SIEBENTER VORTRAG
München, 22. August 1910
Es
wird meine Aufgabe sein, in diesen Vorträgen von den
verschiedensten Seiten her eine Übersicht zu geben
über alles das, was zum Verständnis der Genesis
führen kann. Ich bitte Sie allerdings, bei allen solchen
Auseinandersetzungen niemals den eigentlichen
anthroposophischen Gesichtspunkt aus den Augen zu verlieren.
Dieser anthroposophische Gesichtspunkt ist ja zunächst
der, auf die Tatsachen des geistigen Lebens selber zu gehen. In
erster Linie also interessiert uns bei allem, was wir
besprechen, die Frage: Wie verhalten sich die Dinge im
geistigen Leben, in der geistigen Entwickelung? — Also
auch für das, was sich für uns mit den Berichten der
Genesis deckt, ist die Hauptsache, was dem sichtbaren
Entwickelungsgang unseres Erdenwerdens an übersinnlichen
Ereignissen und Tatsachen vorangegangen ist. Und dann erst ist
es für uns von besonderer Wichtigkeit, das, was wir
zunächst unabhängig von allen Urkunden aus der
geistigen Forschung selbst heraus festgestellt haben,
wiederzufinden in den Urkunden der verschiedenen Zeiten, der
verschiedenen Völker. Dadurch gewinnen wir die
Möglichkeit, uns in das richtige
Gefühlsverhältnis, in das richtige
Achtungsverhältnis zu dem zu setzen, was aus fernen Zeiten
und Völkern her in unser Gemüt hineintönt. Wir
gewinnen dadurch die Möglichkeit, gleichsam uns zu
verständigen mit denjenigen Zeiten, die wir ja in anderen
Verkörperungen selber durchlebt haben, die
Möglichkeit, wieder anzuknüpfen an das, was uns
berührt haben muß in vergangenen Zeiträumen. So
haben wir den Gesichtspunkt, der dieser Vortragsreihe zugrunde
liegt, aufzufassen.
Wir
haben in den letzten Tagen versucht, uns eine Vorstellung
darüber zu bilden, wie wir jene geistigen Wesenheiten, die
wir aus dem Gebiete der Geisteswissenschaft her kennen, in der
Genesis wiederfinden. Zum Teil ist uns das schon gelungen. Wir
haben dabei den Gesichtspunkt immer im Auge gehabt, daß es
sich bei dem, was zunächst uns äußerlich
entgegentritt, ja selbst, was uns auf den niederen Stufen des
hellseherischen Bewußtseins entgegentritt — und mit
Tatsachen des hellseherischen Bewußtseins haben wir es ja
im Grunde genommen immer zu tun in der Genesis —,
daß es sich bei dem um Maja, um Illusion handelt; daß
unsere gewöhnliche Auffassung der Sinneswelt, so wie diese
Sinneswelt für unser Erkenntnisvermögen zunächst
vorhanden ist, daß diese Sinneswelt Maja oder Illusion
ist. Das ist ein Satz, der einem jeden geläufig ist, der
sich einigermaßen mit dem Gebiete der Geisteswissenschaft
beschäftigt hat. Auch daß gewissermaßen die
niederen Gebiete des Hellsehertums, daß alles das, was wir
ätherische und astralische Welt nennen, in einem
höheren Sinn in dieses Gebiet der Täuschung
hineingehört, auch das ist etwas, was keinem verborgen
bleiben kann, der sich längere Zeit mit
geisteswissenschaftlichen Anschauungen beschäftigt. Wir
stoßen sozusagen auf den wahren Grund des Daseins, soweit
er für uns erreichbar ist, erst dann, wenn wir über
diese genannten Gebiete hinaus zu den tieferen Quellen des
Daseins dringen. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen
halten. Und wir dürfen nicht dabei stehenbleiben, uns das
bloß theoretisch zu sagen, sondern es muß sozusagen
das Gefühl in Fleisch und Blut übergehen, daß
wir uns Illusionen hingeben, wenn wir an dem äußeren
Dasein hängenbleiben. Zu übersehen etwa das
äußere Dasein, es gering zu schätzen, das
wäre natürlich auch wiederum eine der großen
Illusionen, denen die Menschen sich hingeben können.
Nehmen wir einmal das, was uns ja in diesen Tagen so oft
beschäftigt hat, das elementarische Dasein, das als das
nächste uns erreichbar ist hinter unserem physischen
Dasein, hinter dem, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen.
Nehmen wir jenes elementarische Dasein, das von der
Geisteswissenschaft charakterisiert wird als den Elementen des
Erdigen, des Wässerigen, des Luftförmigen, des
Feurigen oder Wärmehaften, des Lichtartigen, des
Schallätherischen, des Lebensätherischen zugrunde
liegend, nehmen wir dieses elementarische Dasein. Wir versuchen
Vorstellungen zu erhalten über das Erdige, über das
Wässerige, das Luftförmige und so weiter. Diese
Vorstellungen suchen wir gut festzuhalten. Es ist nichts damit
getan, daß wir mit einem gewissen intellektuellen Hochmut,
der ja sehr leicht bei theosophisch Gläubigen verbreitet
sein kann, sagen: «Nun ja, das ist ja alles Maja,
Illusion!» Durch diese Maja offenbaren sich eben doch die
wahren Wesenheiten. Und wenn wir es verschmähen, die
Offenbarungen ins Auge zu fassen, die Werkzeuge und Mittel zu
unserer Kenntnis zu bringen, durch welche sie sich offenbaren,
so entfällt uns überhaupt ein jeglicher Inhalt, durch
den wir uns das Dasein begreiflich machen wollen. Wir
müssen uns darüber klar sein, daß wenn wir sagen
«Wasser», «Luft» und so weiter, daß
wir da Äußerungen, Manifestationen der eigentlichen
wahren Geistigkeiten ins Auge fassen, daß wir aber, wenn
wir sagen: «Wir wollen nichts wissen von dieser
Maja», daß wir dann überhaupt zu keinen
Vorstellungen dessen kommen, was dem allem zugrunde liegt. Also
klar müssen wir uns auf der anderen Seite eben doch
darüber sein, daß wir in dem Erdigen, Wässerigen
und so weiter Äußerungen, Offenbarungen,
Manifestationen von geistigen Wesenheiten vor uns haben.
Fassen wir jetzt einmal von unserem anthroposophischen
Standpunkt so etwas wie das Erdige ins Auge! Wir wissen jetzt
schon ganz gut, daß während des alten Saturndaseins
von solch einem Erdigen nicht die Rede sein kann, auch nicht
während des alten Sonnen- und Monden-daseins. Wir wissen,
daß die Entwickelung hat warten müssen bis zu unserem
planetarischen Dasein, daß erst dann das Erdige hat
hinzukommen können zum Wärmehaften des alten Saturn,
zum Luftartigen der alten Sonne und zum Wässerigen des
alten Mondes. Wir wissen, daß ein jeder
Entwickelungsschritt nur dadurch vor sich gehen kann, daß
geistige Wesenheiten arbeiten. Von dem, was wir heute den
physischen Leib nennen, das niederste Glied unserer
menschlichen Wesenheit, dürfen wir sagen, wenn wir diesen
physischen Leib ganz hineinstellen in das elementarische
Dasein, daß er sich selbst durchgerungen hat von seiner
ersten Anlage, die er auf dem alten Saturn entwickelt hat, aus
dem Wärmezustand, durch den sonnenartigen Luftzustand,
durch den mondartigen Wasserzustand und herangeschritten ist
bis zu dem gegenwärtigen Erdenzustand. Wir haben also in
unserem eigenen äußeren physischen Leib etwas, von
dem wir sagen können, es hat durchschritten ein Dasein im
bloßen Wärmeweben, ein Dasein als luftartiger Leib,
ein Dasein als wässeriger Leib und ist aufgestiegen bis
zum erdenhaften Dasein. — Wir kennen auch die
Wesenheiten, welche an der alten Saturnarbeit, an dem ersten
Entwickelungszustand des physischen Menschenleibes, beteiligt
waren. Erinnern Sie sich an das, was Sie in meiner
«Geheimwissenschaft» dargestellt finden, was auch
sonst immer gesagt worden ist: Auf dem alten Saturn wirkten
zunächst gewisse geistige Wesenheiten, welche ihre
untergeordneten Entwickelungsstufen in einer urfernen
Vergangenheit durchgemacht haben und die so weit schon waren
während des alten Saturndaseins, daß sie gleichsam
ihre eigene Leiblichkeit opfern konnten, hinopfern konnten, um
das Grundmaterial, die Grundsubstanz abzugeben für den
alten Saturn. Diese geistigen Wesenheiten sind ja in der
Ordnung der Hierarchien keine anderen als diejenigen, die wir
bezeichnen als die Geister des Willens. Was so als
Grundsubstanz vorhanden war, was hingeopfert haben diese
Geister des Willens, in das arbeiteten dann hinein die anderen
geistigen Wesenheiten, die anderen Hierarchien; in das
arbeiteten auch sich selber hinein die Geister der
Persönlichkeit, die in dieser Willensmaterie, wenn ich so
sagen darf, ausprägten ihre eigene Menschlichkeit. Und
diese Willenssubstanz war es auch, die als Wärmeelement im
alten Saturndasein wirkte und in der die erste Anlage zum
physischen Menschenleib gebildet worden ist.
Sie
dürfen aber nicht glauben, daß solche geistigen
Wesenheiten wie die Geister des Willens etwa mit ihrer Arbeit
abschließen auf einer bestimmten Stufe. Wenn sie auch auf
dem alten Saturn gewissermaßen die Hauptarbeit geleistet
hatten: während des Entwickelungsganges durch Sonne, Mond
und Erde wirkten sie weiter. Und sie blieben in einer gewissen
Beziehung in dem Substantiellen, für das sie sich zuerst
hingeopfert hatten. Wir haben ja gesehen, daß innerhalb
des alten Sonnendaseins sich nach der Verdichtungsseite hin,
also gleichsam nach unten, das Wärmehafte in das Lufthafte
umgestaltet hat. Ein solcher Vorgang, den wir etwa dem
äußeren Schein nach verfolgen können wie eine
Verdichtung des Wärmehaften in das Lufthafte, der ist eben
nur der Maja, der Illusion nach ein Verdichtungsvorgang. In
diesem Verdichten selber liegt ein geistiges Weben und Wesen,
liegt eine geistige Tätigkeit. Und derjenige, der den
Dingen auf den Grund gehen will, muß fragen: Wer hat es
denn gemacht innerhalb der Reihe der Hierarchien, daß aus
dem dünneren Wärmestoff, wenn ich mich so
ausdrücken darf, der dichtere Luftstoff gefestigt worden
ist? — Niemand anders hat das bewirkt als wiederum
dieselben Geister des Willens, die den Wärmestoff aus sich
herausgeopfert haben. So daß wir diese Tätigkeit der
Geister des Willens so auffassen können, daß wir
sagen: sie waren während des alten Saturndaseins so weit,
daß sie ihre eigene Substanz als Wärme
ausfließen ließen, substantiell hinopferten, daß
ihr Feuer in das planetarische Dasein des alten Saturn
einströmte. Dann erhärteten sie dieses ihr Feuer
während des alten Sonnendaseins zum Gasigen. Sie selber
waren es aber auch, die ihr Gasiges während des alten
Monden-daseins zum Wässerigen dichteten, und während
des Erdendaseins verdichteten sie weiter ihr Wässeriges
zum Erdigen, zum Festen. — Wenn wir also heute den Blick
herumwenden in der Welt und das Feste erblicken, so müssen
wir sagen: In diesem Festen wirken Kräfte, die es einzig
und allein möglich machen, daß dieses Feste
existiert, die durch ihre eigene Wesenheit ausgeflossen sind
als Wärme auf dem alten Saturn, die immer dichter diesen
Ausfluß gemacht haben bis zum Festen, das sie nun
kraftvoll zusammenhalten. — Und wenn wir wissen wollen,
wer das tut, wenn wir den Blick über die Maja des Festen
hinaus richten, dann müssen wir sagen: Hinter allem, was
uns als Festes entgegentritt, wirken und weben die Geister des
Willens, die Throne. — Also auch noch innerhalb des
Erdendaseins sind die Geister des Willens vorhanden. Und jetzt
stellt sich uns das, was in der Genesis berichtet wird, noch in
einem neuen Lichte dar.
Wenn wir da hören, daß es eine Art von sinnender
Tätigkeit der Elohim ist, was in der Genesis mit bara
bezeichnet wird, so müssen wir sagen: Ja, die Elohim
schufen wieder durch ihr Sinnen wie aus der Erinnerung heraus
etwas, was ich als Komplexe des Daseins bezeichnet habe.
— Aber geradeso ging es auch in einer gewissen Beziehung
diesen Elohim, wie es uns geht, wenn wir aus der Erinnerung
heraus irgend etwas schaffen; allerdings entfalten wir solche
Tätigkeit nur auf einem viel niedrigeren Gebiete. Ich
möchte in einem Vergleich sprechen. Denken Sie sich, ein
Mensch schläft abends ein. Seine Gefühls- und
Vorstellungswelt sinkt hinunter in die Vergessenheit für
sein subjektives Bewußtsein, er geht in den Schlafzustand
über. Nehmen wir an, der letzte Gedanke, den er des Abends
gehabt hat, sei, um ein Beispiel zu haben, der einer Rose
gewesen, einer Rose, die in seiner Nähe stand, als er
einschlief. Dieser Gedanke sinkt hinunter in die Vergessenheit.
Am Morgen taucht der Gedanke der Rose wieder auf. Es würde
nun bloß dieser Gedanke dastehen, wenn nicht die Rose
geblieben wäre. Unterscheiden Sie jetzt zwischen diesen
zwei Tatsachen. Die eine ist das Heraufrufen Ihrer Vorstellung
von der Rose in die Erinnerung, die unter Umständen auch
auftauchen könnte, wenn die Rose weggenommen worden
wäre, also der Gedanke, die Erinnerung an die Rose. Wenn
aber die Rose stehengeblieben ist, dann taucht für Ihr
Wahrnehmen auch die substantielle Rose auf. Das ist die andere
Tatsache. Ich bitte Sie, nun auch bei alledem, was wir als
kosmisches Sinnen der Elohim bezeichnet haben, ähnlich
zwei Tatsachen zu unterscheiden. Wenn uns also erzählt
wird, daß im dritten Momente des Erdenwerdens ein
kosmisches Sinnen stattfindet, daß die Elohim abtrennen
das Flüssige vom Festen, daß sie das Feste
heraussondern und es als Erde bezeichnen, so müssen wir da
auch das kosmische Sinnen der Elohim ins Auge fassen, denen
produktiv dieser Gedanke entkeimt; aber in dem, was vor ihrem
Sinnen auftritt, müssen wir uns wirksam denken die Geister
des Willens, die nun das Objektive in ihrer eigenen
substantiellen Wesenheit wieder hervorbringen. So wirken und
wirkten von Anfang an in allem Erdenhaften, das wir um uns
herum haben, die Geister des Willens.
Sie
müssen sich schon bekannt machen mit solchen
Vorstellungen, daß unter Umständen in dem, was uns
als das Nächste umgibt, was wir oft als etwas sehr
Niedriges auffassen, uns sehr hohe und erhabene Wesenheiten
entgegentreten. Es ist leicht und billig, bei dem, was uns als
Festes entgegentritt, zu sagen: «Das ist ja nun bloß
Materie!», und vielleicht hat so mancher das Gelüste
zu sagen: Darum kümmert sich der Geistesforscher gar
nicht! Materie ist ja nur untergeordnetes Dasein! Was
kümmert uns dieser Stoff? Wir dringen über die
Materie hinauf ins Geistige! — Derjenige, der so denkt,
beachtet nicht, daß in dem, was er so sehr verachten
möchte, durch unzählige Zeiträume hindurch
gearbeitet haben, um es in diesen Zustand des Festen zu
bringen, hohe, erhabene geistige Wesenheiten. Und in der Tat,
unser Gefühl müßte, wenn es normal
empfände, in einer tiefen Ehrfurcht leben, wenn es
vordringt von dem äußeren Stoff, gleichsam von der
elementarischen Erdendecke, zu dem, was diese Erdendecke
verfestet hat. Unser Gefühl sollte in tiefster Verehrung
sich aneignen die höchste Achtung für die erhabenen
geistigen Wesenheiten, die wir nennen die Geister des Willens,
die in diesem Erdenhaften in langer Tätigkeit den festen
Grund aufgebaut haben, über den wir dahinschreiten und den
wir selbst in uns tragen in den erdenhaften Bestandteilen
unseres physischen Leibes. Diese Geister des Willens, die wir
in der christlichen Esoterik auch die Throne nennen, sie haben
uns in der Tat den festen Untergrund gebaut oder, besser
gesagt, gedichtet, auf dem wir dahinschreiten. Diejenigen, die
als Esoteriker den Erzeugnissen der Geister des Willens
innerhalb unseres Erdendaseins Namen gaben, sie nannten diese
Geister die Throne, weil sie uns in der Tat die Throne gebaut
haben, auf die wir als auf einen festen Untergrund uns immerdar
stützen, auf dem alles andere Erdendasein wie auf seinen
festen Thronen weiterfußt. Diese alten Ausdrücke
enthalten etwas ungeheuer Achtungswertes und
Verehrungswürdiges, was unser ganzes Gefühl in
Anspruch nehmen kann.
Wenn wir nun von dem Festen oder Erdigen im elementarischen
Dasein wieder heraufsteigen zu dem Wäßrigen, dann
müssen wir sagen: An dem Erdigen hat länger gebaut
und gedichtet werden müssen als am Wäßrigen;
daher werden wir auch die Grundkräfte des
Wäßrigen in Wesenheiten einer niedrigeren Hierarchie
zu suchen haben. — So wie das Wäßrige in
unserem Umkreise als elementarisches Dasein wirkt, so ist zu
seiner Verdichtung nur die Tätigkeit der Geister der
Weisheit, Kyriotetes oder auch Herrschaften, notwendig gewesen,
der nächsten Stufe der Hierarchien. So also sehen wir
hinter dem festen Untergrunde die Geister des Willens, und
hinter dem, was nicht das physische Wasser ist, was aber die
Kräfte sind, die das Flüssige konstituieren, da haben
wir zu sehen die Tätigkeit der Geister der Weisheit oder
Kyriotetes. Gehen wir herauf zu dem Luftförmigen, dann
haben wir darin tätig zu sehen eine nächstniedere
Hierarchie. Auch in dem Luftförmigen, das in unserem
Umkreise webt und waltet, haben wir, insofern es bewirkt ist
durch hinter ihm liegende Kräfte, den Ausfluß der
Tätigkeit gewisser Geister der hierarchischen Ordnung zu
sehen. So wie im Wäßrigen die Geister der Weisheit
wirken, so wirken im Luftförmigen die Geister der
Bewegung, Dynamis, Mächte, wie wir auch gewohnt sind in
der christlichen Esoterik zu sagen. Und wenn wir heraufdringen
zum Wärmehaften, zum nächstdünneren Zustand,
dann sind es die Geister der nächstniederen Hierarchie,
die darin leben und weben, die Geister der Form, Exusiai,
dieselben, die wir jetzt schon tagelang besprochen haben als
die Elohim. Von einer ganz anderen Seite her haben wir bisher
die Geister der Form charakterisiert als diejenigen, die in dem
wärmehaften Element brüteten. Indem wir die
hierarchische Ordnung verfolgen von den Geistern des Willens
herunter durch die Geister der Weisheit und der Bewegung,
kommen wir wiederum zu unseren Elohim, zu unseren Geistern der
Form. Sie sehen, wie sich das alles zusammenschließt, wenn
es einmal in der richtigen Weise zu Faden geschlagen ist.
Versuchen Sie nun Gefühls- und Empfindungssinn
hineinzubringen in alles das, was geschildert worden ist, dann
werden Sie sagen: Dem, was unsere Sinne im Umkreise sehen,
liegt zugrunde ein elementarisches Dasein, ein Erdiges, aber in
diesem Erdigen leben in Wahrheit die Geister des Willens. Ihm
liegt zugrunde ein flüssiges Element, aber in diesem leben
in Wahrheit die Geister der Weisheit. Ihm liegt zugrunde ein
Luftförmiges, aber darin leben in Wahrheit die Geister der
Bewegung, und ein Wärmehaftes, in dem in Wahrheit die
Geister der Form, die Elohim, leben.
Wir
dürfen uns aber nicht denken, daß wir nun diese
Gebiete streng voneinander scheiden können, daß wir
feste Grenzen zwischen ihnen ziehen können. Unser ganzes
Erdenleben beruht ja darauf, daß Wäßriges und
Luftförmiges und Festes ineinanderwirken, daß die
Wärme alles durchdringt und durchsetzt. Es gibt kein
Festes, das nicht in irgendeinem Wärmezustand wäre.
Die Wärme finden wir allüberall in den anderen
elementarischen Daseinsstufen. Daher dürfen wir sagen: Wir
finden auch das Wirken der Elohim, das eigentliche Kraftelement
des Wärmehaften, allüberall. Es hat sich überall
hineinergossen. Wenn es auch zu seiner Voraussetzung haben
mußte die Tätigkeit der Geister des Willens, der
Weisheit, der Bewegung, so durchdrang es doch während des
Erdendaseins, dieses Element der Wärme, das die
Manifestation der Geister der Form ist, all die niederen Stufen
des Daseins. — So werden wir im Festen nicht nur
gleichsam die substantielle Grundlage, den Leib der Geister des
Willens finden, sondern wir sehen diesen Leib der Geister des
Willens durchsetzt und durchwoben von den Elohim selber, von
den Geistern der Form.
Und
jetzt versuchen wir, im Sinnesdasein den äußeren
Ausdruck dessen zu finden, was wir eben ausgesprochen haben.
Wir haben beschrieben, was im Übersinnlichen ist, ein
Durcheinanderweben der Geister des Willens, der Throne, und der
Geister der Form, der Elohim. Das liegt im Übersinnlichen.
Aber alles Übersinnliche wirft sein Schattenbild herein in
unsere Sinneswelt. Wie stellt sich das dar? Das, was
substantiell sozusagen der Leib, die Wesenhaftigkeit der
Geister des Willens ist, das ist die sich ausbreitende Materie,
die feste Materie. Was gewöhnlich als Materie angesehen
wird, ist Illusion. Die Vorstellungen, die man sich bildet von
Materie, sind Maja. In Wahrheit findet der Seher, wenn er sich
sozusagen in die Gebiete begibt, wo Materie spuken soll, nicht
die phantastische Vorstellung der physikalischen Materie, denn
das ist ein leerer Traum. Der Begriff der Materie, von dem die
sogenannte naturphilosophische Physik spricht, ist nur eine
Vorstellung, eine Schwärmerei, eine Phantasterei. Solange
man dabei bleibt, das als eine Rechnungsmünze zu haben,
ist es gut. Wenn man aber damit glaubt etwas Wesenhaftes zu
treffen, dann träumt man. Und so träumt im Grunde
genommen die Physik heute, wo sie in ihren Theorien von Materie
spricht. Da, wo sie Tatsachen konstatiert, wo sie Tatsachen
beschreibt, das Reale, Wirkliche, da redet sie von Wahrheit,
wenn sie beschreibt, was das Auge sehen kann und was man
feststellen kann mit der Rechnung. Wo sie aber anfängt zu
spekulieren von Atomen, von Molekülen und so weiter, die
nichts anderes sein sollen als gewisse Dinge, die materielles
Dasein haben, da fängt sie an, einen Weltentraum zu
spinnen, demgegenüber wir wirklich sagen müssen, es
verhält sich so, wie in unserem Mysteriendrama Felix
Bälde im Tempel ankündigt, wenn er sagt: Wenn man
irgendwo etwas kaufen wollte und sagte, mit festem Gelde
bezahle ich Dich nicht; ich verspreche Dir, daß ich aus
irgendeinem Nebel heraus Dukaten bilden werde, es wird sich
schon verdichten zu Dukaten! — In diesem groben Vergleich
kann man wirklich jene Illusion der physikalischen Theorie
wiedergeben, die ganze Weltenbaue aus Urweltnebeln willig
hinnimmt, wenn das sogenannte Weltanschauungsbedürfnis
bezahlt werden soll mit den Münzen, die die Wissenschaft
auf diesem Gebiete gerne ausgeben möchte. Mit einer
Phantastik hat man es zu tun, wenn man das atomistische Dasein,
wie man es heute im Auge hat, für ein reales hält.
Solange man damit Abkürzungen, Rechnungsmünzen meint
für das, was die Sinne zeigen, so lange steht man auf
realem Boden. Durchdringt man diesen Boden des Sinnlichen, dann
muß man zum Geistigen vorschreiten, dann kommt man auf das
Wesen und Weben einer Grundsubstanz, die aber nichts anderes
ist als die Leiblichkeit der Throne, die durchsetzt wird von
der Tätigkeit der Geister der Form. Und wie stellt sich
das, wie projiziert sich das in unsere Sinnenwelt herein? Nun,
da haben wir ausgebreitet die feste Materie, die aber auf
keiner Stufe ein Amorphes ist. Das Amorphe, das Gestaltlose
wird nur dadurch hervorgerufen, daß im Grunde genommen
alles Dasein, das nach der Form drängt, zersprengt,
zermalmt wird. Alles, was wir gleichsam als staubartiges Dasein
antreffen im Weltenbau, hat gar nicht die Anlage, staubartig zu
sein. Das ist zermürbtes Dasein. Die Materie als solche
hat den Drang, sich zu gestalten. Alles Feste hat den Drang,
kristallinisch zu sein. Was feste Materie ist, drängt nach
Kristallgestalt, drängt nach Form. So also können wir
sagen: Was wir nennen das Substantielle der Throne und der
Elohim, das drängt herein in unser sinnliches Dasein,
indem es sich uns ankündigt als das sich ausbreitende
Feste. Dadurch, daß sich überhaupt so etwas
manifestiert, was wir materielles Dasein nennen, kündigt
es sich an als Wesenhaftigkeit der Throne. Dadurch, daß es
gestaltet erscheint, daß gleichsam in dieser Grundsubstanz
immer Gestalten geformt werden, kündigt es sich an als
äußere Offenbarung der Elohim.
Und
nun blicken Sie wiederum hinein in das Geistvolle der
Nomenklatur alter Zeiten. Da haben die alten Seher sich gesagt:
Wenn wir Umschau halten im Materiellen, so kündigt sich
uns das an in der Wesenhaftigkeit der Throne, aber dieses wird
durchsetzt von einem Kraftelement, das alles das zur Form
bringen will. — Daher der Name «Geister der
Form»! In all diesen Namen liegt eine Hindeutung auf das
wirklich Wesenhafte, das sie bedeuten. Wenden Sie also den
Blick auf das Drängen nach kristallinischer Gestalt im
Umkreise, dann haben Sie auf einer unteren Stufe das, was in
dem Schießen in die Kristallgestalt äußerlich
die Kräfte manifestiert, die da weben und walten in der
Substanz der Throne als die Elohim selber, als die Geister der
Form. Da sind sie tätig, die Schmiede in ihrem
Wärmeelement und schmieden aus der gestaltlosen Substanz
der Geister des Willens die kristallinischen Formen der
verschiedenen Erden und Metalle. Das sind die Geister in ihrer
Wärmetätigkeit, die zugleich das formende Element des
Daseins sind.
Wenn Sie die Sache so nehmen, dann blicken Sie hinein in das
lebendige Wesen und Weben, das unserem Dasein zugrunde liegt.
Und so müssen wir uns gewöhnen, in allem, was uns
äußerlich entgegentritt, Maja oder Illusion zu sehen.
Wir dürfen aber nicht stehenbleiben bei der wertlosen
Theorie: Die Außenwelt ist Maja. Damit hat man gar nichts
getan. Erst dann, wenn man in den einzelnen Gliedern der Maja
überall durchblicken kann auf das, was ihnen wesenhaft
zugrunde liegt, erst dann hat der Satz eine wahre Bedeutung,
dann ist er von Nutzen. So gewöhnen wir uns also daran, in
alledem, was äußerlich geschieht, was uns da umgibt,
etwas zu sehen, was zwar als Illusion Wahrheit ist, aber im
Grunde doch Illusion bleibt. Ein Schein ist eben ein Schein.
Als solcher ist er Tatsache, aber man versteht ihn nicht, wenn
man bei seiner Scheinhaftigkeit stehenbleibt. Erst dann darf
man ihn auch als Schein achten und schätzen, wenn man
nicht bei seiner Scheinhaftigkeit stehenbleibt.
Nach unserer heutigen abstrakten Anschauung wird alles
durcheinandergeworfen. Das konnten die alten Seher nicht. Die
hatten es nicht so bequem, überall dieselben trivialen
Kräfte zu sehen, wie es etwa ein heutiger Physiker tut,
der nicht nur Physiker, sondern zu gleicher Zeit zum Beispiel
auch Meteorologe sein will. Wer wird denn nach heutigen
physikalischen Begriffen daran zweifeln, daß dieselben
Kräfte, die, sagen wir, in dem elementarischen Dasein
wirken, in dem Festen, Flüssigen und so weiter, auch
wirksam sind, wenn sich zum Beispiel innerhalb des Luftkreises
die Wolken bilden, wenn sich das Wasser zu den Wolken ballt?
Ich weiß ganz genau, daß der Physiker heute gar nicht
anders denken kann, daß er als Physiker zu gleicher Zeit
auch Meteorologe sein will und daß es für ihn nur
einen Sinn hat, wenn er ganz dieselben Gesetze, die er für
das Erdendasein in Betracht zieht, auch ausdehnt auf die
Bildung der Wassermassen, die als Wolkenbildung unsere Erde
umgeben. — Der Seher hat es nicht so bequem. Sobald man
auf die geistigen Untergründe zurückgeht, kann man
nicht überall dasselbe sehen. Andere geistige Wesenheiten
sind da tätig, wenn, sagen wir, aus irgendeinem Gasigen
unmittelbar auf dem Erdboden ein Flüssiges sich bildet
oder wenn im Umkreise der Erde das Gasige, das
Dampfförmige sich zum Flüssigen ballt. Wenn wir also
auf das Entstehen des Wässerigen in unserem Luftkreis
blicken, dann kann der Seher nicht sagen, das Wässerige
entsteht da ganz auf dieselbe Art wie auf dem Erdboden, die
schwebende Art entsteht auf dieselbe Art, wie sich Wasser
dichtet in dem Erdengrunde selber, auf dem Erdboden selber.
— Denn in Wirklichkeit sind andere Wesenheiten an der
Wolkenbildung beteiligt als bei der Bildung des Wassers auf dem
Erdboden. Das, was ich eben gesagt habe von der Teilnahme der
Hierarchien an unserem elementarischen Dasein, das bezieht sich
nur auf die Erde, vom Mittelpunkt bis herauf, wo wir selbst
stehen, aber dieselben Kräfte reichen nicht aus, um zum
Beispiel auch die Wolken zu bilden. Da sind andere Wesenheiten
am Werke. Die Naturphilosophie, die sich aus der heutigen
Physik bildet, geht nach einem sehr einfachen Grundsatz vor.
Sie sucht zuerst einige physikalische Gesetze und sagt, die
beherrschen nun alles Dasein. Und dann übersieht sie alles
Verschiedene auf den verschiedenen Daseinsgebieten. Wenn man
das tut, geht man nach dem Grundsatz vor: In der Nacht sind
alle Kühe grau, mögen sie auch noch so verschiedene
Farben haben. — Die Dinge sind aber nicht überall
dieselben, sondern sie stellen sich auf den verschiedenen
Gebieten sehr verschieden dar.
Derjenige nun, dem zum Bewußtsein gekommen ist durch
seherische Forschung, daß innerhalb unserer Erde waltet im
erdigen Element das Wesen der Throne oder der Geister des
Willens, im Wässerigen das Wesen der Geister der Weisheit,
im Luftförmigen das der Geister der Bewegung, im
Wärmehaften das der Elohim, der steigt allmählich auf
zu der Erkenntnis, daß bei der Ballung der Wolken, bei
jenem eigenartigen, in unserem Erdenumkreise vor sich gehenden
Wässerigwerden des Gasförmig-Wässerigen, am
Werke sind jene Wesenheiten, die der Hierarchie der Cherubime
angehören. So sehen wir auf unser Festes, auf das, was wir
als elementarisches Erdendasein bezeichnen, und schauen in ihm
ein Durcheinanderwirken der Elohim mit den Thronen. Wir richten
den Blick aufwärts und sehen, wie in dem
Luftförmigen, in dem ja allerdings die Geister der
Bewegung walten, wie da am Werke sind die Cherubime, damit das
Wässerige, das aus dem Bereiche der Geister der Weisheit
aufsteigt, sich zu Wolken ballen kann. Im Umkreise unserer Erde
walten ebenso wahr die Cherubime, wie da walten innerhalb des
elementarischen Daseins unserer Erde die Throne, die Geister
der Weisheit, die Geister der Bewegung. — Und wenn wir
jetzt sehen das Weben und Wesen dieser Wolkenbildungen selber,
wenn wir das sehen, was gleichsam als ihr Tieferes verborgen
ist, was sich nur zuweilen kundgibt, so ist es der aus der
Wolke herausdringende Blitz und Donner. Das ist auch nicht
etwas, was aus dem Nichts herauskommt. Dieser Tätigkeit
liegt für den Seher zugrunde das Weben und Wesen
derjenigen Geister der Hierarchien, die wir als die Seraphime
bezeichnen. Und damit haben wir, wenn wir in unserem
Erdenbereich bleiben, wenn wir bis zum nächsten Umkreis
gehen, alle einzelnen Stufen der Hierarchien gefunden.
So
sehen wir in dem, was uns sinnlich entgegentritt, den
Ausfluß, die Manifestationen hierarchischer
Tätigkeit. Es wäre ein völliger Unsinn, wenn man
in dem aus der Wolke schlagenden Blitz dasselbe sehen
würde wie das, was man sieht, wenn ein Zündholz
angezündet wird. Ganz andere Kräfte walten, wenn
überhaupt aus der Materie das Element, das im Blitz
waltet, das Elektrische, herauskommt. Da walten die Seraphime.
So haben wir die Gesamtheit der Hierarchien auch in unserem
Erdenumkreise gefunden, so wie wir sie im Kosmos draußen
finden können. Es dehnen eben diese Hierarchien ihre
Tätigkeit auch auf das aus, was in unserem unmittelbaren
Umkreise ist.
Und
wenn Sie nun die Genesis durchgehen, wenn Sie das ganze Walten
und Weben der Weltenentwickelung betrachten, so wie die Genesis
es uns berichtet, so finden Sie ja, daß sozusagen all die
Vorstufen, die sich während des alten Saturn-, Sonnen- und
Monden-daseins bildeten, sich wiederholen und daß zuletzt
als die Krönung der Entwickelung der Mensch auftritt. So
haben wir also diesen Bericht der Genesis so aufzufassen,
daß sich das ganze Weben und Wesen der Hierarchien
hineinverflicht in das, was da geschieht, und daß sich das
alles gleichsam zusammendichtet zu dem letzten Produkt des
Erdenwerdens, zu jener übersinnlichen Wesenheit, denn
zunächst ist es noch eine übersinnliche Wesenheit,
von der gesagt wird, die Elohim beschlossen sie, indem sie
sagten: Nun lasset uns den Menschen machen! — Da woben
sie alles das, was sie im einzelnen konnten, zu einem
Gesamtwerk zusammen. Alle Tätigkeiten, die sie
herüberbrachten von früheren Stufen, woben sie
zusammen, um zuletzt den Menschen hervorzurufen. Alle diese
Hierarchien also, die der des Menschen vorangegangen sind und
die wir bezeichnen als Seraphime, Cherubime, Throne, als
Geister der Weisheit, der Bewegung, der Form, als Archai oder
Geister der Persönlichkeit, als Feuergeister oder Erzengel
und als Engelwesen, alle diese Wesenheiten, wir haben sie
gefunden webend und wesend in all diesem Dasein. Und wenn wir
das, was uns die Genesis berichtet, verfolgen bis zu jener
Krönung des Gebäudes hin, die mit dem Menschen
erscheint am sogenannten sechsten Schöpfungstage, wenn wir
das ganze Weben und Wesen sozusagen der vormenschlichen
Erdenentwickelung in Betracht ziehen, so finden wir schon darin
alle die verschiedenen Hierarchien. Und alle diese Hierarchien
mußten zusammenwirken, um das vorzubereiten, was zuletzt
im Menschen zutage trat.
Wir
dürfen also sagen: Es ist ein Bewußtsein vorhanden
gewesen bei jenem Seher oder jenen Sehern, denen die Genesis
entsprang, daß alle die aufgezählten Hierarchien
schon für das Vorbereitungsstadium des Menschen wirken
mußten. Aber auch davon mußten sie ein
Bewußtsein haben, daß zur Hervorbringung des Menschen
selber, zur letzten Krönung dieser ganzen hierarchischen
Ordnung, noch eine Hilfe kommen mußte von einer Seite her,
die in einer gewissen Beziehung noch höher liegt als alle
diese Hierarchien. Wir blicken also gleichsam über die
Seraphime hinauf nach einer zunächst unbekannten, nur
geahnten göttlichen Wesenheit. Verfolgen wir einmal die
Tätigkeit zum Beispiel irgendeines Gliedes der
hierarchischen Ordnung, sagen wir, die Tätigkeit der
Elohim. Solange sie nicht zu dem Entschlüsse gekommen
waren, ihre Werke durch die Bildung des Menschen zu
krönen, so lange reichte es aus, daß sie ihre eigene
Tätigkeit in Einklang versetzten mit der Tätigkeit
der Hierarchien bis zu den Seraphimen hinauf. Dann aber
mußte ihnen eine Hilfe kommen von jener Seite, zu der wir
eben ahnend den geistigen Blick erheben, die sozusagen
über den Seraphimen steht. Wenn die Elohim zu dieser
schwindelerregenden Höhe hinauf ihre schöpferische
Tätigkeit richten wollten, so daß sie Hilfe von
dieser Seite empfangen konnten, dann mußte etwas
eintreten, was wir seiner ganzen Tragweite nach verstehen
wollen. Sie mußten sozusagen über sich selbst
hinauswachsen. Sie mußten lernen, mehr zu können, als
sie bloß im Vorbereitungswerke gekonnt hatten. Um das Werk
vollständig zu krönen, um es zu Ende zu führen,
dazu mußten die Elohim fähig werden, noch höhere
Kräfte zu entwickeln, als sie bloß am
Vorbereitungswerke entfaltet hatten. Es mußte also die
Gruppe der Elohim gewissermaßen über sich selber
hinauswachsen. Versuchen wir, uns einmal eine Vorstellung davon
zu machen, wie so etwas geschehen kann. Versuchen wir uns
diesen Begriff zu bilden, indem wir wiederum von etwas
Trivialem ausgehen. Gehen wir von der Entwickelung des Menschen
aus.
Wenn wir den Menschen ins Dasein treten sehen als ein ganz
kleines Kind, da wissen wir, daß in ihm noch nicht
entwickelt ist, was wir ein einheitliches Bewußtsein
nennen. Das Kind spricht sogar das Ich, das zusammenhält
das Bewußtsein, nach einiger Zeit erst aus. Es fügt
sich dann das, was in seinem Seelenleben ist, in die Einheit
des Bewußtseins zusammen. Der Mensch wächst heran,
indem er die verschiedenen Tätigkeiten, die beim Kind noch
dezentralisiert sind, zusammenfaßt. So ist diese
Zusammenfassung beim Menschen ein Heraufentwickeln zu einem
höheren Zustand. Analog können wir uns die
Fortentwickelung der Elohim denken. Diese haben eine gewisse
Tätigkeit entfaltet während der
Vorbereitungsentwickelung zum Menschen. Dadurch, daß sie
diese Tätigkeit ausgeführt haben, haben sie selber
etwas gelernt, selber etwas dazu beigetragen, um sich zu einer
höheren Stufe emporzuheben. Sie haben nun als Gruppe ein
gewisses Einheitsbewußtsein erlangt, sind gleichsam nicht
nur Gruppe geblieben, sondern sind Einheit geworden. Die
Einheit wurde gleichsam wesenhaft. Das ist etwas
außerordentlich Wichtiges, was wir in diesem Punkt
aussprechen. Ich konnte Ihnen bisher nur sagen: Die einzelnen
Elohim waren so, daß jeder etwas Besonderes konnte. Jeder
konnte zum gemeinsamen Entschluß, zum gemeinsamen Bild,
nach dem sie den Menschen formen wollten, etwas hinzubringen,
und das, was der Mensch war, war gleichsam nur eine
Vorstellung, in der sie zusammenwirken konnten. Das war in der
Arbeit der Elohim zunächst noch nichts Reales. Reales war
erst vorhanden, als sie das gemeinsame Produkt geschaffen
hatten. In dieser Arbeit selber entwickelten sie sich aber
höher, entwickelten sie ihre Einheit zu einer
Realität, so daß sie jetzt nicht etwa nur sieben
waren, sondern daß die Siebenheit ein Ganzes war, so
daß wir jetzt von einer Elohimheit sprechen können,
welche sich auf siebenfache Weise offenbart. Diese Elohimheit
ist erst geworden. Sie ist das, wozu sich die Elohim
hinaufgearbeitet haben.
Das
kennt die Bibel. Die Bibel kennt die Vorstellung, daß die
Elohim gleichsam vorher die Glieder einer Gruppe sind und sich
dann zusammenordnen zu einer Einheit, so daß sie vorher
zusammenarbeiten wie die Glieder einer Gruppe, und nachher von
einem gemeinsamen Organismus aus gelenkt werden. Und diese
reale Einheit der Elohim, in welcher die einzelnen Elohim
tätig als Glieder, als Organe wirken, nennt die Bibel
Jahve-Elohim. Da haben Sie nun in einer noch tieferen Weise,
als es bisher möglich war, den Begriff des Jahve, des
Jehova. Daher spricht die Bibel auch zunächst in ihrem
Berichte nur von den Elohim, und fängt an, da wo die
Elohim selber zu einer höheren Stufe, zu einer Einheit
vorgeschritten sind, von Jahve-Elohim zu sprechen. Das ist der
tiefere Grund, warum am Ende des Schöpfungswerkes der
Jahve-name plötzlich auftritt. Da sehen Sie, wie man zu
den okkulten Quellen vordringen muß, wenn man so etwas
verstehen will.
Was
hat die Bibelexegese des neunzehnten Jahrhunderts daraus
gemacht? Aus dieser ganzen Tatsache, die ich jetzt dargestellt
habe aus den okkulten Quellen heraus, hat die Bibelexegese
folgendes gemacht. Sie hat gesagt: Nun ja, da tritt an einer
Stelle auf der Name Elohim, an einer anderen Stelle der
Jahve-name. Selbstverständlich liefert das den Beweis,
daß die zwei Urkunden von zwei verschiedenen
religiösen Überlieferungen herrühren, und man
muß unterscheiden zwischen dem, was herübergetragen
ist von einem Volk etwa, das die Elohim verehrt hat, und dem,
was herübergetragen ist von einem Volk, das den Jahve
verehrt hat. Und derjenige, der das geschrieben hat, was uns
als Schöpfungsbericht vorliegt, hat beide Namen, Elohim
und Jahve-Elohim, zusammengeschoben, und da haben wir nun eine
Urkunde, die den Elohim-namen, und eine andere, die den
Jahve-namen hat. Die muß man wieder trennen! — Es
ist bereits so weit gekommen in dieser Forschung, daß wir
heute sogenannte Regenbogenbibeln haben, wo alles das, was von
der einen Seite hergetragen sein soll, mit Lettern in der
blauen Farbe, und alles das, was von der anderen Seite
hergetragen sein soll, mit Lettern in der roten Farbe gedruckt
wird. Solche Bibeln gibt es schon. Schade nur, daß man
dann manchmal die Sache so trennen muß, daß der
Vordersatz blau und der Nachsatz rot ist, weil der Vordersatz
von dem einen Volk stammen soll und der Nachsatz von dem
anderen! Zu verwundern ist nur, daß Haupt- und Nebensatz
so wunderbar zusammengepaßt haben, daß nur irgendein
Kombinator hat kommen müssen, der diese beiden
Überlieferungen zusammentrug.
Auf
diese Exegese unseres Jahrhunderts ist ungeheuerster Fleiß
verwendet worden, und man kann sagen, wenn man die Dinge kennt,
daß vielleicht auf keine naturwissenschaftliche oder
historische Forschung ein so großer Fleiß verwendet
worden ist als auf diese theologische Bibelexegese des
neunzehnten Jahrhunderts, die uns mit tiefer Wehmut und mit dem
Gefühl einer tiefen Tragik erfüllt. Dasjenige, was
der Menschheit berichten sollte von dem Spirituellsten, hat
verloren den Zusammenhang mit den spirituellen Quellen. Es ist,
wie wenn jemand sagen wollte: Ja, da erblicken wir zum Beispiel
einen ganz anderen Stil im zweiten Teil des «Faust»,
wenn wir die Stelle, wo Ariel spricht, vergleichen mit den
Knittelversen im ersten Teil des «Faust». Das kann
unmöglich ein und derselbe Mensch geschrieben haben, und
Goethe muß deshalb eine mythische Figur sein. — Es
steht wirklich das Erträgnis ungeheuerster Arbeit,
hingebungsvollsten Fleißes durch die Abtrennung von den
okkulten Quellen tragischerweise auf demselben Boden, auf dem
jemand stehen würde, der den Goethe hinwegleugnet, weil er
sich nicht denken kann, daß zwei so verschiedene Dinge wie
der Stil des ersten Teils des «Faust» und der des
zweiten Teils von einem und demselben Menschen herrühren
könne. Da sehen wir hinein in eine tiefe Tragik des
Menschenlebens. Da sehen wir, wie es die Notwendigkeit
hervorruft, die Geister wiederum hinzulenken zu den Quellen des
spirituellen Lebens. Geisteserkenntnis ist nur möglich,
wenn die Menschen den lebendigen Geist wiederum suchen werden.
Sie werden ihn wiederum suchen, denn das ist verknüpft mit
einem unwiderstehlichen Drang der menschlichen Seele. Und auf
dem Vertrauen, daß dieser Drang in der menschlichen Seele
vorhanden ist, daß das Herz den Menschen treibt, den
Zusammenhang mit den geistigen Quellen wieder zu suchen, und
ihn treiben wird zum Verständnis der eigentlichen
Grundlage der religiösen Urkunden, darauf beruht im Grunde
genommen alle Kraft, die uns beseelen kann auf dem
anthroposophischen Boden. Durchdringen wir uns mit diesem
Vertrauen, und wir werden auf diesem Gebiete, das uns in das
geistige Leben hineinführen soll, die echten Früchte
erzielen.
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