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Die soziale Frage als Bewußtseinsfrage

Online seit: 30th April, 2013

INHALT

Erster Vortrag, Dornach, 15. Februar 1919

Pariser Friedenskonferenz und Berner Sozialistenkongreß; die soziale Frage: Tat- und Ereignisfrage, deren Lösung auf viel tieferen Grundlagen beruhen muß. Das Problem der Bequemlichkeit im Denken; das Urteilen aus Gedankenmumien; Notwendigkeit des Verständnisses für das Neue. Der Aufruf «An das deutsche Volk und an die Kulturwelt»; Unterschriftensammlungen. Der Charakter seines Inhalts: nicht Programm, sondern Hinweis auf Kräfte der Wirklichkeit in der neueren Entwicklung. Weil diese bei der Reichsgründung von 1871 nicht als Aufgabe ergriffen worden waren, war die Kriegskatastrophe überhaupt möglich. Die Verbindung von Schwarmgeisterei und Praktikertum (Ludendorff) muß überwunden werden durch das Ergreifen der Wirklichkeit.

Zweiter Vortrag, 16. Februar 1919

Notwendigkeit sozialen Verständnisses. Der Unterschied zwischen dem Proletariat und seinen Führern, die die Erben der bürgerlichen Lebensauffassung sind. Wirklichkeit erfassende Begriffe sind nötig. Die Dreigliederung: kein System, sondern aus der Beobachtung der tieferen Willensrichtung der Menschheit gewonnen. Reale Fundamentalbegriffe; z. B. Bodenrente und Existenzminimum. Geistesleben, Staatsleben und Wirtschaftsleben und ihr Verhältnis zu vorgeburtlichem, irdischem und nachtodlichem Leben. Gotteserkenntnis und Christus-Erkenntnis. Harnack. Zwei Wege zu Christus: Toleranz im Denken; selbsterworbener Idealismus im Willen. Wilsons Freiheitsdefinition. Notwendige Überwindung der bürgerlichen Trennung von abstrakter Kultur und realem Leben.

Dritter Vortrag, 21. Februar 1919

Notwendiges soziales Verständnis aus neuem, geisteswissenschaftlichem Denken. Die heutige mumienhafte, programmatische Urteilsbildung im Sozialen. Die Gedankenformung bei Marx: Analyse der entstandenen Verhältnisse, aber keine produktiven Vorstellungen für die Zukunft; Zu-Ende-Führen vorhandener Gedankenbildungen. Radikalisierung dieser Gedankenform bei Lenin: der bürgerliche Staat, vom Proletariat übernommen und vollendet, wird absterben. Der an der gewordenen Wirklichkeit gebildete Gedanke führt ins Nichts. In bezug auf die Zukunft: «Soziales Ignorabimus.» Die zwei Phasen in der Marx-Leninschen sozialen Neugestaltung. Der Aberglaube in bezug auf die Erneuerung des Menschen aus der Organisation des Wirtschaftslebens; Verkennung des Geistigen. Notwendige Überwindung alles Sektiererischen in der Geisteswissenschaft. Der sozialistische Glaube an die heutige Wissenschaft; ihre notwendige Befreiung aus dem engen bürgerlichen Horizont.

Vierter Vortrag, 1. März 1919

Der Gegensatz zwischen dem Streben an der Oberfläche des Bewußtseins und dem in den Tiefen der Seele: Materialistische Geschichtsauffassung, Klassenkampftheorie und Mehrwertlehre gegenüber der Sehnsucht nach Geisteswissenschaft, Gedankenfreiheit und wahrem Sozialismus. Materialistische Geschichtsauffassung: Konsequenz aus dem Materialismus bürgerlicher Wissenschaft, Kunst und Religion. Die eigentlichen geistigen Quellen der fünf nachatlantischen Kulturepochen. Klassenbewußtsein: Konsequenz aus der bürgerlichen Autoritätsgläubigkeit gegenüber dem Staat; antistaatlich, international, aber uniformiert; kein individuelles Bewußtsein aus Gedankenfreiheit. Mehrwertlehre: Konsequenz aus dem antisozialen bürgerlichen Egoismus. Zum Verständnis des Mehrwerts als Grundlage des Kulturlebens ist echte Teilnahme des Proletariats am Geistesleben nötig. Dem tieferen Streben der Menschheit entspricht die Dreigliedrigkeit des sozialen Organismus. Geisteswissenschaft darf nicht bürgerlich-sektiererisch werden. Der Goetheanumbau.

Fünfter Vortrag, 2. März 1919

Die Verkehrung des eigentlichen Strebens in der proletarischen Bewegung. J. G. Fichte als bolschewistischer Denker in seinem «Geschlossenen Handelsstaat». Das rein aus dem Ich geborene Denken kann nicht die soziale Wirklichkeit erfassen und gestalten. Fichtes «Wissenschaftslehre»: notwendige Stufe zur Erkraftung des individuellen Denkens vor dem Eintritt in spirituelles Erleben; auf die sinnliche Wirklichkeit angewendet wird es zerstörerisch. Das Böse als versetztes Gutes. Im Sozialen: Wirksam werden lassen von verborgenen Imaginationen. Mehrwerttheorie; die maskierte Unwahrhaftigkeit im Verhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer; der Begriff der Ware. Das Wirtschaftsleben und sein Verhältnis zur Naturgrundlage einerseits, zum Rechtsleben andererseits. Der wahre Arbeitsvertrag. Einzelheiten im Verhältnis von Wirtschafts- und Rechtsleben. Steuergesetzgebung. Das Geistesleben muß auch in bezug auf die Abgaben dafür auf Vertrauen und Freiheit gegründet sein.

Sechster Vortrag, 7. März 1919

Kurt Eisner. Die Notwendigkeit, die Wirklichkeit aus geistorientiertem Denken zu durchschauen. F. Mauthner; die Schwierigkeit, positive Begriffe vom Staat zu bilden; seine Verhältnisse als Umkehrung von solchen der seelisch-geistigen Welt. Das irdische Geistesleben als Fortsetzung des Vorgeburtlichen aus übriggebliebenen Antipathien. Das Wirtschaftsleben als Veranlagung nachtodlicher Sympathien. — Der heutige Verlust des Zusammenhangs mit dem real Geistigen. Die antisoziale Trennung von materiellem Leben und dem dekadent und luxuriös gewordenen bürgerlichen Geistesleben. Ausgeschlossensein des Arbeiters. Notwendigkeit eines allgemein-menschlichen Bildungslebens, einer neuen Sprache auf allen Gebieten. Der Goetheanumbau. Notwendiger Rückgriff auf die Urgedanken. Das Wesen des Geldes, dessen Verwaltung ins Wirtschaftsleben gehört. Hereinwirken des Geisteslebens in das Wirtschaftsleben: das Kapital. Das gesunde Verhältnis von Arbeit und Kapital: im Zusammenstimmen von freier Unternehmerinitiative und freiem Verständnis des Arbeiters in einem beiden gemeinsamen geistigen Leben.

Siebenter Vortrag, 15. März 1919

Die heutige Unbelehrbarkeit des Denkens durch die geschichtliche Wirklichkeit. J. Ude auf der Völkerbunds-Konferenz. Heutiges Denken erfaßt nur das Leblose. Aufhebung des Kapitalismus bedeutet Vernichtung des sozialen Organismus. Das auf Lebendiges sich richtende Denken muß die Zeit einbeziehen. Kapitalbildung und spätere -umbildung durch den dreigegliederten sozialen Organismus. Wirklichkeitsgemäße Ideen durch den bewußten Aufschwung zu Imaginationen. Organisierung des Hauptes durch die Kräfte des übrigen Leibes aus der vorigen Inkarnation; Tendenzen, die dadurch im Denken der Gegenwart wirksam sind. Wirklichkeitsfremdes Denken; z. B. Wilsons Völkerbunds-Idee von 1917 nach dem Weltkrieg; Pazifist Schücking: Überparlament nach Weimarer Muster. Grundlage für soziale Erneuerung: ein sich selbst tragendes Geistesleben. Notwendige Befreiung der Wissenschaften von der Staatsaufsicht; dadurch auch Verwandlung des Kapitalismus.

Achter Vortrag, 16. März 1919

Wilsons Bedingung für einen Völkerbund. — Notwendige Verwandlung des Denkens; seine Überführung ins Soziale, aber nicht ohne Vergeistigung. Das Hervorgehen des sozialistischen Denkens aus dem Denken der Neuzeit. Fichte. Hegels objektiver Idealismus: Logik — Natur — Geist; Organismus abstrakter Ideen, die sich aber nur auf Sinnliches beziehen und das real Geistige (Gott, Vorgeburtlichkeit, Nachtodlichkeit) ausschließen. Umschlag bei K. Marx; Anwendung des Dreiklangs von Thesis — Antithesis — Synthesis auf die materielle und ökonomische Wirklichkeit. Heute andere Dreiheit nötig: der Mensch zwischen Luzifer und Ahriman; der menschliche Ausgleich zwischen Spiritualismus und Materialismus. Die «Philosophie der Freiheit»; der Weg zum wirklichen Geist. Die Notwendigkeit eines Zeitbewußtseins heute. Sozialisierung des Denkens: Miterleben mit der ganzen Menschheit. Kardinal Rauscher; Pobedonoszew. «Historischer Eigensinn» und der notwendige Entschluß zum Umdenken im Sinne dessen, was unterbewußt in der heutigen Zeit bereits lebt.

Hinweise

Rudolf Steiner über die Vortragsnachschriften.




Zuletzt aktualisiert: 24-Mar-2024
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