INHALT
Erster
Vortrag,
Dornach, 15. Februar 1919
Pariser Friedenskonferenz und Berner
Sozialistenkongreß; die soziale Frage: Tat- und
Ereignisfrage, deren Lösung auf viel tieferen
Grundlagen beruhen muß. Das Problem der
Bequemlichkeit im Denken; das Urteilen aus Gedankenmumien;
Notwendigkeit des Verständnisses für das Neue.
Der Aufruf «An das deutsche Volk und an die
Kulturwelt»; Unterschriftensammlungen. Der Charakter
seines Inhalts: nicht Programm, sondern Hinweis auf Kräfte
der Wirklichkeit in der neueren Entwicklung. Weil diese bei der
Reichsgründung von 1871 nicht als Aufgabe ergriffen worden
waren, war die Kriegskatastrophe überhaupt möglich.
Die Verbindung von Schwarmgeisterei und Praktikertum
(Ludendorff) muß überwunden werden durch das
Ergreifen der Wirklichkeit.
Zweiter Vortrag,
16. Februar 1919
Notwendigkeit sozialen Verständnisses. Der Unterschied
zwischen dem Proletariat und seinen Führern, die die Erben
der bürgerlichen Lebensauffassung sind. Wirklichkeit
erfassende Begriffe sind nötig. Die Dreigliederung: kein
System, sondern aus der Beobachtung der tieferen
Willensrichtung der Menschheit gewonnen. Reale
Fundamentalbegriffe; z. B. Bodenrente und
Existenzminimum. Geistesleben, Staatsleben und Wirtschaftsleben
und ihr Verhältnis zu vorgeburtlichem, irdischem und
nachtodlichem Leben. Gotteserkenntnis und Christus-Erkenntnis.
Harnack. Zwei Wege zu Christus: Toleranz im Denken;
selbsterworbener Idealismus im Willen. Wilsons
Freiheitsdefinition. Notwendige Überwindung der
bürgerlichen Trennung von abstrakter Kultur und realem
Leben.
Dritter Vortrag,
21. Februar 1919
Notwendiges soziales Verständnis aus neuem,
geisteswissenschaftlichem Denken. Die heutige
mumienhafte, programmatische Urteilsbildung im Sozialen.
Die Gedankenformung bei Marx: Analyse der entstandenen
Verhältnisse, aber keine produktiven Vorstellungen
für die Zukunft; Zu-Ende-Führen vorhandener
Gedankenbildungen. Radikalisierung dieser Gedankenform
bei Lenin: der bürgerliche Staat, vom Proletariat
übernommen und vollendet, wird absterben. Der an der
gewordenen Wirklichkeit gebildete Gedanke führt ins
Nichts. In bezug auf die Zukunft: «Soziales
Ignorabimus.» Die zwei Phasen in der
Marx-Leninschen sozialen Neugestaltung. Der
Aberglaube in bezug auf die Erneuerung des Menschen aus der
Organisation des Wirtschaftslebens; Verkennung des Geistigen.
Notwendige Überwindung alles Sektiererischen in der
Geisteswissenschaft. Der sozialistische Glaube an die heutige
Wissenschaft; ihre notwendige Befreiung aus dem engen
bürgerlichen Horizont.
Vierter Vortrag,
1. März 1919
Der Gegensatz zwischen dem Streben an der Oberfläche
des Bewußtseins und dem in den Tiefen der Seele:
Materialistische Geschichtsauffassung,
Klassenkampftheorie und Mehrwertlehre gegenüber der
Sehnsucht nach Geisteswissenschaft, Gedankenfreiheit und wahrem
Sozialismus. Materialistische Geschichtsauffassung: Konsequenz
aus dem Materialismus bürgerlicher Wissenschaft, Kunst und
Religion. Die eigentlichen geistigen Quellen der fünf
nachatlantischen Kulturepochen. Klassenbewußtsein:
Konsequenz aus der bürgerlichen
Autoritätsgläubigkeit gegenüber dem Staat;
antistaatlich, international, aber uniformiert; kein
individuelles Bewußtsein aus Gedankenfreiheit.
Mehrwertlehre: Konsequenz aus dem antisozialen
bürgerlichen Egoismus. Zum Verständnis des
Mehrwerts als Grundlage des Kulturlebens ist echte Teilnahme
des Proletariats am Geistesleben nötig. Dem tieferen
Streben der Menschheit entspricht die Dreigliedrigkeit des
sozialen Organismus. Geisteswissenschaft darf nicht
bürgerlich-sektiererisch werden. Der
Goetheanumbau.
Fünfter
Vortrag, 2. März 1919
Die Verkehrung des eigentlichen Strebens in der
proletarischen Bewegung. J. G. Fichte als
bolschewistischer Denker in seinem «Geschlossenen
Handelsstaat». Das rein aus dem Ich geborene Denken kann
nicht die soziale Wirklichkeit erfassen und gestalten. Fichtes
«Wissenschaftslehre»: notwendige Stufe zur
Erkraftung des individuellen Denkens vor dem Eintritt in
spirituelles Erleben; auf die sinnliche Wirklichkeit
angewendet wird es zerstörerisch. Das Böse als
versetztes Gutes. Im Sozialen: Wirksam werden lassen von
verborgenen Imaginationen. Mehrwerttheorie; die maskierte
Unwahrhaftigkeit im Verhältnis zwischen Arbeiter und
Unternehmer; der Begriff der Ware. Das Wirtschaftsleben und
sein Verhältnis zur Naturgrundlage einerseits, zum
Rechtsleben andererseits. Der wahre Arbeitsvertrag.
Einzelheiten im Verhältnis von Wirtschafts- und
Rechtsleben. Steuergesetzgebung. Das Geistesleben
muß auch in bezug auf die Abgaben dafür auf Vertrauen
und Freiheit gegründet sein.
Sechster Vortrag,
7. März 1919
Kurt Eisner. Die Notwendigkeit, die Wirklichkeit aus
geistorientiertem Denken zu durchschauen. F. Mauthner; die
Schwierigkeit, positive Begriffe vom Staat zu bilden; seine
Verhältnisse als Umkehrung von solchen der
seelisch-geistigen Welt. Das irdische Geistesleben als
Fortsetzung des Vorgeburtlichen aus übriggebliebenen
Antipathien. Das Wirtschaftsleben als Veranlagung nachtodlicher
Sympathien. — Der heutige Verlust des Zusammenhangs mit
dem real Geistigen. Die antisoziale Trennung von materiellem
Leben und dem dekadent und luxuriös gewordenen
bürgerlichen Geistesleben. Ausgeschlossensein des
Arbeiters. Notwendigkeit eines allgemein-menschlichen
Bildungslebens, einer neuen Sprache auf allen Gebieten.
Der Goetheanumbau. Notwendiger Rückgriff auf die
Urgedanken. Das Wesen des Geldes, dessen Verwaltung ins
Wirtschaftsleben gehört. Hereinwirken des Geisteslebens in
das Wirtschaftsleben: das Kapital. Das gesunde
Verhältnis von Arbeit und Kapital: im
Zusammenstimmen von freier Unternehmerinitiative und freiem
Verständnis des Arbeiters in einem beiden gemeinsamen
geistigen Leben.
Siebenter
Vortrag, 15. März 1919
Die heutige Unbelehrbarkeit des Denkens durch die
geschichtliche Wirklichkeit. J. Ude auf der
Völkerbunds-Konferenz. Heutiges Denken erfaßt
nur das Leblose. Aufhebung des Kapitalismus bedeutet
Vernichtung des sozialen Organismus. Das auf Lebendiges sich
richtende Denken muß die Zeit einbeziehen. Kapitalbildung
und spätere -umbildung durch den dreigegliederten sozialen
Organismus. Wirklichkeitsgemäße Ideen durch den
bewußten Aufschwung zu Imaginationen. Organisierung
des Hauptes durch die Kräfte des übrigen Leibes aus
der vorigen Inkarnation; Tendenzen, die dadurch im Denken der
Gegenwart wirksam sind. Wirklichkeitsfremdes Denken; z. B.
Wilsons Völkerbunds-Idee von 1917 nach
dem Weltkrieg; Pazifist Schücking:
Überparlament nach Weimarer Muster. Grundlage
für soziale Erneuerung: ein sich selbst tragendes
Geistesleben. Notwendige Befreiung der Wissenschaften von
der Staatsaufsicht; dadurch auch
Verwandlung des Kapitalismus.
Achter Vortrag,
16. März 1919
Wilsons Bedingung für einen Völkerbund. —
Notwendige Verwandlung des Denkens; seine
Überführung ins Soziale, aber nicht ohne
Vergeistigung. Das Hervorgehen des sozialistischen Denkens aus
dem Denken der Neuzeit. Fichte. Hegels objektiver Idealismus:
Logik — Natur — Geist; Organismus
abstrakter Ideen, die sich aber nur auf Sinnliches beziehen und
das real Geistige (Gott, Vorgeburtlichkeit, Nachtodlichkeit)
ausschließen. Umschlag bei K. Marx; Anwendung des
Dreiklangs von Thesis — Antithesis — Synthesis auf
die materielle und ökonomische Wirklichkeit. Heute andere
Dreiheit nötig: der Mensch zwischen Luzifer und Ahriman;
der menschliche Ausgleich zwischen Spiritualismus und
Materialismus. Die «Philosophie der Freiheit»; der
Weg zum wirklichen Geist. Die Notwendigkeit eines
Zeitbewußtseins heute. Sozialisierung des Denkens:
Miterleben mit der ganzen Menschheit. Kardinal Rauscher;
Pobedonoszew. «Historischer Eigensinn» und der
notwendige Entschluß zum Umdenken im Sinne dessen, was
unterbewußt in der heutigen Zeit bereits lebt.
Hinweise
Rudolf
Steiner über die Vortragsnachschriften.
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