Aus der Akasha-Chronik
Vorwort
Durch die gewöhnliche Geschichte kann sich
der Mensch nur über einen geringen Teil dessen belehren, was die
Menschheit in der Vorzeit erlebt hat. Nur auf wenige Jahrtausende
werfen die geschichtlichen Zeugnisse Licht. Und auch was uns die
Altertumskunde die Paläontologie, die Geologie lehren
können, ist nur etwas sehr Begrenztes. Und zu dieser
Begrenztheit kommt noch die Unzuverlässigkeit alles dessen, was
auf äußere Zeugnisse aufgebaut ist. Man bedenke nur, wie
sich das Bild dieser oder jener gar nicht so lange hinter uns
liegenden Begebenheit oder eines Volkes geändert hat, wenn neue
geschichtliche Zeugnisse aufgefunden worden sind. Man vergleiche nur
einmal die Schilderungen, die von verschiedenen Geschichtsschreibern
über eine und dieselbe Sache gegeben werden; und man wird sich
bald überzeugen, auf welch unsicherem Boden man da steht. Alles,
was der äußeren Sinnenwelt angehört, unterliegt der
Zeit. Und die Zeit zerstört auch, was in der Zeit entstanden
ist. Die äußerliche Geschichte ist aber auf das angewiesen,
was in der Zeit erhalten geblieben ist. Niemand kann sagen, ob das,
was erhalten geblieben ist, auch das Wesentliche ist, wenn er bei den
äußeren Zeugnissen stehenbleibt. — Aber alles, was in
der Zeit entsteht, hat seinen Ursprung im Ewigen. Nur ist das Ewige
der sinnlichen Wahrnehmung nicht zugänglich. Aber dem Menschen
sind die Wege offen zur Wahrnehmung des Ewigen. Er kann die in ihm
schlummernden Kräfte so ausbilden, daß er dieses Ewige zu
erkennen vermag. In den Aufsätzen über die Frage: «Wie
erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», die in
dieser Zeitschrift erscheinen, wird auf diese Ausbildung
hingewiesen. In ihrem Verlaufe werden diese Aufsätze auch
zeigen, daß der Mensch auf einer gewissen hohen Stufe seiner
Erkenntnisfähigkeit auch zu den ewigen Ursprüngen der
zeitlich vergänglichen Dinge dringen kann. Erweitert der Mensch
auf diese Art sein Erkenntnisvermögen, dann ist er behufs
Erkenntnis der Vergangenheit nicht mehr auf die äußeren
Zeugnisse angewiesen. Dann vermag er zu schauen, was an den
Ereignissen nicht sinnlich wahrnehmbar ist, was keine Zeit von ihnen
zerstören kann. Von der vergänglichen Geschichte dringt er
zu einer unvergänglichen vor. Diese Geschichte ist allerdings
mit andern Buchstaben geschrieben als die gewöhnliche. Sie wird
in der Gnosis, in der Theosophie die «Akasha-Chronik»
genannt. Nur eine schwache Vorstellung kann man in unserer Sprache
von dieser Chronik geben. Denn unsere Sprache ist auf die Sinnenwelt
berechnet. Und was man mit ihr bezeichnet, erhält sogleich den
Charakter dieser Sinnenwelt. Man macht daher leicht auf den
Uneingeweihten, der sich von der Tatsächlichkeit einer
besonderen Geisteswelt noch nicht durch eigene Erfahrung
überzeugen kann, den Eindruck eines Phantasten, wenn nicht einen
noch schlimmeren. — Wer sich die Fähigkeit errungen hat,
in der geistigen Welt wahrzunehmen, der erkennt da die verflossenen
Vorgänge in ihrem ewigen Charakter. Sie stehen vor ihm nicht wie
die toten Zeugnisse der Geschichte, sondern in vollem Leben.
Es spielt sich vor ihm in einer gewissen Weise ab,
was geschehen ist. —
die in das Lesen solcher lebenden Schrift eingeweiht sind,
können in eine weit fernere Vergangenheit zurückblicken als
in diejenige, welche die äußere Geschichte darstellt; und
sie können auch — aus unmittelbarer geistiger Wahrnehmung
— die Dinge, von denen die Geschichte berichtet, in einer weit
zuverlässigeren Weise schildern, als es dieser möglich ist.
Um einem möglichen Irrtum vorzubeugen, sei hier gleich gesagt,
daß auch der geistigen Anschauung keine Unfehlbarkeit innewohnt.
Auch diese Anschauung kann sich täuschen, kann ungenau, schief,
verkehrt sehen. Von Irrtum frei ist auch auf diesem Felde kein
Mensch; und stünde er noch so hoch. Deshalb soll man sich nicht
daran stoßen, wenn Mitteilungen, die aus solchen geistigen
Quellen stammen, nicht immer völlig übereinstimmen. Allein
die Zuverlässigkeit der Beobachtung ist hier eine doch weit
größere als in der äußerlichen Sinnenwelt. Und
was verschiedene Eingeweihte über Geschichte und Vorgeschichte
mitteilen können, wird im wesentlichen in
Übereinstimmung sein. Tatsächlich gibt es solche Geschichte
und Vorgeschichte in allen Geheimschulen. Und hier herrscht seit
Jahrtausenden so volle Übereinstimmung, daß sich damit die
Übereinstimmung, die zwischen den äußeren
Geschichtsschreibern auch nur eines Jahrhunderts besteht, gar nicht
vergleichen läßt. Die Eingeweihten schildern zu allen
Zeiten und allen Orten im wesentlichen das gleiche.
Nach diesen Vorbemerkungen
sollen hier mehrere Kapitel aus der Akasha-Chronik wiedergegeben
werden. Der Anfang soll gemacht werden mit Schilderungen derjenigen
Tatsachen, die sich abspielten, als zwischen Amerika und Europa noch
das sogenannte atlantische Festland vorhanden war. Auf diesem
Teil unserer Erdoberfläche war einstmals Land. Der Boden dieses
Landes bildet heute den Grund des Atlantischen Ozeans. Plato
erzählt noch von dem letzten Rest des Landes, der Insel
Poseidonis, die westwärts von Europa und Afrika lag. Daß
der Meeresboden des Atlantischen Ozeans einstmals Festland war,
daß er durch etwa eine Million von Jahren der Schauplatz einer
Kultur war, die allerdings von unserer heutigen sehr verschieden
gewesen ist: dies, sowie die Tatsache, daß die letzten Reste
dieses Festlandes im zehnten Jahrtausend v.Chr. untergegangen sind,
kann der Leser in dem Büchlein «Atlantis, nach okkulten
Quellen, von W. Scott-Elliot» nachlesen. Hier sollen
Mitteilungen gegeben werden über diese uralte Kultur, welche
Ergänzungen bilden zu dem in jenem Buche Gesagten. Während
dort mehr die Außenseite, die äußeren Vorgänge
bei diesen unseren atlantischen Vorfahren geschildert werden, soll
hier einiges verzeichnet werden über ihren seelischen Charakter
und über die innere Natur der Verhältnisse, unter denen sie
lebten. Der Leser muß sich also in Gedanken zurückversetzen
in ein Zeitalter, das fast zehntausend Jahre hinter uns liegt und das
viele Jahrtausende hindurch gedauert hat. Was hier geschildert wird,
hat sich aber nicht allein auf dem von den Wassern des Atlantischen
Ozeans überfluteten Festland abgespielt, sondern auch auf den
benachbarten Gebieten des heutigen Asien, Afrika, Europa und Amerika.
Und was sich in diesen Gebieten später abspielte, hat sich aus
jener früheren Kultur heraus entwickelt. — über die
Quellen der hier zu machenden Mitteilungen bin ich heute noch
verpflichtet, Schweigen zu beobachten. Wer über solche Quellen
überhaupt etwas weiß, wird verstehen, warum das so sein
muß. Aber es können Ereignisse eintreten, die auch ein
Sprechen nach dieser Richtung hin sehr bald möglich machen.
Wieviel von den Erkenntnissen, die im Schoße der theosophischen
Strömung verborgen liegen, nach und nach mitgeteilt werden darf,
das hängt ganz von dem Verhalten unserer Zeitgenossen ab.
— und nun soll das erste der Schriftstücke folgen, die
hier verzeichnet werden können.
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