DIE
MISSION DES ERDENLEBENS ALS DURCHGANGSPUNKT FÜR DAS
JENSEITS
Frankfurt, 2. März 1913
Manche Menschen, ja viele Menschen gibt es heute noch, die
sagen: Nun ja, es mag ein geistig-seelisches Leben nach dem
Tode geben, aber wozu brauchen wir uns jetzt darum zu
kümmern? Wir können ja einfach dieses irdische Leben
führen mit alledem, was es gibt, mit allem, was es
darbietet, und wir können warten, ob sich dann das andere
Leben zeigen wird, wenn der Tod kommt!
Die
Geisteswissenschaft zeigt uns aber, daß der Mensch in dem
Leben zwischen Tod und Geburt gewissen Wesenheiten begegnet.
Geradeso, wie er hier vielen Wesen der Naturreiche begegnet, so
begegnet er dort den Wesenheiten der höheren Hierarchien
und den mehr oder weniger elementaren Wesenheiten. Wenn ein
Mensch ohne Urteilsfähigkeit durchs Leben geht, so kommt
das daher, daß er zwischen Tod und Geburt den Wesenheiten
nicht begegnen konnte, welche ihm die Kräfte hätten
geben können, seine Kräfte so zu beleben, daß er
moralisch und intellektuell tüchtig sein kann in diesem
Leben. Nun aber hängt wieder die Möglichkeit und die
Fähigkeit, gewisse Wesenheiten zu treffen zwischen Tod und
Geburt, von dem letzten Leben ab. Wenn wir uns im Erdenleben
nie beschäftigt haben mit Gedanken, die nach der geistigen
Welt hinaufgehen, mit Gedanken, die sich befassen mit dem
Übersinnlichen; wenn wir ganz aufgegangen sind im letzten
Erdenleben in der äußeren Welt, in der Welt der
Sinne, wenn wir nur lebten in dem Verstande, soweit er auf die
äußere physische Welt gerichtet ist, dann machen wir
es uns unmöglich, zwischen Tod und neuer Geburt an gewisse
Wesenheiten heranzukommen und von ihnen Fähigkeiten
für das nächste Leben zu bekommen. Es ist
gewissermaßen das Gebiet drüben finster und dunkel
für uns, und wir können die Kräfte der
höheren Hierarchien in der Finsternis nicht finden. Der
Mensch schreitet dann einher in dem Leben zwischen Tod und
neuer Geburt, ohne die Wesenheiten zu beachten, von denen er
Kräfte empfangen müßte für das folgende
Erdenleben.
Und
woher kommt das Licht, wodurch wir uns die Finsternis zwischen
Tod und Geburt erleuchten können? Woher nehmen wir dieses
Licht? Zwischen Tod und neuer Geburt gibt uns niemand Licht.
Die Wesenheiten sind da, und es handelt sich darum, daß
wir mit ihnen zusammenkommen, dadurch daß wir uns im
letzten Erdenleben das Licht selbst angezündet haben durch
unsere Beschäftigung mit der spirituellen Welt. Wir
können nach dem Tode nicht mehr die Finsternis
durchleuchten, wenn wir uns das Licht nicht mitgenommen haben,
da wir durch die Pforte des Todes geschritten sind.
Wir
sehen also daraus, wie unrichtig der Ausspruch ist, daß
man sich hier nicht zu kümmern brauche um das spirituelle
Leben, sondern abwarten könne, was da kommt. Ja, wenn man
abwartet, was da kommt, dann kommt eben die Finsternis.
Das
Erdenleben ist also nicht etwa bloß ein Durchgangspunkt,
sondern es hat eine Mission, es ist eine Notwendigkeit für
das Jenseits wie das Jenseits für das Erdenleben. Die
Leuchten für das jenseitige Leben müssen von der Erde
aus hineingetragen werden. So also kann es vorkommen, daß
der Mensch hier stumpf bleibt gegenüber der
übersinnlichen Welt, daß er vorbeitappt an der
Möglichkeit, an den Fähigkeiten, sich Instrumente zu
schaffen für sein nächstes Leben.
Nun
schreitet aber dann der Mensch neuerdings durch die Pforte des
Todes nach einem Leben, innerhalb dessen er unzulänglich
war in dieser oder jener Beziehung. Sie sehen, es bietet sich
fast ein trostloser Überblick. Würde gar nichts
anderes eintreten, so müßte ja der Mensch immer
unzulänglicher und unzulänglicher werden. Denn wenn
der Mensch zuerst in einem Erdenleben durch ein
willkürliches Stumpfsein sich gegen die übersinnliche
Welt verschlossen hat, so ist er im nächsten Leben noch
weniger fähig, sich Organe zu bereiten. Und wenn nichts
anderes käme, so müßte er sich so
fortentwickeln. Also seine Entwickelung würde immer weiter
abwärts gehen.
Nun
tritt aber dann etwas anderes ein. Wenn der Mensch durch ein
willkürliches Stumpfsein über die Erde geht, dann
tritt in dem Leben nach dem zweiten Erdenleben an ihn heran
Luzifer mit seiner Macht. Der Mensch würde dann in einem
nächsten Leben zwischen Tod und neuer Geburt, wenn Luzifer
nicht an ihn herantreten würde, erst recht in Finsternis
tappen. Aber weil er durchgegangen ist durch ein Leben wie das
eben geschilderte, so kann Luzifer an ihn herantreten, und er
beleuchtet ihm jetzt diejenigen Kräfte und Wesenheiten,
welche er für das nächste Leben braucht. Die Folge
davon ist, daß sie alle von dem Lichte des Luzifer
gefärbt sind. Er tritt dann nach dem stumpfsinnigen Dasein
und nachdem er von Luzifer geführt wurde durch das Leben
zwischen Tod und neuer Geburt in ein neues Erdenleben ein: dann
ist er ganz und gar mit Fähigkeiten begabt, die seine
Organe so zubereiten, daß sie ihn überall den
Versuchungen des Luzifer auf der Erde aussetzen.
Solch ein Mensch kann dann klug und verständig sein, aber
sein Verstand wird kalt sein und berechnend, vor allen Dingen
durchdrungen sein von Selbstsucht, von Egoismus. Dem Seher
zeigt sich bei so vielen Menschen in der Welt, die eigentlich
klug und verständig sind, aber kalt und selbstsüchtig
in ihrer Betätigung, so daß sie, wenn man mit ihnen
zusammenkommt, einen übervorteilen, damit sie selbst
möglichst vorwärtskommen und sich in Szene setzen
können, — es zeigt sich ihm bei der Betrachtung
solcher Menschen, daß sie in ihrem früheren Leben in
der geistigen Welt von Luzifer geführt waren und daß
sie ein stumpfsinniges Leben in der vorhergehenden
Erdeninkarnation geführt haben: ein Tappen in Finsternis
in dem weiter zurückliegenden Leben, vorher ein
willkürliches Sichverschließen gegen die spirituelle
Welt.
Und
man muß sagen: Bei einer solchen Erkenntnis eröffnet
sich einem eine traurige Perspektive für die
materialistische Menschheit. Die Menschen, die in der Gegenwart
materialistisch gesinnt sind und ablehnen die
Beschäftigung mit der spirituellen Welt, die das
Seelenleben als abgeschlossen betrachten durch den Moment des
Todes, ihnen steht ein solches Leben bevor, wie ich es jetzt
geschildert habe. Wir kommen aber nicht damit aus, daß wir
nur in abstrakter Form dieses oder jenes zusammenspintisieren
über den Zusammenhang der verschiedenen Leben, sondern der
konkrete Überblick zeigt uns die mannigfaltigsten
Zusammenhänge zwischen vorhergehenden und kommenden
Erdenleben und den aufeinanderfolgenden Leben im Geistigen.
Daran müssen wir festhalten, daß das Erdenleben eine
große Bedeutung hat für das Leben nach dem Tode.
Und
so hat es dann auch noch eine andere Bedeutung. Es hat die
Bedeutung, daß wir gewissen Wesenheiten nur eigentlich auf
der Erde im vollen Sinne des Wortes so begegnen können,
daß wir mit ihnen recht bekannt werden. Und zu diesen
Wesenheiten gehört vor allen Dingen der Mensch selbst.
Würde das Band von Mensch zu Mensch nicht geknüpft
werden können auf der Erde, so würde es auch nicht im
Geistgebiet geknüpft werden können. Die
Vereinigungen, die zwischen Mensch und Mensch bestehen, sind
solche, daß sie sich hier bilden und sich dann in der
geistigen Welt fortsetzen. Wir können sie aber nie bilden
mit Menschenwesen, die irgendwie prädestiniert sind dazu,
auf der Erde verkörpert zu sein, wenn wir auf der Erde die
Gelegenheit haben sie kennenzulernen, sie aber nicht
benützen; wir können nicht das hier Versäumte in
der geistigen Welt ersetzen in der Zeit, die wir durchleben
zwischen dem Tod und einer neuen Geburt.
Nehmen wir einmal ein Beispiel: Gautama Buddha. Er war eine
solche Menschenwesenheit, die in jenem Leben im sechsten
Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung als Königssohn lebte
und die im 29. Jahre aufgestiegen ist von der
Bodhisattva-Würde zur BuddhaWürde. Das heißt: er
ist ein Buddha geworden, und ein Buddha braucht sich nicht mehr
in einem physischen Menschenleibe zu verkörpern. Der
Gautama-Buddha hat also dazumal sein letztes Erdenleben
durchgemacht. Eine große Anzahl von Menschen trat damals
auf der Erde mit dieser Wesenheit in Berührung. Auch in
noch früheren Verkörperungen auf der Erde traten
Menschen mit dem Bodhisattva in Berührung. Alle diese
Verhältnisse können sich wiederum fortsetzen in die
geistige Welt hinein. Diejenigen, die hier auf der Erde mit dem
Gautama Buddha in Berührung gekommen sind, können
dieses Verhältnis, das sich zwischen ihnen und dem Gautama
Buddha, etwa wie das eines Schülers zum Lehrer,
angesponnen hat, in die geistige Welt hinein fortsetzen. Aber
es gab Seelen im Verlauf der Erdenentwickelung, die nie zu dem
Gautama Buddha auf Erden ein Verhältnis gewonnen haben.
Diese Seelen können, auch wenn sie eine noch so besondere
Reife erlangt haben würden, nun nicht mehr in der
geistigen Welt so ohne weiteres mit dem Gautama-Buddha, mit der
Seele, die damals im Gautama Buddha verkörpert war, in
Berührung kommen. Nur, in bezug auf den Gautama-Buddha
tritt eine Art Ersatz ein; es tritt etwas für ihn ein, was
wie ein Ersatz wirkt, wenn man zu ihm nicht auf der Erde in
eine gewisse Berührung gekommen ist. Denn der Buddha hat
ein ganz besonderes Schicksal durchgemacht, nachdem er Gautama
Buddha war und nicht mehr zurückzukehren brauchte zur
Erde, sondern fortlebt in einer rein geistigen Region.
Zunächst ist er ja mit den Erdenverhältnissen in
Beziehung geblieben; nur nicht von der Erde aus, auf welche er
ja nicht mehr zurückkehrte, sondern von den geistigen
Regionen aus wirkte die Wesenheit des Gautama-Buddha herein in
das Erdendasein. Wir wissen, daß der Gautama-Buddha seine
Wesenheit hineinstrahlen ließ in jenen Jesusknaben, von
dem uns das Lukas-Evangelium erzählt. Da strahlte die
übersinnliche Wesenheit des Buddha in den Astralleib des
Lukas-Jesusknaben hinein, wirkte also von der
übersinnlichen Welt in das Erdendasein herein. Aber mit
den gewöhnlichen Vorstellungsweisen konnten die
Erdenmenschen nicht mehr in Verbindung mit ihm kommen, sondern
in Verbindung mit der Seele des Gautama-Buddha konnten nur
diejenigen kommen, die von der Erde aus durch eine höhere
Entwickelung den Zugang zu ihm fanden, zum Beispiel Franz
von Assisi. Bevor dieser eingetreten ist in das
Erdenleben, und vor dem Ablauf des letzten Lebens zwischen
Geburt und Tod, lebte die Wesenheit des Franz von Assisi in
einer im südöstlichen Europa befindlichen
Mysterien-Kolonie, in welcher nicht physische Lehrer waren,
sondern Lehrer aus der übersinnlichen Hierarchie, welcher
der Buddha zugehörte oder besser gesagt die Seele, die
einstmals in dem Buddha verkörpert war. Es ist in einer
solchen Mysterienstätte so, daß Schüler da sind,
die schon die hohen Fähigkeiten für das Schauen der
übersinnlichen Welt entwickelt haben. Solche Schüler
sind imstande, Lehrer zu haben, die nur aus der geistigen Welt
hereinwirken. Und so lehrte denn in jener Mysterienstätte
der Buddha; und ein treuergebener Schüler des Buddha war
Franz von Assisi in seiner früheren Inkarnation. Und auf
nahm dazumal Franz von Assisi alles dasjenige, was ihn
befähigte, in dem Leben, in das er dann eintrat, sich
selbst zu beleuchten die höheren Hierarchien, die ihn dann
in das Dasein treten ließen als den großen Mystiker,
der eine so starke Wirkung in seiner Zeit haben konnte. Das
alles ist möglich, da ja allerdings diese Seele des Franz
von Assisi in eine Beziehung getreten ist durch ihre damaligen
höheren Fähigkeiten mit dem Gautama Buddha, auch noch
nachdem er von der übersinnlichen Welt aus auf ihn wirken
konnte.
Aber für das gewöhnliche Menschenleben, das
angewiesen ist auf das Leben, das durch die Sinne und den
Verstand entfaltet wird, ist ja eine solche Begegnung nicht
möglich. Und dann gilt das, was eben gesagt worden ist:
daß wir einem Menschenwesen nicht mehr begegnen
können, wenn wir ihm nicht begegnet sind in der physischen
Welt.
Die
Ausnahme, die wir eben bei Buddha kennengelernt haben, bedingt
nun eben weitere Ausnahmen. Und wenn es unmöglich ist,
daß der gewöhnliche Mensch in den geistigen Regionen
Menschen begegnet, mit denen er hier kein Verhältnis
angeknüpft hat, so ist es doch möglich, daß der
Erdenmensch, der hier den ChristusImpuls empfangen hat, sich
damit durchdrungen hat, zwischen dem Tod und einer neuen
Geburt, wenn auch nicht anderen Menschen, mit denen er hier
keine Verbindung angeknüpft hat, so doch dem Buddha
drüben begegnet. Denn für ihn ist ja wieder etwas
ganz Besonderes vorgesehen.
Beim Beginn des siebzehnten Jahrhunderts, da stand ein anderer
Planet als die Erde an dem Punkte einer ähnlichen
Entwickelungskrisis, wie die Erde in einer solchen stand, als
das Mysterium von Golgatha hereinbrach. Und wie dazumal in
diesem Erdendasein aus höheren Regionen der Christus
erschienen ist, so erschien in jener Mars-Krisis gegen das
siebzehnte Jahrhundert auf diesem Mars der Buddha. Das
heißt, nachdem der Buddha durch seine Erdeninkarnationen
gegangen war bis zu seiner letzten, war es für ihn nicht
mehr notwendig, in ein Erdenleben zurückzukehren; aber er
setzte seine Tätigkeit fort in anderen Regionen. Der
Buddha wanderte sozusagen von den Erdenverhältnissen
hinaus nach dem Mars. Und während der Mars bis dahin der
Ursprungsort vorzugsweise war der Kräfte, die der Grieche
als den für die Welt fruchtbaren Streit bezeichnet, so war
diese Mission des Mars gegen das siebzehnte Jahrhundert
abgelaufen, und ein neuer Einschlag war dort notwendig: der
Buddha vollbrachte dort die Buddha-Kreuzigung. Nicht verlief
für den Mars das Buddha-Mysterium, wie das
ChristusMysterium auf Erden verlief, aber der
Friedensfürst Buddha, der in seinem letzten Erdenleben
überall Frieden und Liebe ausstrahlte, der wurde
hineinversetzt in den von Streit erfüllten Mars. Und das
Hineinversetztwerden der Wesenheit, die ganz erfüllt ist
von Friedenskräften, von Liebekräften, in den Plan
des Streites und der Disharmonie, das ist in gewissem Sinne
auch eine Kreuzigung gewesen.
Für den Seherblick fügen sich zwei Momente wunderbar
zusammen. Wenn man den Blick hinrichtet auf den
achtzigjährigen sterbenden Buddha hier auf der Erde, dann
ist gerade dieser BuddhaTod etwas seltsam Ergreifendes und
Erschütterndes. 483, in einer herrlichen Vollmondnacht,
umflossen von dem silbernen Mondenlicht, da starb der Buddha,
ausstrahlend Frieden und Milde. Das war der letzte Erdenmoment.
Dann wirkte er noch in der Ihnen eben geschilderten Weise auf
die Erde hin. Im Beginn des siebzehnten Jahrhunderts sieht der
Seher wieder aufleuchten das milde, silberne moralische Licht
des Buddha auf dem Mars. Es sind zwei wunderbare Momente, die
sich im Weltgeschehen zusammenschließen.
Und
die Menschen, die hier auf der Erde den Christus-Impuls in der
entsprechenden Weise aufnehmen, die gehen ja dann, wenn sie
drüben leben, durch die kosmische Welt durch. Wir gehen
alle durch diese Welten des Kosmos hindurch. Wir gehen
zunächst durch die Planeten unseres Planetensystems. Wir
durchleben eine Mondenzeit, eine Merkurzeit, eine Venuszeit,
eine Sonnenzeit, eine Marszeit, eine Jupiterzeit, eine
Saturnzeit. Hernach gehen wir hinaus in die Umgebung unseres
Planetensystems, um dann wieder zurückzukehren. Und eben
dann begegnen wir diesen Kräften und Wesenheiten, von
denen wir empfangen müssen dasjenige, was wir zum Aufbau
des nächsten Erdenlebens brauchen. Und derjenige, der hier
auf Erden den ChristusImpuls aufgenommen hat, kann dann bei
seinem Durchgehen durch die Mars-Sphäre das aufnehmen, was
ausfließt von dem Buddha. Das ist solch ein Fall, ein
Ausnahmefall, wo auch die Seelen, die nicht in ihren
früheren Erdeninkarnationen mit dem Buddha
zusammengekommen sind, noch jetzt, zwischen Tod und neuer
Geburt, diesen Buddha treffen können.
Für den seherischen Blick hat sich ergeben, daß
manche Menschen, die im siebzehnten Jahrhundert lebten, ihre
merkwürdige Begabung dadurch zeigen, daß sie in der
Zeit, die ihrer Geburt voranging, in den geistigen Welten ihre
Kraft bekamen von dem Buddha. Gering sind im Grunde genommen
noch die Fähigkeiten, diese Kräfte aufzunehmen
für die Menschen, weil der Buddha eben noch nicht lange
auf dem Mars dieses Mysterium vollbracht hat. In der Zukunft
werden die Menschenseelen immer mehr und mehr in der
Mars-Sphäre Kräfte aufnehmen von dem Buddha. Aber
schon im neunzehnten Jahrhundert haben sich für
denjenigen, der so etwas sehen kann, Menschen gezeigt, die ihre
Fähigkeiten dadurch hier im Erdenleben entwickeln
können, daß sie bei ihrem Durchgang durch die
Mars-Sphäre vom Buddha Einflüsse erhalten haben. So
kompliziert und so wunderbar verlaufen diese Leben zwischen dem
Tod und der neuen Geburt.
Der
Mensch muß das Licht, das ihm die Erlebnisse zwischen dem
Tod und einer neuen Geburt beleuchten kann, von hier mitnehmen,
sonst tappt er im Finstern. Und so ist es auch in diesem
besonderen Falle. Der Mensch, der hier von der Erde weggeht
durch die Pforte des Todes und hier keinen Christus-Impuls
aufgenommen hat, der davon nichts wissen wollte, der kann dann
in dem darauffolgenden Leben in der geistigen Welt durch die
Mars-Sphäre durchgehen, ohne etwas zu ahnen von den
Einflüssen des Buddha. Der Buddha ist für ihn wie
nicht da. Denn das müssen wir festhalten: Wir gehen zwar
an den Wesenheiten der höheren Hierarchien vorbei;
daß wir sie aber bemerken und daß wir das Notwendige
mit ihnen zu tun bekommen können, das hängt davon ab,
wie wir uns im letzten Erdenleben selbst das Licht
angezündet haben, damit wir nicht an ihnen vorbeigehen,
sondern von ihnen etwas empfangen können. — So hat
der ganz unrecht, der da sagt: Es ist unnötig, sich im
Erdenleben mit dem Jenseits zu befassen.
Sie
haben nun schon gesehen, daß eigentlich das Erdenleben
für eine höhere Betrachtung eine Art spezieller Fall
ist. Wir leben hier in der Erdensphäre zwischen Geburt und
Tod im physischen Leibe verkörpert. Wir gehen zwischen den
Erdenleben durch die geistige Welt. Man kann außer der
Erdenverkörperung sprechen von einer
«Verkörperung» zwischen Tod und neuer Geburt,
oder vielmehr von einer Verseelung. Das, was ich
ausgeführt habe für die andere Welt, gilt auch
für die Erde. Denken Sie einmal, daß also für
die Bewohner des Mars, die besonders zum Mars gehören, ein
Mensch, der da lebt zwischen dem Tod und einer neuen Geburt,
durch das Marsdasein gehen kann, ohne in Berührung zu
kommen mit den Marswesenheiten. Er sieht sie nicht, sie sehen
ihn nicht. So ist es auch für die Erde. Durch die
Erdensphäre gehen fortwährend Wesen, die eigentlich
zu anderen Planeten gehören, so wie der Mensch zur Erde
gehört. Marsbewohner verleben ihr reguläres Leben auf
dem Mars, und zwischen ihrem Erlebnis, das dem Tode entspricht
— es ist zwar etwas anders — und ihrem neuen Leben
auf dem Mars, vollziehen sie den Durchzug durch die anderen
Planeten. So daß tatsächlich Bewohner der anderen
Planeten fortwährend durch unsere Erdensphäre
durchgehen. Die Erdenmenschen können mit ihnen in kein
Verhältnis treten, weil sie eben unter ganz anderen
Daseinsbedingungen leben und weil sie unter Umständen eben
gar keine Beziehungen angeknüpft haben auf dem Mars mit
diesen Wesen.
Was
wäre denn notwendig, um diesen Durchzüglern durch die
Erdensphäre, die eigentlich anderen Planeten
zugehören, zu begegnen? Es wäre nötig, daß
man Berührungspunkte mit ihnen entwickelt hätte auf
ihren eigenen Planeten. Das kann man nur, wenn man hier auf der
Erde schon bewußt durch die Entwickelung
übersinnlicher Kräfte mit anderen als Erdenwesen in
Beziehung kommen kann.
So
stellt sich in der Tat die Möglichkeit ein, daß bei
denen, die eine höhere Geistesschulung durchgemacht haben,
auch eine Begegnung stattfinden kann mit den Durchzüglern
von anderen Planeten. Und so sonderbar es ist, es ist wirklich
wahr, was ich Ihnen sage: Für denjenigen, der heute die
merkwürdigen Theorien vernimmt, die die Physik und die
Astronomie für die Marsbewohner aufstellt für den,
der sie kennenlernt als Durchzügler durch unsere Erde und
von ihnen erfährt, wie das Marsdasein ist, denn so
erfährt man es —, für den sind diese Hypothesen
sehr komisch; denn es ist ganz anders. Alle diese Dinge
führe ich aus, weil ich möchte, daß Sie Ihren
Blick erweitern von dem Erdenleben aus in die anderen Welten,
über die sichtbaren Wesenheiten hinaus, von denen wir
umgeben sind, zu den Wesenheiten, die nicht wahrgenommen
werden, solange der Blick für sie nicht geöffnet
ist.
Aber nicht nur, daß wir mit Menschen nicht zusammenkommen
können auf den anderen Planeten zwischen dem Tod und einer
neuen Geburt, mit denen wir hier auf der Erde nicht Beziehungen
angeknüpft haben, wir können auch nicht mit solchen
Verhältnissen in Berührung kommen zwischen dem Tod
und einer neuen Geburt, die zu der Erdenmission gehören,
die sich hier entwickeln müssen und zu denen wir auf der
Erde in keine Beziehungen getreten sind oder mit denen wir
nicht auf dem Umweg durch die Erdenverhältnisse in
Beziehung treten.
Geisteswissenschaft oder Anthroposophie zum Beispiel, was ist
sie in kosmischer Beziehung? Nun, derjenige, der sich allerlei
Theorien macht, könnte leicht glauben: Geisteswissenschaft
ist etwas, was durch alle Welten hindurch gelehrt und gelernt
werden kann. So ist es aber nicht eingerichtet im Weltenall.
Ein jedes Gebiet der Welt hat seine besondere Aufgabe —
und nicht wiederholt sich dies in der gleichen Weise im
Weltenall. Geisteswissenschaft ist nur auf der Erde
möglich, nicht auf einem anderen Planeten oder einem
anderen Gebiet. Deshalb ist ja von den schöpferischen
Mächten die Erde gemacht worden, damit hier entstehe, was
nur auf der Erde entstehen kann. Geisteswissenschaft kann nur
auf der Erde entstehen, man kann sie nirgends anders lernen;
sie ist eine Offenbarung über die übersinnliche Welt,
aber so, wie sie auftritt, kann sie nur hier auftreten.
Nun
kann man sagen: Ja, das mag ja alles so sein, aber der Mensch
könnte ja über die übersinnliche Welt sich in
einer anderen Form unterrichten in der übersinnlichen Welt
als in der Form der Geisteswissenschaft! — Ja, denken
kann man es, aber wahr ist es nicht. Denn der Mensch ist so
veranlagt, daß er einmal, wenn er überhaupt in der
für ihn richtigen Weise ein Verhältnis zur
höheren Welt gewinnen will, er dies nur durch
Geisteswissenschaft gewinnen kann. Wenn der Mensch es
versäumt auf der Erde, sich der Geisteswissenschaft oder
Anthroposophie zu nähern, dann hilft ihm kein anderes
Leben, um sie kennenzulernen. Aber auch hilft ihm kein anderes
Leben, um die übersinnliche Welt in richtiger menschlicher
Weise kennenzulernen. — Das braucht uns nicht in
Verzweiflung zu bringen mit Bezug auf die vielen Menschen, die
noch nichts wissen wollen von Geisteswissenschaft: sie werden
ja wiederkehren und dann später damit in Berührung
kommen. Anthroposophie ist auf der Erde eingerichtet, damit sie
den Menschen dasjenige, was nach Menschenart über die
übersinnliche Welt gewußt werden muß, vermitteln
kann. Nur eine Art von Vermittlung ist möglich, und die
ist nur möglich durch Vermittlung der Menschen. Wenn der
Mensch durch die Pforte des Todes eingetreten ist in die
geistige Welt, ohne daß er hier etwas erfahren hat von
Geisteswissenschaft, so kann er davon erfahren dadurch,
daß er in Beziehung gestanden hat zu Erdenmenschen, die
mit ihr in Berührung sind. Es ist das ein Umweg, aber ein
möglicher Weg ist es. Nehmen wir das Beispiel von zwei
Menschen, die hier auf Erden tief befreundet waren: der eine
steht in Beziehung zur Anthroposophie, der andere nicht; der
letztere stirbt, es kann der erstere ihm viel helfen dadurch,
daß er ihm vorliest, ihn bekannt macht mit dem, was ihn
nach dem Tode umgibt. Der Mensch kann also ein wichtiges Werk
der Geistes-Wissenschaft sozusagen lesen mit einem Toten: der
Tote hört ihm zu. wie es der Seher konstatieren kann.
Manchmal ist es so, die Tatsachen sprechen so, und wenn auch
manches «Warum?» aufgeworfen werden kann, diese
«Warum?» haben keine Bedeutung gegenüber der
Tatsache, die ich Ihnen anführen kann als eine
vollbeobachtete Tatsache: Es kann sein, daß ein einfacher
Mensch, der nur in Berührung mit der Geisteswissenschaft
kam und der den Toten recht geliebt hat, einem Toten besser
vorlesen kann als ein Seher, der zwar den Toten aufsuchen kann,
der aber in diesem Leben keine Gemütsbeziehungen hatte zu
dem Toten. Zuweilen kann es aber auch sein, daß Seher sich
zur Aufgabe machen, Toten vorzulesen, die sie nicht gekannt
haben; es zeigt sich jedoch viel häufiger, daß man
die Möglichkeit nicht findet, einem Toten, mit dem man
früher nicht in Berührung gekommen ist, vorzulesen.
Aus dieser Tatsache können Sie die große Bedeutung
empfinden, welche geistige Gemeinschaften wie die
anthroposophische haben: da wird in einer gewissen Weise das
ersetzt, was wir jetzt charakterisieren konnten wie eine Art
von Mitleben, In-Berührung-Kommen. Wenn es solche
Gemeinschaften nicht gäbe, so würde in der Tat ein
jeder Tote darauf angewiesen sein, nur vorgelesen zu bekommen
durch ganz nahestehende Leute. Nur solche geistigen
Gemeinschaften, wo gemeinsam spirituelle Ideale gepflegt
werden, erweitern diese Sache. Und so kann es vorkommen, und es
kommt vor, daß das eintritt, daß man da einen
Anthroposophen trifft, der in einer gewissen Weise imstande
ist, durch das, was er schon gelernt hat, stark konzentriert
spirituelle Gedanken vorzulesen oder sie ablaufen zu lassen in
seiner eigenen Seele. Dann kann man ihm sagen: Sieh einmal, da
ist ein Mensch gestorben, ich zeige dir seine Schriftzüge,
er war auch Anthroposoph, er gehört derselben Gemeinschaft
an. Dann genügt vielleicht, daß der Betreffende nur
Schriftzüge zu sehen bekommt — nicht Photographien
—, einen Lieblingsspruch des Toten erfährt, und es
kann sein, daß der betreffende schon etwas entwickeltere
Anthroposoph auch einem solchen in fruchtbarster Weise vorlesen
kann, mit dem er im Leben in keine Berührung gekommen ist.
Das wird auch eine schöne Aufgabe einer geistigen
Gemeinschaft sein, daß in einer so starken Weise der
Abgrund überbrückt werden kann zwischen Lebenden und
Toten.
Heute drängen sich die Anthroposophen noch zu mancherlei
Aufgaben, die nur auf dem physischen Plane liegen, weil doch
noch viel materialistische Denkungsweise in ihnen ist, wenn sie
auch theoretisch aufgenommen haben die Wissenschaft der
Anthroposophie. Die eigentlichen geistigen Aufgaben werden erst
kommen, wenn Geisteswissenschaft noch tiefer in die Seelen
eingezogen sein wird: dann werden sich Seelen finden, die das
Amt übernehmen, den Toten zu helfen und sie
vorwärtszubringen. Innerhalb unserer Gemeinschaft ist in
gewisser Weise der Anfang schon seit langer Zeit gemacht
worden, so daß dasjenige, was auf diesem Gebiet hat
geschehen können, nun zu einer hohen Befriedigung
gereichen muß.
Allerdings, wenn ein Anthroposoph durch die Pforte des Todes
gegangen ist, also selbst mitgenommen hat spirituelle Gedanken,
so kann er, wenn er in der geistigen Welt lebt, unter
Umständen dann auch selbst den Toten Dienste leisten, kann
ihr Lehrer sein. Aber diese Dinge sind im allgemeinen schwerer
als man denkt. Leichter als drüben kann man dieses alles
auf Erden tun, weil die Gemeinschaften, die nach dem Tode da
sein können, durchaus abhängig sind von den
Gemeinschaften, die vor dem Tode da waren.
Wenn zum Beispiel zwei Menschen auf der Erde miteinander gelebt
haben, wovon der eine Anthroposoph war, der andere
Geisteswissenschaft nicht mochte, nun nach dem Tode aber
Sehnsucht hat nach ihr, so kann es vorkommen, daß sich der
hier lebende Anthroposoph bis zu seinem eigenen Tode
bemüht, dem Weggegangenen vorzulesen. Nach einer gewissen
Zeit tritt der Zurückgebliebene, der dem anderen
vorgelesen hat, selbst durch die Pforte des Todes; er ist dann
mit ihm in der geistigen Welt. Ja, dann tritt ein Nachklang
desjenigen Verhältnisses wieder ein, das hier auf der Erde
bestand, und das bietet eine Schwierigkeit — während
keine Schwierigkeit vorhanden war, als der eine noch auf Erden
war und der andere gestorben war. Es treten Dissonanzen hervor,
wenn sie unter den gleichen Daseinsbedingungen, die in ihren
irdischen Be-Ziehungen bestanden hatten, wieder zusammen sind.
Und wie hier die eine Seele nichts wissen wollte von der
anderen über Geisteswissenschaft, so ist es auch
drüben. Das zeigt uns aber wieder, wie die
Verhältnisse drüben abhängig sind von den
Verhältnissen hier auf Erden. Die Dinge sind eben sehr
kompliziert und können nicht bloß gedanklich
konstruiert werden.
Aber das, was in der Mission der Geisteswissenschaft liegt, das
tritt durch solche Tatsachen lebendig vor unsere Seelen. Das
zeigt uns, wie der Abgrund überbrückt wird zwischen
den Lebenden und den Toten. Wir sehen, es können ebenso
die Toten unter Umständen in die Erde hereinwirken, wie
die Lebenden wirken können in die geistige Welt hinein.
Wir können untersuchen, wie die Toten hereinwirken in die
physische Welt.
Im
Grunde wissen die Menschen hier auf der Erde sehr wenig von
dem, was sie umgibt. Wie betrachten die Menschen das Leben
eigentlich? Sie betrachten es so, daß sie die Ereignisse,
die sich abspielen, wie an einen Faden anknüpfen, daß
sie das eine als Ursache, das andere als Wirkung betrachten,
aber weiter nicht viel dabei denken. So sonderbar es klingen
mag, aber es ist so. Das was geschieht, das ist der
allergeringste Inhalt des wirklichen Lebens, nur der
äußerliche Inhalt des wirklichen Lebens. Es gibt noch
etwas anderes im Leben als das, was so geschieht; etwas, was
nicht minder eine Bedeutung hat für das Leben.
Nehmen wir ein Beispiel. Ein Mensch ist gewohnt, jeden Tag
pünktlich um acht Uhr aus seinem Hause zu gehen. Er hat
täglich einen bestimmten Weg zu gehen über einen
Platz. Eines Tages bringen es die Verhältnisse mit sich,
daß er drei Minuten später weggeht als sonst; aber er
geht denselben Weg. Da nimmt er etwas Sonderbares wahr an dem
Platz, über den er täglich gehen muß unter
Kolonnaden her: die Decke der Kolonnaden ist
herabgestürzt! Wäre er zu der gewohnten Zeit
gegangen, so hätte ihn die Decke bestimmt erschlagen.
Solche Dinge gibt es viele im Leben. Wie oft können wir
uns sagen, daß etwas ganz anderes möglich gewesen
wäre, wenn diese und jene Bedingungen vorhanden gewesen
wären, als das, was eingetreten ist. Wir werden eben im
Leben vor vielem behütet; vieles geschieht nicht, was
geschehen könnte. Wir betrachten nämlich im Leben nur
die äußeren Wirklichkeiten, nicht aber die inneren
Möglichkeiten; aber diese Möglichkeiten liegen
fortwährend hinter dem Leben. Wenn ein gewesener Tag
für uns diese oder jene Ereignisse gebracht hat, so ist
das eben im Grunde genommen nur das
Äußerlich-Wirkliche, und dahinter liegt eine ganze
Welt des Möglichen. Denken Sie sich zum Beispiel das Meer,
meine lieben Freunde. In dem Meer leben viele, viele Heringe;
damit sie haben entstehen können, sind aber nicht nur so
viel Keime dagewesen, als dann Heringe entstanden sind. Viele,
unendlich viele Keime gehen zugrunde; sie erreichen nicht ihr
Ziel; es lebt nur die mögliche Anzahl von Heringen. So ist
es aber mit dem ganzen Leben. Das, was wir vom Morgen bis zum
Abend erleben, ist nur ein Ausschnitt aus einer großen
Zahl von Möglichkeiten. Wir gehen in jedem Augenblick an
möglichen, aber nicht geschehenden Dingen vorbei. Wenn
etwas Mögliches an uns vorübergegangen ist, dann ist
das für uns ein besonderer Augenblick. Denken Sie an das
Beispiel des Mannes, der nur wie gewöhnlich hätte aus
dem Hause zu gehen brauchen: er wäre von der Decke der
Kolonnaden erschlagen worden. So sind aber fortwährend
solche Möglichkeiten für uns vorhanden. In einem
solchen Moment, wo ein Mensch drei Minuten später vor dem
Gebäude ist, das ihn sonst erschlagen hätte, wenn er
früher gekommen wäre, da ist der günstige
Moment, daß die geistige Welt in ihm aufblitzen kann. Da
kann ihm eines dieser Erlebnisse aufgehen, das ihn mit Toten
zusammenbringen kann. Heute achtet der Mensch noch nicht auf
diese Dinge, weil er eigentlich nur an der Oberfläche der
Dinge lebt.
Geisteswissenschaft wird nach und nach Lebenselixier werden,
und der Mensch wird nicht nur sehen, was äußere
Wirklichkeit ist, sondern er wird achten auf dasjenige, was
sich ankündigt in seinem Seelenleben. Und darunter wird
oftmals die Stimme der Toten sein, die noch etwas wollen von
den Lebenden.
Wie
wir am Vorlesen ein Beispiel dafür haben, daß die
Lebenden auf die Toten wirken können, so können auch
die Toten wiederum auf die Lebenden einwirken. Es wird die Zeit
kommen, da werden die Menschen im Geiste mit den Toten reden.
Da werden sie zu den Toten reden und werden den Toten
gewissermaßen zuhören. Da es so ist, daß der Tod
nur die äußere Form des Menschen ändert, seine
Seele aber weiter sich entwickelt, so ist es noch ein recht
unvollkommener Zustand der Menschheit, den die Menschen jetzt
darleben, indem sie keine Gemeinschaft haben mit den Menschen,
die nur in anderer Form leben, nur ein andersartiges Leben
haben. Wenn Geisteswissenschaft nicht mehr eine Theorie sein
wird, sondern die Seelen durchziehen wird, so wird auch eine
lebendige Gemeinschaft mit den Toten immer da sein können.
Dieses, was jetzt nur in einer gewissen Weise für den
Seher da sein kann, das wird nach und nach gemeinsames
Menschengut werden.
Sie
können sagen: Für den Seher mag das so sein, er kann
die Menschen aufsuchen zwischen dem Tod und einer neuen Geburt.
Aber es ist dies heute sehr schwierig, weil der Unglaube an die
geistige Welt, das Nicht-in-Beziehung-Stehen zur geistigen Welt
Hindernisse schafft auch für diejenigen, die sich
verbinden können mit der geistigen Welt. — Es gibt
eben gewisse Dinge, die nur dann ungehindert sich abspielen
können, wenn sie Gemeingut der Menschen sein können.
Es kann ein Mensch ein noch so bedeutender Baumeister sein,
wenn niemand etwas von ihm bauen läßt, kann er eben
nicht bauen. So kann es auch für den Seher sein. Er kann
die Fähigkeiten haben, in eine geistige Welt
hinaufzusteigen zu den Toten: aber wenn das erschwert wird
dadurch, daß die Gemeinschaft mit den Toten für die
meisten Menschen unmöglich ist, kann es auch für den
Seher nur in Ausnahmefällen gelingen.
Meine lieben Freunde, ich wollte Ihnen zeigen, wie
Geisteswissenschaft Leben wirken kann. Und vielleicht besser
noch als dasjenige, was wir theoretisch lernen, ist dieses
Gefühl, diese Empfindung zu pflegen von der Aufgabe der
Geisteswissenschaft in der Menschenzukunft. Dadurch bekommt ein
jeder, der zu dieser anthroposophischen Bewegung gehört,
einen Eindruck von dem, was er eigentlich tut. Er bekommt einen
Eindruck davon, was für ein Unermeßliches geleistet
werden soll gerade durch die Geisteswissenschaff oder
Anthroposophie. Und man lernt dadurch mit vollem Ernst und in
voller Würde an ihr hängen, man lernt, sie nicht als
etwas Leichtes, was uns nur erbauen soll, zu nehmen, sondern
sie zu nehmen als etwas, was der Menschheit gegen die Zukunft
hin notwendiger und notwendiger wird. Davon wollte ich durch
die heutigen Betrachtungen eine Empfindung in Ihnen
hervorrufen.
|