Berlin, 10. Februar 1914
Sechster Vortrag
Aus den Mitteilungen, die ich aus dem
Fünften Evangelium machen konnte, ist in erneuter Weise zu sehen, welche
Veranstaltungen gewissermaßen
im ganzen Weltenall notwendig waren, damit das
eintreten konnte, was wir als das Mysterium
von Golgatha kennen. Und dieses
Mysterium von Golgatha ist selbst für die
geisteswissenschaftliche Betrachtung wie eine Art
vorläufiger Abschluß anderer Vorgänge, an die es sich in der Reihenfolge der
Weltentatsachen anschließt.
Wir haben davon gesprochen, daß zwei
Jesusknaben das Mysterium von
Golgatha vorzubereiten hatten. Wir haben gesehen, wie der
eine der beiden Jesusknaben, der
sogenannte salomonische Jesus, in sich hatte das Ich des Zarathustra. Wir haben gesehen, wie
dieses Ich des Zarathustra, nachdem
die beiden Jesusknaben, die ja ungefähr gleichaltrig
waren, das zwölfte Jahr erreicht hatten,
hinübergezogen ist in den Leib
des anderen Jesusknaben, desjenigen aus der nathanischen
Linie des Hauses David. Wir haben dann aus
dem Fünften Evangelium ausführlicher
auseinandersetzen können, welche Schicksale jener
Jesus von Nazareth durchgemacht hat, der
also die drei Leibeshüllen trug, welche mit dem nathanischen Jesusknaben geboren
worden sind, und der das Ich des
Zarathustra bis in sein dreißigstes Jahr hinein in
sich trug, bis zu dem Ihnen erzählten
Gespräch mit der Mutter, wo durch die Gewalt der Rede, die er damals geführt
hat, und in deren Worte er sein Ich
selber hat einfließen lassen, gewissermaßen das
Ich des Zarathustra die
Leibeshüllen dieses Jesus von Nazareth verlassen
hat. Und wir wissen, wie dann durch die
Johannestaufe im Jordan das
Christus-Wesen eingezogen ist in die dreifache Leibeshülle
des Jesus von Nazareth.
Wir bekommen, wenn wir sie jetzt so zu
fassen in der Lage sind, wahrhaftig
keinen geringeren, sondern einen ungeheuer viel
größeren Eindruck von der
Bedeutung der Christus
Jesus-Wesenheit, als diejenigen
bekommen, die sie nur zu fassen in der Lage sind nach
den bisherigen Kenntnissen und nach
den Mitteilungen der Evangelien, so
wie diese genommen werden können.
Dieses ganze Ereignis aber, das wir dann
mit der Kreuzigung und Auferstehung
zusammen das Mysterium von Golgatha nennen, schließt sich an drei andere an. Es ist
gewissermaßen die vorläufig letzte Vollendung der drei anderen. Eines von diesen
anderen Ereignissen fand schon statt in der alten lemurischen
Zeit, von den beiden anderen das
eine mehr im Beginne, das andere mehr gegen das Ende
der atlantischen Zeit. Nur sind diese drei
ersten Ereignisse solche, die sich
nicht auf dem physischen Plan abgespielt haben, sondern
in den geistigen Welten. Wir haben
gewissermaßen seelisch hinzuschauen auf vier Ereignisse, von denen das letzte —
dasjenige, mit dem wir uns bis jetzt
vorzugsweise beschäftigt haben, und das wir das
Mysterium von Golgatha nennen
— sich auf dem physischen Plan abgespielt hat,
während die drei anderen wie
vorbereitende Ereignisse in den geistigen Welten waren.
Von demjenigen Wesen, welches wir als
nathanischen Jesus ansprechen, habe ich Ihnen gesagt, daß
es seine ganz besondere Natur dadurch zeigte, daß es
gleich nach seiner Geburt bereits einige Worte
zu sprechen vermochte, Worte, die
allerdings in einer so sonderbaren Sprache gesprochen waren, daß diese Sprache damals
nicht verstanden werden konnte, und
daß nur die Mutter, aus ihrer Empfindung heraus,
eine Ahnung davon hatte, was diese Worte zu
bedeuten hatten. Von diesem
nathanischen Jesusknaben müssen wir uns auch klar sein,
daß er nicht eine
Menschenwesenheit ist wie andere Menschenwesenheiten,
daß er nicht — wie etwa der
salomonische Jesusknabe, der das Ich des Zarathustra in sich hatte, und wie andere Menschen
— viele Erdenleben hinter sich hatte, in derselben Weise
solche viele Erdenleben hinter sich hatte, sondern daß er
sein vorhergehendes Dasein durchaus
in den geistigen Welten durchgemacht hat. Ich habe das
schon bei früheren Gelegenheiten
dadurch angedeutet, daß ich sagte: Von dem, was als Menschenseelen in die menschlichen
Inkarnationen seit der lemurischen
Zeit übergegangen ist, wurde gleichsam etwas
zurückbehalten in den geistigen
Welten, das nicht zur menschlichen Verkörperung geführt worden ist, sondern das
dann erst zu einer menschlichen
Verkörperung geführt wurde, als es eben geboren
wurde als nathanischer Jesusknabe.
Das, was damals zurückgeblieben ist, was
man also nicht in dem gewöhnlichen
Sinne des Wortes ein MenschenIch nennen kann — denn ein
Menschen-Ich ist das, was von Inkarnation zu Inkarnation auf
der Erde geht — , das machte seine Schicksale in den
geistigen Welten durch. Und nur die Angehörigen der
alten Mysterien, die imstande waren,
die Vorgänge in den geistigen Welten zu beobachten, konnten wissen, daß dieses Wesen,
das einmal erscheinen werde als der nathanische Jesusknabe, das
durchseelt werden sollte von der
Christus-Wesenheit, vorher gewisse Schicksale in den
geistigen Welten durchzumachen hatte. Um
diese Schicksale kennenzulernen, müssen wir uns folgendes
vor Augen führen.
Die meisten von Ihnen werden sich noch
jener Vorträge erinnern, die
hier einmal vor einigen Jahren gehalten worden sind über
Anthroposophie, und in denen ich zunächst von den Sinnen
des Menschen gesprochen habe. Ich
habe damals ausdrücklich angegeben, daß die
gewöhnlich aufgezählten fünf
Sinne des Menschen nur ein Teil der gesamten Sinne sind, und daß der Mensch im Grunde
genommen zwölf Sinne hat. Es
soll jetzt darauf hier nicht näher eingegangen
werden. Darauf aber sollte hingedeutet
werden, daß das, was menschliche Sinne sind, was also in
unseren physischen Leib als Sinne eingebettet ist, eigentlich
zu einem Schicksal verurteilt gewesen wäre, das
für die Menschen unheilsam geworden
wäre, wenn nicht das erste Christus-Ereignis in den geistigen Welten in der alten
lemurischen Zeit stattgefunden
hätte, gleichsam der erste Vorläufer des Mysteriums
von Golgatha. Der Mensch wurde ja in der lemurischen Zeit
so verkörpert, daß er im
wesentlichen die Anlage zu seinen Sinnen hatte.
Aber wir wissen auch, daß in der
lemurischen Zeit stattgefunden hat der Einfluß der luziferischen Mächte auf die
menschliche Evolution. Dieser
Einfluß der luziferischen Mächte hat sich auf alles
in der menschlichen Organisation
erstreckt. Hätte nun wirklich nichts anderes stattgefunden
als das, wodurch der Mensch in der lemurischen
Zeit zu seiner Erdeninkarnation
geführt worden ist, und dann der luziferische Einfluß, so würden unsere Sinne
ganz anders geworden sein, als sie
nun geworden sind. Diese Sinne würden, man
könnte sagen,
überempfindlich geworden sein, übersensitiv. Sie
würden so geworden sein,
daß wir nicht gleichsam mit unseren Sinnen
temperiert durch die Welt gehen,
sondern es würde zum Beispiel eine rote Farbe
auf das menschliche Auge den Eindruck
gemacht haben, daß das Auge durch den Eindruck der roten Farbe gleichsam einen ganz
bestimmten Schmerz empfunden
hätte. Durch andere Eindrücke würden in anderer
Weise die Sinne leidvoll berührt worden sein. Wie
ausgesogen würde sich das Auge
zum Beispiel gefühlt haben von der blauen Farbe.
Und so mit allen anderen Sinnen. Man
hätte müssen so durch die Welt gehen, daß die Sinne fortwährend in
leidvoller Weise, oder auch wohl in
übermäßiger und daher auch unheilsamer Lust,
affiziert worden wären. Die
Sinne wären stärker, als es ihnen heilsam ist, von
allen äußeren
Einflüssen beeindruckt worden. Das wäre durch den
luziferischen Einfluß gekommen.
Das ist abgewendet worden von der
Menschheit, jetzt nicht durch ein
Ereignis, das im physischen Erdenbereich stattgefunden hat,
sondern durch den Vorgang, der gewissermaßen der erste
vorbereitende Vorgang für das
Mysterium von Golgatha ist. In der lemurischen Zeit
noch vereinigte sich dieselbe
Christus-Wesenheit, die später durch die Johannestaufe im Jordan sich mit dem Leibe des
Jesus von Nazareth vereinigt hat, mit einem Wesen, das damals
noch in den geistigen Welten war:
mit dem Wesen, das später geboren worden ist als
der nathanische Jesusknabe, der aber
damals noch in den geistigen Welten war. Wenn man von dem Palästina-Ereignis sagen
kann, das Christus-Wesen verkörperte sich
in dem Jesus von Nazareth, so müßte man
gegenüber diesem ersten
Christus-Ereignis sagen, es verseelte sich in
der lemurischen Zeit in der geistigen Welt
in einem Wesen, das später herunterstieg auf die Erde als nathanischer Jesus. So
lebte denn in den geistigen Welten
eine geistig-seelische Wesenheit, welche durch diese
Tat des Sich-Verbindens, also der
Christus-Wesenheit mit der Seele des späteren Jesus von Nazareth, und durch alles, was
aus dieser Tat folgte, den
menschlichen Sinnen das Unheil nahm, also von den geistigen
Welten die Menschheit gleichsam so überstrahlte, damit
nicht den Sinnen das Unheil geworden
wäre, in so leidvoller oder in so übersensitiver Weise über die Erde gehen zu
müssen. Zum Heil der Sinne
geschah das erste vorbereitende Ereignis des Mysteriums
von Golgatha. Daß wir in
unserer jetzigen Art mit unseren Sinnen durch
die Welt gehen können, ist eine Folge
dieses ersten Christus-Ereignisses.
Im Anfange der atlantischen Zeit fand ein
zweites Ereignis statt. Es bestand
wieder darin, daß das Wesen, das später zum
nathanischen Jesus geworden ist,
durchseelt wurde von der Christus-Wesenheit. Dadurch wurde ein
anderes Unheil von der menschlichen Natur abgewendet. Denn auch
wenn die Sinne durch das erste Christus-Ereignis schon gesund
geworden wären, so wäre doch durch den luziferischen
und den späteren ahrimanischen Einfluß diese
menschliche Natur so geworden,
daß die sogenannten sieben Lebensorgane — ich
habe bei Gelegenheit der Vorträge
über Anthroposophie auch von den sieben Lebensorganen gesprochen;
gefäßartige Organe sind sie im physischen Leibe, was ihnen aber zugrunde liegt, ist
eigentlich eine Organisation des
Ätherleibes — so geworden wären, daß wir
wieder nicht so als Menschen durch
die Welt gehen könnten, wie es jetzt mit
Sympathie und Antipathie der Fall ist,
sondern der Mensch würde abwechselnd wüste Gier und
furchtbarsten Ekel empfunden haben in bezug auf das, was er mit seinen Lebensorganen
genießt, was ihm Nahrung sein
kann. Aber auch was an seine Atmungsorgane herantreten konnte,
würde er so empfunden haben, daß er es entweder
mit wilder Gier erfassen oder mit
tiefstem Ekel abweisen wollte. Also auch die sieben Lebensorgane würden
übermäßig tätig geworden sein
durch den Einfluß von Luzifer und
Ahriman. Da trat das zweite Christus-Ereignis ein, wiederum ein Ereignis in den
übersinnlichen Welten. Durch
dieses wurden die Lebensorgane des Menschen in die
Möglichkeit gebracht, in gewissem
Sinne mäßig, maßvoll zu sein. So,
wie unsere Sinne niemals gleichsam in
Weisheit hätten die Welt anschauen können, wenn nicht
das erste Christus-Ereignis in der lemurischen Zeit
stattgefunden hätte, so hätten unsere Lebensorgane
nie mäßig sein
können, wenn nicht das zweite Christus-Ereignis im Beginne
der atlantischen Zeit geschehen wäre.
Aber noch ein drittes Unheil stand den
Menschen bevor, ein Unheil, das sich
auf seinen astralischen Leib bezog, auf die Verteilung
von Denken, Fühlen und Wollen.
Heute sind Denken, Fühlen und Wollen beim Menschen in einer gewissen Harmonie, und wenn
diese zerstört ist, dann ist
die Gesundheit des Menschen zerstört. Wenn Denken,
Fühlen und Wollen nicht in richtigem
Maße ineinanderwirken, dann kommt der Mensch entweder in übergroße
Hypochondrie oder bis in Wahnsinnszustände hinein. Bis zu
Wahnsinnszuständen hätten also die
Menschen in vollkommener Unordnung in bezug
auf Denken, Fühlen und Wollen
kommen können, wenn nicht gegen das Ende der atlantischen
Zeit das dritte Christus-Ereignis stattgefunden hätte. Das
hat bewirkt — es ist wieder
eine Durchseelung des noch in den übersinnlichen Welten
befindlichen nathanischen Jesus mit dem Christus — ,
daß maßvolle Harmonie in
die Seelenkräfte des Menschen, in Denken,
Fühlen und Wollen, gebracht worden
ist.
Diese drei Ereignisse, die ich jetzt
angeführt habe, haben alle aus den geistigen Welten in den Menschen hineingewirkt; sie
haben sich nicht vollzogen auf dem
physischen Plan. Aber insbesondere von dem dritten Ereignis ist in den mythischen Vorstellungen
ein gutes Andenken geblieben. Und wie in vielen Fällen uns
die geistige Erkenntnis dahin führt, solche Zeichen, die
in Sagen und Mythen sich erhalten haben, in der rechten Weise zu verstehen, sie sozusagen
in der richtigen Weise zu vertiefen, so kann es auch mit diesem
Zeichen sein. Wir alle kennen es ja,
dieses Zeichen, welches ein übersinnliches
Wesen darstellt — sei es der Erzengel
Michael, sei es der heilige Georg — tottretend, überwindend den Drachen. Das ist die
bildliche Darstellung des dritten Christus-Ereignisses: der
Erzengel Michael oder Sankt Georg,
der spätere nathanische Jesusknabe, durchseelt von
der Christus-Wesenheit. Daher gibt
es die erzengelhafte Gestalt in den geistigen Welten. Und die
Überwindung des Drachens bedeutet die Unterdrückung
desjenigen im menschlichen Denken, Fühlen und
Wollen — also in der Leidenschaftsnatur des Menschen — ,
welches Denken, Fühlen und
Wollen durcheinanderwerfen würde, in Unordnung bringen
würde. Man kann es tief empfinden, wie in solchen
gewaltigen Bildern, die gleichsam
aufgerichtet sind, damit das, was nicht mit dem Verstande erfaßt, begriffen werden kann,
wenigstens für das symbolische
Anschauen und für das Gefühl vor die
Menschenseele hingestellt werden,
wie darin tiefe, tiefe Zusammenhänge sich
aussprechen.
Wir haben bei früheren Gelegenheiten
erwähnt, wie das Griechentum in seiner Götter- und
Geisterwelt Abschattungen, gleichsam die Schattenbilder desjenigen gehabt hat, was sich in der
atlantischen Zeit als wirkliche
göttlich-geistige Wesenheiten gleichsam in der Welt
unmittelbar über den Menschen befunden hat. Nun hatten die
Griechen ein deutliches
Bewußtsein gerade von dem dritten
Christus-Ereignis, von jenem
Christus-Ereignis, das sonst eben für die
Menschenseele nur bildlich
dargestellt wird durch Sankt Georg oder den Erzengel
Michael, den Drachen überwindend. Die
Griechen stellten dar den Christus,
durchseelend den späteren nathanischen Jesusknaben,
als ihren Apollo. Und in tief
bedeutsamer Weise, man möchte sagen, in
den Kosmos selbst hineingestellt ist Sankt
Georg mit dem Drachen in Griechenland. Die Griechen hatten jenen kastalischen
Quell am Parnassos, an dem sich eröffnete aus der Erde
heraus ein Schlund, aus dem
Dämpfe aufstiegen. Diese Dämpfe umgaben
schlangenartig den Berg, so daß
man in diesen schlangenartig den Berg umgebenden
Dämpfen selber ein Bild hatte der wild
stürmenden menschlichen Leidenschaften, die Denken, Fühlen und Wollen in
Unordnung bringen. Über dem Erdschlund, an der Stelle, wo
diese schlangenartigen Dämpfe
herauskamen, in denen der Python lebte, errichtete man
jene Orakelstätte, welche der
Pythia geweiht war. Die Pythia saß auf ihrem
Dreifuß über diesem Erdschlund
und wurde durch die heraufsteigenden Dämpfe in einen
visionären Zustand gebracht, und was sie in
diesem Zustande sprach, das faßte man
auf als den Ausspruch des Apollo
selber. Und die, welche Ratschlüsse haben wollten,
schickten zur Pythia und ließen
sich von Apollo durch den Mund der Pythia Rat erteilen.
Die Anschauung lag also bei den Griechen
zugrunde, daß Apollo zurückführt auf eine wirkliche Wesenheit.
Jetzt kennen wir diese Wesenheit. Es
ist der von dem Christus durchseelte spätere nathanische
Jesusknabe, Apollo bei den Griechen genannt. Er nimmt
dem, was aus der Erde in der Seele
der Pythia aufsteigt, seine luziferisch-ahrimanische Wirkung.
Und weil in den Dämpfen das Opfer des Apollo aufsteigt, so sind sie nicht mehr verwirrend,
sondern weise ordnend Denken,
Fühlen und Wollen für die Griechen. So sehen
wir, wie in der Apollo-Idee der
Griechen das lebt, daß in Denken, Fühlen
und Wollen der Menschen eingezogen ist der
Gott, den wir später den Christus nennen, der Gott, der damals sich geopfert
hat, indem er in die Seele des
späteren nathanischen Jesusknaben eingezogen ist
und Harmonie ausgegossen hat in das,
worauf der Einfluß von Luzifer und Ahriman — in Denken, Fühlen und Wollen
— in der Menschenseele verwirrend wirken mußte.
So haben wir drei Christus-Ereignisse in
den übersinnlichen Welten, welche das Ereignis von Golgatha eigentlich
vorbereiten. Wenn wir nun nach der
Bedeutung des Ereignisses von Golgatha selber fragen:
Was ist durch dieses Ereignis eigentlich
bewirkt worden, was wäre in Unordnung gekommen, wenn das Ereignis von Golgatha
nicht eingetreten wäre? — dann wissen wir ja,
daß in der vierten nachatlantischen Kulturepoche, der
griechisch-lateinischen Zeit, die Menschheit
reif wurde, das Ich zu entwickeln.
Zunächst war gerade jener Winkel des Abendlandes reif, um das Ich zu entwickeln, der
sich in Westasien, Süd- und Mitteleuropa ausbreitete.
Namentlich sollte das Ich entwickelt
werden durch den Zusammenstoß der romanischen
Völker mit den germanischen in
Mittel- und Südeuropa. Das Ich sollte also
im vierten nachatlantischen Zeiträume
entwickelt werden. Aber es wäre
in ungeordneter Weise entwickelt worden. Denn so, wie
die Sinne in ungeordneter Weise
ausgebildet worden wären in der lemurischen Zeit, wenn
nicht das erste Christus-Ereignis eingetreten wäre,
wie sich die sieben Lebensorgane in
unrichtiger Weise entwickelt hätten, wenn nicht das zweite
Christus-Ereignis im Beginne der atlantischen Zeit geschehen
wäre, wie die drei Seelenbetätigungen des
Menschen — Denken, Fühlen und
Wollen — in ungeordneter Weise sich entwickelt hätten, wenn nicht das dritte
Christus-Ereignis gegen das Ende der
atlantischen Zeit eingetreten wäre, so würde sich
das Ich ungeordnet entwickelt haben,
wenn nicht das vierte Christus-Ereignis in der
griechisch-lateinischen Zeit, eben das Mysterium von
Golgatha, eingetreten wäre. Denn
— das haben wir schon
öfter hervorgehoben — zum
Ich, zum Bewußtsein des Ichs waren die Menschen
im vierten nachatlantischen Zeiträume
gekommen.
Für diejenigen Menschen, welche nicht
haben dazu kommen sollen, wurde
zunächst eine andere Art von Offenbarung gegeben. Denn
das ist der charakteristische
Unterschied zwischen der Buddha-Offenbarung und der
Christus-Offenbarung, daß die Buddha-Offenbarung
an Menschen erging, welche nicht eigentlich
zum Bewußtsein ihres durch die
Inkarnationen durchgehenden Ichs kommen sollten. Der
versteht den Buddhismus nicht, der nicht
gerade dieses in der richtigen Weise auffaßt. Es wurde von
mir öfter auf ein im späteren Buddhismus gebrauchtes Gleichnis hingewiesen, in
welchem gesagt wird, daß der
richtige Buddhist das, was von einer Inkarnation zur
anderen übergeht, so ansieht, daß
er es vergleicht mit der Mangofrucht, die, wenn sie in die Erde
gelegt wird, einen neuen Baum hervorbringt, auf dem eine neue
Frucht wächst. Name und Form sind es nur, was die neue Mangofrucht mit der alten gemeinsam
hat. Das ist das Charakteristische
des Buddhismus, daß von einem durch die Inkarnationen
durchgehenden realen Ich nicht gesprochen wurde. Aus
dem Grunde wurde nicht davon gesprochen,
weil ein reales Ich bei den
Völkern des Ostens nicht voll zum Bewußtsein gekommen
ist. Heute noch kann man sehen: Wenn
auf den Lehren des Ostens stehende Menschen Weltanschauungen
des Westens begreifen wollen, so können sie nicht bis zu dem Punkte vordringen, wo
das Ich einsetzt.
Das Ich sollte von den Völkern der
vierten nachatlantischen Kulturperiode geboren werden. Es
wäre aber ungeordnet geboren worden. Daß es ungeordnet geboren worden wäre, zeigt
sich an einer Erscheinung, die sehr bedeutsam im vierten
nachatlantischen Zeitraum auftritt. Wie ein signifikanter
Ausdruck für die Geburt des Ichs steht da
das Element der griechischen Philosophie.
Aber wie eine Begleiterscheinung der griechischen Philosophie
steht andererseits da das Sibyllentum, jenes Sibyllentum, von dem wir sagen
müssen: Sibyllen sind alle
diejenigen weiblichen Wesenheiten, welche nicht wie die
Pythia durch Apollo in ihrem Seelenleben
harmonisiert wurden, sondern die ihre Offenbarungen ungeordnet
in Denken, Fühlen und Wollen
wirken ließen. Durch diese sibyllinischen
Offenbarungen, welche vom 8.
vorchristlichen Jahrhundert an da waren und bis ins
Mittelalter hinein reichten, strömte
oft etwas von höchsten Wahrheiten, aber ungeordnet,
durchsetzt mit allerlei sonderbarem Zeug. In dem Sibyllentum zeigt sich insbesondere, wie die
Geburt des IchBewußtseins zunächst verwirrend
hätte wirken müssen, wie das Ich durch die luziferischen und ahrimanischen
Einflüsse ebenso ungeordnet herausgekommen wäre, wie
die zwölf Sinne in der lemurischen Zeit, wie die sieben Lebensorgane in der frühen
atlantischen Zeit und wie die drei
Seelenorgane in der späteren atlantischen Zeit ohne
die drei ersten Christus-Ereignisse
ungeordnet hätten herauskommen müssen. So hätte in der nachatlantischen Zeit
das Ich ungeordnet herauskommen
müssen, wenn nicht das Mysterium von Golgatha eingetreten
wäre.
So sehen wir, wie dieses Mysterium von
Golgatha gleichsam von einer
geistigen Höhe, wo es sich als erstes Christus-Ereignis in
der lemurischen Zeit abspielt,
stufenweise heruntersteigt, bis es zum physischen Plan kommt,
eben in unserem irdischen Mysterium von Golgatha. Das kann uns
wiederum hinweisen auf die ganze Bedeutung dieses einzigartigen Ereignisses für die
Erdentwickelung, kann uns darauf
hinweisen, wie dieses einzigartige Ereignis aber
wohlvorbereitet war aus den geistigen Welten heraus. Der
Zusammenhang mit dem hohen
Sonnenwesen, der öfter in bezug auf das Christus-Wesen
von uns hervorgehoben worden ist,
zeigt sich ja auch in der griechischen Apollo-Idee, da Apollo der Sonnengott ist.
Ich habe nur skizzenhaft angedeutet, was
also hat herbeigetragen werden
können zur völligen Erklärung der Bedeutung des
Mysteriums von Golgatha. Alle diese Dinge könnten in allen
Einzelheiten ausgeführt werden
und würden dann die ganze ungeheure kosmische
Größe dieses Mysteriums von
Golgatha zeigen. So kann man sich diesem Mysterium von Golgatha nähern aus der
Betrachtung des Kosmos heraus. Man
kann sich ihm aber auch noch von einer anderen
Seite aus nähern. Das kann etwa in der
folgenden Weise geschehen.
Nehmen wir an, der Mensch geht in die
geistige Welt, durch die Pforte des
Todes oder durch die Initiation. Und bleiben wir jetzt
bei dem, daß er durch die
Pforte des Todes in die geistige Welt kommt,
dann ist das erste, daß der Mensch
seinen physischen Leib gleichsam als
die äußerste Hülle ablegt. Dieser physische Leib
wird den Erdenelementen übergeben. Nehmen wir einmal an,
der Mensch würde aus der
geistigen Welt, in der er ist, nachdem er durch die Pforte
des Todes gegangen ist,
zurückschauen auf das Schicksal seines physischen
Leibes, wie er, verwest oder verbrannt, den
physischen Elementen der Erde
übergeben wird. Was der Mensch in diesen Prozessen sieht,
wenn er von der geistigen Welt aus
zurückschaut auf das Schicksal des physischen Leibes, das könnte man ein
Naturereignis nennen wie ein anderes
Naturereignis, ein Ereignis, bei dem man moralische
Begriffe so wenig anwendet, wie man
moralische Begriffe anwendet, wenn die Wolken sich bilden und der Blitz von einer Wolke in die
andere fährt und dergleichen.
So wie man auf diese Naturereignisse sieht, so hat
man zunächst auf das zu sehen, was
sich da auflöst als physischer Leib. Wir wissen aber weiter, daß der Mensch dann
einige Tage verbunden bleibt mit seinem Ätherleibe und
daß als eine Art zweite Loslösung die des
Ätherleibes vom astralischen Leib und vom Ich
geschieht.
Wenn der Mensch dann zurückschaut auf
den abgelösten Ätherleib, so nimmt sich dieser schon anders aus in seinen
Prozessen als der abgelöste
physische Leib. Vor allem können wir nach dem Tode
von der geistigen Welt aus auf den
Ätherleib nicht so hinschauen, daß wir
das, was der Ätherleib dann ist und
was aus ihm wird, wie ein Naturereignis ansehen können.
Das ist gar nicht der Fall, sondern dieser Ätherleib zeigt uns in seiner Eigenart, wie in ihn
verwoben, was wir als Gesinnungen
unserer Seele in uns getragen haben bis zu unserem
Tode. Haben wir gute Gesinnungen gehabt, so
sieht man das dem Ätherleibe
an; haben wir tückische, schlechte Gesinnungen gehabt,
so sieht man ihm das ebenfalls an.
Ja, man sieht und fühlt ihm an, möchte
man sagen, die ganze Stufenleiter von guten
und schlechten Gefühlen und
Empfindungen. Das alles ist in ihm ausgedrückt. Wir
legen unsere innere
Seelenverfassung, wie sie ist, in den Ätherleib
hinein. Das sieht man darinnen, und
das löst sich in einer komplizierten Weise in der ätherischen Welt auf, wird von dieser
aufgesogen. Wenn wir daher so
zurückblicken auf das Schicksal unseres
ätherischen Leibes, so blicken
wir eigentlich auf ein Abbild dessen zurück, was
wir selber im Erdenleben waren.
Wir können uns von dem, was wir da
anschauen, noch etwas ganz Besonderes sagen. Wir können uns sagen: Hast du
diese oder jene guten Empfindungen,
diese oder jene Hingabe an die geistigen Welten
gehabt, dann hast du dem allgemeinen
Ätherkosmos etwas übergeben, was dort als Gutes weiterwirkt. Hast du schlechte
Empfindungen, schlechte Gefühle
gehabt und dich nicht befassen wollen mit den
Schilderungen aus den geistigen Welten, so
hast du dem Ätherkosmos etwas
übergeben, was Schaden, Verheerung anrichtet in der
ätherischen Welt.
Es gehört zum Schicksale unserer
Seele, also unseres Astralleibes und
unseres Ichs, was diese in der geistigen Welt sind, das
anzuschauen, was man so selber angerichtet hat in dem
Schicksale seines Ätherleibes,
der nicht mehr geändert werden kann, wenn er von
dem physischen Leibe losgelöst
ist. Es ist sogar der hauptsächlichste Anblick, den man
nach dem Tode hat. Wie man vorher in der Sinneswelt
den Anblick von Wolken, Bergen und so
weiter hatte, so hat man jetzt nach
dem Tode, wie einen Hintergrund, den Anblick desjenigen,
was man selbst durch seine
Seelenverfassung und seine Gesinnungen in seinen Ätherleib hineingelegt hat. Das wird immer
größer und größer, je weiter sich der Ätherleib auflöst, und
wird tatsächlich so wie das Firmament, auf dem alles andere erscheint. Es
gehört daher zum Schicksale des
Menschen nach dem Tode, die Schicksale des ätherischen
Leibes anzuschauen.
Dazu zeigt sich noch etwas anderes:
daß dieser Ätherleib, der sich da auflöst, eigentlich, man könnte sagen,
zweierlei Eigenschaften hat. Die
eine Eigenschaft hängt mit etwas zusammen, was im Grunde
genommen immer einen bedrückenden, einen betrübenden
Eindruck nach dem Tode macht. Womit
diese Eigenschaft da zusammenhängt, das wird uns am besten dadurch klar werden, daß
wir ein wenig auf das Schicksal der
physischen Erde hinweisen.
Dieses Schicksal der physischen Erde wird
ja heute schon von den Physikern
anerkannt. Es wird von den Physikern als richtig
anerkannt, daß die Erde als
physisches Wesen einmal dem
sogenannten Wärmetod verfallen
wird. Das Verhältnis der Wärme zu den anderen
physikalischen Kräften der Erde ist so, daß einmal in
einer gewissen Zukunft der Zeitpunkt eintreten wird — das
ist heute schon ein physikalisches Ergebnis — , wo alles
in eine gewisse gleichmäßige Wärme
übergegangen sein wird. Dann wird
nichts mehr da sein, was an Ereignissen und Verrichtungen auf
der Erde geschehen könnte in ihrem physischen Bereich. Die ganze Erde wird dem
Wärmetode verfallen sein.
Diejenigen, die Materialisten sind,
müssen natürlich als selbstverständlich annehmen
— denn sonst sind sie nicht konsequent — , daß
mit diesem Wärmetode alles,
auch was sie menschliche Kultur, menschliches Denken, Sinnen
und Trachten nennen, aufhören müsse, daß
das ganze menschliche Leben in der
gleichmäßigen Erdenwärme verschwinden
müsse. Wer die Verhältnisse durchschaut, wie sie die
geisteswissenschaftliche Lehre geben kann, der weiß, wie
dieser Wärmetod bedeutet, daß die physische Erde wie
ein Leichnam abfallen wird von ihrem
Geistigen, das zu ihr gehört, wie der menschliche
physische Leichnam von dem abfällt, was vom Menschen durch
die Pforte des Todes schreitet. Und
wie der menschliche Leichnam mit dem Tode zurückbleibt von dem Geistig-Seelischen des
Menschen, das durch einen
Zwischenzustand zwischen Tod und neuer Geburt durchgeht, und
wie der Mensch von einem Zustande zu anderen geht, so
wird das Geistige der Erde, wenn ihr
Erdendasein mit dem Wärmetode zu Ende gehen wird, zum
Jupiterdasein übergehen. Dieses Jupiterdasein wird eine
weitere Verkörperung alles desjenigen sein, was
geistig mit der Erde in Verbindung
steht.
Wenn wir so nach dem Tode
zurückschauen können auf den Ätherleib, dann
fällt wirklich auf durch eine gewisse Empfindung,
die gegenüber diesem
Ätherleibe da ist, daß ein Teil der
Eigenschaften des Ätherleibes
zusammenhängt mit alledem, was innerhalb des
Erdenbereiches dem Wärmetode verfällt, was sich
auflöst. Solche Kräfte sind in unserem Ätherleibe, welche die tätigen
Kräfte sind, um die Erde in den
Wärmetod hineinzuführen. Aber andere Kräfte sind
noch da.
Eine zweite Art von Kräften in diesem
Ätherleibe ist zu bemerken, und
diese verhalten sich zu allem Irdischen so, wie wenn man hinsehen würde auf den Pflanzenkeim und sehen, wie
der Pflanzenkeim umgeben ist von
einer solchen Pflanzensubstanz, aus der die nächste
Pflanze neu entsteht. In ähnlicher
Weise sieht man im Ätherleibe: da sind Kräfte, die nur tätig sein müssen
für die Erde, solange die Erde besteht, bis die Erde dem Wärmetod verfällt.
Dann aber sind junge Kräfte
darinnen, die zusammenhängen mit dem, was die Erde
wie Keimfähiges im Kosmos
enthält, um hinübergeführt zu werden zur
nächsten Inkarnation der Erde. Aber
diesen gleichsam keimeskräftigen Teil des Ätherleibes kann man nur sehen —
und damit berühren wir wieder
ein sehr wichtiges Geheimnis der Geisteswissenschaft — ,
wenn man ein gewisses
Verhältnis gewonnen hat zu der Christus-Wesenheit,
zu dem Christus-Impuls. Denn dieser Teil
ist durchdrungen von den Christus-Kräften, die sich durch das Mysterium von
Golgatha in die geistige
Erdensphäre ausgegossen haben. Da sind sie drinnen, in
diesem Teil. Denn diese Christus-Kräfte stellen das dar,
was auch von den Menschen das
Keimfähige hinüberträgt zum Jupiter. Das
befähigt uns also, unseren
Zusammenhang mit dem Christus-Impuls, das Keimfähige, das
Zukunftsfähige in unserem Ätherleibe zu
schauen.
Wenn dies dann so angeschaut wird, dann hat
man die Sicherheit, daß
wirklich vom Mysterium von Golgatha das, was öfter
angeführt worden ist,
ausgeflossen ist in die Erdensphäre, und daß es etwas
zu tun hat mit der Wiederbelebung
des ganzen Geistigen der Erde, in das wir selber als Menschen eingebettet sind. Und zu
den Erlebnissen, die ein
Menschenwesen haben muß, welches ein richtiges
Bewußtsein vom Ich hat, wie es
der heutige Mensch des Westens hat, zu diesen
Erlebnissen gehört geradezu, nach dem
Tode beim Hinblick auf seinen Ätherleib diesen Ätherleib nicht ohne die
Durchdringung mit dem Christus-Impuls zu sehen. Denn es ist ein unseliges
Leben nach dem Tode, wenn man im
Anblick seines Ätherleibes entbehren muß das
Durchtränktsein des Ätherleibes
mit dem Christus-Impuls. Das ist es, warum ich immer darauf hingewiesen habe, daß der
Christus als eine Tatsache auf die
Erde gekommen ist, und daß auch diejenigen Menschen,
welche sich heute noch mit ihrem Oberbewußtsein
sträuben gegenüber dem
Christus-Impuls, nach und nach den Zugang zu dem
Christus-Impuls finden werden, wenn sie ihn
auch vielleicht um eine oder zwei
Inkarnationen später finden werden als die
Bevölkerung der westlichen
Kulturgegenden der Erde.
Es macht des Menschen Seligkeit nach dem
Tode aus, im Anblick seines
Ätherleibes die Sicherheit des Christus-Impulses zu haben.
Es macht des Menschen Unseligkeit
nach dem Tode aus, am Ätherleibe nur das zu bemerken, was gewissermaßen dem
Erdentode verfallen muß.
Für denjenigen Menschen, der durch seine westliche
Kultur eben ein deutliches
Ich-Bewußtsein hat — die östlichen
Menschen haben dieses
Ich-Bewußtsein noch nicht deutlich — , für den
Menschen, der mit dem deutlichen
Ich-Bewußtsein, wie bei den westlichen Völkern, schon
geboren ist, bedeutet es durchaus etwas Unseliges, hinzuschauen
auf seinen Ätherleib und dort nur die für die
Erdentwickelung zerstörenden Kräfte zu sehen, nicht
aber ersehen zu können, daß dort der Christus-Impuls als eine Substanz
drinnen ist. Es ist etwa so, wie
wenn man fortwährend unter dem Eindrucke eines Erdbebens
oder eines Vulkanausbruches leben müßte nach dem
Tode, wenn man nicht die jungen
Keimkräfte des Christus-Impulses im Ätherleibe schauen kann.
Diese jungen Keimkräfte des
Christus-Impulses, was sind sie denn eigentlich? Nun, das eine, was dazugehört, habe
ich schon seit Jahren bei
verschiedenen Gelegenheiten erwähnt. Wir haben davon
gesprochen, welche Rolle das Blut im physischen Leibe des
Christus Jesus spielt. Das Blut
gehört ja zu den physischen Substanzen des Leibes,
und für den gewöhnlichen
Menschenleib gehört es zu dem, was sich
mit dem Tode physisch auflöst in die
Elemente. Das war nicht der Fall,
wenigstens nicht bei dem Teile des Blutes des Christus Jesus,
der auf Golgatha aus den Wunden zur
Erde floß. Dieser Teil des Blutes ätherisierte sich, wurde wirklich aufgenommen von
den Ätherkräften der Erde,
so daß das Blut, das damals aus den Wunden floß, zur
Äthersubstanz wurde. Und diese Äthersubstanz
erglänzt, erhellt, erflimmert in dem Ätherleibe und — man empfindet es so
nach dem Tode — zeigt sich so,
daß der Mensch weiß: Da ist frisch keimendes Leben,
welches den Menschen
lebensfähig der Zukunft entgegenführt.
Noch von einer anderen Seite kommen die
Ingredienzien in den Ätherleib
hinein, was uns zeigen kann, wie
frischkräftiges Leben dadrinnen
ist. Gerade die Betrachtung aus dem Fünften
Evangelium zeigt
an — es gehört das zu den
großen Eindrücken, wenn man dem nachgeht, was in dem Fünften Evangelium gegeben
werden kann — , daß,
nachdem der Leichnam des Christus Jesus in das Grab
gelegt worden ist, wirklich etwas
eintrat, wodurch zum Schluß die Dinge da sein konnten, wie sie so wunderbar genau das
Johannes-Evangelium schildert: wie das Grab leer ist und wie
die Tücher ringsherum lagen. So
war es auch. Das zeigt uns das Fünfte Evangelium. Es
war deshalb so, weil ein
wellenartiges Erdbeben stattgefunden hatte mit
einer Spaltung der Erde. In diesen Spalt
fiel der Leichnam des Christus Jesus hinein. Dieser Spalt
schloß sich dann wieder. Und durch das wellenartige Bewegen und Stürmen wurden
tatsächlich die Leichentücher so herumgeworfen, wie
sie dann im Johannes-Evangelium bei
der Beschreibung des leeren Grabes in ihren Lagen
geschildert werden. Das ist der
große, zu Herzen gehende Eindruck, wenn man
durch das Fünfte Evangelium diese
Dinge erfährt und dann im Johannes-Evangelium die
Bestätigung findet.
Noch etwas hat sich also in den
Ätherleib hineinbegeben: Was da von dem Erdspalt aufgenommen worden ist, das durchdrang
dasjenige, was wir das in der Äthersubstanz erflimmernde
und erglitzernde Blut genannt haben, und dadurch wird das
flimmernde und glitzernde Blut im
Ätherleibe sichtbar; so daß man die Empfindung
hat — ich sagte vorhin: es breitet
sich der Ätherleib nach dem Tode aus und man erblickt ihn wie eine Art Firmament, von
dem sich alles andere abhebt, es
spannt sich aus in diesem sich ausbreitenden Ätherleibe
wie eine Grundsubstanz der Leib, der blutentleerte Leib des
Christus Jesus, der von dem Erdspalt aufgenommen worden ist und
so in die Erde übergegangen ist
und in dem ausgespannten Tableau des Ätherleibes wie diesen belebend
erscheint.
Und dieser Anblick gibt die Gewißheit:
Die Menschheit geht nicht zugrunde,
sondern lebt als geistiger Inhalt der Erde weiter, wenn
das Physische der Erde abfällt,
wie der einzelne menschliche Leichnam von dem Geistigen des Menschen abfällt. Das Ich
und der astralische Leib sind ja
gewiß so, daß sie dem Menschen Freiheit und
Unsterblichkeit verbürgen. Aber der Mensch würde
allein für sich fortleben. Er
würde auf dem Jupiter ankommen und nicht zum
Jupiterleben passen, wenn nicht das,
was auf der Erde erlangt worden ist, zum Jupiter hinübergetragen würde: wenn nicht
hinübergetragen würde, was
durch den Christus-Impuls in die Erdensphäre
hineingebracht worden
ist.
Man kann sagen, die einzelnen Menschen
würden kaum mehr bereichert, als sie schon in der
lemurischen Zeit waren, in den Jupiter hinüberleben, arm würden sie in den Jupiter
hinüberleben, wenn sie nicht
hineingebettet wären in eine Erdensphäre, die
durchchristet ist. Und diese Armut,
die den Eindruck machen würde: Das Erdenleben
ist eigentlich verloren — , sie
würde als etwas Unseliges vor dem Menschen stehen im Leben
zwischen Tod und neuer Geburt, während das,
was der Christus-Impuls aus dem geistigen
Teil der Erde gemacht hat, der Seele
die Seligkeit gibt im Leben zwischen Tod und neuer
Geburt: Ja, alles was die Seele
erleben kann nach dem Mysterium von Golgatha, kommt durch das,
was ausgeflossen ist durch den Christus-Impuls, in die geistige
Erdenatmosphäre!
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