Kristiania (Oslo), 6. Oktober 1913
Fünfter Vortrag
Gestern haben wir einen Blick werfen
können auf das Leben des Jesus von Nazareth in der Zeit, die für ihn verflossen
war ungefähr seit seinem
zwölften Lebensjahre bis etwa zum Ende seiner
Zwanzigerjahre. Aus demjenigen, was ich erzählen durfte,
konnten Sie gewiß die Empfindung haben, daß Tief bedeutsames für
die Seele des Jesus von Nazareth
sich abgespielt hat in dieser Zeit, Tief bedeutsames aber
auch für die ganze Evolution
der Menschheit. Denn Sie werden ja gewiß
aus der Grundempfindung, die Sie sich durch
ihre geisteswissenschaftlichen Studien haben bilden
können, wissen, daß alles in der Menschheitsevolution zusammenhängt, und daß
ein so bedeutsames Ereignis mit
einem Menschen, in dessen Seelenleben so viel, so unendlich
viel von den Angelegenheiten der ganzen Menschheit
hineinspielt, eben auch von Bedeutung für die ganze
Menschheitsevolution ist. Wir lernen
dasjenige, was das Ereignis von Golgatha geworden
ist für die Evolution der Menschheit,
in der verschiedensten Weise kennen.
In diesem Vortragszyklus handelt es sich darum, es
erkennen zu lernen durch die
Betrachtung des Christus Jesus-Lebens selber.
Und so wenden wir den Blick, den wir
gestern auf den charakterisierten Zeitraum gerichtet haben, der
zwischen dem zwölften Jahre und
der Johannestaufe liegt, heute noch einmal auf die Seele des
Jesus von Nazareth hin und fragen
uns: Was mag alles in dieser Seele gelebt haben, nachdem die bedeutsamen Ereignisse sich
abgespielt hatten bis in das
achtundzwanzigste, neunundzwanzigste Jahr hinein, von
denen ich gestern gesprochen
habe.
Was in dieser Seele lebte, man wird
vielleicht eine Empfindung, ein
Gefühl davon erhalten, wenn erzählt werden darf eine
Szene, die sich am Ende seiner
Zwanzigerjähre bei Jesus von Nazareth abspielte.
Diese Szene, die ich da zu erzählen
habe, betrifft ein Gespräch, das Jesus von Nazareth geführt hat mit seiner Mutter,
mit derjenigen also, die durch das
Zusammenziehen der beiden Familien durch lange Jahre
hindurch seine Mutter geworden war. Er
hatte sich ja die ganzen Jahre her
mit dieser Mutter ganz
innig und vorzüglich verstanden, viel
besser, als er sich verstehen konnte mit den anderen Gliedern
der Familie, die im Hause zu
Nazareth lebten, das heißt, er hätte sich
schon gut mit ihnen verstanden,
aber sie konnten sich nicht gut mit ihm verstehen. Es war ja
auch schon früher zwischen ihm und seiner Mutter
mancherlei von den Eindrücken, die
sich allmählich in seiner Seele gebildet hatten, besprochen worden. Aber in dem
genannten Zeitraum spielte sich
einmal ein recht bedeutsames Gespräch ab, das wir
heute betrachten werden, das uns
tief hineinblicken läßt in seine Seele.
Es war der Jesus von Nazareth nach und nach
durch die gestern charakterisierten
Erlebnisse allerdings umgewandelt worden, so daß
unendliche Weisheit sich in seinem Antlitz
ausprägte. Aber er war auch,
wie das ja immer, wenn auch in geringerem Grade der Fall
ist, wenn die Weisheit in einer
Menschenseele zunimmt, zu einer gewissen inneren Traurigkeit
gekommen. Die Weisheit hatte ihm zunächst
die Frucht gebracht, daß der Blick,
den er wenden konnte in seine menschliche Umgebung, ihn eigentlich recht traurig
machte. Dazu kam noch, daß er
in den letzten Zwanziger Jahren immer mehr in
stillen Stunden an etwas ganz Bestimmtes
hatte denken müssen: Immer
wieder von neuem mußte er daran denken, wie in
seinem zwölften Jahre ein
solcher Umschwung, eine solche Revolution in
seiner Seele stattgefunden hatte, wie sich
das ergab durch das Herübertreten des Zarathustra-Ich in
seine Seele. Er mußte daran denken, wie
er in den ersten Zeiten nach seinem
zwölften Jahre gewissermaßen nur den unendlichen Reichtum dieser Zarathustra-Seele in
sich gefühlt hatte. Er
wußte ja am Ende der Zwanziger jähre noch nicht,
daß er der wiederverkörperte Zarathustra war; aber er
wußte, daß ein großer, gewaltiger Umschwung in seiner Seele in seinem
zwölften Jahre vor sich
gegangen war. Und jetzt hatte er oftmals das Gefühl: Ach,
wie war es doch anders mit
mir vor diesem Umschwung in meinem zwölften Jahre! —
Er fühlte, wenn er jetzt zurückdachte an diese Zeit,
wie unendlich warm es dazumal in
seinem Gemüt war. Er war ja als Knabe ganz weltentrückt gewesen. Da hatte er zwar gehabt
die lebhafteste Empfindung für
alles, was aus der Natur heraus zum Menschen
spricht, für alle Herrlichkeit und
Größe der Natur, aber er hatte wenig
Anlage für dasjenige, was menschliche
Weisheit, menschliches Wissen sich
angeeignet hatte. Er interessierte sich wenig für das, was
man schulmäßig lernen
konnte! Es wäre ein völliger Irrtum, wenn man
glauben würde, daß dieser
Jesusknabe, bevor der Zarathustra in seine Seele herübergezogen war, bis in sein
zwölftes Jahr hinein etwa im äußeren Sinne eine besondere Begabung gehabt
hätte, daß er besonders gescheit gewesen wäre.
Dagegen hatte er besessen ein ungemein mildes, sanftmütiges Wesen, eine unendliche
Liebefähigkeit, ein tiefes inneres Gemütsleben, ein umfassendes
Verständnis für alles Menschliche, aber kein
Interesse für alles dasjenige, was die Menschen an
Wissen im Laufe der Jahrhunderte sich
aufgespeichert haben. Und dann war
es so, wie wenn nach diesem Moment im Tempel zu
Jerusalem in seinem zwölften Jahre
dies alles aus seiner Seele herausgestürmt und dafür
alle Weisheit hineingeströmt wäre! Und jetzt
mußte er oftmals denken und empfinden,
wie so in ganz anderer Weise er mit
allem tieferen Geiste der Welt früher vor seinem
zwölften Jahre verbunden war, als ob da seine Seele offen
gewesen wäre für die
Tiefen der unendlichen Weiten! Und wie er seitdem gelebt
hatte seit seinem zwölften
Jahre, wie er da seine Seele geeignet fand für
eine Art Aufnahme der hebräischen
Gelehrsamkeit, die aber ganz ursprünglich wie aus sich
heraus kam, wie er durchgemacht hatte die Erschütterung, daß die Bath-Kol nicht mehr in
der alten Weise inspirierend wirken konnte; wie er dann auf
seinen Reisen kennenlernte die
heidnischen Kulte, wie ihm all das Wissen und die
Religiosität des Heidentums in
seinen verschiedenen Nuancierungen durch die
Seele gezogen war. Er dachte daran, wie er
da zwischen seinem achtzehnten und
vierundzwanzigsten Jahre gelebt hatte in alledem,
was die Menschheit sich äußerlich
errungen hatte, und wie er dann eingetreten war in die Gemeinschaft der Essäer
ungefähr um das vierundzwanzigste Jahr und dort eine
Geheimlehre kennengelernt hatte und
Menschen, die einer solchen Geheimlehre sich hingaben.
Daran mußte er oftmals denken.
Aber er wußte auch, daß im Grunde genommen nur
dasjenige in seiner Seele aufgegangen war, was seit dem
Altertum her Menschen an Wissen in sich
aufgespeichert hatten; er lebte in
dem, was Menschenschätze an Weisheit,
Menschenschätze an Kultur,
Menschenschätze an moralischen Errungenschaften darboten.
Er fühlte, in dem Menschlichen auf Erden hatte er gelebt
seit seinem zwölften Jahre. Und
jetzt mußte er oftmals zurückdenken, wie
er war vor diesem zwölften Jahre, wo
er gleichsam sich mit den göttlichen Urgründen des Daseins verbunden
fühlte, wo alles in ihm elementar und ursprünglich war, wo alles aus einem
aufsprudelnden Leben, aus einem
warmen, liebenden Gemüte kam und ihn innig
zusammenschloß mit anderen Menschenseelen, während er
jetzt vereinsamt und allein und schweigsam geworden
war.
Alle diese Gefühle waren es, die
zustande brachten, daß ein ganz bestimmtes Gespräch stattgefunden hat zwischen ihm
und der Persönlichkeit, die ihm Mutter geworden war. Die
Mutter liebte ihn ungeheuer, und sie hatte öfters mit ihm
gesprochen über all das Schöne und
Große, das sich seit seinem
zwölften Jahre in ihm gezeigt hatte. Ein
immer intimeres, edleres, schöneres
Verhältnis hatte sich herausgebildet zu dieser
Stiefmutter. Aber seinen inneren Zwiespalt hatte er bisher auch
dieser Mutter verschwiegen, so daß sie nur das Schöne
und Große gesehen hatte. Sie
hatte nur gesehen, wie er immer weiser und weiser wurde, wie er immer tiefer eindrang in die ganze
Menschheitsevolution. Deshalb war von demjenigen, was wie eine
Art Generalbeichte mit diesem Gespräch stattfand, vieles
neu für sie, aber sie nahm es
auf mit innigem, warmem Herzen. Es war in ihr wie ein
unmittelbares Verstehen für seine Traurigkeit, seine
Gefühlsstimmung, dessen, daß er sich
zurücksehnte zu dem, was er in sich hatte vor
seinem zwölften Jahre. Deshalb
suchte sie ihn zu erheben und zu trösten, indem sie anfing
zu sprechen von allem, was seitdem in ihm so schön
und herrlich zutage getreten sei. Sie
erinnerte ihn an all das, was ihr durch ihn bekanntgeworden war von der Wiedererneuerung
der großen Lehren, Weisheitssprüche und
Gesetzesschätze des Judentums. Was alles durch ihn zutage getreten ist, davon sprach
sie mit ihm. Es wurde ihm aber nur
immer schwerer ums Herz, wenn er so die Mutter sprechen
hörte, so schätzend das, was er innerlich doch
eigentlich als überwunden
fühlte. Und endlich erwiderte er: Ja, das mag alles
sein. Aber ob durch mich oder durch einen
anderen heute erneuert werden
können all die alten, herrlichen Weisheitsschätze des
Judentums, was hätte das alles für eine Bedeutung
für die Menschheit? Es ist im
Grunde doch alles bedeutungslos, was in solcher Art
zutage tritt. Ja, wenn es heute eine
Menschheit gäbe um uns herum, die Ohren
hätte, den alten Propheten noch
zuzuhören, dann wäre es für diese
Menschheit nützlich, wenn erneuert
werden könnten die Weisheitsschätze des alten
Prophetentums. Aber selbst wenn jemand so sprechen könnte,
wie die alten Propheten gesprochen haben, selbst wenn
Elias heute käme — so sagte
Jesus von Nazareth — und unserer Menschheit verkünden wollte dasjenige, was er als
Bestes erfahren hat in den
Himmelsweiten: es sind ja nicht die Menschen da, die
Ohren hätten zu hören die
Weisheit des Elias, der älteren Propheten, auch
des Moses, ja bis Abraham hinauf. Alles was
diese Propheten verkündeten, wäre heute zu
künden unmöglich. Ihre Worte würden
ungehört im Winde verhallen! Und so ist ja alles, was ich
in meiner Seele halte,
wertlos.
So sprach Jesus von Nazareth und er wies
darauf hin, wie vor kurzem erst eines wahrhaft großen
Lehrers Worte im Grunde genommen verklungen seien, ohne eine große Wirkung zu
hinterlassen. Denn, so sagte er, war
das auch kein Lehrer, der heranreichte an die alten
Propheten, so war er doch ein großer,
bedeutsamer Lehrer, der gute alte Hillel.
Jesus wußte genau, was dieser alte
Hillel, der selbst in den so
schweren Zeiten des Herodes als Geisteslehrer ein großes
Ansehen zu gewinnen wußte, für viele bedeutet hatte
innerhalb des Judentums. Er war ein Mann, der große
Weisheitsschätze in seiner Seele gehabt hatte. Und Jesus wußte, wie wenig die
innigen Worte, die der alte Hillel
gesprochen hatte, Eingang gefunden hatten in die Herzen
und Seelen. Dennoch hatte man von dem alten
Hillel gesagt: die Thora, die Summe
der ältesten, bedeutsamsten Gesetze des Judentums, ist
verschwunden und Hillel hat sie wiederum hergestellt. —
Wie ein Erneuerer der
ursprünglichen Judenweisheit erschien Hillel
für diejenigen seiner
Zeitgenossen, die ihn verstanden. Er war ein Lehrer,
der auch herumwandelte wie ein wahrer
Weisheitslehrer. Sanftmut war sein
Grundcharakter, eine Art Messias war er. Das alles erzählt
selbst der Talmud, und es
läßt sich nachprüfen
durch äußere Gelehrsamkeit. Die Leute waren des Lobes voll über Hillel
und erzählten viel Gutes von
ihm. Ich kann nur einzelnes herausgreifen, um hinzudeuten auf
die Art, wie Jesus von Nazareth von Hillel zu seiner
Mutter sprach, um seine
Seelenstimmung anzudeuten.
Hillel wird als ein sanfter, milder
Charakter geschildert, der Ungeheueres durch Milde und Liebe
wirkte. Eine Erzählung hat sich erhalten, die besonders
bedeutsam ist, um zu zeigen, wie Hillel der Mann
der Geduld und Sanftmut war, der jedem
entgegenkam. Zwei Menschen wetteten einstmals um die
Möglichkeit, Hillel zum Zorn zu reizen, denn bekannt war, daß Hillel
überhaupt nicht in Zorn geraten könne. Da wetteten nun zwei Männer, von denen
der eine sagte: Ich will alles tun,
um Hillel dennoch in Zorn zu bringen. — Er wollte
dann seine Wette gewonnen haben. Als
für Hillel die Zeit gerade am allerbesetztesten war, als er am meisten zu tun hatte
mit der Vorbereitung für den Sabbat, wo ein solcher Mann
am wenigsten gestört werden
kann, da klopfte jener Mann, der die Wette eingegangen
war, an die Türe Hillels und
sagte nicht etwa in einem höflichen Ton oder
mit irgendeiner Anrede — und Hillel
war der Vorsitzende der obersten geistlichen Behörde, der gewohnt war, höflich
angeredet zu werden — , sondern der Mann rief bloß:
Hillel, komm heraus, komm schnell
heraus! — Hillel warf sich seinen Mantel um und kam
heraus. Der Mann sagte in scharfem
Tone, wiederum ohne die geringste Höflichkeit: Hillel, ich habe dich etwas zu
fragen. — Und gütig antwortete Hillel: Mein Lieber,
was hast du denn zu fragen?
— Ich habe dich zu fragen, warum die Babylonier so dünne
Köpfe haben? — Da sagte
Hillel mit dem sanftesten Tone: Nun, mein Lieber, die
Babylonier haben so dünne Köpfe, weil sie so
ungeschickte Hebammen haben. —
Da ging der Mann fort und dachte, diesmal war Hillel
sanftmütig geblieben. Hillel setzte sich wiederum an seine
Arbeit. Nach ein paar Minuten kam
der Mann zurück und rief wiederum barsch
Hillel mitten aus seiner Arbeit heraus:
Hillel, komm heraus, ich habe dich
etwas Wichtiges zu fragen! — Hillel warf sich wieder
seinen Mantel um, kam heraus und
sprach: Nun, mein Lieber, was hast du wieder zu fragen? — Ich habe dich zu fragen,
warum die Araber so kleine Augen
haben? — Sanftmütig sagte Hillel: Weil die
Wüste so groß ist, das
macht die Augen klein, die Augen werden klein beim
Betrachten der großen Wüste,
deshalb haben die Araber so kleine Augen. — Wieder war Hillel sanftmütig
geblieben. Da war der Mann recht
ängstlich um seine Wette, und er kam wiederum und rief
zum dritten Male in barschem Tone:
Hillel, komm heraus, ich habe dich etwas Wichtiges zu fragen! — Hillel legte seinen
Mantel um, kam heraus und fragte mit
immer gleicher Sanftmut: Nun, mein Lieber, was hast du mich nun zu fragen? — Ich habe dich
zu fragen, warum haben die
Ägypter so platte Füße? — Weil die
Gegenden da so sumpfig sind, deshalb haben die Ägypter so
platte Füße. — Und ruhig und
gelassen ging Hillel wieder an seine
Arbeit. Nach ein paar Minuten kam
der Mann wieder und erzählte Hillel, er wolle ihn jetzt
nichts fragen; er habe eine Wette gemacht, daß er ihn in
Zorn bringen wolle, aber er
wüßte nicht, wie er ihn in Zorn bringen könnte.
Da sagte Hillel sanftmütig:
Mein Lieber, es ist besser, daß du deine Wette
verlierst, als daß Hillel in Zorn
gerate!
Diese Legende wird erzählt zum Beweis
dafür, wie sanftmütig und lieb Hillel selbst mit je dem war, der ihn quälte.
Solch ein Mann ist — so meinte
Jesus von Nazareth zu seiner Mutter — , in vieler
Beziehung etwas wie ein alter
Prophet. Und kennen wir nicht viele Aussprüche
Hillels, die wie eine Erneuerung des alten
Prophetentums klingen? Manche
schöne Aussprüche Hillels führte er an und dann
sagte er: Siehe, liebe Mutter, von
Hillel wird gesagt, daß er wie ein wiedererstandener alter
Prophet ist. Ich habe noch ein besonderes Interesse
an ihm, denn merkwürdig dämmert
etwas auf in mir, als wenn noch ein
besonderer Zusammenhang da sei zwischen Hillel und mir;
mir dämmert etwas auf, wie wenn
dasjenige, was ich weiß und was in mir lebt als große Offenbarung des Geistigen, nicht
allein vom Judentum kommen
würde. — Und ebenso war es ja auch bei Hillel; denn
dieser war ja der äußeren
Geburt nach ein Babylonier und war erst später
in das Judentum hineingekommen. Aber auch
er stammte aus dem Geschlechte
Davids, war aus uralten Zeiten verwandt mit dem
Davidsgeschlechte, von dem sich Jesus von Nazareth und die
Seinigen selber auch herzuleiten
hatten. Und Jesus sagte: Wenn ich auch so wie Hillel als Sohn
aus dem Geschlechte Davids aussprechen wollte die hohen
Offenbarungen, die wie eine Erleuchtung in
meine Seele hineingegossen sind und die dieselben hohen
Offenbarungen sind, die in alten Zeiten dem jüdischen Volke gegeben waren, heute
sind die Ohren nicht da, sie zu
hören!
Tief hatten sich in seiner Seele abgeladen
Schmerz und Leid darüber, daß ja einstmals dem
hebräischen Volke die größten Wahrheiten
der Welt gegeben waren, daß einstmals
auch die Leiber dieses Volkes so
waren, daß sie verstehen konnten diese Offenbarungen,
daß aber jetzt die Zeiten
anders geworden waren, daß auch die Leiber des
hebräischen Volkes anders geworden
waren, so daß sie nicht mehr verstehen konnten die alten Offenbarungen der
Urväter.
Ein ungeheuer einschneidendes,
schmerzlichstes Erlebnis war das für Jesus, daß er sich sagen mußte:
Einstmals ist verstanden worden, was die Propheten lehrten,
verstanden worden ist vom hebräischen Volke die Sprache
des Gottes, heute aber ist niemand da, der sie versteht; tauben Ohren würde man predigen.
Solche Worte sind heute nicht mehr
am Platze; es sind nicht mehr die Ohren da, sie zu
verstehen! Wertlos und nutzlos ist alles,
was man in solcher Weise sagen
könnte. — Und wie zusammenfassend das, was er in
dieser Richtung zu sagen hatte, sprach Jesus von Nazareth zu
seiner Mutter: Es ist nicht mehr
für diese Erde möglich die Offenbarung des alten
Judentums, denn die alten Juden sind nicht mehr da, um sie
aufzunehmen. Das muß als etwas Wertloses auf unserer Erde
angesehen werden.
Und merkwürdigerweise hörte ihm
die Mutter ruhig zu, wie er sprach
von der Wertlosigkeit dessen, was ihr das Heiligste war.
Aber sie hatte ihn innig lieb und
fühlte nur ihre unendliche Liebe. Daher
ging etwas über in sie von tiefem
Gefühlsverständnis dessen, was er ihr zu sagen hatte. Und dann setzte er das
Gespräch fort und kam darauf,
von dem zu berichten, wie er gewandert war in die heidnischen
Kultstätten und was er dort erlebt hatte. Es dämmerte
herauf in seinem Geiste, wie er
niedergefallen war am heidnischen Altar, wie
er die veränderte Bath-Kol gehört
hatte. Und da leuchtete ihm auf etwas wie eine Erinnerung der alten Zarathustra-Lehre.
Er wußte noch nicht genau,
daß er die Zarathustra-Seele in sich trug, aber die
alte Zarathustra-Lehre, die
Zarathustra-Weisheit, der alte Zarathustra-Impuls stiegen während
des Gespräches in ihm auf. In Gemeinschaft
mit seiner Mutter erlebte er diesen
großen Zarathustra-Impuls. All das Schöne und Große der alten Sonnenlehre
kam in seiner Seele herauf. Und er erinnerte sich: Als ich am
heidnischen Altar lag, da hörte ich etwas wie eine Offenbarung! — Und jetzt kamen
in seine Erinnerung die Worte der umgewandelten Bath-Kol, die
ich ja gestern gesprochen habe, und er sprach sie zur
Mutter:
Amen
Es walten die Übel
Zeugen sich lösender
Ichheit
Von ändern erschuldete
Selbstheitschuld
Erlebet im täglichen Brote
In dem nicht waltet der Himmel
Wille
Da der Mensch sich schied von Eurem
Reich
Und vergaß Euren Namen
Ihr Väter in den Himmeln.
Und all die Größe auch des
Mithrasdienstes lebte mit ihnen in seiner Seele auf und stellte sich wie durch innere
Genialität ihm dar. Viel sprach
er mit seiner Mutter über die Größe und Glorie
des alten Heidentums. Viel sprach er von dem, was in den alten
Mysterien der Völker lebte, wie
zusammengeflossen waren die einzelnen Mysteriendienste
Vorderasiens und Südeuropas in diesem Mithrasdienst.
Aber zugleich trug er in seiner
Seele die furchtbare Empfindung: wie sich nach und nach dieser Dienst gewandelt hatte und
gekommen war unter dämonische
Gewalten, die er selber erlebt hatte ungefähr in
seinem vierundzwanzigsten Lebensjahre. Es
kam ihm alles in den Sinn, was er
damals erlebt hatte. Und da erschien ihm auch die alte
Zarathustra-Lehre wie etwas, wofür die Menschen der
heutigen Zeit nicht mehr
empfänglich sind. Und unter diesem Eindruck sprach er
zu seiner Mutter das zweite
bedeutsame Wort: Wenn auch erneuert würden alle die alten
Mysterien und Kulte, und alles das hineinflösse,
was einstmals groß war in den
Mysterien des Heidentums, es sind, dies zu vernehmen, die Menschen nicht mehr da! All das ist
nutzlos. Und würde ich
herausgehen und den Menschen dasjenige verkünden,
was ich als die veränderte
Stimme der alten Bath-Kol gehört habe, würde
ich das Geheimnis kund tun, warum die
Menschen in ihrem physischen Leben
nicht mehr in Gemeinschaft mit den Mysterien leben
können, oder würde ich
verkündigen die alte Sonnenweisheit des
Zarathustra, heute sind die Menschen
nicht da, die dies verstehen würden. Heute
würde sich alles das in den Menschen
verkehren in dämonisches Wesen, denn es würde so
hineinklingen in die Menschenseelen, daß die
Ohren nicht da sind, solches
zu verstehen!
Die Menschen haben aufgehört, hören zu können
auf dasjenige, was einstmals verkündet und
gehört worden ist.
Denn es wußte jetzt Jesus von
Nazareth, daß dasjenige, was er damals gehört hatte als die veränderte Stimme
der Bath-Kol, die ihm zugerufen
hatte die Worte: «Amen, es walten die Übel»
— eine uralt heilige Lehre
war, ein allwaltendes Gebet war überall in den Mysterien,
welches man in den Mysterienstätten gebetet hatte,
daß es aber heute vergessen
war. Er wußte jetzt, daß das, was ihm gegeben worden
war, ein Hinweis war auf alte Mysterienweisheit, die über
ihn gekommen war, als er am
heidnischen Altar entrückt war. Aber er sah
zugleich und drückte es auch in jenem
Gespräch aus, daß es keine Möglichkeit gibt, das heute wiederum zum
Verständnis zu bringen.
Und dann führte er dies Gespräch
mit der Mutter weiter und sprach von
dem, was er im Kreise der Essäer in sich
aufgenommen hatte. Er sprach von der
Schönheit, Größe und Glorie der
Essäerlehre, gedachte der großen Milde und des
Sanftmutes der Essäer. Dann sagte er das dritte bedeutsame Wort, das ihm
aufgegangen war in seinem
visionären Gespräch mit dem Buddha: Es können
doch nicht alle Menschen Essäer
werden! Wie recht hatte doch Hillel, als er die
Worte sprach: Sondere dich nicht von der
Gesamtheit ab, sondern schaffe und
wirke in der Gesamtheit, trage deine Liebe hin zu deinen
Nebenmenschen, denn wenn du allein bist,
was bist du dann? So machen es aber die Essäer; sie
sondern sich ab, sie ziehen sich mit ihrem heiligen Lebenswandel zurück und bringen dadurch
Unglück über die anderen
Menschen. Denn die Menschen müssen dadurch
unglücklich sein, daß sie
sich von ihnen absondern. — Und dann sagte er zu
der Mutter das bedeutsame Wort,
indem er ihr das Erlebnis erzählte, das
ich gestern besprochen habe: Als ich
einstmals nach einem intimen, wichtigsten Gespräch mit den Essäern wegging,
da sah ich am Haupttore, wie Luzifer und Ahriman davonliefen.
Seit jener Zeit, liebe Mutter,
weiß ich, daß die Essäer durch ihre Lebensweise,
durch ihre Geheimlehre sich selber
vor ihnen schützen, so daß Luzifer und Ahriman vor
ihren Toren fliehen müssen. Aber sie schicken dadurch
Luzifer und Ahriman weg von sich zu den anderen Menschen hin.
Die Essäer werden
glücklich in ihren Seelen auf Kosten der anderen Menschen;
sie werden glücklich, weil sie sich selber vor Luzifer
und Ahriman retten! — Er
wußte jetzt durch das Leben bei den Essäern:
Ja, eine Möglichkeit gibt es noch,
hinaufzusteigen dahin, wo man sich
vereint mit dem Göttlich-Geistigen, aber nur Einzelne
können es auf Kosten der
großen Menge erreichen. Er wußte jetzt: Weder
auf Juden- noch auf Heidenweise noch auf
Essäerweise war der allgemeinen Menschheit der
Zusammenhang mit der göttlich-geistigen
Welt zu bringen.
Dies Wort schlug furchtbar ein in die Seele
der liebenden Mutter. Er war
während dieses ganzen Gespräches vereint mit ihr, wie
eins mit ihr. Die ganze Seele, das
ganze Ich des Jesus von Nazareth lag in diesen Worten. Und hier möchte ich anknüpfen
an ein Geheimnis, welches stattfand
vor der Johannestaufe in diesem Gespräch mit der
Mutter: Es ging etwas weg von Jesus zu
dieser Mutter hinüber. Nicht nur in Worten rang sich das alles los von seiner Seele,
sondern weil er so innig mit ihr
vereint war seit seinem zwölften Jahre, ging mit
seinen Worten sein ganzes Wesen zu ihr
über, und er wurde jetzt so, daß er wie außer sich gekommen war, wie wenn
ihm sein Ich weggekommen war. Die Mutter aber hatte ein neues
Ich, das sich in sie hineinversenkt
hatte, erlangt: sie war eine neue Persönlichkeit geworden.
Und forscht man nach, versucht man herauszubekommen, was
da geschah, so stellt sich folgendes
Merkwürdige heraus.
Der ganze furchtbare Schmerz, das
furchtbare Leid des Jesus, das aus
seiner Seele sich losrang, ergoß sich hinein in die Seele
der Mutter und sie fühlte sich wie eins mit ihm. Jesus
aber fühlte, als ob alles, was
seit seinem zwölften Jahre in ihm lebte,
fortgegangen wäre während
dieses Gespräches. Je mehr er davon sprach, desto
mehr wurde die Mutter voll von all der
Weisheit, die in ihm lebte. Und alle
die Erlebnisse, die seit seinem zwölften Jahre in ihm
gelebt hatten, sie lebten jetzt auf
in der Seele der liebenden Mutter! Aber von ihm waren sie wie hingeschwunden; er hatte
gleichsam in die Seele, in das Herz
der Mutter dasjenige hineingelegt, was er selber
erlebt hatte seit seinem zwölften
Jahre. Dadurch wandelte sich die Seele der Mutter um.
Wie verwandelt war auch er seit jenem
Gespräche, so verwandelt, daß die Brüder oder Stiefbrüder und die
anderen Verwandten, die in seiner
Umgebung waren, die Meinung bekamen, er hätte den
Verstand verloren. Wie schade,
sagten sie, er wußte so viel; er war ja immer
sehr schweigsam, jetzt aber ist er
völlig von Sinnen gekommen, jetzt hat er den Verstand verloren! — Man sah ihn als
einen Verlorenen an. Er ging in der
Tat auch tagelang wie traumhaft im Hause umher. Das
Zarathustra-Ich war eben dabei, diesen Leib
des Jesus von Nazareth zu verlassen
und in die geistige Welt überzugehen. Und ein
letzter Entschluß entwand sich
ihm: Wie durch einen inneren Drang, wie durch eine innere Notwendigkeit getrieben, bewegte er
sich nach einigen Tagen wie
mechanisch aus dem Hause fort, zu dem ihm schon
bekannten Johannes dem Täufer hin, um
von ihm die Taufe zu erlangen.
Und dann fand jenes Ereignis statt, das ich
öfter beschrieben habe als die
Johannestaufe im Jordan: das Christus-Wesen senkte sich
hinab in seinen Leib.
So waren die Vorgänge. Jesus war jetzt
durchdrungen von dem Christus-Wesen.
Seit jenem Gespräche mit seiner Mutter war gewichen
das Ich des Zarathustra und dasjenige, was
vorher gewesen war, was er bis zum
zwölften Jahre war, das war wiederum da, nur gewachsen,
noch größer geworden. Und hinein in diesen Leib, der
jetzt nur in sich trug die
unendliche Tiefe des Gemütes, das Gefühl des
Offenseins für unendliche Weiten, senkte sich der
Christus. Der Jesus war jetzt
durchdrungen vom Christus; die Mutter aber hatte auch ein
neues Ich, das sich in sie
hineinversenkt hatte, erlangt; sie war eine neue
Persönlichkeit geworden.
Es stellt sich dem Geistesforscher
folgendes dar: In demselben Augenblicke, als diese Taufe im Jordan geschah,
fühlte auch die Mutter etwas wie das Ende ihrer
Verwandlung. Sie fühlte — sie war damals im
fünfundvierzigsten, sechsundvierzigsten Lebensjahre
— , sie fühlte sich mit
einem Male wie durchdrungen von der Seele jener
Mutter, welche die Mutter des Jesusknaben
war, der in seinem zwölften Jahre das Zarathustra-Ich
empfangen hatte, und die gestorben war. So wie der Christus-Geist auf Jesus von Nazareth
herabgekommen war, so war der Geist der anderen Mutter, die
mittlerweile in der geistigen Welt
weilte, herniedergekommen auf die Ziehmutter, mit
der Jesus jenes Gespräch hatte. Sie
fühlte sich seitdem wie jene junge Mutter, die einstmals den Lukas-Jesusknaben geboren
hatte.
Stellen wir uns in der richtigen Weise vor,
was das für ein unendlich bedeutsames Ereignis ist!
Versuchen wir das zu fühlen, aber auch zu fühlen, daß jetzt ein ganz besonderes
Wesen auf der Erde lebte: die
Christus-Wesenheit in einem Menschenleibe, eine Wesenheit,
die noch nicht in einem
Menschenleibe gelebt hatte, die bisher nur war in
geistigen Reichen, die vorher kein
Erdenleben hatte, die die geistigen Welten kannte, nicht die Erdenwelt! Von der Erdenwelt
erfuhr diese Wesenheit nur
dasjenige, was gleichsam aufgespeichert war in den
drei Leibern, im physischen Leib,
Ätherleib und Astralleib des Jesus von Nazareth. Sie senkte sich nieder in diese drei
Leiber, wie sie geworden waren unter
dem Einfluß des dreißigjährigen Lebens,
das ich ja geschildert habe. So
erlebte diese Christus-Wesenheit ganz unbefangen dasjenige, was
sie zunächst auf Erden erlebte.
Diese Christus-Wesenheit wurde
zunächst geführt — das zeigt uns
auch die Akasha-Chronik des Fünften
Evangeliums — in die Einsamkeit. Der Jesus von Nazareth,
in dessen Leib die Christus-Wesenheit war, hatte ja dahingegeben alles, was ihn früher
mit der übrigen Welt verbunden
hatte. Die Christus-Wesenheit war eben angekommen auf
der Erde. Zunächst zog es diese
Christus-Wesenheit zu dem hin, was durch die Eindrücke des Leibes, die wie im
Gedächtnis geblieben waren, im
Astralleibe am heftigsten sich eingegraben hatte. Gleichsam
sagte sich die Christus-Wesenheit: Ja, das ist der Leib, der
den fliehenden Ahriman und Luzifer
erlebt hat, der gespürt hat, daß die
strebenden Essäer Ahriman und
Luzifer zu
den anderen Menschen hinstoßen. — Zu ihnen fühlte der
Christus sich hingezogen, zu Ahriman und
Luzifer, denn er sagte sich: Das sind die geistigen
Wesen, mit denen die Menschen auf
Erden zu kämpfen haben. — So zog es die
Christus-Wesenheit, die zum ersten Male in
einem Menschenleibe, in einem
Erdenleibe wohnte, zunächst hin zum Kampf mit Luzifer
und Ahriman in der Einsamkeit der
Wüste.
Ich glaube, daß die Szene von der
Versuchung, so wie ich sie nun erzählen werde, durchaus richtig ist. Aber es ist
sehr schwierig, solche Dinge in der
Akasha-Chronik zu lesen. Deshalb bemerke ich ausdrücklich,
daß das eine oder andere unbeträchtlich modifiziert
werden könnte bei einer weiteren okkulten Untersuchung.
Aber das Wesentliche ist da, und
dieses Wesentliche habe ich Ihnen zu erzählen. Die
Versuchungsszene steht ja in verschiedenen Evangelien.
Aber diese erzählen von
verschiedenen Seiten her. Das habe ich ja öfters
hervorgehoben. Ich habe mich bemüht,
diese Versuchungsszene so zu
gewinnen, wie sie wirklich war und ich möchte unbefangen
erzählen, wie sie wirklich war.
Zuerst begegnete die Christus-Wesenheit im
Leibe des Jesus von Nazareth in der
Einsamkeit Luzifer, Luzifer, wie er waltet und wirkt
und an die Menschen versuchend herankommt,
wenn sie sich selbst überschätzen, wenn sie zu wenig
Selbsterkenntnis und Demut haben. Herantreten an den falschen Stolz, den Hochmut, an die
Selbstvergrößerung der Menschen: das will Luzifer ja
immer versuchen. Jetzt trat Luzifer
dem Christus Jesus entgegen und sagte zu ihm
ungefähr die Worte, die ja auch
in den anderen Evangelien stehen: Sieh mich an! Die anderen Reiche, in welche der Mensch versetzt
ist, die von den anderen
Göttern und Geistern gegründet worden sind, die
sind alt. Ich aber will ein neues
Reich gründen; ich habe mich losgelöst von
der Weltordnung; ich will dir alles geben,
was an Schönheit und Herrlichkeit in den alten Reichen
ist, wenn du in mein Reich eintrittst. Aber abtrennen sollst du dich von den anderen
Göttern und mich anerkennen!
— Und alle Schönheit und Herrlichkeit der
luziferischen Welt schilderte
Luzifer, alles, was zur Menschenseele sprechen
müßte, wenn sie auch nur
ein wenig Hochmut in sich
hätte. Aber die Christus-Wesenheit kam eben aus den geistigen Welten; sie
wußte, wer Luzifer ist und wie
das Verhalten der Seele zu den Göttern ist, die
nicht auf Erden von Luzifer verführt
werden will. Die Christus-Wesenheit kannte zwar
nichts von der luziferischen Verführung in
der Welt, aus der sie kam; sie wußte
aber, wie man den Göttern dient, und sie war so stark, um Luzifer
zurückzuweisen.
Da machte Luzifer eine zweite Attacke, aber
jetzt holte er sich Ahriman zu
seiner Unterstützung heran, und sie sprachen jetzt
beide zum Christus. Der eine wollte
seinen Hochmut aufstacheln: Luzifer; der andere wollte zu seiner Furcht sprechen: Ahriman.
Dadurch kam zustande, daß ihm
der eine sagte: Durch meine Geistigkeit, durch das,
was ich dir zu geben vermag, wenn du mich
anerkennst, wirst du nicht
bedürfen dessen, wessen du jetzt bedarfst, weil du als
Christus in einen menschlichen Leib
getreten bist. Dieser physische Leib unterwirft dich, du
mußt in ihm das Gesetz der Schwere anerkennen. Er
hindert dich, das Gesetz der Schwere zu
übertreten, ich aber werde dich
erheben über die Gesetze der Schwere. Wenn du mich
anerkennst, werde ich die Folgen des
Sturzes aufheben und es wird dir nichts geschehen. Stürze dich hinunter von der Zinne! Es
steht ja geschrieben: Ich will den Engeln befehlen, daß
sie dich behüten, daß du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.
— Ahriman, der wirken wollte
auf seine Furcht, sprach: Ich werde dich behüten vor
der Furcht! Stürze dich
hinunter!
Und beide drangen auf ihn ein. Aber da sie
beide auf ihn einstürmten und sich gleichsam in ihrem
Drängen die Waage hielten, konnte er sich vor ihnen retten. Und er fand die Kraft, die der
Mensch finden muß auf Erden, um
sich über Luzifer und Ahriman zu erheben.
Da sagte Ahriman: Luzifer, ich kann dich
nicht brauchen, du hemmst mich nur,
du hast meine Kräfte nicht vermehrt, sondern vermindert,
ich werde ihn allein versuchen. Du hast verhindert, daß
diese Seele uns verfällt.
— Da schickte Ahriman den Luzifer weg und machte
die letzte Attacke, als er allein war, und
er sagte dasjenige, was ja nachklingt im
Matthäus-Evangelium: Wenn du dich göttlicher
Kräfte rühmen willst, dann mache das Mineralische zu
Brot, oder wie es im Evangelium
steht: Mache die Steine zu Brot! — Da sagte die
Christus-Wesenheit zu Ahriman: Die Menschen leben nicht von
Brot allein, sondern von dem, was
als Geistiges aus den geistigen Welten kommt. —
Das wußte die Christus-Wesenheit am
besten, denn sie war ja eben erst herabgestiegen aus den geistigen Welten. Da antwortete
Ahriman: Wohl magst du recht haben.
Aber daß du recht hast und inwiefern du
recht hast, das kann mich eigentlich nicht
hindern, dich doch in einer gewissen
Weise zu halten. Du weißt nur, was der Geist tut, der
aus den Höhen heruntersteigt.
Du warst aber noch nicht in der menschlichen Welt. Da unten in
der menschlichen Welt gibt es noch ganz andere Menschen, die haben wahrhaftig nötig,
Steine zu Brot zu machen, die können unmöglich sich
bloß vom Geiste nähren.
Das war der Moment, wo Ahriman zu Christus
etwas sprach, was man zwar auf der
Erde wissen konnte, was aber der Gott, der eben
erst die Erde betreten hatte, noch nicht
wissen konnte. Er wußte nicht,
daß es unten auf der Erde notwendig ist, das Mineralische,
das Metall zu Geld zu machen, damit
die Menschen Brot haben. Da sagte Ahriman, daß die armen Menschen da unten auf der
Erde gezwungen sind, mit dem Gelde
sich zu ernähren. Das war der Punkt, an dem
Ahriman noch eine Gewalt hatte. Und ich
werde — sagte Ahriman — diese Gewalt gebrauchen!
Dies ist die wirkliche Darstellung der
Versuchungsgeschichte. Es war also
ein Rest geblieben bei der Versuchung. Nicht endgültig
waren die Fragen gelöst; wohl
die Fragen Luzifers, aber nicht die Fragen Ahrimans. Um diese zu lösen, war noch etwas
anderes notwendig.
Als der Christus Jesus die Einsamkeit
verließ, da fühlte er sich hinausgerückt
über all das, was er durchlebt und gelernt hatte von
seinem zwölften Jahre ab; er
fühlte den Christus-Geist verbunden mit dem,
was in ihm gelebt hatte vor seinem
zwölften Jahre. Er fühlte sich eigentlich mit all dem, was alt und dürr geworden
war im Menschheitswerden, nicht mehr verbunden. Selbst die
Sprache, die in seiner Umgebung
gesprochen wurde, war ihm gleichgültig geworden,
und zunächst schwieg er auch.
Er wanderte um Nazareth herum und noch weiter hinaus, immer weiter und weiter. Er besuchte
viele derjenigen Orte, die er schon
als Jesus von Nazareth berührt hatte, und da zeigte
sich etwas höchst Eigentümliches.
Ich bitte wohl zu beachten, ich erzähle die Geschichte des Fünften
Evangeliums, und es würde nichts taugen, wenn irgend jemand sogleich Widersprüche
aufsuchen wollte zwischen diesem und
den vier anderen Evangelien. Ich erzähle so, wie
die Dinge im Fünften Evangelium
stehen.
In rechter Schweigsamkeit, wie nichts
gemein habend mit der Umgebung, wanderte zunächst der
Christus Jesus von Herberge zu Herberge, überall bei den
Leuten und mit den Leuten arbeitend. Und tiefen Eindruck hatte
zurückgelassen auf ihn, was er durchlebt hatte mit
dem Spruche des Ahriman vom Brote.
Überall fand er die Menschen, die ihn schon kannten, bei denen er früher schon
gearbeitet hatte. Die Menschen
erkannten ihn wieder, und er fand unter diesen Menschen
wirklich das Volk, diejenigen, bei denen
Ahriman Zutritt haben muß, weil
sie nötig haben, Steine, Mineralisches zu Brot zu machen,
oder was dasselbe ist, Geld, Metall
zu Brot zu machen. Bei denjenigen, die Hillels oder anderer Sittensprüche beachteten,
brauchte er ja nicht einzukehren. Aber bei denen, welche die
anderen Evangelien die Zöllner und Sünder nennen, kehrte er ein, denn das waren
diejenigen, die darauf angewiesen
waren, Steine zu Brot zu machen. Besonders bei
diesen ging er viel herum.
Aber jetzt war das Eigentümliche
eingetreten: Viele von diesen Menschen kannten ihn schon aus der Zeit vor seinem
dreißigsten Jahre, da er schon
ein-, zwei- oder dreimal als Jesus von Nazareth bei
ihnen gewesen war. Dazumal lernten sie
kennen sein mildes, liebes, weises
Wesen. Denn solch große Schmerzen, solch tiefes Leid, die
er durchlebte seit seinem
zwölften Jahre, wandelt sich zuletzt um in die
Zauberkraft der Liebe, die in jedem Worte
so ausströmt, wie wenn in seinen Worten noch eine geheimnisvolle Kraft waltete,
die sich ausgoß über die Umstehenden. Wohin er kam,
überall, in jedem Hause, in jeder Herberge, war er tief geliebt. Und diese Liebe
blieb zurück, wenn er wiederum
die Häuser verlassen hatte und weitergezogen
war.
Viel sprach man in diesen Häusern von
dem lieben Menschen, dem Jesus von
Nazareth, der durchwandert hatte diese Häuser, diese
Orte. Und wie durch das Hineinwirken
kosmischer Gesetzmäßigkeit geschah das Folgende. Ich erzähle hier Szenen, die
sich zahlreich wiederholten und die uns die hellsichtige
Forschung oft und oft zeigen kann.
Da war er in den Familien, bei denen Jesus von Nazareth
gearbeitet hatte, die nach der Arbeit zusammensaßen und
gerne redeten, wenn die Sonne
untergegangen war, noch wie gegenwärtig! Da redeten sie
von dem lieben Menschen, der als Jesus von Nazareth bei
ihnen gewesen war. Vieles erzählten
sie von seiner Liebe und Milde, vieles von ihren schönen, warmen Empfindungen, die
durch ihre Seelen gezogen waren, wenn dieser Mensch unter ihrem
Dache gelebt hatte. Und da geschah
es — es war eine Nachwirkung jener Liebe, die
da ausströmte — , in manchen
dieser Häuser, wenn sie so stundenlang von diesem Gast gesprochen hatten, daß in die
Stube hereintrat wie in einer
gemeinsamen Vision für alle Familienmitglieder, das Bild
dieses Jesus von Nazareth. Ja, er besuchte sie im Geiste, oder
auch, sie schufen sich sein
geistiges Bild.
Nun können Sie sich denken, wie es in
solchen Familien empfunden wurde, wenn er ihnen in der
gemeinsamen Vision erschienen war, und was es für sie
bedeutete, wenn er jetzt wiederkam, nach der Johannestaufe im Jordan, und sie sein
Äußeres wiedererkannten, nur war sein Auge
leuchtender geworden. Sie sahen das verklärte Antlitz, das einstmals sie so lieb
angeschaut hatte, diesen ganzen
Menschen, den sie im Geiste bei sich sitzend gesehen
hatten. Was da
Außerordentliches geschah in solchen Familien, was da
geschah bei den Sündern und Zöllnern, die wegen ihres
Karma von all den dämonischen
Wesen jener Zeit umgeben, geplagt waren, die da
krank und beladen und besessen waren, wie
diese Leute diese Wiederkehr empfunden haben, das können
wir uns wohl denken!
Jetzt zeigte sich die umgewandelte Natur
des Jesus; es zeigte sich besonders
an solchen Menschen, was durch die Einwohnung des
Christus aus Jesus von Nazareth geworden
war. Früher hatten sie nur seine Liebe, Güte und Milde empfunden, so daß
sie nachher die Vision von ihm
hatten; jetzt aber ging etwas von ihm aus wie eine
Zauberkraft! Hatten sie sich früher
nur getröstet gefühlt durch seine Gegenwart, so fühlten sie sich jetzt geheilt durch
ihn. Und sie gingen zu ihren
Nachbarn, holten sie herbei, wenn sie ebenso bedrückt
und von dämonischen Gewalten
geplagt waren, und brachten sie dem Jesus Christus. Und so geschah es, daß der
Christus Jesus, nachdem er Luzifer
besiegt und nur einen Stachel zurückbehalten hatte
von Ahriman, bei den Menschen, die
unter Ahrimans Herrschaft waren, dasjenige bewirken konnte, was immer geschildert wird
in der Bibel als die Austreibung der
Dämonen und Heilung der Kranken. Viele von jenen Dämonen, die er gesehen hatte, als er
wie tot auf dem heidnischen
Opferaltar gelegen hatte, wichen jetzt von den Leuten,
wenn er als Christus Jesus den Menschen
gegenübertrat. Denn so wie
Luzifer und Ahriman in ihm ihren Gegner sahen, so sahen
auch die Dämonen in ihm ihren
Gegner. Und als er so durch das Land zog, da mußte er durch das Verhalten der
Dämonen in den Menschenseelen oft und oft an dazumal
denken, wie er dort am alten Opferaltar gelegen hatte, wo statt der Götter die
Dämonen waren, und wo er nicht
den Dienst verrichten konnte. Er mußte gedenken
der Bath-Kol, die ihm das alte
Mysteriengebet verkündet hatte, von dem ich Ihnen gesprochen habe. Und insbesondere kam ihm
immer wieder und wieder in den Sinn
die mittlere Zeile dieses Gebetes: «Erlebet im täglichen Brote.» —
Jetzt sah er es: Diese Menschen, bei denen er eingekehrt war, mußten Steine zu Brot
machen. Er sah: Unter diesen
Menschen, bei denen er so gelebt hatte, sind viele, die
nur vom Brot allein leben müssen. Und
das Wort aus jenem urheidnischen Gebete: «Erlebet im
täglichen Brote», senkte sich tief in
seine Seele. Er fühlte die ganze
Einkörperung des Menschen in die physische Welt. Er fühlte, daß es in der
Menschheitsevolution wegen dieser
Notwendigkeit so weit gekommen war, daß durch diese
physische Einkörperung die Menschen vergessen konnten die
Namen der Väter in den Himmeln,
die Namen der Geister der höheren Hierarchien. Und er
fühlte, wie jetzt keine Menschen mehr da waren, die
hören konnten die Stimmen der alten
Propheten und die Botschaft der
Zarathustra-Weisheit. Jetzt wußte er, daß das Leben
im täglichen Brote es ist, das
die Menschen von den Himmeln getrennt hat, das
die Menschen in den Egoismus treiben und
Ahriman zuführen muß. Als
er mit solchen Gedanken durch die Lande ging, da stellte
sich heraus, daß diejenigen,
die am tiefsten gefühlt hatten, wie Jesus von
Nazareth verwandelt war, seine Jünger
wurden und ihm folgten. Aus mancherlei Herbergen nahm er diesen oder jenen mit, der
ihm jetzt folgte, folgte, weil er im
höchsten Maße jene Empfindung hatte, die
ich eben schilderte. So geschah es,
daß bald eine Schar von solchen Jüngern schon zusammen kam. Da hatte er in diesen
Jüngern Leute um sich herum,
die nun in einer Grundseelenstimmung waren, die
gewissermaßen ganz neu war, die durch
ihn anders geworden waren als
diejenigen Menschen, von denen er einstmals seiner Mutter
hatte erzählen müssen,
daß sie nicht mehr das Alte hören könnten. Und
da leuchtete in ihm die
Erdenerfahrung des Gottes auf: Ich habe den Menschen zu sagen, nicht wie die Götter den Weg
herunterbahnten vom Geist zur Erde,
sondern wie die Menschen hinauffinden können den Weg von
der Erde zum Geist.
Und jetzt kam ihm die Stimme der Bath-Kol
wieder in den Sinn, und er
wußte, daß erneuert werden müßten die
urältesten Formeln und Gebete;
er wußte, daß nun der Mensch von unten hinauf
suchen mußte den Weg in die
geistigen Welten, daß er durch dieses Gebet
den göttlichen Geist suchen konnte. Da
nahm er die letzte Zeile des alten
Gebetes:
«Ihr Väter in den
Himmeln»
und kehrte sie um, weil sie so jetzt
angemessen ist für den Menschen der neuen Zeit und weil er sie nicht auf die vielen
geistigen Wesenheiten der Hierarchien, sondern auf das eine
Geistwesen zu beziehen hatte:
«Unser Vater im
Himmel.»
Und die zweite Zeile, die er gehört hatte als die vorletzte
Mysterienzeile:
«Und vergaß Euren
Namen,»
er kehrte sie um, wie sie jetzt lauten
mußte für die Menschen der neuen Zeit:
«Geheiliget werde dein
Name.»
Und so wie die Menschen, die von unten
hinaufsteigen müssen, sich
fühlen müssen, wenn sie sich der Gottheit nahen
wollen, so wandelte er um die
drittletzte Zeile, die da hieß:
«Da der Mensch sich schied von eurem
Reich»
in:
«Zu uns komme dein
Reich!»
Und die folgende Zeile:
«In dem nicht waltet der Himmel
Wille,»
er kehrte sie um, wie sie die Menschen
jetzt allein hören konnten, denn die alte Wortstellung konnte kein Mensch mehr
hören. Er kehrte sie um, denn
eine völlige Umkehrung des Weges in die geistigen
Welten sollte geschehen; er kehrte sie um
in:
«Dein Wille geschehe wie im Himmel
also auch auf Erden.»
Und das Geheimnis vom Brote, von der
Einkörperung im physischen Leibe, das Geheimnis von
alledem, was ihm jetzt durch den Stachel Ahrimans voll erschienen war, das wandelte er
so um, daß der Mensch empfinden
sollte, wie auch diese physische Welt aus der
geistigen Welt kommt, wenn es der Mensch
auch nicht unmittelbar erkennt. So
wandelte er diese Zeile vom täglichen Brote um in
eine Bitte:
«Gib uns heute unser täglich
Brot.»
Und die Worte:
«Von ändern erschuldete
Selbstheitschuld»
kehrte er um in die Worte:
«Vergib uns unsere Schuld, wie wir
vergeben unsern Schuldigern.»
Und diejenige Zeile, welche die zweite war
in dem alten Gebet der Mysterien:
«Zeugen sich lösender
Ichheit,»
er kehrte sie um, indem er
sagte:
«Sondern erlöse
uns,»
und die erste Zeile:
«Es walten die
Übel,»
machte er zu:
«Von dem Übel.
Amen.»
Und so wurde denn dasjenige, was das
Christentum als das Vaterunser kennenlernte durch die Umkehrung
dessen, was Jesus einstmals als die
umgewandelte Stimme der Bath-Kol vernommen hatte bei
seinem Fall am heidnischen Altar, zu dem,
was Christus Jesus als das neue
Mysteriengebet, das neue Vaterunser lehrte. In einer
ähnlichen Weise — und es
wird ja noch manches zu sagen sein — entstand auch
die Verkündigung der Bergpredigt und
andere Dinge, die der Christus Jesus seine Jünger
lehrte.
In einer merkwürdigen Weise wirkte der
Christus Jesus gerade auf seine
Jünger. Ich bitte, wenn ich Ihnen, meine lieben Freunde,
hiervon erzähle, immer im Auge zu behalten, daß ich
einfach erzähle, was zu lesen
ist in diesem Fünften Evangelium. Als er so durch die
Lande zog, da war seine Wirkung auf
die Umgebung eine ganz eigentümliche. Er war zwar mit den Aposteln, mit den Jüngern in
Gemeinschaft, aber es war, weil er
die Christus-Wesenheit war, so, als wenn er gar
nicht bloß in seinem Leibe wäre.
Wenn er so mit den Jüngern im Lande umherging, dann fühlte dieser oder jener
manchmal, als ob er in ihm, in der
eigenen Seele wäre, wenn er auch neben ihm ging.
Mancher fühlte, wie wenn jene
Wesenheit, die zu dem Christus Jesus gehörte, in der eigenen Seele wäre, und er
fing dann an zu sprechen die Worte,
die eigentlich der Christus Jesus selber nur sprechen
konnte. Und da ging diese Schar herum und
traf Leute, es wurde zu ihnen
gesprochen und derjenige, der da sprach, war durchaus
nicht immer Christus Jesus selber,
sondern es sprach auch mancher der Jünger; denn er hatte alles gemeinsam mit den
Jüngern, auch seine Weisheit.
Ich muß gestehen, ich war in hohem
Maße erstaunt, als ich gewahr wurde, daß zum Beispiel das Gespräch mit dem
Sadduzäer, von dem das
Markus-Evangelium erzählt, gar nicht von dem Christus
Jesus aus dem Jesusleibe gesprochen wurde, sondern aus einem
der Jünger; aber natürlich
sprach es der Christus. Und auch
diese Erscheinung war häufig,
daß wenn Christus Jesus einmal seine Schar verließ
— er trennte sich zuweilen von ihnen — , er doch
unter ihnen war. Entweder wandelte
er geistig mit ihnen, während er weit weg war,
oder er war auch nur in seinem
ätherischen Leibe bei ihnen. Sein Ätherleib war unter ihnen, sein Ätherleib
wandelte auch mit ihnen im Lande
umher, und man konnte oftmals nicht unterscheiden, ob er
sozusagen den physischen Leib mithatte, oder ob es nur die
Erscheinung des Ätherleibes
war.
So war der Verkehr mit den Jüngern und
mit mancherlei Menschen aus dem Volke, als der Jesus von
Nazareth zum Christus Jesus geworden
war. Er selber erlebte allerdings das, was ich schon angedeutet
habe: Während die Christus-Wesenheit in den ersten Zeiten
verhältnismäßig unabhängig war von dem
Leibe des Jesus von Nazareth, mußte sie sich ihm
später immer mehr und mehr anähneln. Und
je mehr das Leben vorrückte, desto
mehr war er gebunden an den Leib des
Jesus von Nazareth, und ein tiefster Schmerz kam in dem
letzten Jahre über ihn von dem
Gebundensein an den dazu noch siech gewordenen Leib des Jesus von Nazareth. Aber doch kam
es immer noch vor, daß
Christus, der jetzt schon mit einer großen Schar umherzog,
wiederum hinausging aus seinem Leibe. Da und dort wurde
gesprochen, hier sprach dieser, dort jener
aus der Apostelschar, und man konnte
glauben, daß der, der da sprach, der Christus Jesus
sei, oder daß es nicht der
Christus Jesus sei: der Christus sprach durch
sie alle, so lange sie in inniger
Gemeinschaft mit ihm herumzogen.
Man kann belauschen einmal ein
Gespräch, wie die Pharisäer und jüdischen Schriftgelehrten miteinander sprachen
und zueinander sagten: Zum Abschrecken für das Volk
könnte man allerdings einen beliebigen aus dieser Schar herausgreifen und ihn
töten; aber es könnte ebensogut ein falscher sein, denn alle sprechen sie
gleich. Damit ist uns also nicht
gedient, denn dann ist der wirkliche Christus Jesus vielleicht
noch da. Wir müssen aber den wirklichen haben! — Nur
die Jünger selber, diejenigen,
die ihm schon nähergetreten waren, konnten ihn
unterscheiden. Sie sagten aber ganz gewiß nicht dem
Feinde, welcher der richtige
sei.
Da war aber Ahriman stark genug geworden in
bezug auf die Frage, die
übriggeblieben war, die der Christus nicht in den
geistigen Welten abmachen konnte,
sondern nur auf Erden. Er mußte durch die schwerste Tat
erfahren, was die Frage bedeutet, Steine zu Brot zu
machen, oder was dasselbe ist, Geld
zu Brot zu machen, denn Ahriman bediente sich des Judas aus
Karioth.
So wie der Christus wirkte — kein
geistiges Mittel hätte es gegeben, um ausfindig zu machen, welcher unter der Schar seiner
Jünger, die ihn verehrten, der
Christus war. Denn da, wo der Geist wirkte, wo
auch noch das letzte von überzeugender
Kraft wirkte, konnte man dem
Christus nicht beikommen. Nur da, wo der war, der das
Mittel anwendete, das der Christus
nicht kannte, das er erst durch die schwerste Tat auf Erden kennenlernte, wo der Judas
wirkte, konnte man ihm beikommen.
Man hätte ihn nicht erkennen können durch
etwas anderes als dadurch, daß sich
einer fand, der sich in den Dienst des Ahriman stellte, der tatsächlich durch das
Geld allein zu dem Verrat gekommen ist! Dadurch war Christus
Jesus mit dem Judas verbunden, daß sich zugetragen hatte
bei der Versuchungsgeschichte, was
bei dem Gott begreiflich ist: daß der Christus, der eben
herabgekommen war auf die Erde, nicht wußte, wie es nur
für den Himmel richtig ist,
daß man keine Steine zum Brot braucht. Weil Ahriman
das als seinen Stachel behalten hatte,
geschah der Verrat. Und dann mußte der Christus noch in die Herrschaft des
Herrn des Todes kommen, insofern Ahriman der Herr des Todes
ist. So ist der Zusammenhang von der Versuchungsgeschichte und
dem Mysterium von Golgatha mit dem
Verrat des Judas.
Viel mehr wäre zu sagen aus diesem
Fünften Evangelium als das, was
gesagt worden ist. Aber im Laufe der
Menschheitsentwickelung werden ganz
gewiß auch noch die anderen Teile dieses Fünften
Evangeliums zutage treten. Mehr von der Art,
wie es
ist, versuchte ich durch die
herausgerissenen Erzählungen Ihnen eine Vorstellung
zu geben von diesem Fünften
Evangelium. Es tritt mir auch am Ende dieser Vorträge dasjenige vor das Seelenauge, was
ich am Schlüsse der ersten
Stunde gesagt habe, daß es ja nur herausgefordert ist
durch die Notwendigkeiten unserer
Zeit, in der Gegenwart schon von diesem Fünften Evangelium
zu sprechen. Und ich möchte es Ihnen, meine lieben Freunde, ganz besonders ans Herz legen,
dasjenige was vom Fünften
Evangelium gesagt werden durfte, in der entsprechenden
pietätvollen Weise zu behandeln.
Sehen Sie, wir haben heute schon
gründlich genug Feinde, und die
Art, wie sie vorgehen, ist ja eine ganz eigentümliche. Ich
will über diesen Punkt nicht
sprechen, Sie kennen ihn vielleicht aus den «Mitteilungen». Sie kennen ja auch die
merkwürdige Tatsache, daß es seit längerer Zeit Menschen gibt, die davon
sprechen, wie infiziert von allem
möglichen engherzigen Christentum, ja sogar von
Jesuitismus die Lehre ist, die von mir verkündet wird.
Insbesondere sind es gewisse
Anhänger der sogenannten Adyar-Theosophie, welche in
der schlimmsten Weise eben diesen
Jesuitismus verkünden und lauter gehässiges,
gewissenloses Zeug reden. Aber dabei tritt auch noch das
zutage, daß von einer Stelle aus, wo
man recht sehr gewütet hat gegen das Engherzige, Verkehrte, Verwerfliche, unsere Lehre
bodenlos gefälscht worden ist.
Es hat unsere Lehre ein Mann, der aus Amerika
kam, durch viele Wochen und Monate
kennengelernt, aufgeschrieben und dann in verwässerter
Gestalt nach Amerika getragen und dort eine Rosenkreuzer-Theosophie herausgegeben, die er von
uns übernommen hat. Er sagt zwar, daß er von uns hier
manches gelernt habe, daß er
aber dann erst zu den Meistern gerufen wurde und von
ihnen mehr gelernt habe. Das Tiefere aber,
was er aus den damals unveröffentlichten Zyklen gelernt
hatte, verschwieg er als von uns gelernt. Daß so etwas in
Amerika geschah — man könnte ja, wie der alte
Hillel, in Sanftmut bleiben; man brauchte
sich diese auch nicht nehmen lassen, wenn das auch nach Europa
herüberspielt. Es wurde an der
Stelle, wo man am meisten gegen uns gewütet hat, eine
Übersetzung gemacht dessen, was über uns nach Amerika
geliefert worden ist, und diese
Übersetzung wurde eingeleitet damit, daß man
sagte: Zwar träte eine
rosenkreuzerische Weltanschauung auch in Europa
zutage, aber in engherziger, jesuitischer
Weise. Und erst in der reinen Luft
Kaliforniens konnte sie weiter gedeihen. — Nun, ich
mache Punkte ...! Das ist die
Methode unserer Gegner. Wir können nicht
nur mit Milde, sondern sogar mit Mitleid
diese Dinge ansehen, aber wir
dürfen den Blick nicht davor verschließen. Wenn
solche Dinge geschehen, dann sollten
auch diejenigen vorsichtig sein, die ja die Jahre her immer eine merkwürdige Nachsicht hatten
mit denen, die in so gewissenloser
Weise handelten. Vielleicht werden allen einmal die
Augen aufgehen. Ich möchte wahrhaftig
nicht über diese Dinge sprechen, wenn es nicht eben
notwendig wäre im Dienste der Wahrheit.
Man muß doch das alles ganz klar
sehen.
Wenn auch einerseits diese Dinge von
anderen verbreitet werden, dann
schützt uns das nicht davor, daß andrerseits
diejenigen, denen in etwas
ehrlicherer Weise diese Dinge unangenehm sind — denn es
gibt ja auch solche Menschen
— , den Kampf ausführen. Mit all dem törichten
Zeug, was zwischen diesen beiden Parteien geschrieben wird,
will ich Sie nicht behelligen. Denn
all diese sonderbare Literatur, die in Deutschland jetzt erscheint von Freimark, Schalk, Maack
und so weiter, wäre gar nicht notwendig zu beachten, weil
die Inferiorität denn doch zu
groß ist. Aber es gibt Leute, die gerade dasjenige nicht
vertragen können, was von der Art ist wie dieses
Fünfte Evangelium. Und
vielleicht war kein Haß so ehrlich als derjenige, der
hervorgetreten ist in den Kritiken, die gleich aufgetreten
sind, als etwas von dem Geheimnis
der beiden Jesusknaben, das ja auch schon zum
Fünften Evangelium gehört,
in die Öffentlichkeit gedrungen ist. Wirkliche
Anthroposophen werden dieses Fünfte
Evangelium, das in gutem Glauben
gegeben ist, richtig behandeln. Nehmen Sie es mit,
erzählen Sie davon in den
Zweigen, aber sagen Sie den Leuten, wie es behandelt werden
muß! Machen Sie, daß es nicht pietätlos
hingeworfen wird unter diejenigen,
die es vielleicht verhöhnen.
Man steht mit solchen Dingen, die auf der
für unsere Zeit schon notwendigen hellsichtigen Forschung beruhen, unserer
ganzen Zeit gegenüber, und vor
allem der tonangebenden Bildung unserer Zeit.
Wir versuchten, uns das ja auch zu Herzen
zu führen. Diejenigen, die wir
beisammen waren bei der Grundsteinlegung unseres Baues, wissen,
wie wir versuchten, uns vor die Seele zu rufen, wie
notwendig die Verkündigung
spiritueller Lehren ist mit treuem Einhalten der
Wahrheit. Wir versuchten es uns vor die
Seele zu führen, wie weitab unsere Zeitkultur von diesem
Suchen nach der Wahrheit liegt. Man kann sagen, daß der Schrei nach dem Geiste durch
unsere Zeit geht, daß aber die
Menschen zu hochmütig oder beschränkt sind, um
wirklich von wahrem Geiste etwas wissen zu wollen. Jener Grad
von Wahrhaftigkeit, der notwendig
ist, um die Verkündigung des Geistes zu vernehmen, der muß erst heranerzogen werden.
Denn in dem, was heute
Geistesbildung ist, ist dieser Grad von Wahrhaftigkeit
nicht vorhanden und, was schlimmer
ist, man merkt es nicht, daß er nicht vorhanden ist. Behandeln Sie das, was hier mit dem
Fünften Evangelium gegeben worden ist, so, daß es in
den Zweigen pietätvoll behandelt wird. Nicht aus Egoismus
beanspruchen wir das, sondern aus einem ganz anderen Grunde, denn der Geist der Wahrheit
muß in uns leben und der Geist
muß in Wahrheit vor uns stehen.
Die Menschen reden heute vom Geiste, aber
sie ahnen, selbst wenn sie das tun,
nichts vom Geiste. Da gibt es einen Mann — und
warum soll man nicht Namen nennen
— , der zu einem großen Ansehen gekommen ist, gerade
weil er immer und immer vom Geiste spricht, Rudolf Bücken. Er redet
immer vom Geiste, aber wenn man alle seine Bücher
durchliest — versuchen Sie es nur
einmal — , wird immer gesagt: Den Geist gibt es, man muß ihn erleben, man muß
mit ihm Zusammensein, man muß ihn empfinden — und so
weiter. In unendlichen Phrasen geht
es durch alle diese Bücher, wo man immer wieder
schreibt: Geist, Geist, Geist! So
redet man heute vom Geiste, weil man 2u bequem oder zu hochmütig ist, zu den Quellen des
Geistes selbst zu gehen. Und diese
Menschen haben heute großes Ansehen. Dennoch wird es
schwierig sein in der heutigen Zeit, mit dem, was so
konkret aus dem Geiste geholt ist, wie es
bei der Schilderung des Fünften
Evangeliums geschehen mußte, durchzudringen. Dazu
gehören Ernst und innere Wahrhaftigkeit. Eine der neuesten
Schriften Euckens ist diese:
«Können wir noch Christen sein?» Da lesen
wir auf einer der Seiten, die nichts
anderes sind als einzelne Glieder, die sich bandwurmartig aneinanderstücken aus Seele und
Geist, und Geist und Seele, und
durch viele Bände hindurch geschieht das, denn
damit erwirbt man ungeheures
Ansehen, Ruhm und Ruf, wenn man den Leuten erklärt, vom Geiste etwas zu wissen, denn
die Leute merken heute nicht beim
Lesen, was alles an innerer Unwahrhaftigkeit geleistet wird,
und man möchte glauben, die
Menschen müßten doch endlieh lesen lernen — da lesen wir auf einer Seite
den Satz: Die Menschheit ist heute darüber hinaus, an
Dämonen zu glauben; an Dämonen zu glauben kann man den Menschen nicht mehr zumuten!
— Aber an einer anderen Stelle
liest man in demselben Buche den merkwürdigen
Satz: «Die Berührung von
Göttlichem und Menschlichem erzeugt dämonische Mächte.» Da spricht doch der
Mann ernsthaft jetzt von Dämonen, der so, wie ich vorher gesagt habe, auf
einer anderen Seite desselben Buches
spricht. Ist das nicht tiefste innere Unwahrheit? Es
müßte die Zeit endlich kommen, wo
zurückgewiesen werden solche Lehren vom Geiste, die voll innerster Unwahrheit sind.
Aber ich merke nichts davon,
daß viele unserer Zeitgenossen diese innere
Unwahrheit bemerken.
So stehen wir heute noch, wenn wir der
Wahrheit vom Geiste dienen, im
Gegensatz zu unserer Zeit. Und es ist notwendig, sich an
so etwas zu erinnern, um klar zu sehen, was
wir in unseren Herzen zu tun haben,
wenn wir sein wollen Mitträger der Verkündigung
vom Geiste, Mitträger des der
Menschheit notwendigen neuen Lebens vom Geiste. Wie kann man hoffen, wenn man versucht, durch
die Geistlehre die menschliche Seele zu der Christus-Wesenheit
zu führen, viel Anklang zu
finden gegenüber der Zeitbildung, die sich heute
begnügt mit solchen Wahrheiten,
die alle gescheiten Philosophen und Theologen erzählen:
daß es ein Christentum vor dem Christus
gegeben habe! Denn sie weisen nach,
daß der Kult, ja einzelne typische Erzählungen, in
derselben Weise schon früher im Morgenlande
gefunden wurden. Da erklären
denn die gescheiten Theologen und erzählen es
allen, die es hören wollen, daß
das Christentum nichts anderes sei als die Fortsetzung dessen, was schon früher da war.
Und ein großes Ansehen hat diese Literatur bei unseren
Zeitgenossen. Ungeheures Ansehen hat sie gefunden, und die
Zeitgenossenschaft merkt gar nicht, wie sich das alles zueinander verhält.
Wenn man von der Christus-Wesenheit
spricht, wie sie in ihrer Geistigkeit heruntersteigt, und wenn man die
Christus-Wesenheit später in
denselben Kultformen verehrt findet wie früher die
heidnischen Götter verehrt wurden, und wenn das verwendet
werden soll, um die
Christus-Wesenheit überhaupt wegzuleugnen, wie das
ja heute auch schon da ist, so ist
das eine Logik, die jemand gebraucht, dem folgendes passiert: Irgendein beliebiger Mensch
geht in eine Herberge und hätte
dann dort seine Kleider gelassen. Von den Kleidern weiß
man, daß sie diesem Menschen gehören. Nachher
wäre ein Mensch wie Schiller
oder Goethe gekommen und hätte, durch irgendeinen Umstand
genötigt, die zurückgelassenen Kleider angezogen
und wäre herausgekommen mit den
Kleidern, die dem anderen gehörten. Und nun würde jemand umhergehen, Goethe in den
anderen Kleidern sehen und sagen:
Ja, was redet man denn da? Was soll das für ein
besonderer Mensch sein? Die Kleider habe
ich ja ganz genau geprüft, die
gehören dem und dem, der gar kein besonderer Mensch ist.
— Weil die Christus-Wesenheit
die Kleider der alten Kulte gewissermaßen
benutzt hat, kommen die gescheiten Leute
und erkennen nicht, daß die
Christus-Wesenheit dies nur wie ein Kleid angezogen hat, und
daß, was jetzt in den alten
Kulten steckt, die Christus-Wesenheit ist.
Und nun nehmen Sie ganze Bibliotheken,
nehmen Sie ganze Summen von heutigen wissenschaftlichen
monistischen Betrachtungen: das sind
Beweise vom Kleide der Christus-Wesenheit, die ja sogar
wahr sind! Hoch im Werte steht heute
der Beschnüffler der Kulturevolution und als tiefe
Weisheit wird die Wissenschaft dieser Beschnüffler
hingenommen. Dies Bild müssen wir uns vor die Seele
malen, wenn wir nicht nur
verstandesmäßig, sondern auch mit dem
Gefühl aufnehmen wollen das,
was mit diesem Fünften Evangelium gemeint
ist. Denn gemeint ist, daß wir mit
unserer Wahrheit in der richtigen Weise in unsere Zeit hineingestellt uns fühlen
sollen, um zu begreifen, wie
unmöglich es ist, der alten Zeit dasjenige begreiflich zu
machen, was wieder als neue
Verkündigung kommen muß. Deshalb darf ein
Evangelienwort gesprochen werden, jetzt, wo
wir wiederum Abschied nehmen
voneinander: Mit dem Sinn, der heute in der Menschheit
waltet, ist in der nächsten geistigen
Entwickelung nicht weiterzukommen. — Darum muß
dieser Sinn geändert werden, auf ein anderes
gerichtet werden! Und die
Kompromißnaturen, die sich kein klares Bild machen wollen von dem, was da ist und was da
kommen muß, werden nicht gut
dem dienen, was als geistige Lehre und geistiges Dienen der Menschheit notwendig
ist.
Ich war das Fünfte Evangelium, das mir
heilig ist, schuldig. Und ich
verabschiede mich von Ihren Herzen und Ihren Seelen mit
dem Wunsche, daß das Band, das
uns verbunden hat durch mancherlei anderes, gefestigt worden sei durch diese geistige
Forschung über das Fünfte
Evangelium, die mir besonders teuer ist. Und dies kann
vielleicht in Ihren Herzen und Seelen eine warme Empfindung
auslösen: Wenn wir auch
physisch, räumlich und zeitlich getrennt sind, so wollen
wir doch beisammen bleiben, zusammen fühlen, was wir in
unseren Seelen zu erarbeiten haben
und was gefordert ist durch die Pflicht, die
der Geist in unserer Zeit den
Menschenseelen auferlegt!
Hoffentlich geht das, was wir erstreben,
durch die Arbeit einer jeden Seele
in der rechten Weise weiter. Ich glaube, daß mit
diesem Wunsche der beste
Abschiedsgruß gegeben sein darf, den ich am
Ende gerade dieses Vortragszyklus hiermit
bringen möchte.
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