
althebräische Weise fühlte, wenn er sich in Lauten
anregen ließ zu den Gestalten der Bilder, die ich Ihnen
hingestellt habe vor das geistige Auge. So wirkte der Laut.
Deshalb mußte ich sagen: Das Bet regte an etwas sich
Umschließendes, etwas wie ein Gehäushaftes, etwas
sich Abschließendes und im Inneren einen Inhalt
Einschließendes. Dasjenige, was mit dem Resch angedeutet
wurde, das regte an etwas, was man fühlte, wie man sich
fühlt, wenn man sein Haupt fühlt. Und das Schin regte
etwas an, was ich bezeichnete mit dem Aufstacheln. — Das
ist eine durchaus objektive Sprache, eine Sprache, die in ihrer
Lauthervorbringung sich zum Bilde kristallisiert, wenn die
Seele sich von ihr anregen läßt. Daher liegt auch in
diesen Lauten selber die hohe Schule, die den Weisen
hinführte zu den Bildern, die sich vor die Seele des
Sehers drängen, wenn er ins Übersinnliche
hineintritt. So setzt sich Laut in Geistgestalt um und zaubert
vor die Seele Bilder, welche sich so zusammenfügen, wie
ich es Ihnen beschrieben habe. Das ist das ungeheuer Bedeutsame
an dieser alten Urkunde, daß sie in einer Sprache erhalten
ist, welche in ihren Lauten gestaltenschaffend ist, deren Laute
sich in der Seele kristallisieren zu Gestalten. Und diese
Gestalten sind die Bilder, die man gewinnt, wenn man zum
Übersinnlichen vordringt, aus dem sich das Sinnliche
unseres physischen Erdenplanes herausentwickelt hat. Wenn man
das ins Auge faßt, dann gelangt man dazu, jene tiefe,
ungeheure Scheu und Ehrfurcht zu empfinden vor dem, wie die
Welt sich entwickelt, und man lernt empfinden, wie es wahrhaft
kein Zufall ist, daß dieses große, dieses urgewaltige
Dokument des Menschendaseins gerade in dieser Schrift uns
übermittelt ist, in einer Schrift, die in ihren
Charakteren selber imstande ist, den Geist in der Seele
bildhaft zu erwecken und uns hinzuführen zu dem, was der
Seher in unserer Zeit wiederum herausholen soll. Das ist die
Empfindung, die der Anthroposoph sich aneignen sollte, wenn er
sich dieser alten Urkunde nähert, die am Ausgangspunkte
des Alten Testamentes steht.
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