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Das Initiaten-Bewußtsein

Schmidt-Nummer: S-5861

Online seit: 31st May, 2010

ERSTER VORTRAG
Torquay, 11. August 1924

Die Natur ist die große Illusion «Erkenne dich selbst»

Warum forschen wir überhaupt nach einem Geistigen?

Tafel 1, 11. August 1924

Es ist mir der Wunsch ausgedrückt worden, in diesen Vorträgen zu sprechen über die Wege in die übersinnliche Welt, in das geistige Leben hinein, die Wege, welche zu übersinnlichen Erkenntnissen führen und die sich vereinigen können mit den in so großer, schöner Weise in der neueren Zeit gegangenen Wegen zur Erkenntnis der sinnlichen, der physischen Welt. Denn nur derjenige Mensch kann die Wirklichkeit erkennen, der zu den großen, bewunderungswürdigen Erkenntnissen, welche die Naturwissenschaft, die historische Wissenschaft, welche anderes Erkennen in der neueren Zeit geleistet hat, hinzufügt dasjenige, was man in bezug auf die geistige Welt wissen kann.

Überall, wo uns die Welt entgegentritt, ist sie in Wahrheit geistig und physisch, und es gibt nirgends ein Physisches, das nicht hinter sich in irgendeiner Weise als den eigentlichen Akteur ein Geistiges hätte. Und es gibt nicht irgendein Geistiges, das, nur um sich zu langweilen in der Welt, ein wesenloses, tatenloses Dasein führte, sondern jedes Geistige, das irgendwo gefunden werden kann, wird auch bis ins Physische hinein zu irgendeiner Zeit oder an irgendeinem Orte wirksam.

Wie man innerhalb der physischen Tatsachen auf der einen Seite, wie man durch die Anschauung des Geistigen auf der anderen Seite die Welt, in der der Mensch lebt, in ihrer Totalität erkennen kann, darüber soll gesprochen werden, gesprochen werden so, daß die richtigen und die falschen Methoden dieser Erkenntnis hier in diesen Vorträgen zur Darstellung kommen.

Heute möchte ich, bevor ich den eigentlichen Gegenstand, mit dem ich morgen anfangen werde, bespreche, eine Art Einleitung geben, damit Sie sehen, was eigentlich von diesen Vorträgen zu erwarten ist, was mit ihnen beabsichtigt ist. Es wird sich darum handeln, zunächst die Frage uns nahezulegen: Warum forschen wir denn überhaupt nach einem Geistigen? Warum befriedigen wir uns als Menschen, die in der Welt denken, in der Welt fühlen, die in der Welt etwas tun, warum befriedigen wir uns nicht damit, die sinnlich-physische Welt einfach aufzufassen, in ihr zu wirken? Warum streben wir nach der Erkenntnis eines Geistigen?

Ich darf dabei auf eine alte Anschauung, ein altes Wort hinweisen, das aber eine immer erweiterte Wahrheit enthält, das herübertönt aus Urzeiten menschlichen Denkens und menschlichen Strebens, das wir aber auch finden, wenn wir heute forschen nach dem Wesen der Welt. Ohne daß hier auch nur das geringste gebaut werden soll auf fremde alte Anschauungen, möchte ich aber immer da, wo es am Platze ist, auf solche alten Anschauungen hinweisen.

Da tönt uns mit einem Alter von Jahrtausenden aus dem Orient herüber das Wort: Die Welt, die wir mit den Sinnen sehen, ist Maja. Diese Welt, die wir mit den Sinnen sehen, ist die große Illusion, denn Maja ist ja die große Illusion. Und wenn — so fühlte man immer im Verlaufe der menschlichen Entwickelung — diese Welt die große Illusion ist, so muß der Mensch über diese große Illusion hinaus zur wahren Wirklichkeit kommen.

Aber warum faßt denn der Mensch diese Welt, die er mit seinen Augen sieht, mit seinen Ohren hört, mit seinen übrigen Sinnen wahrnimmt, als die große Illusion auf? Warum taten sich denn auf, gerade in den ältesten Zeiten der Menschheit, wo der Mensch dem Geist nähergestanden hat als heute, Mysterienstätten, die zu gleicher Zeit zur Pflege der Wissenschaft, der Religion, der Kunst, des praktischen Lebens da waren, und die auf die Realität, auf die Wahrheit hinweisen wollten gegenüber dem, was im nur äußeren Leben die große Illusion darstellt, in der der Mensch erkennt und in der er mit seinem gewöhnlichen Wirken zunächst auch lebt? Warum die überragenden Weisen, die ihre Schüler ausbildeten in den heiligen Mysteriender alten Zeiten, die zur Wahrheit führen wollten gegenüber der Illusion — warum das? Ja, diese Frage, sie beantwortet sich nur, wenn man etwas unbefangener, vorurteilsloser auf den Menschen selber hinsieht.

«Erkenne dich selbst», so tönt ja ein anderes altes Wort wiederum zu uns. Und ich möchte sagen, aus dem Zusammenfügen dieser beiden Worte: «Die Welt ist Maja», aus dem Orient, «Erkenne dich selbst», aus dem alten griechischen Wort — erfloß der ganzen neueren Menschheit ihr Streben nach einer spirituellen Erkenntnis. Aber in allen alten Mysterien erfloß auch das Streben nach der wirklichen Wahrheit aus diesem Zusammenempfinden, daß die Welt eigentlich Illusion ist, daß der Mensch sich selbst erkennen müsse.

Aber erst im Leben kommt man zurecht mit dieser Frage; nicht im Denken, sondern im Wollen und im vollen Drinnenstehen in der uns Menschen zunächst zugänglichen Wirklichkeit. Nicht im vollen Bewußtsein, nicht in deutlicher Erkenntnis, aber in einem intensiven Fühlen sagt sich jeder Mensch innerhalb jeder Erdenlokalität: So wie die äußere Welt, die du siehst, die du hörst, kannst du selbst nicht sein.

Diese Empfindung ist eine tiefgehende, meine verehrten Anwesenden. Man muß nur einmal sich das ganz klar vor die Seele stellen, was das bedeutet, wenn der Mensch sich sagt: So wie die äußere Welt, die du siehst, die du hörst, mit deinen übrigen Sinnen wahrnimmst, kannst du selbst nicht sein. — Wir betrachten die Pflanzen, wir sehen sie im Frühling mit ihren grünen Blättern aus der Wurzel aufsprießen. Wir sehen sie im Laufe des Sommers zur Blüte, gegen den Herbst zu als Frucht sich entfalten. Wir sehen sie entstehen und vergehen. Wir sehen das Leben eingespannt in einen Jahreslauf. Wir sehen allerdings, wie manche Pflanzen aus dem Irdischen Härteres, wenn ich so sagen darf, aufnehmen, sich mit Härterem durchdringen, einen Baumstamm sich bilden. Und als wir im Auto hierher gefahren sind, um schnell noch hierherzukommen gestern abend, sahen wir unterwegs recht, recht alte Pflanzen, die viel von dem Irdischen aufgenommen haben, um nicht in einen Jahreslauf ihr Leben zu bannen, sondern um länger ihr Dasein zu führen und immer wieder neue und neue Sprossen an ihremStamme hervorzubringen. Aber der Mensch hat Gelegenheit, auch das Entstehen und Vergehen solcher Pflanzen zu beobachten.

Der Mensch betrachtet die Tiere. Er sieht sie entstehen, er sieht sie vergehen. Er tut es zuletzt auch mit den Mineralien. Er beobachtet dasjenige, was sich in der Erde abgelagert hat an Mineralien, an den mächtigen, grandiosen Gebirgszügen. Er ist in der neueren Wissenschaft darauf gekommen, daß auch diese grandiosen Gebirgszüge entstehen und vergehen. Und endlich wendet sich der Mensch zu irgendeiner Anschauung, sei sie ptolemäisch oder kopernikanisch, oder zu irgendeinem der alten oder der neueren Mysterien, und der Mensch kommt zu der Anschauung: Was du siehst in den majestätischen Sternen, was dir entgegenleuchtet aus Sonne und Mond mit all den wunderbaren, verwickelten Bahnen, all das entsteht und vergeht ja auch. — Und außer dem Entstehen und Vergehen trägt es Eigenschaften, die so sind, daß der Mensch, wenn er sich selbst erkennen soll, nicht annehmen darf, daß er gleich sei mit all dem, was da entsteht und vergeht, mit Pflanzen, Mineralien, mit Sonne, Mond und Sternen. Dann kommt der Mensch aber zu der Anschauung: Ich trage ja etwas in mir, was anders ist als das, was ich in meiner Umgebung sehe, was ich in meiner Umgebung höre. Ich muß auf die Wahrheit meines eigenen Wesens kommen. Das finde ich nicht in dem, was ich sehe und höre.

Und es war in allen alten Mysterien der Drang, nach der Wahrheit des Menschenwesens zu kommen. Dieser Wahrheit des Menschenwesens gegenüber, die man suchte, empfand man dasjenige, was draußen im Räume und in der Zeit entsteht und vergeht, als die große Illusion. Und so suchte man um der Erkenntnis des Menschenwesens willen ein anderes, als die äußeren Sinne geoffenbart haben. Und dieses andere empfand man als eine geistige Welt. Wie diese geistige Welt eben richtig gesucht werden kann, das wird der Gegenstand der Vorträge sein. Denn Sie können sich ja denken, zunächst wird der Mensch dasjenige, was er gewöhnt ist, als Weg zu haben, um in der Sinneswelt zu suchen, fortsetzen wollen. Er wird gerade so, wie er das Wesen der äußeren Sinneswelt sucht, sein Suchen auch in die geistige Welt hinein fortsetzen wollen. Wenn aber die Forschung über die Sinneswelt imgewöhnlichen Leben Illusionen gibt, dann steht ja zu erwarten, daß die Illusion nicht kleiner, sondern größer wird, wenn man dieselben Wege, die man zur Erkenntnis in die Sinneswelt wählt, auch in die geistige Welt zur Erkenntnis wählt. Und so ist es auch. Das wird sich uns zeigen. Forscht man in der geistigen Welt so, wie man forscht in der Sinneswelt, kann die Illusion nicht kleiner werden, sondern muß größer werden, und wir leben uns, indem wir die sinnliche Forschung fortsetzen in die geistige Welt hinein, nur in eine um so größere, stärkere Illusion hinein.

Und wiederum, wenn wir ahnen vom Geistigen, wenn wir unbestimmt in dunkler Mystik vom Geistigen ahnen, träumen vom Geistigen, ja, dann bleibt uns das Geistige eben unbekannt. Wir ahnen es nur. Wir glauben nur; wir wissen nichts davon. Wenn wir diese Mystik, diesen Glauben, dieses Ahnen gegenüber der geistigen Welt bloß fortsetzen wollen, dann wird sie uns nicht bekannter, sondern immer unbekannter, so daß der Mensch sozusagen zwei falsche Wege finden kann.

Auf der einen Seite: er benimmt sich gegenüber der geistigen Welt so wie gegenüber der sinnlichen Welt. Da liefert ihm die sinnliche Welt zunächst die Illusion. Sucht er denselben Weg in die geistige Welt hinein fortzusetzen, wie es etwa die gewöhnlichen Spiritisten tun, so kommt er nicht etwa zu einer geringeren, sondern zu einer größeren Illusion.

Und es ergibt sich der andere Weg, nicht mit durchdringlicher, mit klarer Forschung in die geistige Welt eindringen zu wollen, sondern glauben zu wollen, mystisch ahnen zu wollen. Dann bleibt die geistige Welt unbekannt. Wenn man sich noch so anstrengt, um diesen Weg des Ahnens, des Mystizierens fortzusetzen, wird sie immer unbekannter und unbekannter. In beiden Fällen kommt man nicht in die geistige Welt hinein. In dem einen Fall wird die Illusion größer, in dem anderen Fall wird die Ignoranz größer. Gegenüber diesen beiden falschen Wegen ist eben der richtige zu suchen.

Die wahren Wege in das geistig wirkliche Erkennen

Man muß sich vor Augen halten, wie unmöglich es ist, von der Erkenntnis der Illusion in dem angegebenen Sinne zu der Erkenntnis des wahren Selbstes zu kommen, und auch wiederum von dem Ahnen des wahren Selbstes, von dem mystischen Fühlen des wahren Selbstes zu dem Durchschauen der Wirklichkeit in der Illusion zu kommen, wenn man sich vorbereiten will, die wahren, die echten Wege in das geistig wirkliche Erkennen hinein zu finden.

Betrachten wir einmal ganz unbefangen, was da vorgeht. Man kann eigentlich mit materialistischem Sinn niemals ein so großer Verehrer sein von all den neueren naturwissenschaftlichen Forschern, Darwin, Huxley, Spencer und so weiter, wie man es sein kann als Erkenner der geistigen Welt, denn diese Menschen und viele andere seit der Giordano Bruno-Zeit haben wirklich Unendliches getan, um dasjenige zu erkennen, was man zu allen Zeiten in den Mysterien als die große Illusion durchschaute. Man braucht sich gar nicht bei Darwin, Huxley, Spencer, bei Kopernikus, Galilei und so weiter an die Theorien zu halten. Mögen die Menschen theoretisch über das Weltenall denken, was sie wollen, wir wollen uns darauf gar nicht einlassen; aber wir wollen uns einmal klarmachen, welche Anregung gegeben worden ist durch alle diese Menschen, um im einzelnen dieses oder jenes Organ im Menschen, in der Pflanze, im Tier, dieses oder jenes Geheimnis, das im Steine waltet, rein materiell zu durchschauen. Man soll sich nur vorstellen, was wir alles über Drüsen-, Nerven-, Herz-, Hirn-, Lunge-, Leberleben und so weiter in der neueren Zeit durch die Anregung dieser Forschung beobachtet haben. Man wird schon die nötige Hochschätzung bekommen. Allein der Mensch kommt mit allen diesen Erkenntnissen im ganzen wirklichen Leben nur bis zu einem Punkte. Das möchte ich Ihnen an drei Beispielen zeigen.

Man kann außerordentlich minuziös erkennen, wie der erste Eikeim des Menschen sich bildet, wie sich nach und nach in wunderbarer Weise dieser Keim zum menschlichen Embryo gestaltet, wie er Organe nach und nach ansetzt, wie aus peripherisch angeordneten kleinen Organen zuletzt das wunderbare Herz- und Zirkulationssystem sichaufbaut. Man kann das alles erkennen. Man kann erkennen, wie wunderbar sich in der Pflanze von der Wurzel auf bis zur Blüte und zum Samen alle die Dinge materiell entwickeln, und kann sich daraus eine Welt aufbauen nach den Anschauungen, die man sich gebildet hat, eine Welt, die bis zu den Sternen reicht. Es haben unsere astronomischen, unsere astrophysischen Theoretiker das getan. Man hat sich eine Welt aufgebaut aus einem Nebel-Sternsystem heraus, die zu immer deutlicherer und deutlicherer Struktur gekommen ist, Leben aus sich entwickeln konnte und so weiter.

Man kann sich das alles aufbauen. Aber zuletzt steht man da und fragt nun doch wiederum nach dem eigenen menschlichen Wesen, nach dem, was Antwort sein soll auf die Frage: «Erkenne dich selbst.» Und wenn man sich nur in demjenigen Selbst erkennt, das beschlossen ist in dem, was man erkennt an den Steinen, Pflanzen, Tieren, an den menschlichen Organen, am menschlichen Drüsen-, am menschlichen Zirkulationssystem — was erkennt man? Diejenige Welt erkennt man, die man bei der Geburt betritt, mit dem Tode verläßt. Nichts anderes.

Das aber erfühlt der Mensch in der Tiefe seines eigenen Wesens, daß das nicht seine wahre, letzte Grenze ist. Und so muß der Mensch aus dem Innersten seines Wesens alldem entgegenrufen, was in so großer Vollendung, in so großer Majestät an äußerer Erkenntnis an ihn herantreten kann: Das alles nimmst du nur an zwischen der Geburt und dem Tode. Was bist du in deinem wahren Wesen? — In dem Augenblick, wo die Frage der Naturerkenntnis und der Menschenerkenntnis sich religiös wendet, in dem Augenblicke kommt der Mensch mit dem, was hineinschaut in die Welt der großen Illusion, nicht weiter. Die Frage: Erkenne dich selbst, so daß du weißt, woher du stammst im Innersten deines Wesens, wohin du gehst mit dem Innersten deines Wesens — diese Frage, die Erkenntnisfrage ins Religiöse gewendet, bleibt unbeantwortet.

Das war es, was die alten Mysterien ihren Schülern schon an den Pforten klarmachten: Du magst erkennen, was du willst mit deinen äußeren Sinnen, wendest du die Frage religiös, dann bleibt dir die große Menschheitsfrage, das große Menschenrätsel unbeantwortet. Und weiter. Wir mögen noch so genau hinschauen können auf die Art, wie ein menschliches Gesicht geformt ist, wir mögen noch so genau hinschauen können, wie ein Mensch seine Arme und Hände bewegt, wie er geht und steht, wir mögen uns ein noch so feines Gefühl aneignen für die Gestalt eines Tieres, die Gestalt der Pflanzen, so weit wir das mit den Sinnen erkennen können — in dem Augenblick, wo wir dieses unser Fühlen, wo wir dasjenige, was wir so auffassen, künstlerisch wenden wollen, bleibt uns wiederum eine Frage unbeantwortet. Denn wie haben die Menschen das, was sie von der Welt wußten, von jeher künstlerisch gewendet? Die Mysterien, sie haben in alten Zeiten dazu angeregt. Man wußte das oder jenes über die Natur nach den Erkenntniskräften, die da waren. Aber man vertiefte dasjenige, was man so wußte, in die Anschauung des Geistigen.

Man braucht nur ins alte Griechenland zurückzugehen. Wenn wir heute einen Bildhauer, einen Maler sehen, er greift — wenigstens war das vor kurzer Zeit noch ganz der Fall, heute ist es schon weniger der Fall —, er greift nach dem Modell. Er will etwas nachmachen. Er will etwas imitieren. Das hat der Grieche nicht getan. Man glaubt das nur, daß es der Grieche getan habe. Der Grieche hat den geistigen Menschen in sich gefühlt. Wollte er bildhauerisch einen Arm in seiner Bewegung modellieren, dann wußte er: In dem, was ich da außen am Modell anschaue, da steckt das Geistige darinnen. — Er wußte, daß alles Materielle nach dem Geistigen geschaffen ist, und er strebte danach, dieses Geistige nachzuschaffen.

Der Maler noch zur Renaissancezeit stellte sich nicht hin und schaute das Modell an; es war ihm nur Anregung. Dasjenige, was er von innen heraus wußte, daß es im Arm, in der Hand lebte, das brachte er in die Bewegung hinein. Wie der Mensch innerlich mit dem Geiste lebte, das brachte er hinein. Bloß das Äußere anschauen in der großen Illusion, in der Maja, bloßes Imitieren des Modelies läßt uns da stehenbleiben, wo wir stehen, nicht im Menschen, sondern vor dem Menschen. Künstlerisch die Frage gewendet, stehen wir, wenn wir bei der Illusion stehenbleiben, vor der großen Menschheitsfrage, vor den gewaltigen Menschenrätseln, die unbeantwortet bleiben.

Wiederum war es schon an der Pforte der alten Mysterien, wo man nun dem Schüler, der eingeweiht werden sollte, klarmachte: Willst duinnerhalb der äußeren Welt der Illusion stehenbleiben, kannst du nicht in die menschliche Wesenheit, aber auch nicht in die Wesenheit eines anderen Naturreiches eindringen. Du kannst kein Künstler werden. — Man war wiederum auch auf dem Wege der Kunst in die Notwendigkeit versetzt, an den Menschen das anschauliche «Erkenne dich selbst» heranzubringen. Da fühlte man die Notwendigkeit der spirituellen Erkenntnis.

Sie werden sagen: Aber es gibt doch recht materialistische Bildhauer, materialistische Maler, die können doch auch etwas, die wissen ganz gut dem Modell die Geheimnisse abzulocken und es in die Gestalten, in die Stoffe hineinzulegen. — Gewiß, aber woher können sie das? Sie wissen das gar nicht von sich aus. Man durchschaut das nur nicht. Sie haben das gelernt von den älteren Malern; diese wieder von den [noch] älteren Malern. Tradition ist es. Man weiß, wie Ältere das gemacht haben. Man sagt sich das nicht immer, weil man doch selber tüchtig sein will. Aber man ist es nicht. Man weiß nur, wie die Älteren tüchtig waren und macht es ihnen nach. Aber die Ältesten von diesen Älteren, die haben eben das Geheimnis gerade aus den spirituellen Anschauungen der Mysterien heraus bekommen. Ältere Maler, ältere Bildhauer haben es von den Mysterien bekommen; Raffael, Michelangelo haben es von solchen bekommen, die es noch aus den Mysterien bekamen. Aber wirkliche Kunst muß aus dem Spirituellen geschöpft sein. Anders geht es nicht. Sobald man an den Menschen herankommt, läßt einem das Anschauen der großen Illusion, der Maja, unbeantwortet die Lebensrätsel, die Menschenrätsel. Wollen wir wiederum zum Ursprünglichen einer Kunst kommen, zum schaffenden Künstlerischen, brauchen wir wiederum einen Einblick in die spirituelle Welt.

Ein drittes Beispiel: Man kann als Botaniker, als Zoologe wunderbar kennen jede Form der einem zugänglichen Pflanzen. Man kann in Chemie, Physiologie die Prozesse beschreiben, die in den Pflanzen vor sich gehen. Man kann die Prozesse kennenlernen, wie sich Nahrungsmittel verwandeln in den Verdauungsorganen und innerhalb des Blutes und weiter bis zu den Nerven hin. Man kann das alles kennenlernen. Man kann ein sehr kluger, gescheiter Anatom oder Physiologeoder Botaniker oder Zoologe werden, vieles erforschen in der Welt der großen Illusion — will man heilend, medizinisch an den Menschen mit all diesen Kenntnissen herankommen, will man wiederum den Weg finden von der Natur des Menschen, ja, von der Innennatur des Menschen zu seinem Wesen: man kann es nicht.

Sie werden sagen: Es gibt aber genug materialistisch denkende Ärzte, die wollen nichts wissen von der geistigen Welt, die gehen nur nach dem, was man mit der Naturwissenschaft erforschen kann, und sie heilen doch. — Ja, warum heilen sie? Sie heilen, weil sie wiederum die Tradition aus einer alten Weltanschauung haben. Alte Heilmittel waren ja auch aus den Mysterien heraus entnommen; aber sie haben alle eine merkwürdige Eigentümlichkeit. Wenn Sie, meine sehr verehrten Anwesenden, ein altes Rezept in die Hand nehmen: das ist ungeheuer kompliziert, das erfordert, um es darzustellen und zu dem anzuwenden, wovon einem gesagt wird nach der Tradition, daß es angewendet werden soll, außerordentlich viel.

Wenn Sie nun in die alten Mysterien gegangen wären und einen Mysterienarzt gefragt hätten, wie solch ein Rezept zustande kommt, der würde Ihnen nie geantwortet haben: Da mache ich chemische Versuche, da probiere ich zuerst einmal, ob die Stoffe miteinander sich so und so verhalten, und dann wende ich das bei den Kranken an und sehe, was sich da ergibt. — Das würde Ihnen der alte Mysterienarzt nie geantwortet haben, ihm wäre dies nicht eingefallen. Die Menschen wissen nur nicht, wie das in früheren Zeiten war. Der hätte Ihnen geantwortet: Ich lebe in dem Laboratorium — wenn wir es so nennen wollen —, das mir im Sinne des Mysteriums eingerichtet worden ist, und wenn ich zu einem Heilmittel komme, so haben mir das die Götter gesagt. — Denn er war sich klar darüber: Durch die ganze Stimmung, die in seinem Laboratorium erzeugt worden ist, kam er in lebendigen Verkehr mit der geistigen Welt. Da wurden geistige Wesen so gegenwärtig für ihn, wie es sonst die Menschen sind. Und da wurde er sich bewußt: Durch den Einfluß der geistigen Wesen in der geistigen Welt kann er mehr sein als ohne solchen Einfluß. Und er setzte seine komplizierten Rezepte zusammen. Nicht mit Naturerkenntnis, nach Götterart setzte er sie zusammen. Man wußte innerhalb dieser Mysterien selber: Will man an den Menschen herankommen, dann darf man nicht in der Illusion stehenbleiben, dann muß man zur Wahrheit der göttlichen Welt vordringen.

Die Menschen sind heute in ihrem äußeren Erkennen der Wahrheit der göttlichen Welt noch viel ferner, als die Alten es waren mit ihren Mysterien. Aber der Weg muß wieder zurückgefunden werden. Denn das ist das dritte, was ich Ihnen als Beispiel anführen kann: Wenn man mit der allerausgebreitetsten Erkenntnis der Natur, das heißt der großen Illusion, gerüstet ist und will heilen — man steht wiederum mit unbeantworteten Fragen vor dem Menschenleben, vor dem Menschenrätsel. Kommt man von der Illusion an den Menschen heran, von dem «Die Natur ist die große Illusion» zu dem «Erkenne dich selbst», wie es auch beim Heilen dargelegt werden muß: man kann keinen Schritt weitermachen.

Und so kann man aus diesen drei Beispielen sagen: Der Mensch, der die Brücke schlagen will zwischen der Welt der großen Illusion, der Maja, und dem «Erkenne dich selbst», der sieht, wie er vor dem Nichts steht, wenn er nur von der Illusion ausgehen will, sobald er an den Menschen religiös fühlend, künstlerisch schaffend und helfend als Heiler, als Arzt herankommen will. Er kann es nicht, wenn er nicht übergeht zu einer ganz anderen Erkenntnis, als die Erkenntnis der äußeren Natur, die Erkenntnis der großen Illusion, der Maja, ist.

Die Erkenntnis der Welt in ihrer Totalität durch geistige Anschauung innerhalb der physischen Tatsachen

Wir wollen nun noch einen Vergleich anstellen zwischen der Art, wie man in alten Zeiten aus dem Geiste der Mysterien heraus versucht hat, die Totalerkenntnis von der Welt zu erwerben, und wie man heute versucht, es zu tun, um daran uns zu orientieren in bezug auf die Wege zu einer solchen Totalerkenntnis von der Welt.

Ganz anders sprach man vor einigen Jahrtausenden über die Welt und ihr Wesen, als heute diejenigen Gelehrten sprechen, die auf Autorität Anspruch machen. Wollen wir uns einmal einige Jahrtausende zurückversetzen in die Zeit, wo eine glänzende, majestätische Erkenntnis in Vorderasien blühte, aus heiligen Mysterien heraus, wollen wir uns einmal mit einigen charakteristischen Strichen in die Art dieser Erkenntnis hinein vertiefen.

Da wurde etwa im alten Chaldäa, sagen wir, folgendes gelehrt: Der Mensch erlebt die äußersten Grenzen des Daseins, bis zu denen er kommen kann mit seinen Seelenkräften, wenn er den geistigen, den Seelenblick auf den wunderbaren Gegensatz lenkt zwischen dem Leben, wenn er schläft — das Bewußtsein ist dumpf, der Mensch weiß nichts von seinem Leben — , und demjenigen Leben, das er verbringt, wenn er wach ist — es ist hell um den Menschen herum, der Mensch weiß von seinem Leben.

Anders wurden diese Wechselzustände zwischen Schlafen und Wachen vor Jahrtausenden empfunden. Der Schlaf war nicht so bewußtlos, das Wachen war nicht so bewußtvoll. Im Schlafe nahm man sich wandelnde, mächtige Bilder, webend-wellendes Weltenleben wahr; man war unter Wesenhaftem, wenn man schlief. Daß der Schlaf so bewußtlos geworden ist, ist erst mit der Entwickelung der Menschheit geschehen. Dafür aber war vor Jahrtausenden das Wachleben nicht so durchsonnt, nicht so durchleuchtet wie heute. Die Dinge hatten nicht feste Grenzen, waren verschwommen. Sie sprühten noch allerlei Geistiges aus. Es war kein so schroffer Übergang zwischen Schlafen und Wachen. Aber man konnte unterscheiden, und man nannte alles das, worinnen man lebte, im Wachen der damaligen Zeit, etwa «Apsu». Das war die Welt des Wachens.

Man nannte dasjenige, worin man war, wenn man schlief, das Webend-Wellende, das, wodurch man nicht so gut unterscheiden konnte, wie wenn man wach war, Mineralien, Tiere und Pflanzen, man nannte das «Tiamat».

Nun wurde in den chaldäischen Mysterien gelehrt: Mehr ist der Mensch im Wahren, im Wirklichen drinnen, wenn er im Tiamat schlafend webt, als wenn er wachend unter den Mineralien, Pflanzen und Tieren lebt. Tiamat ist ursprünglicher, ist mehr der Welt des Menschlichen verbunden als Apsu; Apsu ist unbekannter; Tiamat stellt dasjenige dar, was dem Menschen naheliegt. Aber es traten Veränderungen ein im Tiamat im Laufe der Zeit. So sagte man und lehrte man den Schülern der Mysterien. Aus dem Weben und Leben entstanden Dämonengestalten, pferdeähnliche Gestalten mit Menschenköpfen, löwenähnliche Gestalten mit Engelsköpfen. Sie entstanden aus dem Gewebe des Tiamat. Das, was da lebte als dämonische Gestalten, wurde dem Menschen feindlich.

Da aber trat in die Welt ein mächtiges Wesen ein: «Ea». Wer heute noch Laute fühlt, der fühlt in dem Zusammenklange von E und A den Hinweis auf jenes mächtige Wesen, das dem Menschen hilfreich im Sinne dieser alten Mysterienlehre zur Seite war, als die Dämonen aus Tiamat mächtig waren: Ea, Ia, was dann später, indem man die Seinspartikel «soph» voraussetzte, Soph Ea = Sophia wurde. Ea, ungefähr dasjenige, was wir mit dem abstrakten Worte: Weisheit, die in allen Dingen waltet, bezeichnen. Ia = die in allem waltende Weisheit, Sophia. Soph = eine Partikel, die ungefähr «seiend» bedeutet. Sophia, Sophea, Sopheia = die waltende Weisheit, die überall waltende Weisheit schickte dem Menschen einen Sohn, jenen Sohn, den man dazumal mit dem Namen bezeichnete: «Marduk», den wir gewohnt worden sind in einer etwas späteren Terminologie als Michael zu bezeichnen, als den aus der Hierarchie der Archangeloi heraus waltenden Michael. Das ist dieselbe Wesenheit wie Marduk, der Sohn von Ea, der Weisheit, Marduk-Michael.

Und Marduk-Michael — so ist die Mysterienlehre — war mächtig, groß und gewaltig. Und alle jene Dämonenwesen, wie Pferde mit Menschenköpfen, Löwengestalten mit Engelsköpfen, alle diese webenden, wogenden Dämonen standen eben in ihrem Zusammenhange als die große Tiamat ihm gegenüber. Er war mächtig, Marduk-Michael, den Sturmwind, der durch die Welt wogt, zu beherrschen. Also Tiamat, alles das wurde wesenhaft vorgestellt, mit Recht, denn so sah man es, wesenhaft. Alle diese Dämonen zusammen bildeten einen mächtigen Drachen, der feuerwütig sich entgegenstellte als die Summe all der Dämonengewalten, die aus Tiamat, der Nacht, herausgeboren wurden. Als sein Wesen feuerwütig Marduk-Michael entgegentrat, da stieß er ihm erst seine anderen Waffen, dann die ganze Gewalt des Sturmwindes in die Eingeweide, und das Wesen Tiamat barst undrollte auseinander, zerbarst in alle Welt. Und Marduk-Michael konnte oben formen den Himmel und unten die Erde. Und so entstand das Oben und Unten.

Und so lehrte man in den Mysterien: Der große Sohn der Ea, der Weisheit, er hat Tiamat bezwungen und aus einem Teil des Tiamat das Obere, die Himmel gebildet, aus einem anderen Teil des Tiamat das Untere, die Erde gebildet. Siehst du hin in die Himmel zu den Sternen, o Mensch, dann siehst du einen Teil desjenigen, was aus den furchtbaren Abgründen der Tiamat Marduk-Michael oben geformt hat zum Heile der Menschen.

Und siehst du nach unten, wo die Pflanzen aus dem mineraldurchsetzten Irdischen wachsen, wo die Tiere sich gestalten, dann findest du den anderen Teil, den der Sohn der Ea, der Weisheit, aus Tiamat zum Heile der Menschheit umgeformt hat.

Und so sah jene alte Menschheitszeit im alten Chaldäa zurück auf ein Gestalten in der Welt, sah hin auf Wesenhaftes. Alles das empfand man wesenhaft: diese Dämonengestalten, die die Nacht bevölkerten, all das, was aus diesen Nachtgestalten, aus den waltenden, webenden Wesenheiten in der Tiamat, die ich Ihnen geschildert habe, Marduk-Michael geformt hat als oben die Sterne, als unten die Erde — all das, was uns aus den Sternen entgegenglänzt: umgewandelte, durch Marduk-Michael umgewandelte Dämonen — all das, was uns aus der Erde selber herauswächst: durch Marduk-Michael umgewandelte Haut, umgewandeltes Gewebe von Tiamat, so sah man in alten Zeiten dasjenige an, was man durch die alten Seelenfähigkeiten sich vergegenwärtigen konnte. Das war Erkenntnis.

Und dann haben die Leiter eines Mysteriums ihre Schüler ganz im Geheimen vorbereitet, seelenkräftig vorbereitet. Und wenn die Schüler solche Seelenkräfte entwickelten, dann haben sie die ersten Elemente desjenigen erkennen können, was wir heute schon den Kindern in der Schule als Elementarlehre davon beibringen, daß die Sonne stillsteht, die Erde sich herumdreht, daß sich aus Nebeln Welten gebildet haben. Diese Naturlehre, die wir heute in der Schule den Kindern beibringen, die war das große Geheimnis. Dagegen das, was vor aller Welt entfaltet wurde, das war dasjenige, was ich Ihnen eben erzählthabe von den Taten des Marduk-Michael. Wir lernen heute in unseren Schulen — wenn sie auch nicht mehr mysterienhaft aussehen —, auf unseren Universitäten, aber auch schon in den niederen Schulen bis zur Volksschule hin dasjenige, was kopernikanische Weltanschauung als astrophysisches Weltenwissen ist, das die alten Weisen sich erst nach langer Vorbereitung erringen durften und erringen konnten. Was heute jedes Schulkind weiß, das konnte man in alten Zeiten nur wissen, wenn man eingeweiht wurde. Heute lernt man alles dieses in der Schule.

Es gab eine Zeit — sie liegt noch weiter zurück als die Weisheit des alten chaldäischen Mysterienwesens —, da redeten die Menschen nur von solchen Dingen, wie ich sie Ihnen geschildert habe, von Ea, von Marduk-Michael, von der Apsu und Tiamat, nur von diesen Dingen redeten diese Menschen. Da verabscheuten sie alles, was diese schrullenhaften Mysterienlehrer sagten von der Bewegung der Sterne, von der Bewegung der Sonne, und wollten nur das Äußere, Sichtbare erforschen, nicht das Unsichtbare, was sich eben, wenn auch in Form des alten Hellsehertums, vor die Menschheit hinstellte. Man verachtete dasjenige, was sich die alten Eingeweihtenlehrer und -schüler aneigneten.

Dann kam die Zeit, wo sich allmählich vorbereitete aus dem Orient das uralte Wissen. Da schätzte man beides. Man schätzte dasjenige, was man in dem Herausleben des Wesenhaften der geistigen Welt hatte, man schätzte zum Beispiel dasjenige, was die Taten des geistigen Wesens Marduk-Michael sind; man schätzte eben das, was man auf die Tafel zeichnen könnte (es wird gezeichnet): in der Mitte die Sonne, ringsherum die Sterne, sich bewegend in Zyklen und Epizyklen. Man schätzte das alles.

Dann kam die Zeit, in der man das Hineinschauen in geistige Welten, in Dämonen- und Götterwelten nicht mehr hatte, und in der sich besonders ausbildete das andere, das intellektuelle Wissen, jenes Wissen, auf das der heutige Mensch so stolz ist, das sich allmählich bis zur Kulmination gegen unser Zeitalter hin ausgebildet hat. Wir stehen nun ungefähr in der äußeren Welt in jenem Zeitalter, wo man so verachtet das Spirituelle, wie in alten Zeiten das Materielle vondenjenigen verachtet wurde, denen das Spirituelle selbstverständlich war. Wir müssen uns hineinleben in die Zeiten, wo wir wieder imstande sein werden, neben dem, was Astronomen, Astrophysiker, was Zoologen und Biologen lehren, dasjenige aufzunehmen, was die spirituelle Erkenntnis an geistigen Wesensinhalten gibt. Diese Zeit ist gekommen. Dieser Zeit muß der Mensch entgegenleben, wenn er seine Aufgaben lösen will, wenn er wiederum zum Religiösen, zur Kunst, zur Heilkunde und so weiter kommen will.

So wie in alten Zeiten der Spiritualismus geleuchtet hat unter den Menschen, das Materielle aber verachtet worden ist, und dann ein Zeitalter gekommen ist, wo man die materielle Erkenntnis aufgenommen hat, die dann groß geworden ist und die Spiritualität verdrängt hat, so wie man also in einem Irrtum in alten Zeiten mit dem Spirituellen allein gelebt und die äußere Welt verachtet hat, und so, wie man in der Zeit, als man das Materielle schätzte, irrtümlicherweise den Spiritualismus verachtet hat, so muß jetzt eine Zeit kommen, wo man von der umfassenden und wunderbaren Erkenntnis der äußeren Welt wiederum zu einem neuen Mysterienwissen kommen muß.

Wir müssen, nachdem die materielle Erkenntnis, die so wunderbar geworden ist, von der alten Spiritualität Stück für Stück sich abgerissen hat, so daß wie von uralten Gebäuden nichts mehr vorhanden ist auf der Erde als höchstens jene Überreste, die man wie die alten materiellen Gebäude ausgräbt — wir müssen wiederum zu einer Spiritualität kommen, aber mit voller Erkenntnis dessen, was wir aufzeigen können, wenn wir, in alte Erdenzeiten zurückblickend, wie in der Historie graben. Wir müssen wiederum zu solcher Spiritualität kommen durch ein neues religiöses Vertiefen, durch ein neues künstlerisches Gestalten, durch ein neues, in das Menschenwesen eindringendes Geistwissen durch Heilpraxis und so weiter.

Das sind drei Beispiele, die ich heute vor Ihnen ausgeführt habe, um wiederum Mysterien zu erbauen, vor denen wir dann stehen werden wie vor etwas, das uns bringen kann Erkenntnis der Wesenstotalität der Welt und Handeln des Menschen zum Heile der Menschheit im Sinne der Totalität, nicht bloß der einseitigen materiellen Wirklichkeit.




Zuletzt aktualisiert: 24-Mar-2024
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