VOM
DURCHGANG DES MENSCHEN NACH DEM TODE DURCH DIE SPHÄREN DES
KOSMOS
München, 12 März 1913
Zweiter Vortrag
Als
ich bei meiner letzten Anwesenheit hier über das Leben
zwischen dem Tod und einer neuen Geburt sprach, da versuchten
wir zu betrachten den Zusammenhang dieses Lebens zwischen dem
Tod und einer neuen Geburt mit den großen
Verhältnissen des Kosmos. Ich versuchte zu zeigen, wie
tatsächlich der Weg, der zwischen dem Tod und einer neuen
Geburt zurückgelegt wird, durch den Kosmos, durch die
Sphären des Kosmos führt. Wollen wir nur mit ein paar
Worten auf das zurückblicken, was wir dazumal
hervorzuheben versuchten.
Die
erste Zeit nach dem Tode — das wurde ja schon gesagt
— ist eigentlich für den Menschen ausgefüllt
mit einer Art von Zusammenhang mit dem letzten Erdenleben. Es
ist eine Art von Herauswachsen aus dem letzten Erdenleben, so
daß in der Tat in diesen ersten Zeiten nach dem Tode alles
das fortdauert, was im Erdenleben den menschlichen Astralleib
ergriffen hat. Was diesen menschlichen Astralleib
beschäftigt hat, die Art der Affekte, die Art der
Leidenschaften, die Art der Gefühle, das dauert fort. Und
weil der Mensch hier in der physischen Verkörperung alle
diese Dinge bewußt nur erlebt, wenn er innerhalb seines
physischen Leibes ist, so ist natürlich das Erlebnis all
dieser im Astralleib befindlichen Kräfte wesentlich
anders, wenn der Mensch durch das Gebiet durchgeht, das da
liegt zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Es ist dieses
Erleben im wesentlichen durchzogen in normalen Fällen
— es gibt davon viele Ausnahmen — in den ersten
Zeiten nach dem Tode von einer gewissen Entbehrung,
hervorgerufen dadurch, daß der Mensch in seinem
Astralleibe leben muß, ohne daß ihm der physische
Leib zur Verfügung steht. Der Mensch drängt darnach,
noch seinen physischen Leib zu haben; das hält den
Menschen eine kürzere oder längere Zeit — man
darf es schon so nennen — im normalen Falle in der
Sphäre der Erde zurück. Alles Kamaloka verläuft
ja eigentlich in der Sphäre zwischen der Erde und der
Mondenbahn; aber das eigentliche für den Menschen
bedeutungsvolle Kamaloka verläuft viel näher der Erde
als, sagen wir, der Mondenbahn.
Seelen, welche überhaupt nicht viel von dem entwickelt
haben, was Empfindungen und Gefühle sind, die sozusagen
über das Erdenleben hinausgehen, bleiben auch recht lange
mit der Sphäre des Erdenlebens verbunden, verbunden durch
ihr eigenes Begehren. Wenn ein Mensch — das ist ja sogar,
man möchte sagen, äußerlich leicht einzusehen
— ein ganzes Leben nur solche Gefühle und
Empfindungen in sich ausgebildet hat, die sich durch
Leibesorgane, durch Verhältnisse der Erde befriedigen
lassen, dann kann er auch nicht anders, als eine gewisse
längere Zeit mit der Sphäre der Erde verbunden
bleiben. Man kann durch ganz andere Triebe und Begierden noch,
als man gewöhnlich wähnt, mit der Erdensphäre
verbunden bleiben. Zum Beispiel recht ehrgeizige Menschen,
denen es besonders darum zu tun ist, innerhalb der
Erdenverhältnisse dieses oder jenes zu gelten, die den
allergrößten Wert darauf legen, solche Geltung zu
haben, die von Urteilen innerhalb der Erdenmenschheit
abhängig ist, die entwickeln damit auch in ihrem
Astralleibe einen Affekt, der sie längere Zeit sozusagen
zu erdgebundenen Seelen macht. Es gibt mannigfaltige
Gründe, welche den Menschen so in der Erdensphäre
zurückhalten. Und das weitaus meiste, was auf medialem
Wege aus den geistigen Welten für die Menschen vermittelt
wird, das stammt eigentlich aus solchen Seelen und ist im
wesentlichen das, was diese Seelen abzustreifen streben.
Es
braucht nicht einmal immer daran gedacht zu werden, daß
solche Seelen durch ganz unedle Motive, obwohl das meist der
Fall ist, an die Erde gebunden bleiben; es können auch
Sorgen sein, welche für das empfunden werden, was man auf
der Erde zurückgelassen hat. Solche Sorgen für
zurückgelassene Freunde, Verwandte, Kinder, können
auch in gewisser Weise wie eine Art Schwere wirken und die
Seele in der Erdensphäre zurückhalten. Und es ist
gut, gerade auch auf diesen Punkt das Augenmerk zu lenken, aus
dem Grunde nämlich, weil wir, wenn wir diesen Punkt
berücksichtigen, auch dadurch den Toten in einer gewissen
Weise helfen können. Wenn wir wissen, daß zum
Beispiel ein Hingestorbener diese oder jene Sorge für
Lebende empfinden kann — und man kann ja in dieser
Beziehung gar manches wissen —, so ist es gut für
die weitere Entwickelung des Toten, diese Sorge ihm abzunehmen.
Man erleichtert das Leben eines Toten in der Tat dadurch,
daß man ihm zum Beispiel abnimmt die Sorge um ein Kind,
das er unversorgt zurückgelassen hat. Wenn man also etwas
tut für das Kind, so nimmt man in der Tat dem Toten eine
Sorge ab, und es ist dies gerade ein rechter Liebesdienst. Denn
stellen wir uns nur einmal die Situation vor. Solch ein Toter
hat ja nicht die Mittel an der Hand, seinen Sorgen auch
tatsächlich abzuhelfen; er kann oftmals nicht das tun, was
die Lage irgendeines zurückgelassenen Kindes, Verwandten,
Freundes, erleichtern könnte von seiner Welt aus, und er
ist oftmals — das ist ein in vielen Fällen
außerordentlich bedrückendes Gefühl für den
seherischen Beobachter verurteilt, diese Sorge so lange zu
tragen, bis sich von selbst oder durch Umstände die Lage
des Zurückgelassenen bessert. Wenn wir also etwas dazu
tun, sie zu bessern, so ist die Folge diese, daß wir dem
Toten einen rechten Liebesdienst erwiesen haben.
Es
ist oftmals sogar beobachtet worden, daß irgendeine
Persönlichkeit hingestorben ist, die sich das oder jenes
für das Leben noch vorgenommen hatte. Sie hing an einem
solchen Vorsatz. Wir helfen ihr, wenn wir versuchen,
unsererseits das zu tun, was sie gerne getan hätte. Das
alles sind Dinge, die eigentlich gar nicht schwierig zu
begreifen sind, die aber wirklich einmal ins Auge gefaßt
werden sollen, weil sie mit der seherischen Beobachtung
durchaus übereinstimmen.
Nun
gibt es ja noch sehr viele Dinge, welche den Menschen lange
festhalten können sozusagen in der Äthersphäre
der Erde. Dann aber wächst er über diese
Äthersphäre hinaus, und zum Teil habe ich ja schon
geschildert, wie dieses Hinauswachsen geschieht. Wir
müssen ja doch unsere Begriffe umformen, wenn wir das
Leben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt verstehen wollen.
Es ist nicht gerade allzustörend, wenn wir über die
Toten in Worten reden, welche angepaßt sind den
Erdenverhältnissen, die sozusagen von diesen hergenommen
sind, da wir ja eine eigentliche Sprache für die
Erdenverhältnisse haben. Und wenn auch das nur
bildmäßig stimmt, was wir in Worten ausdrücken
können für das Leben nach dem Tode, so braucht das,
was so in Worte gefaßt wird, nicht gerade unrichtig zu
sein.
Man
muß zum Beispiel berücksichtigen, daß ein jedes
Charakterisieren so, als ob der Tote sich abgeschlossen an
einem Ort befände, als ob der Tote so abgeschlossen
wäre wie ein im physischen Leibe Lebender, nie ganz
richtig ist, weil in der Tat das Erleben nach dem Tode geradeso
wie das Erleben innerhalb der Initiation ein Heraustreten aus
dem Leibe ist, verbunden mit einer Verbreiterung des ganzen
Seelenwesens. Und wenn wir eben eine Seele verfolgen, die
angekommen ist bei der Mondensphäre, wie wir sagen, so ist
in der Tat, wenn wir leiblich begrenzen wollten, der Leib dann
im Grunde genommen die Ausbreitung der
Erlebnismöglichkeit. Es dehnt sich dieser Leib aus
über eine ganze Sphäre, die dann äußerlich
begrenzt wird von dem Kreis der Mondenbahn. Der Mensch
wächst in der Tat geistig zur Riesengröße; er
wächst in die Sphären hinein, und die Sphären
der Abgeschiedenen sind nicht in dem Sinne auseinander wie
irdische Menschen, sondern sie stecken räumlich
ineinander. Das Getrenntsein voneinander beruht darauf,
daß die Bewußtseine voneinander getrennt sind; so
daß man ganz ineinanderstecken kann, ohne voneinander zu
wissen.
Was
also gesagt worden ist bei meiner letzten Anwesenheit von dem
Sich-einsamoder -gesellig-Fühlen nach dem Tode, das
bezieht sich auf die Verhältnisse der Bewußtseine
untereinander. Nicht daß etwa auf einer isolierten Insel,
räumlich vorgestellt, der Tote wäre; er durchdringt
den ändern, von dem er gar nichts weiß, trotzdem er
mit ihm im selben Räume ist.
Nun
müssen wir das einmal ins Auge fassen, was
hauptsächlich in Betracht kommt, wenn das Kamaloka
abgeschlossen ist. Wenn der Mensch sein devachanisches Dasein
antritt nach der eigentlichen Mondensphäre, ist das
Kamaloka im Grunde genommen noch nicht ganz abgeschlossen. Das
aber schließt nicht aus, daß innerhalb dieser
Mondensphäre auch gewissermaßen Dinge abgemacht
werden, welche nicht nur als Kamaloka-Erlebnisse bedeutsam
sind, sondern auch für das ganze spätere Erleben des
Menschen, wenn er wiederum durch die Geburt ins Dasein tritt.
Wenn wir das, was in den Kamaloka-Erlebnissen dazukommt, ins
Auge fassen wollen, so ist es in der folgenden Weise zu
charakterisieren: Der Mensch kann, wenn er hier das Leben
zwischen der Geburt und dem Tode durchmacht, gewissermaßen
so regsam sein innerhalb dieses Lebens, daß er alles das,
was in ihm veranlagt ist, gewissermaßen in der Hauptsache
auch wirklich aus seiner Seele herausbringt; daß er
sozusagen hinter seiner Veranlagung nicht zurückbleibt. In
der mannigfaltigsten Weise kann ja der Mensch hinter seiner
Veranlagung zurückbleiben. Oh, es gibt viele Menschen im
Leben, die sich uns so zeigen, wenn wir sie mit dem seelischen
Blicke beobachten, daß wir mit Recht sagen können:
Dieser Mensch hätte eigentlich nach seinen
Fähigkeiten, nach seinen Veranlagungen etwas ganz anderes
erreichen können im Leben, als er erreicht hat; er ist
zurückgeblieben hinter seiner Veranlagung.
Noch etwas anderes kommt in Betracht. Es gibt Menschen, welche
sich im Verlaufe ihres Lebens das Mannigfaltigste vornehmen. Da
braucht es sich also nicht bloß um Veranlagung zu handeln,
sondern um Vorsätze, die auf Kleines gehen können,
die auf Großes gehen können. Wieviel wird von
Menschen im Leben vorgenommen, das nicht eigentlich zur
wirklichen Ausgestaltung kommt! Ja, es gibt da Dinge, die
durchaus so sind, daß sie für das menschliche Leben
nicht etwa einen Tadel einzuschließen brauchen. Ich will
gleich, um zu zeigen, um was für bedeutsame Dinge es sich
da handeln kann, auf eines aufmerksam machen, das einige
unserer Freunde schon kennen, darauf, daß Goethe in
seiner «Pandora» ein dichterisches Werk unternommen
hat, mit dem er steckengeblieben ist. Ich habe das, was Goethe
mit der «Pandora» passiert ist, schon einmal zu
charakterisieren versucht dadurch, daß ich anführte:
Goethe ist gerade wegen des Großen, das in ihm lebte und
das die Absicht zu dieser «Pandora» fassen, aber
nicht das aus sich heraus entwickeln konnte, was diese Absicht
auch in Wirklichkeit umgesetzt hätte, Goethe ist gerade
dadurch verhindert worden, diese «Pandora»
fertigzumachen. Nicht wegen seiner Kleinheit, sondern in
gewisser Weise wegen seiner Größe ist er verhindert
worden, die «Pandora» und andere Werke zu vollenden.
Er hat sie liegenlassen. Das Stück, das wir haben, zeigt,
daß Goethe da in äußerer künstlerischer
Beziehung so große Anforderungen an sich gestellt hat,
daß einfach die Kräfte nicht ausgereicht haben, um
die ganze große Intention wirklich mit solcher
Leichtigkeit auszuführen wie das Stück, das ihm
gelungen ist. Das ist eine unausgeführte Absicht,
gehört durchaus in die Region der unausgeführten
Absichten.
So
können wir sagen: Auf der einen Seite haben wir die
Möglichkeit, daß der Mensch hinter seinen Anlagen
zurückbleibt durch seine Bequemlichkeit, durch andere
Charakteroder intellektuelle Vernachlässigungen —
aber wir haben auch die Möglichkeit, daß der Mensch
hinter seinen Vorsätzen zurückbleibt bei
größeren oder kleineren Sachen. Alles das, was der
Mensch also sozusagen als eine Unvollkommenheit an sich
trägt — es ist eine edle, große
Unvollkommenheit, wenn ein Dichter eine «Pandora»
nicht fertigmacht, es ist aber eine Unvollkommenheit für
seine Person —, alles das, was der Mensch also an
Unvollkommenheiten an sich trägt, das gräbt er ein in
die Akasha-Chronik bis zur Mondensphäre hin; und für
den seherischen Blick ist es tatsächlich eine reiche
Auslese, alles auf sich wirken zu lassen, was zwischen Erde und
Mond an menschlichen Unvollkommenheiten eingegraben ist. Da ist
treulich alles verzeichnet, was an menschlichen edlen und
unedlen Unvollkommenheiten eingegraben werden kann. Da finden
wir eingegrabene Fälle, die uns darauf hinweisen, wie ein
Mensch durch seine physische Gesundheit, durch seine für
eine intellektuelle Begabung gut prädestinierte
Leiblichkeit, irgend etwas hätte erreichen können,
das er nicht erreicht hat. Das, was er hätte werden
können und nicht war, als er durch die Pforte des Todes
gegangen ist, das ist da eingegraben in die Akasha-Chronik.
Nun
bitte ich Sie, sich nicht etwa vorzustellen, daß da in der
Mondensphäre das Ende der «Pandora» etwa
eingegraben ist, sondern es ist die Tatsache eingegraben, die
dem Goetheschen astralischen Leibe entspricht, wenn wir das in
diesem astralischen Leibe ins Auge fassen, daß er eine
umfassende Absicht hatte und nur ein Stück davon
ausführte. Solche Dinge sind alle zwischen der Erde und
dem Monde eingegraben. Aber auch alles das an kleinen Dingen,
was in diese Region gehört. Wer, sagen wir, einen Vorsatz
gefaßt, diesen Vorsatz aber nicht ausgeführt hat, ehe
er durch die Pforte des Todes gegangen ist, der gräbt die
Nichterfüllung dieses Vorsatzes in das Gebiet zwischen
Erde und Mond ein. Wir können ziemlich genau
charakterisieren, was sich da alles dem seherischen Blicke
zeigt. Ein Versprechen zum Beispiel, das man nicht gehalten
hat, das gräbt sich erst später ein, eigentlich erst
in der Merkursphäre. Das aber, was Vorsatz ist, gräbt
sich in der Mondensphäre ein. Das nämlich, was nicht
nur uns allein, sondern direkt andere Menschen berührt,
das gräbt sich nicht gleich in der Mondensphäre ein,
sondern erst später. Das aber, was uns berührt, uns
hinter unserer Entwickelung zurückläßt, was uns
in unserer persönlichen Fortentwickelung mit einer
Unvollkommenheit ausstattet, das gräbt sich innerhalb der
Mondensphäre ein.
Das
ist besonders wichtig, daß wir neben allem anderen, was
ich im vorigen Jahre hier sagte, auch das ins Auge fassen,
daß namentlich unsere Unvollkommenheiten, und zwar solche
Unvollkommenheiten, die eigentlich nach den Vorbedingungen
nicht hätten zu sein brauchen, in der entsprechenden
Mondensphäre eingegraben sind.
Man
darf sich durchaus nicht vorstellen, daß das unter allen
Umständen etwas Schreckliches sei, so etwas in der
Mondensphäre eingegraben zu haben. Denn in einer gewissen
Weise kann das so Eingegrabene gerade zu dem Wertvollsten, zu
dem Bedeutungsvollsten gehören. Was der Sinn dieser
Eingrabung in die AkashaChronik ist, wollen wir gleich
besprechen. Ich will nur darauf aufmerksam machen, daß nun
der Mensch, indem er sich weiter vergrößert in die
anderen Sphären, anderes, das an ihm ist, was er sich
entweder erworben hat an Unvollkommenheiten oder was er an
Unvollkommenheiten gehabt hat, das alles eingräbt in die
entsprechenden Sphären. Der Mensch wächst ja hinaus
von der Mondensphäre in die Merkursphäre. Ich spreche
dabei immer im Sinne des Okkultismus, nicht im Sinne der
Astronomie. Der Mensch gräbt also überall in der
Merkursphäre, der Venus-, Sonnen-, Mars-, Jupiter-,
Saturnsphäre und weiter hinaus etwas ein. Die meisten
Einzeichnungen sind aber sozusagen innerhalb der
Sonnensphäre; denn wir haben ja schon das letztemal
gesehen, daß außerhalb der Sonnensphäre der
Mensch im wesentlichen das auszumachen hat, was eigentlich gar
nicht in seinem individuellen Belieben steht.
So
geht der Mensch also zwischen dem Tod und einer neuen Geburt,
nachdem er mehr oder weniger abgemacht hat das, was ihn noch
zur Erde zieht, durch die Sphären unseres Planetensystems
und dann auch darüber hinaus. Und in dem Zusammenkommen
mit den Kräften liegt eben das, was ihm notwendig ist in
seiner Entwickelung zwischen dem Tode und einer neuen Geburt.
Und wenn ich das vorige Mal davon gesprochen habe, daß der
Mensch da zusammenkommt mit den höheren Hierarchien und
ihre Gaben in Empfang nehmen muß, so ist
äußerlich, also geistig äußerlich
gefaßt, dieses gleichsam Vorübergehen vor den
Wesenheiten der höheren Hierarchien und Entgegennehmen
ihrer Gaben ein Verbreitern in den Weltenraum hinaus. Und wenn
der Mensch sich in einer entsprechenden Weise verbreitert hat,
dann zieht er sich wiederum zusammen, wird immer kleiner, bis
er wirklich so klein geworden ist, daß er sich als
geistiger Keim mit dem, was von Vater und Mutter kommt,
vereinigen kann. Das ist ja das wunderbare Geheimnis, daß
der Mensch, wenn er durch die Pforte des Todes schreitet, in
der Tat selber sozusagen eine immer größere und
größere Sphäre wird, daß er seine
Geistigkeit, das heißt die Lebensmöglichkeiten in
seinem Seelischen verbreitert, daß er riesenhaft wird und
dann sich wiederum zusammenzieht. Das, was in uns lebt, ist in
der Tat aus einem Weltenall, möchte man sagen, aus einem
Planetenall zusammengezogen, und wir tragen in uns ganz
buchstäblich das, was wir durchlebt haben in einem
Planetenall.
Ich
möchte, nachdem ich ja bei meinem letzten Hiersein einiges
von dem Durchgang durch die Merkur-, Venus-, Sonnensphäre
besprochen habe, heute, weil das hier noch weniger
berücksichtigt worden ist, etwas sprechen über den
Durchgang durch die MarsSphäre. Wenn der Mensch die
Sonnensphäre passiert hat und dann in die Mars-Sphäre
eintritt, dann tritt er eigentlich in unserem heutigen
Zeitalter in ganz andere Verhältnisse ein als vor
verhältnismäßig noch kurzer Zeit. Gerade wenn
man solche Dinge mit dem seherischen Blick verfolgt, dann sieht
man, wie die Dinge, welche in alten Zeiten aus dem
ursprünglich in der Menschheit vorhandenen Hellsehen
gesagt worden sind über die Glieder des Planetensystems,
durchaus nicht ohne einen realen Grund sind. Wenn man in dem
Mars in alten Zeiten ein Glied unseres Planetenalls gesehen
hat, das zusammenhängt mit allem Kriegerischen,
Aggressiven in der Menschheitsentwickelung, so entspricht das
im Grunde genommen durchaus einer Realität. All die
Phantastereien, die heute von der physischen Astronomie
aufgestellt werden über ein etwaiges Leben auf dem Mars,
sie entbehren ja im Grunde jeder wirklichen Unterlage. Die
Wesenheiten, die wir eben, wenn wir den Ausdruck gebrauchen
wollen, als die Marsmenschen bezeichnen können, die sind
von ganz anderer Natur als die Erdenmenschen, lassen sich gar
nicht damit vergleichen. Und das wesentlichste Charakteristikon
für diese Wesenheiten war eigentlich immer bis ins
siebzehnte Jahrhundert das Aggressive, das Kriegerische, das
Angreifende, so daß, wenn wir das Wort sagen dürfen,
die Marskultur im wesentlichen wirklich eine kriegerische
Kultur war. Alles beruhte auf dem Wetteifer und Wettkampf der
sich aufeinander stürzenden Seelen. Und das, was der
Mensch in der Zwischenzeit zwischen dem Tode und einer neuen
Geburt beim Durchgange durch den Mars durchmachte, war durchaus
ein Zusammenkommen mit den aggressiven Kräften; es gingen
sozusagen über in seine Seele diese aggressiven
Kräfte. Und wenn er dann wiederum geboren wurde und
besonders veranlagt war, auf der Erde diese aggressiven
Kräfte zu entwickeln, dann muß das zugeschrieben
werden seinem Durchgang durch die Mars-Sphäre.
In
dieser Beziehung ist ja das Leben wirklich eigentlich recht
kompliziert. Wenn wir das Erdenleben beobachten, nicht wahr,
dann leben wir unter den Wesenheiten der drei Naturreiche und
unter den Menschen. Wir kommen zusammen durch die verschiedenen
Mittel, die es geben kann, mit den Seelen, die durch ihr
eigentliches Leben nach dem Tode noch in gewissem Zusammenhange
mit der Erde stehen; aber dazwischen kommen einem immer auch
geistige Wesenheiten vor, die eigentlich auf der Erde ganz
fremd sind. Und je besser sich ein seherischer Blick ausbildet,
je weiter der Initiierte sieht, desto mehr erdenfremden Seelen
begegnet man, desto mehr erfährt man, daß da durch
die Erdensphäre Durchzügler durchgehen, die
eigentlich, man möchte sagen, normalerweise nicht mit dem
Erdenleben zusammenhängen. Das ist aber nicht anders
für uns Erdenmenschen, als es für die Mondenbewohner
ist, durch deren Leben wir ja auch zwischen dem Tod und einer
neuen Geburt durchgehen. Wir sind in einer gewissen Weise, wenn
wir die Sphäre des Mars zum Beispiel durchgehen, für
die Marsbewohner Gespenster; wir gehen da durch als ihrer
Sphäre fremde Wesenheiten. So sind aber auch die Wesen des
Mars in einem gewissen Stadium ihres Daseins durchaus
verurteilt, durch unsere Erdensphäre durchzugehen; sie
kommen da durch, und der mit einer gewissen Initiation
Ausgestattete trifft sie sozusagen durch die geeigneten
Zustände bei ihrem Durchzug durch die Erdensphäre. Es
ist ein fortwährendes Aneinandervorbeigehen der
Wesenheiten unseres Planetensystems. Während wir auf der
Erde leben zwischen der Geburt und dem Tode und oftmals meinen,
daß wir von nichts umgeben sind als nur von den
Wesenheiten der verschiedenen Naturreiche, sind in unserer
Umgebung die Durchzügler da von allen anderen Planeten
unseres Planetensystems. Ebenso sind wir Durchzügler zu
einer gewissen Zeit zwischen dem Tode und einer neuen Geburt
bei den anderen planetarischen Menschen, wenn wir so sagen
dürfen. — Es ist nur so, daß wir Menschen auf
der Erde gerade das Wesentlichste von dem zu entwickeln
haben, was innerhalb des gegenwärtigen Weltenzyklus unsere
Mission ist. So sind den anderen planetarischen Welten andere
Wesenheiten zugeteilt. Aber berühren müssen wir auch
die anderen planetarischen Welten zwischen dem Tode und einer
neuen Geburt. Spricht man also im allgemeinen von dem
devachanischen Leben, so muß durchaus gesagt werden,
daß, wenn wir so allgemein das oder jenes Gebiet im
devachanischen Leben schildern, damit immer eigentlich
unausgesprochen bleibt, aber wahr ist, daß das in
irgendeiner Sphäre unseres Planetensystems geschieht. Das
gehört wesentlich noch dazu. So also gehen wir durch die
Mars-Sphäre durch in einer gewissen Zeit unseres Lebens
zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Nun, wie die Erde eine
Entwickelung durchmacht, eine absteigende Entwickelung bis zum
Christus-Mysterium hin und eine aufsteigende Entwickelung vom
Mysterium von Golgatha ab, so machen auch die anderen Planeten
in ihrer Art eine Entwickelung durch. Und wie sozusagen vom
Jahre 33 ab — es ist nicht ganz genau, aber doch
annähernd so — eine aufsteigende Entwickelung auf
der Erde beginnt, also da der eigentliche Schwerpunkt der
Erdenentwickelung ist, so war auf dem Mars der Beginn des
siebzehnten Jahrhunderts dieser Schwerpunkt, und alle
Verhältnisse entwickeln sich sozusagen bis zu diesem Punkt
hin auf dem Mars in einer Art absteigender Linie, von da ab in
einer ganz anderen, aufsteigenden Linie. Denn damals ist gerade
für den Mars etwas außerordentlich Bedeutsames
geschehen. Wir haben kennengelernt mit Bezug auf unsere
Erdenentwickelung die außerordentliche Gestalt des Gautama
Buddha. Wir haben hervorgehoben, daß die Entwickelung
dieses Buddha sich so vollzogen hat, daß er ein
Bodhisattva war, bis er im 29. Jahre seines Lebens zur
Buddhawürde erhoben worden ist, die ihn dazu bestimmte,
nicht wiederum in einem physischen Erdenleibe verkörpert
zu werden. Aus anderen Vorträgen werden Sie gesehen haben,
daß der Buddha dann in der späteren Zeit aus der
geistigen Welt noch in die Erdensphäre hinein
heruntergewirkt hat. Wir wissen, daß er in den Astralleib
des Lukas-Jesusknaben hineingewirkt hat. Aber auch in anderer
Weise hat dieser Buddha noch, ohne daß er sich im
physischen Leibe verkörpert hat, in das Erdenleben
hineingewirkt. So im siebenten und achten Jahrhundert in einer
Mysterienschule im südöstlichen Europa, in der
— für die damals mehr oder weniger seherisch
begabten Leute — Lehrer sein konnten nicht nur solche
Individualitäten, die im Physischen verkörpert sind,
sondern auch solche, die von geistigen Höhen nur in ihren
Ätherleib herunterwirken. Das kommt ja durchaus vor,
daß vorgerücktere Menschen von solchen
Individualitäten unterrichtet werden können, die
nicht mehr oder überhaupt nicht einen physischen Leib
annehmen. So war der Buddha Lehrer in einer solchen
Mysterienschule, und zu seinen Schülern gehörte
dazumal derjenige, der später, das heißt in seiner
nächsten Inkarnation, als Franz von Assisi
geboren worden ist. Und viele von den Eigenschaften, die wir da
so gewaltig hervortreten sehen in dem Franz-von-Assisi-Leben,
die sind darauf zurückzuführen, daß Franz von
Assisi ein BuddhaSchüler war. Da sehen wir also, wie der
Buddha auch später noch nach dem Mysterium von Golgatha
hereingewirkt hat aus geistiger Höhe in die irdische
Sphäre, wie er verbunden war mit dem Leben, das eine
Geltung hat für die Menschen zwischen Geburt und Tod. Dann
aber, als das siebzehnte Jahrhundert heranrückte, zog sich
der Buddha zurück von dem Erdenleben, und da vollbrachte
dann der Buddha für den Mars ein ähnliches Ereignis,
wenn auch nicht von solcher Größe wie das Mysterium
von Golgatha, so doch das, was auf dem Mars dem Mysterium von
Golgatha entspricht. Also im Beginne des siebzehnten
Jahrhunderts wurde der Buddha der Mars-Erlöser, das
heißt er wurde die Individualität, welche eine
Sphäre von Frieden in dieses aggressive Element des Mars
hineinzumischen hatte. Und seit jener Zeit ist der
Buddha-Impuls auf dem Mars ebenso zu finden, wie seit dem
Mysterium von Golgatha auf der Erde der Christus-Impuls.
Nicht der Durchgang durch den Tod, wie es beim Mysterium von
Golgatha der Fall ist, war das Buddha-Schicksal auf dem Mars,
aber in gewisser Beziehung war es auch eine Art Kreuzigung, die
darin bestand, daß diese wunderbare Individualität,
die ausstrahlte nach den Vorbedingungen ihres irdischen Lebens
überallhin Friede und Liebe, mitten hinein versetzt wurde
unter das, was ihr völlig fremd war: unter das aggressive,
unter das kriegerische Element des Mars. Besänftigend zu
wirken hatte der Buddha auf dem Mars. Und für den
seherischen Blick hat es etwas ungeheuer Eindrucksvolles, wenn
zwei Momente miteinander verglichen werden: jener Moment, wo
sozusagen innerhalb des Erdendaseins der Buddha aufgestiegen
ist zu seiner höchsten Höhe, die er innerhalb des
Erdendaseins erreichen konnte, wo er im achtzigsten Lebensjahr,
nachdem er fünfzig Jahre als der Buddha auf der Erde
gelebt hat — eben zur Buddhawürde erhoben —,
in einer wunderbaren Mondnacht, am 13. Oktober 483 vor unserer
Zeitrechnung, wie aushauchte sein Wesen in den silbernen
Mondenglanz, der die Erde überglimmte. Dieses, das auch im
Äußeren ist wie eine Manifestation des von dem Buddha
ausglimmenden Friedenshauches, bezeugt uns den Höhepunkt
der Buddha-Entwickelung innerhalb seines Erdendaseins. Es ist
ein wunderbarer Moment und es hat etwas Eindrucksvolles, wenn
man danebenstellt den Moment, wie im Beginn des siebzehnten
Jahrhunderts der Buddha auf dem Mars ankommt mit all der Summe
von Friedensund Liebeskräften, um in jenem aggressiven
Elemente drinnen seinen Frieden, seine Liebe auszuströmen
und dadurch allmählich die aufsteigende Entwickelung des
Mars zu inaugurieren. So daß also, wenn eine Seele vor dem
Zeitpunkt des Buddha-Mysteriums durch den Mars durchgegangen
ist, sie vorzugsweise ausgestattet worden ist mit den
aggressiven Eigenschaften, jetzt aber etwas eigentlich
wesentlich anderes durchmacht, wenn sie wirklich Anlage hat,
von den Kräften des Mars etwas zu empfangen. Es muß,
damit kein Mißverständnis entsteht auf diesem Gebiet,
aufmerksam gemacht werden, daß ebenso wenig, wie die ganze
Erde heute etwa schon verchristet ist, der ganze Mars zu einem
Friedensplaneten geworden wäre. Das wird noch lange
dauern, so daß also, wenn die Seele Veranlassung hat,
aggressive Elemente aufzunehmen, noch genügend Gelegenheit
ist, auch solche Elemente in sich aufzunehmen; aber das
Ereignis, von dem gesprochen worden ist, muß eben ins
geistige Auge gefaßt werden. Je mehr die Erde einer Art
materiellen Entwickelung entgegengeht, desto weniger würde
man, wenn man wirklich die Erdenentwickelung versteht, zugeben
können, daß es naturgemäß wäre, im
menschlichen Erdenleben zwischen der Geburt und dem Tode ein
BuddhaBekenner zu sein in dem Sinne, wie der Buddha seine
Bekenner gehabt hat in der vorchristlichen Zeit.
Es
verliert sich allmählich alle Möglichkeit innerhalb
der menschlichen Erdenentwickelung, eine solche Entwickelung
durchzumachen, wie die des Franz von Assisi; das wird immer
weniger und weniger möglich sein, wird immer weniger zur
äußeren Kultur hinzu passen; aber zwischen dem Tode
und einer neuen Geburt, da hat die menschliche Seele
Gelegenheit, das durchzumachen. Und wenn es nicht so grotesk
klingen würde, so könnte es durchaus gesagt werden,
weil es einem Tatbestand entspricht: Zwischen dem Tode und
einer neuen Geburt hat eine gewisse Zeit hindurch während
des Durchgehens durch die Mars-Sphäre eine jede
menschliche Seele Gelegenheit, ein Franziskaner oder ein
Buddhist zu sein und alle jene Kräfte aufzunehmen, welche
aus einem solchen Fühlen und Erleben in die Menschenseele
einfließen können. So also kann der Marsdurchgang
für die menschliche Seele von ganz besonderer Wichtigkeit
sein. Überall aber, wo der Mensch also hinkommt, schreibt
er ein seine Vollkommenheiten und Unvollkommenheiten, je
nachdem sie den Eigenheiten dieser Sphäre entsprechen.
Und
wahr ist es: Was wir an Vollkommenheiten und Unvollkommenheiten
haben, das wird getreulich in die Akashatafel eingeschrieben
zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Das ist da
überall verzeichnet. Die eine von unseren
Eigentümlichkeiten ist in der Mondensphäre
verzeichnet, andere Eigentümlichkeiten sind eingeschrieben
in der Venus-, andere in der Mars-, andere in der Merkur-,
andere in der Jupitersphäre und so weiter. Und wenn wir
dann wiederum zurückkehren, langsam uns zusammenziehen,
dann begegnen wir alledem, was wir beim Hinausgehen
eingeschrieben haben, und so wird unser Karma technisch
vorbereitet. Wenn wir beim Rückweg finden: Diese oder jene
Unvollkommenheit haben wir gehabt—, dann können wir
eingraben in unser eigenes Wesen — nicht auslöschen,
aber eingraben zunächst in unser eigenes Wesen —
eine Abschrift von dem, was wir erst in die Akasha-Chronik
eingegraben haben. Ausgelöscht wird es da noch nicht. Nun
kommen wir unten auf der Erde an. Dadurch, daß wir das
alles in uns haben, was wir beim Rückweg in uns
einschreiben — und wir sind in gewisser Weise gezwungen,
wenn auch nicht alles, so doch sehr vieles einzuschreiben
—, dadurch entwickelt sich unser Karma; aber oben ist
noch alles eingeschrieben. Und nun wirken
merkwürdigerweise diese Schriften zusammen. Diese
Schriften sind in Sphären eingegraben, in die Monden-,
Venus-, Merkursphäre und so weiter. Diese Sphären
machen gewisse Bewegungen, so daß Folgendes vorkommen
kann: Der Mensch hat eingegraben in die Mondensphäre eine
gewisse Unvollkommenheit. Während er durch die
Mars-Sphäre durchgegangen ist, hat er eine
Charaktereigentümlichkeit von sich eingegraben dadurch,
daß er ein gewisses aggressives Element, das er nicht
gehabt hat, sich dort angeeignet hat; das hat er dort
eingegraben. Jetzt geht er weiter durch, kommt wiederum auf die
Erde zurück. Indem er hier auf der Erde lebt, hat er ja in
sein Karma aufgenommen das, was er eingegraben hat; aber es
steht zugleich über ihm geschrieben. Da oben ist der Mars,
der in gewisser Konstellation zum Monde steht; die
äußeren Planeten geben die gegenseitige Stellung der
Sphären an. Indem der Mars in gewisser Konstellation zum
Monde steht, steht sozusagen in derselben Konstellation seine
aggressive Eingrabung und seine Unvollkommenheit. Die Folge
davon ist, daß die zusammenwirken, wenn sie
hintereinanderstehen, und daß das der Moment ist, der
angeben kann, wo er im nächsten Leben durch die aggressive
Kraft des Mars das unternimmt, was unvollkommen geblieben ist.
So zeigt die Stellung der Planeten eigentlich das an, was der
Mensch erst selber in diese Sphären eingeschrieben hat.
Und wenn wir astrologisch ablesen die Stellungen der Planeten
und auch die Stellung der Planeten zur Stellung der Fixsterne,
so ist dieses wie eine Art Anzeige dessen, was wir selber
eingeschrieben haben. Es kommt nicht so sehr auf die
äußeren Planeten an —, was auf uns wirkt, ist
das, was wir in die einzelnen Sphären eingegraben
haben. Hier haben Sie den eigentlichen Grund, warum die
Konstellationen der Planeten doch wirken, warum sie anzeigen
Wirkungen für die Menschennatur: weil der Mensch durch sie
hindurchgeht. Und wenn der Mond in einer gewissen Stellung zum
Mars steht und zu einem Fixstern, so wirkt diese Konstellation
zusammen; das heißt Marstugend wirkt zusammen mit Mond und
Fixstern auf den Menschen, und dadurch geschieht das, was durch
das Zusammenwirken geschehen kann.
So
also ist es eigentlich unsere zwischen dem Tod und einer neuen
Geburt abgelagerte moralische Verlassenschaft sozusagen, die in
einem neuen Leben als Sternenkonstellation in unserem Schicksal
karmisch wiederum auftritt. Das ist der tiefere Grund der
Sternenkonstellation und ihres Zusammenhanges mit dem
menschlichen Karma. So merkt man, wenn man also eingeht auf das
Leben des Menschen zwischen dem Tod und einer neuen Geburt, wie
dieser Mensch eigentlich mit dem ganzen Weltenall
zusammenhängt, wie bedeutsam er zusammenhängt.
Und
namentlich mit dem, was außerhalb der Sonnensphäre
liegt, hängt der Mensch, ich möchte sagen, mit einem
gewissen Charakter von Notwendigkeit zusammen. Betrachten wir
ganz besonders die Saturnsphäre. Wenn der Mensch, sagen
wir, sich bemüht hat, in dem gegenwärtigen Erdenleben
sich mit geisteswissenschaftlichen Begriffen zu befassen, dann
ist eigentlich besonders bedeutungsvoll für sein
nächstes Leben der Durchgang durch die Saturnsphäre;
denn in dieser werden die Bedingungen geschaffen, daß der
Mensch die Kräfte, die er sich hier durch die Kenntnis der
Geisteswissenschaft oder Anthroposophie aneignet, umsetzen kann
in solche Kräfte, die ihm dann seine Leiblichkeit
plastisch ausgestalten, so daß er es dann im nächsten
Leben wie eine selbstverständliche Anlage in sich
trägt, zum Spirituellen hinzuneigen schon durch seine
Anlage. Also jetzt kann es so sein, daß der Mensch
heranwächst; er ist als Materialist oder als Evangelischer
oder als Katholik erzogen worden. Die Geisteswissenschaft tritt
an ihn heran; er ist empfänglich dafür, lehnt sie
nicht ab aus diesem oder jenem Grunde: dann hat er sie
innerlich seelisch aufgenommen. Jetzt geht er durch die Pforte
des Todes; er kommt durch die Saturnsphäre. Indem er durch
sie hindurch geht, nimmt er solche Kräfte auf, daß er
sozusagen in seinem nächsten Leben der geborene
spirituelle Mensch ist, daß er schon als Kind überall
Hinneigung zum Spirituellen zeigt.
So
hat jedes Gebiet, das wir durchwandern zwischen dem Tod und
einer neuen Geburt, etwas von der Aufgabe, umzuwandeln, was wir
seelisch aufnehmen in einem Leben, in solche Kräfte, die
dann Leibeskräfte werden können und uns zwischen
einer neuen Geburt und dem Tod mit gewissen Fähigkeiten
begaben. Gestern konnte ich natürlich nur so weit gehen,
wie in einem öffentlichen Vortrag gegangen werden kann,
als ich bemerkte, daß Raffael bei seiner Geburt die
christlichen Impulse wie selbstverständlich schon in sich
hatte. So darf man sich nicht etwa darunter vorstellen,
daß Raffael irgendwelche christlichen Begriffe — ich
habe nie gesagt: Begriffe, sondern Impulse —, daß
Raffael christliche Begriffe oder Vorstellungen sich
mitgebracht hat. Impulse bringt man sich von einem Leben ins
andere, so daß das, was in einem Leben begrifflich
aufgenommen wird, in ganz anderer Weise mit dem Menschen
vereinigt wird und dann als Kräfte auftritt; so daß
die Fähigkeit, gerade seine zarten, bedeutungsvollen
christlichen Gestalten zu schaffen, von Raffaels früheren
Inkarnationen gekommen war; das war das, was ihn bezeichnen
läßt als eine Art geborenen Christen. Die meisten
unserer Freunde wissen ja, daß Raffael, bevor er diese
Inkarnation durchgemacht hat, diejenige des Johannes des
Täufers durchgemacht hat, und da sind eben die Impulse in
seine Seele gegangen, die dann herauskamen im Raffaeldasein
sozusagen als ihm eingeborene, als schon von der Geburt an
vorhandene christliche Impulse. Es muß immer gesagt
werden, daß man durch äußerliches Spintisieren,
durch allerlei äußere Vergleiche wirklich recht sehr
daneben hauen kann, wenn man über aufeinanderfolgende
Inkarnationen etwas sagt. Vor dem seherischen Blick nehmen sie
sich so aus, daß man meist nicht vermuten würde,
daß das eine Leben die Ursache des folgenden ist. Also,
damit irgend etwas, das wir seelisch aufnehmen in einer
Inkarnation, in der nächsten Inkarnation auch solche
Kräfte entfalten kann, daß wir in die leibliche Seite
der Anlagen hineinwirken können, dazu ist der Durchgang
notwendig zwischen dem Tode und einer neuen Geburt, weil wir
auf der Erde nicht umwandeln können — nicht durch
alle Erdenkräfte können wir das umwandeln, was wir
nur seelisch auf der Erde erleben — in solche
Kräfte, die am Menschen arbeiten können, die am
Menschen selber plastisch ausgestalten können. Der Mensch
ist eben in seiner Totalität durchaus kein Erdenwesen,
sondern der Mensch würde in seiner Leiblichkeit
schauderhaft für die gegenwärtigen menschlichen Ideen
ausschauen, wenn all die Kräfte nur verwendet werden
könnten für seine plastische Ausgestaltung, die in
der Erdensphäre selber vorhanden sind. Der Mensch muß
in sich tragen, wenn er durch die Geburt ins Dasein tritt, die
Kräfte des Kosmos; die müssen weiterwirken, damit er
überhaupt die menschliche Gestalt annehmen kann. Innerhalb
der Erdensphäre gibt es keine Möglichkeit, solche
Kräfte heranzutragen, die Menschengestalten plastisch
bilden können. Das ist das, was ins Auge gefaßt
werden muß. So trägt der Mensch in dem, was er ist,
durchaus das Bild des Kosmos, nicht bloß das Bild der Erde
in sich, und es ist eine völlige Versündigung gegen
das Wesen des Menschen, wenn man dieses nur ableitet von dem,
was Kräfte der Erde sind, wenn man also nur das studiert,
was in den Reichen der Erde äußerlich durch die
Naturwissenschaft beobachtet werden kann, und keine
Rücksicht darauf nimmt, daß in dem, was der Mensch
auf der Erde bekommt, waltend ist zugleich das, was er sich,
indem er durch die Geburt schreitet, aus den überirdischen
Sphären mitbringt, die er durchwandert zwischen dem Tod
und einer neuen Geburt. Und innerhalb dieser Sphärenfolge
geschieht auch alles das, was von der Art ist, wie es
vorgestern geschildert worden ist. Da wird der Mensch ein
Diener der einen oder anderen Mächte der höheren
Hierarchien.
Nun
ist von ganz besonderer Wichtigkeit alles das, was sozusagen
eingeschrieben wird in die Akasha-Chroniktafel zwischen der
Erde und dem Mond. Denn da werden unter anderem eingeschrieben
alle Unvollkommenheiten — und ich bitte zu
berücksichtigen, daß bei dem Einschreiben dieser
Unvollkommenheiten zunächst der Gesichtspunkt obwaltet,
daß da alles eingeschrieben wird, was sozusagen für
die eigene menschliche Entwickelung eine Bedeutung hat, was
sozusagen den Menschen vorwärtsbringt oder
zurückhält. Aber dadurch, daß es in die
Mondensphäre eingeschrieben wird, also in der
Akasha-Chroniktafel zwischen Erde und Mond steht, gewinnt es
weiter eine Bedeutung für die ganze Erdenentwickelung. Wir
haben also unser Leben auf der Erde: wir haben dieses Leben auf
der Erde umgeben von der Mondensphäre; in der
Akasha-Chroniktafel der Mondensphäre haben wir
eingeschrieben Unvollkommenheiten über Unvollkommenheiten,
unter anderem auch die Unvollkommenheiten zum Beispiel
großer Geister. Ein ungeheuer interessantes Beispiel ist
für die seherische Beobachtung zum Beispiel
Lionardo da Vinci. Dieser ist ein Geist von so
großer, umfassender Gewalt, wie wirklich wenige Geister
dieses Ranges auf der Erde; aber was er im Grunde genommen
wirklich äußerlich geleistet hat, ist im
Verhältnis zu dem, was er gewollt hat, vielfach
unvollendet geblieben. Es hat eigentlich keiner der
ähnlichen Geister so viel unvollendet gelassen wie gerade
Lionardo da Vinci. Und die Folge war, daß ungeheuer vieles
eingegraben war durch Lionardo da Vinci in die
Mondensphäre. Es ist da so vieles eingegraben, daß
man bei manchem sagen muß: Was da eingegraben ist,
weiß man gar nicht einmal, wie es hätte
überhaupt auf der Erde zur Vollkommenheit gedeihen
können!
Ich
möchte Sie da auf etwas aufmerksam machen, was mir
wirklich außerordentlich bedeutungsvoll erschienen ist,
als ich mich befaßte mit Lionardo da Vinci. Ich hatte ja
in Berlin einen Vortrag zu halten gerade über Lionardo da
Vinci. Da war es mir sehr, sehr bedeutungsvoll, gerade eines
bei ihm zu beobachten. Es erfüllt ja mit einem gewissen
Schmerz, wenn man heute die immer mehr und mehr verschwindenden
Farbenflecke im Refektorium von Santa Maria delle Grazie in
Mailand sieht, die wahrhaftig nur noch einen Schatten geben von
dem, was diese Bilder gewesen waren. Wenn man nun in Betracht
zieht, daß Lionardo da Vinci sechzehn Jahre lang an diesem
Bilde gemalt hat und wie er gemalt hat, dann bekommt man eben
einen Eindruck. Es ist bekannt, daß er manchmal lange
aussetzte, daß er dann hinging, lange vor dem Bilde
saß, ein paar Pinselstriche machte und wieder fortging. Es
ist auch bekannt, daß er keine Möglichkeit sah
manchmal, das auszudrücken, was er ausdrücken wollte,
daß er unter furchtbaren Depressionen litt, weil er nicht
ausdrücken konnte, was er in dem Bilde ausdrücken
wollte. Als ein neuer Prior in das Kloster gekommen war, ein
pedantischstrenger Prior, der für die Kunst wenig
Verständnis hatte, da war das in einer Zeit, in der
Lionardo da Vinci schon lange, lange gearbeitet hatte an dem
Bilde. Der Prior war ungeduldig und sagte: Warum kann denn der
Maler nicht fertig werden? und machte ihm Vorwürfe,
beklagte sich auch beim Herzog Ludovico. Der Herzog sagte das
dem Lionardo da Vinci und Lionardo antwortete: Ich weiß
überhaupt nicht, ob ich das Bild fertigbringen werde; denn
zu allen anderen Gestalten habe ich Vorbilder in der Natur,
aber zu Judas und zu dem Christus habe ich keine Modelle,
höchstens zum Judas: da kann ich ja, wenn sich kein
anderes ergibt, den Prior nehmen. Aber zu dem Christus habe ich
kein Vorbild.
Das
ist aber nicht das, was ich jetzt meine, sondern das Folgende:
Wenn man auch äußerlich heute in dem ganz zu einem
Schatten herabgekommenen Bilde die Gestalt des Judas ansieht,
so sieht man auf der Gestalt einen Schatten, der sich durch
nichts erklärt, nicht durch Licht, das einfällt und
so weiter. Nun zeigt sich das Folgende durch okkulte
Untersuchung: Es zeigt sich, daß so, wie es Lionardo da
Vinci hat haben wollen, das Bild niemals an der Wand war. Er
wollte das übrige alles nach Lichtund
Schattenverhältnissen machen, aber der Judas sollte so
charakterisiert werden, daß man glaubte, daß
Finsternis über seinem Gesichte waltet von innen heraus,
nicht durch äußere Verteilung von Licht und Schatten.
Und beim Christus sollte es so sein, daß das Licht auf
seinem Antlitz lebte, das von innen heraus kam. Man sollte dem
Gesicht glauben, daß es von innen heraus leuchtet. Da kam
Lionardo da Vinci in Disharmonie hinein, und es ist das niemals
so herausgekommen, wie er gewollt hat. Da hat man
tatsächlich etwas, was sich ergibt, wenn man das viele,
heute noch von Lionardo Herrührende, in die
Mondensphäre Eingegrabene betrachtet, da hat man etwas,
wie es in der Erdensphäre überhaupt nicht vollzogen
werden konnte. Wenn man nun die ganze Zeit verfolgt, die auf
Lionardo da Vinci folgt, dann zeigt sich, daß Lionardo da
Vinci in einer ganzen Reihe ihm folgender Geister weiterwirkte.
Schon äußerlich in Lionardos Schriften kann man Dinge
finden, die unter Naturwissenschaftern, auch unter
Künstlern in der späteren Zeit hervorgetreten sind;
das ganze folgende Zeitalter steht unter dem Einfluß
Lionardo da Vincis. Und da zeigt sich nun, daß es die
eingegrabenen Unvollkommenheiten sind, die nun inspirierend
gewirkt haben in die Seelen der Nachfolger, der später,
nach Lionardo da Vinci lebenden Menschen.
Nämlich für ein folgendes Zeitalter sind die
Unvollkommenheiten des vorhergehenden noch wichtiger als die
Vollkommenheiten. Die Vollkommenheiten sind da zur Betrachtung;
aber was auf der Erde vollkommen ausgestaltet ist bis zu einem
gewissen Grade, das ist sozusagen an einem Ende angekommen, das
hat in der Entwickelung einen Abschluß erhalten; das aber,
was unvollkommen war, ist der Keim der folgenden
göttlichen Entwickelung. Und hier kommen wir an einen der
merkwürdigen grandiosen Widersprüche: Das Beste
für die Folgezeit ist das fruchtbare Unvollkommene —
aber eben das fruchtbare, das berechtigte Unvollkommene der
früheren Zeit. Das Vollkommene einer früheren Zeit
ist sozusagen für den Genuß; das Unvollkommene aber
— jenes Unvollkommene, das von den Großen
herrührt, die hinter sich zurückgeblieben sind
—, das ist für das Schaffen der folgenden Zeit. Und
deshalb erscheint es einem ungeheuer weisheitsvoll eingegraben,
daß das in der Nähe der Erde verbleibt,
tatsächlich zwischen der Erde und dem Monde in der
Akasha-Chroniktafel eingegraben ist. Und hier kommen wir dann
zu dem Punkt, wo in einer gewissen Weise der Satz verstanden
werden kann: daß Vollkommenheit für die
verschiedensten Epochen das Ende der Evolution, einer
Evolutionsströmung bedeutet; Unvollkommenheit aber unter
Umständen den Anfang einer Evolutionsströmung. Und
für das, was in dem Sinne das Unvollkommene ist,
müssen die Menschen eigentlich den Göttern besonders
dankbar sein.
Was
will man durch solche Betrachtungen, wie sie heute angestellt
worden sind? Man will dadurch eben begreiflich machen immer
mehr und mehr den Zusammenhang des Menschen mit dem gesamten
Makrokosmos, will zeigen, wie die Menschen wirklich den
Makrokosmos wie zusammengerollt in sich tragen und auch
Beziehungen haben können zu dem, was sie geistig umgibt.
Und dann, wenn wir so etwas durchschauen, dann kann sich so
etwas in ein Gefühl verwandeln, das den Menschen
durchdringt, so daß er mit diesem Wissen einen Begriff von
seiner Würde verbindet, der ihn aber nicht eingebildet
macht, sondern der ihn verantwortungsvoll macht, der ihn
anregt, nicht glauben zu dürfen, daß er seine
Kräfte im Weltall vergeuden darf, sondern daß er sie
verwenden muß. Es muß natürlich darauf
aufmerksam gemacht werden, daß niemand dadurch etwas
gewinnt, wenn er sagen würde: Wenn ich Fähigkeiten
habe, so lasse ich sie lieber unvollkommen. — Dadurch
würde nichts gewonnen werden; denn da würde in der
Tat das eintreten, daß der Mensch in Lagen käme, die
dem gleichen, was ich vorgestern ausführte. Wenn
absichtlich der Mensch Unvollkommenheiten in sich ließe,
so würde er zwar auch diese einschreiben, aber er
würde sie in solcher Weise einschreiben, daß sie
nicht beleuchtet sind, daß sie also auch nicht wirken
können. Nur die Unvollkommenheiten, die so eingeschrieben
sind, daß ihre Unvollkommenheit Notwendigkeit gewesen ist,
nicht eine durch Bequemlichkeit gegebene Absicht, nur solche
können in solcher Art wirken, wie das beschrieben worden
ist.
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