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Die Mission einzelner Volksseelen

Schmidt-Nummer: S-2246

Online seit: 31st May, 2010

ERSTER VORTRAG

Kristiania, 7. Juni 1910

Es gereicht mir zu großer Befriedigung, nun schon das dritte Mal in etwas längeren Ausführungen zu unsern Freunden hier in Norwegen sprechen zu können, und ich möchte auf die lieben Worte unseres lieben Freundes Eriksen nur ganz kurz sagen, daß die Worte herzlicher Begrüßung, die er soeben ausgesprochen hat, ebenso herzlich und aus ebenso tiefen Grinden der Seele heraus, wie sie gesprochen worden sind, von mir erwidert werden.

Ich hoffe, daß auch dieser Vortragszyklus, den ich nunmehr vor Ihnen beginnen möchte, einiges beitragen kann zu der Erkenntnis von dem, was wir das Gesamtbild unserer Weltanschauung nennen. Ich möchte gerade bei diesem Vortragszyklus darauf aufmerksam machen, daß er ja in seinem Verlaufe mancherlei enthalten muß, was sozusagen zu den einschneidendsten Wahrheiten unserer Weltanschauung gehört, daß er einiges von dem wird enthalten müssen, was eigentlich dem gegenwärtigen menschlichen Denken noch ziemlich fern liegt. Daher bitte ich vor allen Dingen diejenigen der verehrten Freunde, welche sich mit den weitergehenden Fragen der geisteswissenschaftlichen Weltanschauung weniger befaßt haben, darauf Rücksicht zu nehmen, daß wir ja nicht vorwärts kommen würden auf unserm Felde, wenn wir nicht von Zeit zu Zeit immer wieder einen kräftigen Ruck, einen kräftigen Sprung in diejenigen Partien geistiger Erkenntnis tun würden, welche gerade dem gegenwärtigen menschlichen Denken, Fühlen und Empfinden eigentlich ziemlich fern liegen.

Von diesem Gesichtspunkte aus wird manchmal den Ausführungen gegenüber ein gewisser guter Wille notwendig sein; denn um alles das herbeizutragen, was herbeigetragen werden müßte an Belegen und Beweisen für dasjenige, was in den nächsten Tagen von dieser Stelle aus gesprochen werden wird, dazu gehört eine viel längere Zeit. Wir würden nicht vorwärts kommen, wenn nicht gerade diesen Ausführungen gegenüber sozusagen etwas appelliert würde an den guten Willen, an das Entgegenkommen spirituellen Verständnisses. Es ist in der Tat das Gebiet, welches wir hiermit berühren, ein solches, das so ziemlich bis in unsere Zeiten hinein gerade von Okkultisten, gerade von Mystikern und Theosophen gemieden worden ist, und zwar gemieden worden ist aus dem Grunde, weil ein höherer Grad von Vorurteilslosigkeit notwendig ist, um die Dinge, die zu sagen sind, gewissermaßen ohne Widerstreben, das manchmal auftauchen könnte, entgegenzunehmen.

Wie das gemeint ist, wird Ihnen vielleicht am verständlichsten werden, wenn Sie sich erinnern, daß man in einem gewissen Grad mystischer oder okkulter Entwickelung ein heimatloser Mensch genannt wird. Es ist dies geradezu ein technischer Ausdruck, «heimatloser Mensch,» und wenn wir ohne Umschweife — da wir nicht über den Pfad der Erkenntnis sprechen — charakterisieren wollen, was mit dem Worte «heimatloser Mensch» gemeint ist, so können wir kurz sagen, daß derjenige ein heimatloser Mensch genannt wird, der in seiner Erkenntnis, seiner Auffassung der großen Menschheitsgesetze in Wahrheit unbeeinflußbar ist von alledem, was sonst im Menschen aufsteigt aus dem Ort, an dem er in Gemäßheit seines Volkstums lebt. Ein heimatloser Mensch, können wir auch sagen, ist derjenige, welcher die große Mission der Gesamtmenschheit in sich aufzunehmen vermag, ohne daß sich die Nuancen der besondern Gefühle und Empfindungen einmischen, die aus diesem oder jenem Heimatboden herauswachsen. Sie sehen daraus, daß zu einem gewissen Reifegrad mystischer oder okkulter Entwickelung ein freier Gesichtspunkt gerade gegenüber demjenigen gehört, was wir mit Recht sonst als etwas Großes betrachten, was wir anderseits dem einzelnen Menschenleben gegenüber als die Mission der einzelnen Volksgeister, als dasjenige bezeichnen, was aus dem Untergrunde eines Volksbodens, aus dem Geiste der Völker heraus die einzelnen konkreten Beiträge zu der gesamten Mission der Menschheit liefert.

Schildern wollen wir also sozusagen das Große dessen, wovon der heimatlose Mensch in gewisser Beziehung frei werden muß. Nun haben die heimatlosen Menschen aller Zeiten, von den Urzeiten angefangen bis in unsere Tage hinein, immer gewußt, daß, wenn sie sozusagen in vollem Umfange charakterisieren würden dasjenige, was man als den Charakter der Heimatlosigkeit bezeichnet, sie dann wenig, sehr wenig Verständnis finden würden. Es würde zunächst einmal das Vorurteil diesen heimatlosen Menschen entgegengebracht werden, das sich in dem Vorwurfe ausdrücken würde: Ihr habt ja allen Zusammenhang mit dem Mutterboden des Volkstums verloren; ihr habt ja kein Verständnis für das, was den Menschen sonst das Teuerste ist. — Nun ist es aber nicht so. Heimatlosigkeit ist in gewisser Beziehung doch im Grunde genommen — oder kann es wenigstens sein — ein Umweg, um, nachdem diese heilige Stätte, diese Heimatlosigkeit erreicht ist, wieder den Rückweg zu finden zu den Volkssubstanzen, den Einklang zu finden mit dem Bodenständigen in der Menschheitsentwickelung. Wenn darauf von vornherein aufmerksam gemacht werden muß, so ist es auf der andern Seite doch nicht unbegründet, daß gerade in unserer Zeit in unbefangenster Weise auch einmal über dasjenige gesprochen wird, was wir die Mission der einzelnen Volksseelen der Menschheit nennen. Ebenso, wie es begründet ist, daß bisher sozusagen bis zu einem gewissen Grade von dieser Mission ganz geschwiegen wurde, ebenso begründet ist es, in unserer Gegenwart damit zu beginnen, von dieser Mission zu reden. Es ist aus dem Grunde von einer ganz besonderen Wichtigkeit, weil die nächsten Schicksale der Menschheit in einem viel höheren Grade als das bisher der Fall war, die Menschen zu einer gemeinsamen Menschheitsmission zusammenführen werden. Zu dieser gemeinsamen Mission werden aber die einzelnen Volksangehörigen nur dann ihren entsprechenden freien, konkreten Beitrag liefern können, wenn sie vor allen Dingen ein Verständnis haben für ihr Volkstum, ein Verständnis für dasjenige, was man nennen könnte «Selbsterkenntnis des Volkstums.» Wenn im alten Griechenland in den apollinischen Mysterien der Satz: «Erkenne dich selbst» eine große Rolle gespielt hat, so wird in einer nicht zu fernen Zukunft der Ausspruch an die Volksseelen gerichtet werden: «Erkennet euch selbst als Volksseelen.» Dieser Spruch wird eine gewisse Bedeutung haben für das Zukunftswirken der Menschheit.

Nun wird es unserer Zeit schon ganz besonders schwer, Wesenheiten anzuerkennen, welche für die äußere sinnliche Wahrnehmung, für die äußere materielle Erkenntnis sozusagen gar nicht da sind. Es wird ja vielleicht nicht so schwierig sein für unsere Gegenwart, anzuerkennen, daß der Mensch, so wie er in der Welt vor uns steht, gewisse Glieder, gewisse Teile seiner Wesenheit hat, die übersinnlich, unsichtbar sind. Es wird sich vielleicht der gegenwärtige materialistische Sinn der Menschheit noch leichter zu dieser Anschauung führen lassen, daß Wesenheiten, die man wenigstens nach ihrer Außenseite hin physisch sehen kann, wie die Menschen, auch einen übersinnlichen, unsichtbaren Teil haben. Aber eine starke Zumutung ist es für unsere Gegenwart, wenn man zu ihr sprechen soll von Wesenheiten, die eigentlich nach gewöhnlicher Anschauung gar nicht da sind. Denn was ist es eigentlich, was man heute da oder dort Volksseele, Volksgeist nennt? Es ist höchstens das, was man gelten läßt als eine Eigenschaft, als eine gemeinschaftliche Eigenschaft von so und so vielen hundert Menschen oder Millionen von Menschen, die auf einem gewissen Boden zusammengedrängt sind. Daß irgend etwas, was da lebt außer den vielen Millionen Menschen, die auf dem Boden zusammengedrängt sind, daß irgend etwas Reales, das sich decken würde mit dem Begriff Volksgeist, diesem Begriffe zugrunde liegt, das ist schwer für ein Bewußtsein unserer gegenwärtigen Zeit klar zu machen. Wenn man fragen würde — sagen wir jetzt, um etwas ganz Neutrales zu haben —: Was versteht der gegenwärtige Mensch unter dem schweizerischen Volksgeist? — da würde er in abstrakten Ausdrücken einige Eigenschaften beschreiben, welche diejenigen Menschen haben, welche das schweizerische Gebiet der Alpen und des Jura bewohnen, und wird sich klar darüber sein, daß dem nicht etwas entspricht, was man mit äußeren Erkenntniskräften, mit Augen oder sonstigen Wahrnehmungsorganen erkennen könnte. Das muß das erste sein, daß man in offener und ehrlicher Weise sich den Gedanken bilden kann, daß es Wesenheiten gibt, die sich ohne weiteres eigentlich nicht sinnlich äußern, dem gewöhnlichen materiellen Wahrnehmungsvermögen sich nicht darbieten, daß es sozusagen zwischen den Wesen, die sinnlich wahrnehmbar sind, andere unsichtbar wirkende Wesenheiten gibt, die hereinwirken in sichtbare Wesenheiten, wie die menschliche Wesenheit in die menschlichen Hände oder menschlichen Finger, daß man also sprechen kann von dem schweizerischen Volksgeist wie von dem Geiste eines Menschen, und daß man diesen Geist des Menschen ebenso genau von dem unterscheiden kann, was man in den zehn Fingern vor sich hat, wie man den schweizerischen Volksgeist unterscheiden kann von den Millionen von Menschen, die in den Bergen der Schweiz leben. Er ist noch etwas anderes, nämlich eine Wesenheit, wie der Mensch selber eine Wesenheit ist. Nur unterscheiden sich die Menschen davon dadurch, daß sie dem Wahrnehmungsvermögen des Menschen eine sinnliche Außenseite darbieten. In demselben Maße, wie sich der Mensch dem sinnlichen Wahrnehmungsvermögen darbietet, bietet eine äußere Erscheinung, etwas, was man mit Empfindungsorganen oder äußeren Sinnen sehen oder wahrnehmen kann, ein Volksgeist nicht dar, aber er ist dennoch eine durchaus reale Wesenheit.

Heute wird es sich darum handeln, uns gewissermaßen eine Vorstellung zu bilden von einer solchen realen Wesenheit. Wie machen wir das überhaupt in der Geisteswissenschaft, wenn wir uns von einer realen Wesenheit eine Vorstellung bilden wollen? Ein charakteristisches Beispiel, wie wir uns eine Vorstellung bilden von einer realen Wesenheit, gewinnen wir, wenn wir zuerst einmal den Blick auf das Wesen des Menschen werfen. Wenn wir geisteswissenschaftlich den Menschen beschreiben, unterscheiden wir an ihm den physischen Leib, den Äther- oder Lebensleib, den Astralleib oder Empfindungsleib und das, was wir als das höchste Glied der menschlichen Wesenheit betrachten, das Ich. Wir wissen also, daß wir in dem, was wir physischen Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich nennen, sozusagen den gegenwärtigen Menschen vor uns haben. Sie wissen aber auch, daß wir auf eine Entwickelung der Menschheit in der Zukunft hinblicken, und daß das Ich an den drei niederen Gliedern der menschlichen Wesenheit arbeitet, so daß es diese Glieder vergeistigt, umarbeitet von der gegenwärtigen niederen in die zukünftige höhere Form. Das Ich wird das Astrale umarbeiten, umformen, so daß es etwas anderes werden wird, als was es heute schon ist. Der Astralleib wird dann darstellen das, was Sie unter dem Namen Geistselbst oder Manas kennen. Ebenso wird eine noch höhere Arbeit des Ich an dem Ätherleibe oder Lebensleibe geleistet werden dadurch, daß es ihn umarbeitet und umprägt in das, was wir Lebensgeist oder Buddhi nennen. Und endlich ist die höchste Arbeit des Menschen, die wir uns vorläufig denken können, die, daß der Mensch das widerstrebendste Glied seiner Wesenheit, den physischen Leib vergeistigen, umwandeln und metarnorphosieren wird in das Geistige. Es wird das höchste Glied der menschlichen Wesenheit sein, wenn das Ich umgestaltet haben wird das, was heute physischer Leib ist, das, was heute uns am gröbsten und materiellsten entgegentritt, wenn das Ich es umgestaltet haben wird in den Geistesmenschen oder Atma. So blicken wir auf drei Glieder der menschlichen Natur, die sich in der Vergangenheit entwickelt haben, auf eines, in dem wir jetzt darinnen stehen, und auf drei andere, aus denen das Ich etwas Neues in der Zukunft machen wird.

Wir wissen auch, daß zwischen der Arbeit, die verflossen ist, und zwischen der Arbeit, die in der Zukunft verfließen wird, um die drei höheren Glieder zu bilden, etwas dazwischen liegt. Wir wissen, daß wir das Ich selber gegliedert uns denken müssen. Es arbeitet an einer Art von Zwischenwesenheit. Wir sprechen daher davon, daß zwischen dem Astralleibe, wie er aus der Vergangenheit dem Menschen geworden ist, und dem Geistselbst oder Manas, das aus diesem Astralleib in ferner Zukunft dem Menschen werden wird, in der Mitte darinnen liegen die drei vorbereitenden Glieder; das sind: die Empfindungsseele, das niederste Glied, in dem das Ich gearbeitet hat, die Verstandes- oder Gemütsseele und die Bewußtseinsseele. So daß wir sagen können: Von dem, was wir herausarbeiten als Geistselbst oder Manas, von dem ist außerordentlich wenig heute beim Menschen vorhanden, höchstens der Anfang. Dagegen hat sich der Mensch dadurch zu dieser künftigen Arbeit vorbereitet, daß er seine drei niederen Glieder in einer gewissen Weise, in gewissem Maße hat beherrschen gelernt. Er hat sich vorbereitet dadurch, daß er den Empfindungsleib oder den astralischen Leib hat beherrschen gelernt, indem er mit seinem Ich in denselben eingedrungen ist und innerhalb des Empfindungsleibes die Empfindungsseele herausgebildet hat. Ebenso wie die Empfindungsseele in einem gewissen Verhältnis zum Empfindungsleibe steht, so steht die Verstandes- oder Gemütsseele in einem gewissen Verhältnis zum Äther- oder Lebensleibe, so daß die Verstandes- oder Gemütsseele ein schwaches Vorbild dessen ist, was der Lebensgeist oder Buddhi sein wird, zwar ein schwaches Vorbild, aber doch ein Vorbild. Und das, was in der Bewußtseinsseele sich befindet, ist in gewisser Weise von dem Ich hineingearbeitet in den physischen Leib. Daher ist sie ein schwaches Vorbild dessen, was einst Geistesmensch oder Atma sein wird. Wir können auch sagen: Gegenwärtig erkennen wir am Menschen, wenn wir absehen von geringfügigen Teilen, die er schon aus dem astralischen Leibe herausgearbeitet hat als Anfang des Geistselbstes oder Manas, vier verschiedene Glieder. Wir können heute unterscheiden:

1. den physischen Leib,

2. den Ätherleib,

3. den Astralleib,

4. das in demselben arbeitende Ich,

und ferner, wie ein Vorglanz zu den höheren Gliedern:

die Empfindungsseele,

die Verstandesseele,

die Bewußtseinsseele.

Da haben wir den Menschen als eine Wesenheit vor uns, wie er sich uns heute darbietet, und da erfassen wir sozusagen diesen Menschen in dem gegenwärtigen Augenblicke seines Werdens. Wir sehen förmlich das Ich herausarbeiten, nachdem als Vorbereitung ihm geworden ist die Empfindungs-, Verstandes- und Bewußtseinsseele, die höheren Glieder. Wir sehen dieses Ich arbeiten mit den Kräften der Ernpfindungs-, Verstandes- und Bewußtseinsseele an dem astralischen Leibe, an den Anfängen des Geistselbstes. Wir sehen den Menschen gegenwärtig in diesem Momente seines Arbeitens.

Diejenigen — und es werden die meisten von Ihnen sein —, die sich mit dem befaßt haben, was wir die Erforschung der Akasha-Chronik nennen, mit der Entwickelung des Menschen in urferner Vergangenheit und mit dem Ausblick in die ferne Zukunft, die werden wissen, daß die Menschen, wie ich sie Ihnen skizzenhaft charakterisieren konnte, sich entwickelt haben, daß wir zurückschauen können in ferne Vergangenheit, daß die Menschen lange Entwickelungsepochen gebraucht haben, um die erste Anlage ihres physischen Leibes, dann die erste Anlage des Ätherleibes und endlich des Astralleibes zu bilden und diese drei Glieder dann weiter zu entwickeln. Der Mensch hat dazu lange Zeiträume gebraucht, und Sie wissen vielleicht auch, daß der Mensch die frühere Entwickelung seines Wesens, zum Beispiel die Entwickelung seines astralischen Leibes, nicht in demselben Zustande der Erde durchgemacht hat, in dem die Erde heute ist, sondern daß er seinen astralischen Leib entwickelt hat in einem früheren Zustande des Erdendaseins, dem Mondendasein. Wie wir das heutige Leben als die Folge früherer Erdenleben, früherer Verkörperungen erkennen, so blicken wir auch auf frühere Verkörperungen unserer Erde zurück. Das, was wir Empfindungsseele, Verstandes- oder Gemütsseele nennen, wurde erst in dem heutigen Erdendasein gebildet. In dem Mondendasein wurde der astralische Leib eingepflanzt, und in einem noch früheren Dasein unserer Erde, dem Sonnenzustande, wurde der Ätherleib eingepflanzt und endlich während des Saturnzustandes der physische Leib. So daß wir auf drei Verkörperungen der Erde zurückblicken, und auf jeder dieser Verkörperungen sehen wir eines der Glieder, die der Mensch heute in sich trägt, zuerst veranlagt und dann weiter ausgebildet.

Noch etwas anderes ist zu betonen, wenn wir von dem Saturn-, Sonnen-, Monden-Zustande reden. Genau so, wie wir als Menschen auf der Erde den Zustand durchmachen, den wir den selbstbewußten Menschheitszustand nennen können. So haben während früherer Zustände unserer Erdenentwickelung, während des alten Monden-, Sonnen- und Saturnzustandes andere Wesen die Stufe durchgemacht, die wir heute auf der Erde durchmachen. Es ist dabei ziemlich gleichgültig, ob man mit der Terminologie, die man im Orient gebraucht, oder mit derjenigen, die mehr im Okzident üblich ist, die Wesenheiten benennt. Diejenigen Wesenheiten, die während des Mondenzustandes unserer Erde auf der Stufe standen, auf der der Mensch heute steht, und die die nächsthöheren Wesenheiten sind, die über uns stehen, nennen wir in der Terminologie der christlichen Esoterik Angeloi oder Engel. Sie stehen eine Stufe höher als der Mensch, weil sie um eine Epoche früher ihre Menschheitsstufe absolviert haben, so daß diese Wesenheiten dasjenige, was wir heute sind, dazumal während des alten Mondenzustandes waren. Sie waren es aber nicht so, daß sie damals auf dem Monde herumgegangen wären wie die Menschen heute auf der Erde. Sie waren Wesenheiten auf der Menschheitsstufe, aber sie lebten nicht im Fleische wie der Mensch heute. So entsprach nur ihre Stufe der Entwickelung dem Menschsein, das der Mensch heute durchmacht. Ebenso finden wir Wesenheiten noch höherer Art, welche während des alten Sonnenzustandes die Menschheitsentwickelung durchgemacht haben. Es sind die Archangeloi oder Erzengel. Das sind Wesenheiten, die zwei Stufen höher stehen als der Mensch, die zwei Epochen früher ihre Menschheitsstufe durchgemacht haben. Wenn wir noch weiter zurückgehen bis zur ersten Verkörperung unseres Erdendaseins, bis zum Saturnzustand, da finden wir, daß da diejenigen Wesenheiten ihre Menschheitsstufe durchgemacht haben, die wir als Geister der Persönlichkeit, Archai, Urbeginne bezeichnen, so daß wir, wenn wir bei diesen Wesenheiten beginnen — die also in urferner Vergangenheit, während des alten Saturnzustandes Menschen waren — und dann die Verkörperungen der Erde verfolgen bis auf unseren Zeitpunkt, vor uns haben die Entwikkelungsstufen der Wesen bis herunter zu unserer Wesenheit. Wir können also sagen: Urbeginne, Archai waren Menschen auf dem alten Saturn; Erzengel, Archangeloi waren Menschen auf der alten Sonne; Engel oder Angeloi waren Menschen auf dem alten Mond; Menschen sind Menschen auf unserer Erde.

Da wir nun wissen, daß wir in der Zukunft unsere Entwickelung weiterführen, dasjenige, was unsere niederen Glieder sind, weiter entfalten, also dasjenige, was heute unser astralischer Leib, unser Äther- oder Lebensleib und unser physischer Leib ist, so müssen wir doch fragen: Ist es nicht ebenso natürlich, daß die Wesenheiten, die früher die Menschheitsstufe durchgemacht haben, jetzt schon auf der Stufe sind, wo sie umarbeiten ihren astralischen Leib in das Geistselbst oder Manas? Wie wir während der nächsten Verkörperung unserer Erde — während des Jupiter-Daseins — fertig werden mit der Umgestaltung unseres Astralleibes in Geistselbst oder Manas, so sind fertig geworden diejenigen Wesenheiten, die während der Mondepoche Menschen waren, die Angeloi, mit der Umgestaltung ihrer Astralleiber in Geistselbst oder Manas, oder sie werden damit während unseres Erdendaseins fertig werden. Sie machen das durch während unserer Erdenverkörperung, was wir erst während der nächsten Verkörperung der Erde werden durchzumachen haben. Blicken wir noch weiter zurück auf die Wesen, die während des alten Sonnendaseins Menschen waren, so können wir sagen: Sie haben schon während des Mondenzustandes das durchmachen müssen, was wir erst in der nächsten Erdenverkörperung werden durchmachen müssen. Sie stehen bei der Arbeit, die der Mensch ausführen wird, wenn er mit seinem Ich umarbeitet seinen Äther- oder Lebensleib in Lebensgeist oder Buddhi. Wir haben also in diesen Archangeloi, in diesen Erzengeln Wesenheiten, die zwei Stufen über uns stehen, die auf der Stufe stehen, die wir einst erreichen werden, wenn wir von unserem Ich aus umarbeiten werden den Lebensleib in Lebensgeist oder Buddhi. Wir blicken, wenn wir zu diesen Wesenheiten aufschauen, so zu ihnen auf, daß wir sagen: Wir sehen in ihnen Wesenheiten, die zwei Stufen über uns stehen, Wesenheiten, in denen wir gleichsam vorausgenommen sehen, was wir selber in Zukunft erleben werden; wir blicken zu ihnen auf als zu solchen Wesen, die heute arbeiten an ihrem Äther- oder Lebensleib und ihn umformen zu Lebensgeist oder Buddhi. Ebenso blicken wir auf zu noch höheren Wesenheiten, zu den Geistern der Persönlichkeit. Sie stehen auf einer noch höheren Stufe als die Erzengel, auf einer Stufe, die der Mensch erreichen wird in noch fernerer Zukunft, wenn er wird umarbeiten können den physischen Leib in Anna oder Geistesmensch.

So wahr der Mensch auf der jetzigen Stufe seines Daseins ist, so wahr sind diese entsprechenden Wesenheiten auf den eben charakterisierten Stufen ihres Daseins, so wahr stehen sie über uns, so wahr sind sie Realitäten. Nun steht ihre Realität nicht etwa fern dem Erdendasein, sondern greift vielmehr in dasselbe ein, wirkt hinein in unser Menschendasein. Wir müssen uns jetzt nur fragen: Wie wirken diese über dem Menschen stehenden Wesenheiten in unser Menschheitsdasein hinein? Wenn wir uns dieses Hineinwirken begreiflich machen wollen, dann müssen wir darauf Rücksicht nehmen, daß solche Wesenheiten sozusagen in ihrer Arbeit einen anderen geistigen Anblick darbieten werden als diejenigen Wesenheiten, die wir heute Menschen nennen. Es ist in der Tat ein beträchtlicher Unterschied zwischen diesen Wesenheiten, die über dem Menschen stehen, und denjenigen Wesenheiten, die heute erst auf der Menschheitsstufe sich befinden. So sonderbar das jetzt auch klingen mag, es wird Ihnen im Laufe der nächsten Tage noch vollständig klar werden. Es ist doch durchaus aus wirklicher Geistesforschung heraus gesprochen: Der Mensch, wie er heute ist, ist gewissermaßen in einem Mittelzustand seines Daseins. So wie heute sein Ich an seinen niederen Gliedern arbeitet, wird es nicht immer bleiben. Es ist gleichsam das ganze menschliche Wesen heute wie in sich zusammenhängend, und es bildet gleichsam eine durch nichts unterbrochene Wesenheit. Das kann in der Zukunft der Menschheitsentwickelung anders werden, und es wird wesentlich anders werden. Wenn der Mensch einmal so weit sein wird, daß er mit vollem Bewußtsein an seinem Astralleib arbeiten und mit seinem Ich diesen Astralleib in Geistselbst oder Manas umarbeiten wird, dann wird ein ähnlicher Zustand bei vollem Bewußtsein vorhanden sein, wie er jetzt beim Unbewußtsein oder Unterbewußtsein des Menschen im Schlafe vorhanden ist.

Stellen Sie sich einmal den Schlafzustand des Menschen vor. Der Mensch rückt beim Schlafzustand in bezug auf seinen Astralleib und sein Ich aus seinem physischen Leib und seinem Ätherleib heraus, er läßt sie im Bette liegen und schwebt dann gleichsam außerhalb des physischen und Ätherleibes. Denken Sie sich jetzt in diesem Zustande den Menschen so, daß das Bewußtsein erwacht: Ich bin ein Ich, — daß es so erwacht in diesem Geistesleib, wie es im tagwachen Bewußtseinszustande da ist. Was würde der Mensch schon gegenwärtig für einen merkwürdigen Anblick für sich selber darbieten! Er würde an einer Stelle fühlen: «Da bin ich,» und vielleicht da unten, weit weg von dieser ersteren Stelle: «Da ist mein physischer Leib und mein Ätherleib; sie sind an jenem Orte und sie gehören zu mir, aber ich mit meinen anderen Gliedern, ich schwebe außerhalb, da oben.» Wenn der Mensch heute bewußt wird in seinem Astralleibe, außerhalb seines physischen und Ätherleibes, dann kann er allerdings — und wenn er heute auf der Erde sozusagen noch so hoch entwickelt ist — nichts anderes tun, als frei in seinem Astralleibe sich da- oder dorthin bewegen und kann unabhängig von seinem physischen Leibe da oder dort in der Welt tätig sein, aber das kann er dann noch nicht mit seinem physischen und Ätherleibe. Man wird sie aber in ferner Zukunft auch von einer Stätte des Nordens von Europa zum Beispiel von außen hingeleiten können nach einer anderen Stätte, ihnen befehlen: Geht weiter! und sie dann in ihrer Bewegung von außen lenken. Das geht heute noch nicht. Das wird aber der Mensch können, wenn er sich über die Stufe der Erdenentwickelung zu der Jupiterstufe entwickelt haben wird, zu der folgenden Entwikkelungsstufe unseres Erdenplaneten. Das wird auch der folgende Entwickelungszustand des Menschen sein. Wir werden dann fühlen, daß wir gewissermaßen für uns selbst der Dirigent von außen sein werden. Das ist das Wesentliche. Und das führt zu einer Spaltung von dem, was wir heute die menschliche Wesenheit genannt haben.

Das materialistische Bewußtsein kann damit allerdings nicht viel anfangen. Es kann nicht verfolgen dasjenige, was heute schon in gewisser Beziehung real in der Außenwelt wirkt in ähnlicher Weise, wie es einmal in der Zukunft beim Menschenwesen vorhanden sein wird. Solche Erscheinungen sind schon heute da. Die Menschen könnten sie wahrnehmen, wenn sie acht geben würden. Sie würden dann sehen, daß es gewisse Wesenheiten gibt, die zum Beispiel zu früh sich so entwickelt haben. Wie der Mensch, wenn er den richtigen Zeitpunkt abwartet, im richtigen Zeitpunkt den Jupiterzustand erreichen wird, so daß er leiten kann seinen physischen und ätherischen Leib, so gibt es auch Wesen, welche in gewisser Beziehung sich vorschnell entwickelt haben, ohne den richtigen Zeitpunkt abgewartet zu haben. Solche vorzeitig entwikkelte Wesenheiten haben wir in unserer Vogelwelt, und zwar in solchen Wesenheiten der Vogelwelt, welche jedes Jahr die großen Wanderzüge über die Erde vollführen. Da ist es die sogenannte Gruppenseele, welche mit dem ätherischen Leibe eines jeden Vogels zusammenhängt. So wie die Gruppenseele die regelmäßigen Wanderzüge der Vögel über die Erde hin dirigiert, so wird der Mensch, nachdem er sein Geistselbst oder Manas entwickelt hat, das, was wir physischen und ätherischen Leib nennen, befehligen, ihnen gebieten, sie in Bewegung setzen. In einem noch höheren Sinne wird der Mensch diese dirigieren, von außen in Bewegung setzen können, wenn er einmal so weit entwickelt sein wird, daß er auch noch umarbeitend in bezug auf den Äther- oder Lebensleib wirkt. Solche Wesenheiten, die das schon können, gibt es schon heute. Das sind die Archangeloi oder Erzengel. Das sind Wesenheiten, die das bereits können, was der Mensch einmal können wird, Wesenheiten, die dasjenige vollbringen können, was man nennen kann «seinen ätherischen und seinen physischen Leib von außen dirigieren,» die aber außerdem auch noch arbeiten können an ihrem eigenen Ätherleibe.

Bilden Sie sich als Idee den Begriff von Wesenheiten, die sozusagen im Umkreis unserer Erde wirken, die in der geistigen Atmosphäre unserer Erde enthalten sind mit ihrem Ich, die von diesem ihrem Ich aus schon umgewandelt haben ihren astralischen Leib, so daß sie ein vollentwickeltes Geistselbst oder Marias besitzen, die aber jetzt mit diesem vollentwickelten Geistselbst oder Manas weiterwirken auf unserer Erde und hereinarbeiten in die Menschen, indem sie unseren Äther- oder Lebensleib umgestalten; Wesenheiten, die auf der Stufe stehen, auf welcher sie den Äther- oder Lebensleib zu Buddhi oder Lebensgeist umgestalten. Wenn Sie sich solche Wesenheiten denken, die also auf der Stufe der geistigen Hierarchien stehen, die wir Erzengel nennen, haben Sie einen Begriff von dem, was man «Volksgeister» nennt, was man die dirigierenden Volksgeister der Erde nennt. Die Volksgeister gehören in die Stufe der Archangeloi oder Erzengel. Wir werden sehen, wie sie ihrerseits den Äther- oder Lebensleib dirigieren, und wie sie dadurch wieder hineinwirken in die Menschheit und diese in ihre eigene Tätigkeit einbeziehen. Wenn wir die verschiedenen Völker unserer Erde betrachten und einzelne herausheben, dann werden wir in dem eigentümlichen Weben und Leben dieser Völker, in dem, was wir die besonderen, charakteristischen Eigenschaften dieser Völker nennen, ein Abbild von dem haben, was wir als die Mission der Volksgeister betrachten können.

Wenn wir die Mission dieser Wesenheiten erkennen — Inspiratoren der Völker sind diese Wesenheiten —, dann können wir sagen, was ein Volk ist. Ein Volk ist eine zusammengehörige Gruppe von Menschen, welche von einem der Archangeloi, einem der Erzengel geleitet wird. Die einzelnen Glieder eines Volkes bekommen das, was sie als Glieder des Volkes tun, was sie als Glieder des Volkes vollführen, von einer solchen Seite her inspiriert. Dadurch, daß wir uns vorstellen, daß diese Volksgeister individuell verschieden sind, wie die Menschen auf unserer Erde, werden wir es begreiflich finden, daß die einzelnen verschiedenen Gruppen der Völker die individuelle Mission dieser Archangeloi sind. Wenn wir uns einmal geistig veranschaulichen, wie in der Weltgeschichte Volk nach Volk und auch Volk neben Volk wirkt, so können wir jetzt, wenigstens in abstrakter Form — die Form wird immer konkreter und konkreter werden in den nächsten Vorträgen — uns vorstellen, daß alles, was da vor sich geht, inspiriert ist von diesen geistigen Wesenheiten. Aber eines wird uns wohl leicht vor die Seele treten können: daß neben diesem Wirken von Volk nach Volk noch etwas anderes stattfindet in der Menschheitsentwickelung. Sie können, wenn Sie jenen Zeitraum überblicken, den wir von der großen atlantischen Katastrophe aus rechnen, die das Antlitz der Erde so weit verändert hat, daß jener Kontinent, der bestanden hat zwischen dem heutigen Afrika, Amerika und Europa, in jener Zeit untergegangen ist, die Zeiträume unterscheiden, in welchen die großen Völker gewirkt haben, bei denen die nachatlantischen Kulturen herauskamen: die alte indische, die persische, die ägyptisch-chaldäische, die griechisch-lateinische und unsere gegenwärtige Kultur, die nach einiger Zeit in die sechste Kulturepoche übergehen wird. Wir bemerken auch, daß nacheinander darin gewirkt haben verschiedene Völkerinspiratoren. Wir wissen, daß noch lange die ägyptisch-chaldäische Kultur gewirkt hat, als die griechische Kultur schon ihren Anfang nahm, und daß die griechische Kultur noch weiter waltete, als die römische schon ihren Anfang genommen hatte. So können wir die Völker nebeneinander und nacheinander betrachten. Aber in allem, was sich in und mit den Völkern entwickelt, entwickelt sich noch etwas anderes. Es ist ein Fortschritt in der menschlichen Entwickelung. Es kommt dabei nicht in Betracht, ob wir das eine höher oder niedriger stellen. Es kann zum Beispiel einer sagen: Mir gefällt die indische Kultur am besten. Das mag ein persönliches Urteil sein. Wer aber nicht auf persönliche Urteile schwört, der wird sagen: Es ist gleichgültig, wie wir die Dinge bewerten; der notwendige Gang führt die Menschheit vorwärts, mag man das später auch Niedergang nennen. Die Notwendigkeit führt die Menschheit vorwärts. Wenn wir die verschiedenen Zeiträume vergleichen, 5000 Jahre vor Christus, 3000 Jahre vor Christus und 1000 Jahre nach Christus, dann ist etwas noch da, was über die Volksgeister hinübergreift, etwas, woran die verschiedenen Volksgeister teilnehmen. Sie brauchen das nur in unserer Zeit ins Auge zu fassen. Woher kommt es, daß in diesem Saale so viele Menschen zusammensitzen können, die aus den verschiedensten Volksgebieten herkommen und sich verstehen und sich zu verstehen versuchen in bezug auf das Allerwichtigste, was sie hier zusammengeführt hat? Die verschiedenen Menschen kommen aus dem Bereich der verschiedensten Volksgeister heraus, und dennoch gibt es etwas, worin sie sich verstehen. In ähnlicher Weise verstanden sich und konnten sich verstehen in damaliger Zeit die verschiedenen Völker untereinander, weil es in jeder Zeit etwas gibt, was die Volksseele übergreift, die verschiedenen Volksseelen zusammenführen kann, etwas, was man überall mehr oder weniger versteht. Das ist dasjenige, was man mit dem recht schlechten, aber gebräuchlichen deutschen Wort «Zeitgeist» benennt oder auch «Geist der Epoche.» Der Geist der Epoche, der Zeitgeist, ist ein anderer in der griechischen Zeit, ein anderer in der unsrigen. Diejenigen, welche den Geist in unserer Zeit erfassen, werden zur Theosophie hingetrieben. Das ist das aus dem Geiste der Epoche über die einzelnen Volksgeister Übergreifende. In derjenigen Zeit, in der Christus Jesus auf der Erde erschien, bezeichnete sein Vorläufer, Johannes der Täufer, den Geist, den man als Zeitgeist bezeichnen könnte, mit den Worten: «Ändert die Verfassung der Seele, denn die Reiche der Himmel sind nahe herbeigekommen.»

So kann man für jede Epoche den Zeitgeist finden, und das ist etwas, was sich hineinwebt in das Weben der Volksgeister, das wir damit zu gleicher Zeit als das Weben der Archangeloi charakterisiert haben. Für den heutigen materialistischen Menschen ist der Zeitgeist etwas ganz Abstraktes ohne Realität, und noch weniger darf man ihm damit kommen, in dem Zeitgeist ein wahres Wesen zu sehen. Dennoch verbirgt sich hinter dem Worte «Zeitgeist» eine wirkliche Wesenheit, keine andere Wesenheit als eine solche, die drei Stufen über der Menschheitsstufe steht. Jene Wesenheiten verbergen sich dahinter, die schon auf dem alten Saturn, der am weitesten zurückliegenden Entwickelungsepoche der Erde, ihre Menschheitsstufe durchmachten, und die heute aus dem geistigen Umkreis der Erde an der Umgestaltung der Erde arbeiten und dabei die letzte Phase sozusagen an der Umgestaltung ihres physischen Leibes in Geistesmensch oder Atma durehmachen. Mit hohen Wesenheiten haben wir es hier zu tun, mit Wesenheiten, gegenüber deren Eigenschaften den Menschen ein Schwindel überkommen möchte. Es sind diejenigen Wesenheiten, die wir wieder bezeichnen könnten als die eigentlichen Inspiratoren — oder wir müssen auf diesem Gebiete sagen, wenn wir mit technischen Ausdrücken des Okkultismus sprechen wollen —, die Intuitoren des Zeitgeistes oder der Zeitgeister. Sie wirken so, daß sie sich abwechseln und gleichsam einer dem andern die Hand reicht. Von Epoche zu Epoche reichen sie sich ihre Aufgabe zu. Der Geist der Epoche, der während der griechischen Zeit wirkte, reicht weiter die Mission an den, der später wirkt und so weiter. Sie wechseln sich also ab. Es sind, wie wir sahen, eine Anzahl solcher Zeitgeister, solcher Geister der Persönlichkeit, die als Zeitgeist wirken. Sie sind eine höhere Rangordnung gegenüber den Volksgeistern, diese Geister der Persönlichkeit, diese Intuitoren des Zeitgeistes. In jedem Zeitalter wirkt vorzugsweise einer und gibt diesem Zeitalter seine Gesamtsignatur, gibt seine Aufträge an die Volksgeister, so daß dasjenige, was der Gesamtgeist der Epoche ist, sich spezialisiert, individualisiert nach den Volksgeistern. Dann wird er abgelöst in der kommenden Epoche von einem andern Zeitgeiste, einem andern Geiste der Persönlichkeit, einem andern Archë.

Wenn eine gewisse Anzahl von Epochen vorübergegangen ist, dann ist ein Zeitgeist durch die Weiterentwickelung hindurchgegangen. Das müssen wir uns so vorstellen: Wenn wir in unserer Zeit sterben und unsere Entwickelung hier durchgemacht haben, so gibt unsere Persönlichkeit das Ergebnis dieses Erdenlebens an das nächste Erdenleben weiter. So ist es auch mit den Geistern der Epoche der Fall. In jeder Epoche haben wir einen solchen Geist der Epoche; der gibt am Ende der Epoche sein Amt an seinen Nachfolger ab, dieser wieder an seinen weiteren Nachfolger und so weiter. Die vorangegangenen machen inzwischen ihre eigene Entwickelung durch, dann kommt derjenige, der am längsten nicht daran gewesen ist, wieder an die Reihe, so daß derselbe in einer spätern Epoche, während die andern dann ihre eigene Entwickelung durchmachen, als Geist der Epoche wiederkommt und für die fortgeschrittene Menschheit das, was er selber für seine höhere Mission erworben hat, intuierend der Menschheit einflößt. Wir blicken zu diesen Geistern der Persönlichkeit hinauf, zu diesen Wesen, die mit dem sonst so nichtssagenden Worte «Zeitgeist» benannt werden können, so, daß wir sagen können: Wir Menschen gehen von Inkarnation zu Inkarnation; wir wissen aber ganz genau, daß, indem wir selber von Epoche zu Epoche schreiten, indem wir in die Zukunft sehen, immer andere Zeitgeister die Geschehnisse unserer Erde regieren. Aber auch unser heutiger Zeitgeist wird wiederkommen, wir werden ihm wieder begegnen. Wegen dieser Eigenschaft dieser Geister der Persönlichkeit, daß sie gleichsam Kreise beschreiben und wieder zu ihrem Ausgangspunkte zurückkommen, daß sie Zyklen beschreiben, wegen dieser Eigenschaft werden sie auch «Geister der Umlaufszeiten» genannt. — Wir werden diesen Ausdruck noch genauer zu rechtfertigen haben. — Also diese höheren geistigen Wesenheiten, die ihre Befehle ausgeben an die Volksgeister, werden auch Geister der Umlaufszeiten genannt. Es sind damit gemeint jene Umlaufszeiten, die der Mensch selber durchzumachen hat, indem .er von Epoche zu Epoche in gewisser Weise zurückkehrt zu früheren Zuständen und sie in höherer Form wiederholt. Nun sehen Sie, dieses Wiederholen der Eigentümlichkeiten früherer Formen, das kann Ihnen auffallen. Wenn Sie in geisteswissenschaftlichem Sinne genau die Entwickelung der Menschheitsstufen auf der Erde durchnehmen, so finden Sie diese wiederholten Geschehnisse in der verschiedensten Weise. So ist eine Wiederholung darin, daß sozusagen sieben Epochen sich folgen nach der atlantischen Katastrophe, die wir nennen die nachatlantischen Kulturstufen. Die griechisch-lateinische Stufe oder Kulturepoche bildet sozusagen den Wendepunkt in unserm Zyklus und erleidet daher keine Wiederholung. Auf diese folgt die Wiederholung der ägyptisch-chaldäischen Epoche, und zwar in unserer eigenen Zeit. Auf diese wird folgen eine andere Epoche, die eine Wiederholung der persischen Zeit sein wird, allerdings in etwas anderer Art, und dann wird die siebente Epoche kommen, die eine Wiederholung der uralt-indischen Kultur, der Epoche der heiligen Rishis sein wird, so daß in dieser Epoche gewisse Dinge in anderer Form heraus kommen werden, die damals veranlagt worden sind. Die Lenkung dieser Geschehnisse obliegt den Zeitgeistern.

Daß nun auf die Erde verteilt in verschiedenen Völkern das ausgelebt wird, was von Epoche zu Epoche weiterschreitet, daß die verschiedensten Gestalten aus diesem oder jenem Boden gebildet werden, aus dieser oder jener Sprachgemeinschaft herauswachsen, aus dieser oder jener Formensprache, aus Architektur, Kunst und Wissenschaft entstehen können und alle die Metamorphosen annehmen können und alles das aufzunehmen vermögen, was der Geist der Epoche der Menschheit einflößen kann, dazu brauchen wir die Volksgeister, die in der Hierarchie höherer Wesenheiten zu den Erzengeln gehören.

Nun brauchen wir noch eine Vermittlung zwischen der höheren Mission der Volksgeister und denjenigen Wesenheiten, die hier auf der Erde von ihnen inspiriert werden. sollen. Sie werden unschwer erkennen können, zunächst in abstrakter Form, daß die Vermittler dieser beiden Geisterarten die Hierarchie der Engel sind. Sie bilden das vermittelnde Glied zwischen Volksgeist und Einzelmensch. Damit der Mensch in sich hineinbekommen kann, was der Volksgeist dem ganzen Volke einzuflößen hat, damit der einzelne Mensch ein Werkzeug werde in der Mission des Volkes, dazu bedarf es dieser Vermittlung zwischen Einzelmensch und Erzengel des Volkes.

So haben wir hinaufgeschaut zu den Wesen, welche Mensch geworden sind, drei Stufen bevor der Erdenmensch seine Menschheitsstufe erreichte, und haben gesehen, wie sie sich hineinstellen in ihrem Bewußtsein in die Menschheit und eingreifen in unsere Erdenentwickelung. Wir werden nun morgen zu zeigen haben, inwiefern das Arbeiten der Erzengel von oben herunter, von ihrem Ich aus, das schon Marias oder Geistselbst ausgebildet hat und am Ätherleib oder Lebensleib des Menschen arbeitet, gerade in den Produktionen, in den Eigenschaften und in dem Charakter eines Volkes sich darlebt. Der Mensch steht darin in dieser Arbeit der höheren Wesenheiten, unmittelbar umgibt sie den Menschen, indem er als Angehöriger eines Volkes in dieselbe hineingestellt ist. Der Mensch ist zwar zunächst eine menschliche Individualität, eine Ausgestaltung einer Ichheit, dann aber ist er nicht nur Individualität, sondern auch Angehöriger eines Volkes und damit etwas, wofür er zunächst als menschliche Individualität nichts kann. Was kann der Mensch, indem er einem bestimmten Volke angehört, dafür, daß er gerade die Sprache dieses Volkes spricht? Das ist nicht eine individuelle Errungenschaft, das gehört auch nicht zu dem, was wir ein individuelles Fortschreiten nennen, das ist das Strombett, in das er aufgenommen wird. Das, was wir menschliches Fortschreiten nennen, ist etwas ganz anderes. Indem wir die Volksseele weben und leben sehen, werden wir uns erinnern, worin das Fortschreiten des Menschen besteht und was der Mensch braucht, um sich durch dasselbe durchzubewegen. Wir werden sehen, was sozusagen nicht nur zu seiner Entwickelung, sondern zur Entwickelung noch ganz anderer Wesenheiten gehörte

So sehen wir, wie der Mensch eingegliedert ist in die Reihe der Hierarchien, wie in seiner Entwickelung von Zeit zu Zeit, von Epoche zu Epoche Wesenheiten, die wir von der anderen Seite her kennen, mitwirken. Und wir haben gesehen, wie dafür gesorgt wird, daß sich diese Wesenheiten in der mannigfaltigsten individuellen Weise ausleben können, haben gesehen, daß das, was sie zu liefern haben, sich hineinleben kann in die Menschen.

Die großen Richtlinien der einzelnen Epochen geben die Zeitgeister. Die Ausbreitung des Zeitgeistes über die ganze Erde hin wird durch die einzelnen Völkerindividualitäten möglich. Während die Zeitgeister die Volksgeister befähigen, wird durch die Engel bewirkt, daß diese einfließen können in die einzelnen Menschen, so daß die einzelnen Menschen ihre Mission erfüllen können. Daß die einzelnen Menschen Werkzeuge werden in dieser Mission der Volksgeister, das wird bewirkt durch die Wesen, welche zwischen den Menschen und den Volksgeistern stehen, durch die Engel oder Angeloi.

Wie dieses wunderbare Netz uns erkennen lassen wird das Wirken der mannigfaltigen Volksindividualitäten der Vorzeit und der Gegenwart, das wird einen Gegenstand dieser Vorträge bilden. Wir werden im nächsten Vortrag damit beginnen, in das Konkrete hineinzuleuchten, wie dieses Gewebe, auf das wir heute nur skizzenhaft hingedeutet haben, gesponnen wird, das Geistesgewebe, das unser nächstes Welten-dasein ist.




Zuletzt aktualisiert: 24-Mar-2024
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