Da
findet man aber, daß tatsächlich dieser soziale
Organismus ebenso wie der natürliche Organismus aus
drei relativ in sich selbständigen Gliedern
bestehen muß. Geradeso wie der menschliche Kopf, der
hauptsächlich der Träger der Sinnesorgane
ist, durch die Sinnesorgane in einem besonderen
Verhältnis zur Außenwelt steht, wie er
für sich zentralisiert ist, wie wiederum das
rhythmische System, das Lungen- und Atmungssystem
für sich zentralisiert ist, das
Stoffwechselsystem für sich zentralisiert ist
und diese drei in einer relativen Selbständigkeit
zusammenwirken, so ist es eine fundamentale
Notwendigkeit, daß der soziale Organismus
dreigliedrig ist und diese drei Glieder relative
Selbständigkeit haben. Nebeneinander wirken
müssen der selbständig auf sich gestellte
Geistesorganismus, der selbständig auf sich
gestellte Organismus des politischen Staates im engeren Sinne
und das selbständig auf sich gestellte
Wirtschaftsleben — jede dieser Körperschaften
mit eigener Gesetzgebung und Verwaltung, die sich aus ihren
eigenen Verhältnissen und Kräften heraus
ergeben müssen. Das scheint abstrakt zu sein, ist
aber gerade dasjenige, was die Gesamtmasse der Menschheit
so gliedert, daß aus dem Zusammenwirken dieser Glieder
sich ergeben muß, was den sozialen Organismus gesund
macht. Also nicht darauf kommt es an, auszudenken, wie sich der
soziale Organismus gestalten soll. Auf sozialem Gebiete geht
nämlich unser Denken nicht so weit, daß wir
eine Struktur des sozialen Organismus ohne weiteres
angeben können. Eine Struktur des sozialen
Organismus kann der einzelne Mensch von sich aus ebensowenig
verwirklichen, wie der einzelne Mensch von sich aus, wenn
er ohne Zusammenhang mit der Gesellschaft auf einer
einsamen Insel aufwachsen würde, je die
Sprache erlernen würde; so kann der einzelne Mensch
niemals aus sich heraus etwas Soziales spinnen. Alles Soziale
ersteht im Zusammenwirken, aber im geregelten, auf diese
Dreigliedrigkeit aufgebauten, wirklichen harmonischen
Zusammenwirken der Menschen. Erst wenn man diese
Richtung, die auf die wirkliche praktische Gestaltung, das
wirkliche praktische Leben geht, recht ins Auge faßt, erst
dann versteht man, wie ein solcher Mensch wie Johann Gottlieb
Fichte dazu gekommen ist, ein soziales System auszudenken, das
eigentlich in seiner Verwirklichung Bolschewismus ist.
Was
ist denn Johann Gottlieb Fichte für eine
Persönlichkeit? Fichte ist einer der
charakteristischsten Denker der neueren Zeit. Er ist
gewissermaßen der Mann, der das Denken, das sich ja,
wie wir wissen, auch entwickelt hat, das nicht immer das
gleiche war — lesen Sie das nach in meinen
«Rätseln der Philosophie»
—, der das Denken in der energischsten Weise und in
seiner reinsten Gestaltung ausgebildet hat. Gerade an einer
solchen Persönlichkeit wie Fichte kann man sehen,
wozu das Denken wird, wenn der Mensch dieses Denken ganz nur
aus sich, aus dem Ich heraus schöpfen will. Und
wendet man dann dieses reine Denken, so wie es ist, auf die
soziale Struktur an, dann kommt das Bild heraus, das Fichte im
«Geschlossenen Handelsstaat» gegeben hat.
Nur derjenige kommt dieser Sache bei, der sich sagt: solch ein
Denken wie das Fichtesche ist gar nicht geeignet, die soziale
Struktur zu finden. Das ganz nur aus dem Impulse des Ich heraus
schöpfende Denken ist nicht in der Lage, die soziale
Struktur zu finden, so wie der einzelne Mensch nicht die
Sprache erfinden kann; sondern es kann die soziale Struktur nur
gefunden werden, wenn man erst die
Menschen in ein solches Verhältnis bringt, daß
sie im gegenseitigen Verkehr und in ihrem Zusammenhange diese
soziale Struktur finden. Man muß gewissermaßen halt
machen vor gewissen Dingen, die sich auf die soziale Struktur
beziehen, und muß den Weg nur so weit verfolgen,
daß man zeigt: Seht ihr, so müssen die Menschen
zueinander stehen, wenn in ihrem Zusammenwirken der soziale
Organismus sich verwirklichen will. Das ist
wirklichkeitsgemäßes Denken, das ist
erfahrungsgemäßes Denken. Fichtes Denken
ist aus dem reinen Ich herausgeborenes Denken. Und aus dem
reinen Ich herausgeborenes Denken, wenn auch in etwas anderer
Form, ist schließlich auch das bolschewistische Denken. Es
ist im Grunde genommen gerade deshalb antisozial, weil es
nur aus den Offenbarungen des Ich heraus geboren ist.
Denn es ist ja diese Form gerade nicht im menschlichen
Gemeinschaftsleben entstanden. Das Gemeinschaftsleben des
Proletariats hat diese Form auf Autorität hin
angenommen. Das Maßgebende sind die einzelnen
Führer. Das ist es, worauf es ankommt.
Nun
muß man sich demgegenüber fragen: Wodurch gibt
denn eigentlich dieses Gemeinschaftsleben gerade auf sozialem
Gebiete mehr als das innere Leben des einzelnen Menschen? Nun,
sehen Sie, da muß man sich schon recht klarmachen, worauf
eigentlich so etwas, wie gerade die reinste Gestaltung
des Denkens bei Fichte führt. Wer sich nicht
philosophisch vorbereitet, sondern als gewöhnlicher
Mensch, der gewohnt ist Zeitungen zu lesen, leichter
faßliche Bücher zu lesen, vielleicht auch
Universitätswissenschaft, wie sie heute besteht, zu
verfolgen, wer sich als solcher gewöhnlicher
Mensch an Fichtes Bücher heranmacht, der kann
nicht mit, der findet das alles so, daß er sich an dem
Gedanken wie aufgespießt fühlt — so
energisch sind sie, aber so abstrakt entwickelt er sie. Es ist
eben ein reines Gedankengespinst für die meisten
Menschen, was Fichte da darbietet.
Woher kommt denn das? Es kommt gerade daher, daß dieses
Denken ein reines Denken ist, ein Denken, das von aller
Welterfahrung abgesehen nur herauswebt aus der Seele, was sich
eben aus der Seele herausweben läßt. Wenn Sie
Fichtes Wissenschaftslehre studieren, so schreiten Sie von Satz
zu Satz in einer abstrakten Höhe vor, daß Sie
oftmals gar nicht wissen, warum Sie denn eigentlich diese
Gedanken hegen sollen, denn sie sagen Ihnen gar nichts. Sie
können Fichtes Wissenschaftslehre durch viele
Blätter lesen, und Sie erfahren: Das Ich setzt sich
selbst. — Das ist zunächst auf vielen
Blättern auseinandergesetzt. Das
nächste: Das Ich setzt das Nichtich — wiederum
auf vielen Blättern auseinandergesetzt. Das dritte:
Das Ich setzt sich selbst begrenzt durch das Nichtich und das
Nichtich als begrenzt durch das Ich. — Nun sind Sie schon
fast durch die «Wissenschaftslehre»
durch, in welcher diese Sätze nur in einer sehr
stark in die Breite gehenden Deduktion auseinandergesetzt
werden. Sie werden sagen: das interessiert mich gar
nicht, denn schließlich sind das ja ganz
ausgehöhlte Abstraktionen. Aber dennoch, wenn
Sie wiederum das Fichtesche Leben und Streben so betrachten,
wie ich es Ihnen einmal vor einiger Zeit hier dargestellt habe,
dann bekommen Sie Respekt vor Fichte, dann bekommen Sie
Respekt vor diesem Hinstreben zu dem reinen Denken.
Woher rührt denn dieser merkwürdige
Widerspruch? Sehen Sie, dieser merkwürdige
Widerspruch rührt davon her, daß es einmal in
der Menschheitsentwickelung notwendig geworden ist, zu diesem
reinen, nur von Gedanken erfüllten Denken
hinzukommen. Das menschliche Denken ist ja sonst,
namentlich in älteren Zeiten immer nur — wie
ich es Ihnen auch gestern wiederum ausgeführt habe
— von Bildern erfüllt gewesen. Die Leute, wie
Fichte, Schelling und Hegel, sie haben einmal das gedacht, was
nur reine Gedanken, bildlose Gedanken sind. So
hätte der Grieche nie denken können, so
hätte der Römer nicht denken
können, so hätte man im ganzen
Mittelalter nicht denken können, denn die Scholastik
ist etwas ganz anderes trotz all ihrer Abstraktheit.
Wozu ist denn in der neueren geschichtlichen Entwicklung solch
ein abstraktes Denken aufgetreten? Nun, es ist deshalb
aufgetreten, weil die Menschen sich einmal anstrengen
mußten. Und es gehört eine starke innere
Anstrengung dazu, um sich zum Beispiel im Fichtesehen
Sinne bis zu einer solchen Abstraktheit zu erheben, um solche
Abstraktionen sich kraftvoll zu erringen, von denen der
banausische, wirklichkeitssinnliche Mensch sagt, das tauge ja
gar nichts, denn da sei alle Erfahrung ausgepreßt. Das ist
auch durchaus der Fall. Aber zu solchen Abstraktionen
mußte man eben einmal kommen. Der erste
Schritt war zu solchen Abstraktionen. Sobald man aber die
innere Stoßkraft des Seelenlebens noch ein
Stück weiter entwickelt über diese
Abstraktionen heraus, geht es in das spirituelle Leben hinein.
Es gibt keinen gesunden Weg der neueren Mystik als durch das
energische Denken durch. Daher mußte
zunächst das energische Denken errungen werden. Der
nächste Schritt ist, daß dann über
dieses energische Denken hinaus zum wirklichen Erleben
des Spirituellen gegangen wird. Natürlich geht
das alles in der geschichtlichen Entwickelung langsam vor sich,
aber der Weg der Menschheit geht doch darauf hin. Und diese
Sehnsucht, die eigentlich heute alle Menschen beherrscht, aus
der Abstraktion heraus zum spirituellen Leben zu kommen, diese
Sehnsucht liegt geheimnisvoll auch der in der modernen
proletarischen Bewegung verankerten Kraft zugrunde.
Der
Proletarier sagt, nichts wirke von geistigen Kräften
in der Geschichte; in der Geschichte wirken nur die
wirtschaftlichen Kräfte. Die nimmt er mit der
gröbsten Wahrnehmung auf, die betrachtet er als das
allein geschichtlich Werdende. Das geistige Leben ist ein
bloßer Überbau, eine Ideologie, ein Spiegelbild
der äußeren wirtschaftlichen
Vorgänge. — Nun ja, das stellt er sich so vor,
weil der moderne Mensch, wenn er in sich blickt, die alten
atavistischen Schauungen verloren hat; er erblickt in sich
bloße Abstraktionen, bloße abstrakte Gedanken, in
denen er keine Wirklichkeit finden kann; denn da
müßte er den nächsten Schritt
machen, den ich eben charakterisiert habe. Daher sucht ein
jeder die Wirklichkeit, nach der er sich eigentlich aus seinem
Inneren heraus sehnt, in der äußeren
Welt. Und weil der Proletarier seit dem Kapitalismus
eingespannt ist in das bloße Wirtschaftsleben, sucht er
diese Wirklichkeit im Wirtschaftsleben.
Was
wird der nächste Schritt sein, der
naturgemäße, selbstverständliche
Schritt? Der wird sein, daß man durchschauen wird,
daß innerhalb der wirtschaftlichen Ordnung letzten
Endes nichts wirklich Treibendes liegt. Als das Treibende
in der Geschichte wird gerade im Gegensatz zu diesem
geschichtlichen Materialismus die Kraft aus dem Inneren
erwachsen, zum Spirituellen vorzudringen. Es ist nur die
Karikatur des in den Tiefen der menschlichen Seele
liegenden Sehnens, was im historischen Materialismus zum
Vorschein kommt.
Und
ebenso ist im Klassenbewußtsein die Kraft der einzelnen
menschlichen Individualität da, die in sich selber
einen Inhalt sucht, die sich darin äußert
— weil sie sich selbst noch leer vorkommt, den Inhalt
noch nicht gefunden hat —, daß sie sich an die ganze
Klasse anlehnt, sich stark fühlt, wenn sie als
Menschheit im Zusammenhang da ist.
Und
so sind alle die Impulse, die heute an der
Oberfläche der sozialen Bewegung walten, im
Geheimen hervorgehend aus der Quelle, die ich Ihnen eben
bezeichnet habe. Und daher konnte in der Zeit, in der Fichte
wirkte, die noch nicht reif war für
geisteswissenschaftliches Streben, nichts anderes zum Vorschein
kommen, als ein Denken, das eigentlich wartet auf das
Entgegenkommen der spirituellen Welt und das für die
äußere Wirklichkeit nichts taugt. Und das
Denken, das eigentlich angewendet werden sollte auf die
geistige Welt, das bewirkt — radikal, konsequent,
gewalttätig angewendet auf die
äußere sinnliche Wirklichkeit —
nicht Aufbau dieser sinnlichen Wirklichkeit, sondern
Zerstörung. Ich habe Ihnen öfter
über die Funktionen des Bösen gesprochen.
Ich habe Ihnen gesagt, welche Kräfte eigentlich in
dem wirken, was wir hier das Böse im Menschen
nennen. Ich sagte Ihnen: gehen wir nur einen Plan hoher, von
unserem Sinnesplan in den nachsten geistigen Plan hinein, dann
bemerken wir durch die Anschauung dieses geistigen Planes, was
eigentlich im Bösen wirkt. Denn würden
die Kräfte, die in Dieben, Räubern,
Mördern leben, nicht hier in der Sinneswelt
ausgelebt, sondern würde der Mensch dasjenige, was
er in der Sinneswelt unrechtmäßigerweise
auslebt, metamorphosiert, umgewandelt auf dem
höheren Plane ausleben, so wäre es da
vollberechtigt. Dahin gehört es. Das
Böse ist ein versetztes Gutes. Nur dadurch, daß
die ahrimanischen Kräfte das, was in eine ganz
andere Welt gehört, in unsere Welt
hereindrücken, entsteht die Artung des
Bösen. Und so entsteht ein
zerstörerisches Denken — nicht ein Denken, das
warten kann auf die Erfüllung von der spirituellen
Welt —, wenn das soziale Ideal heraus gesponnen wird aus
dem eigenen menschlichen Inneren.
Sehen Sie, das gibt einem einen Einblick in den Unterschied
zwischen all den zahlreichen Abstraktionen, die heute
herrschen, und dem, was hier angestrebt wird in einer
wirklichen praktischen Erfassung des sozialen Organismus.
Denn in dem, was angeregt wird im menschlichen Zusammenleben,
in dem, was die Menschen ausbilden im Zusammenleben, wenn nur
das richtige Zusammenleben auf die Beine gebracht wird, in dem
leben sich dann nicht abstrakte Gedanken aus. Abstrakte
Gedanken leben sich aus, wenn der Mensch wirklich ehrlich
einsam ist. Abstrakte Gedanken leben sich nicht aus, wenn die
Menschen zusammen sind. Da leben sich verborgene,
geheimnisvolle Imaginationen aus. Und diese
geheimnisvollen Imaginationen geben erst dem sozialen
Organismus eine entsprechende Struktur, wenn sie verwirklicht
werden. Daher hängen im wesentlichen die
Fortschritte, die in der neueren Geisteswissenschaft
gemacht werden, zusammen mit den einzig heilsamen
Impulsen für eine sozialistische Weltordnung. Und
die Mängel und Schäden, das Ungesunde des
gegenwärtigen sozialen Organismus besteht darin,
daß er gerade in Fichtescher Weise dasjenige, was nur in
der Erfahrung erfaßt werden kann, aus den bloßen
inneren Forderungen herausweben will.
Wenn man betrachtet, wie in der neueren Zeit danach gestrebt
worden ist, den Staat immer mehr und mehr zu einem
Einheitsstaat zu machen, bloß in sich zu zentralisieren,
dann wird man sich klar darüber, daß das
zu nichts anderem hat führen können als
zu Erschütterungen und Störungen
des sozialen Organismus. Und die Gründe
für diese Erschütterungen und
Störungen liegen eben durchaus tiefer, als derjenige
meint, der diese moderne proletarische Bewegung nur als eine
Lohn- oder Brotbewegung betrachtet. Denn nicht darauf kommt es
an, selbst wenn eine Lohn- oder Brotbewegung heute notwendig
sein sollte oder vorliegen würde, daß nach
einer Änderung der Brotverhältnisse, der
Brotversorgungsverhältnisse gestrebt wird, sondern
darauf kommt es gerade heute in der sozialen Bewegung an, wie
danach gestrebt wird. Und auf das Wie kommen Sie durch
solche Betrachtungen, wie ich sie wiederum heute mit
Ihnen anstelle.
Betrachten Sie weiter dasjenige, worauf wir gestern am
Schluß gekommen sind, die Frage des Mehrwerts. Wer
die proletarische Bewegung miterlebt hat, weiß, wie
tief es eingeschlagen hat, als sie von gewissen
Führern in die proletarischen Seelen verpflanzt
worden ist. Worauf beruht denn die sogenannte Mehrwertstheorie?
Sie beruht wirklich auf dem, was ich auch vorgestern im
öffentlichen Vortrage in Basel ausgesprochen habe:
daß eigentlich eine reale Unwahrheit in dem
Verhältnis des Arbeitgebers zu dem Arbeitnehmer
heute herrscht, und weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer
in der Oberfläche ihres Seelenlebens wissen,
daß da eine Unwahrheit herrscht. Der Tatbestand wird
maskiert. Aber wenn es auch nicht gewußt wird, es wirkt
dennoch in der Seele als Tatsache, es wirkt als Empfindung, es
wirkt aus unterbewußten Tiefen herauf.
Halten wir uns noch einmal die Hauptsache vor Augen. Der
Arbeitnehmer ist heute zu dem Arbeitgeber in einem ganz
bestimmten Verhältnisse, das der Arbeitnehmer als
menschenunwürdig empfindet, wenn er auch manchmal in
seiner bewußten Beschreibung ganz anderes vorbringt.
Er empfindet es als menschenunwürdig in seiner
Seele, weil es dazu führt, daß er seine
Arbeitskraft wie eine andere Ware dem Unternehmer zu verkaufen
hat. Und er empfindet in den geheimen
Untergründen seiner Seele, daß eigentlich
nichts vom Menschen verkauft werden darf. Und verkauft der
Mensch seine Arbeitskraft, so geht der ganze Mensch eigentlich
mit. Nun, darüber haben wir ja schon Betrachtungen
angestellt.
Nun
könnte eigentlich die Frage so gestellt werden, und
sie wird gewöhnlich gerade vom sozialistischen
Denken so gewendet: Wie kommt man dazu, in der richtigen Weise
die Arbeitskraft zu vergüten? Die sozialen Ideale,
die laufen zumeist darauf hinaus, der menschlichen
Arbeitskraft, der handwerklichen Arbeitskraft ihre volle
Vergütung zuzuwenden. Nun liegt aber ein ganz
anderer Tatbestand vor. Für den, der die
Volkswirtschaft durchschaut, ist nämlich klar,
daß die menschliche Arbeitskraft überhaupt
nicht gegen etwas anderes ausgetauscht werden kann, denn
menschliche Arbeitskraft ist nicht mit irgendeiner Ware oder
einem Warenrepräsentanten wie dem Gelde irgendwie zu
vertauschen. Das ist kein realer Vorgang, sondern nur ein, wenn
auch verwirklichter, phantastischer Vorgang. Daß der
Handwerker arbeitet und dann Geld für die Aufwendung
seiner Arbeitskraft bekommt, ist kein wirklicher Vorgang,
sondern die Sache ist maskiert, die Sache ist eine reale
Unwahrheit. Was da vorgeht, ist etwas ganz anderes. Man stellte
die Sache so in den sozialen Organismus hinein, als wenn der
Arbeiter seine Arbeitskraft zu Markte brächte und
der Unternehmer ihm diese Arbeitskraft abkaufte mit dem Lohn.
So ist es aber gar nicht. Auf dem Wirtschaftsgebiete kann man
überhaupt nichts anderes tun, als Ware gegen Ware
austauschen — allerdings Ware dann im allerweitesten
Sinne genommen. Alles Wirtschaftsleben besteht in Wirklichkeit
nur im Austausch von Waren. Was ist nun eine Ware vor der
Wirklichkeit gedacht? — Ein Grundstück ist als
solches noch keine Ware. Die Kohle, die unter der Erde sich
befindet, ist als solche noch keine Ware. Eine Ware ist nur
das, was in Zusammenhang gekommen ist mit menschlicher
Tätigkeit, entweder seinem inneren Wesen nach durch
menschliche Tätigkeit verändert oder
durch menschliche Tätigkeit von einem Orte zum
andern gebracht worden ist. Wenn Sie diese zwei Eigenschaften
nehmen, so finden Sie alles, was sich irgendwie unter den
Begriff der Ware unterbringen läßt. Man hat
viel gestritten über die Natur der Ware. Aber wer
Einsicht hat in den volkswirtschaftlichen Zusammenhang, der
weiß, daß vor der Wirklichkeit nur diese Definition
der Ware einen Wert hat.
Nun
haben sich im modernen sozialen Organismus zahlreiche
Verquickungen, Zusammenschmelzungen der Warenzirkulation mit
anderem herausgestellt, und das hat diesen modernen sozialen
Organismus zu seinen revolutionären Konvulsionen
getrieben. Man glaubt heute — und das ist auch eine
realisierte Phantastik — nicht nur Ware gegen Ware zu
tauschen, sondern man glaubt auch Ware gegen menschliche
Arbeitskraft wie im Lohnverhältnisse zu tauschen;
und fernerhin glaubt man Ware oder deren
Repräsentanten, das Geld, zu tauschen gegen
dasjenige, was, solange es vom Menschen nicht
verändert ist, nicht Ware sein kann, Grund und Boden
zum Beispiel. Denn der Grund und Boden ist als solcher kein
Objekt des Wirtschaftsprozesses. Auf dem Grund und Boden werden
Objekte des Wirtschaftsprozesses gewonnen durch menschliche
Tätigkeit, aber der Grund und Boden ist als solcher
kein Objekt des Wirtschaftsprozesses. Was im
Wirtschaftsprozeß, im sozialen Organismus
überhaupt für den Boden in Betracht
kommt, das ist, daß der eine oder andere ein Recht
hat, ausschließlich diesen Boden zu benützen
und zu bearbeiten. Dieses Recht auf den Boden ist es, was
wirklich eine reale Bedeutung für den sozialen
Organismus hat. Der Boden selber ist nicht Ware, sondern Waren
entstehen auf ihm. Und was da eingreift, ist das Recht, das der
Besitzer hat auf den Grund und Boden. Wenn Sie also
käuflich, das heißt durch Tausch, ein
Grundstück erwerben, so erwerben Sie in
Wirklichkeit ein Recht, das heißt, Sie tauschen eine
Sache gegen ein Recht, wie es ja schließlich auch beim
Kaufe von Patenten der Fall ist.
Da
greift man tief hinein in jene Verquickung, die so Unseliges
bewirkt hat, in jene Verquickung des reinen politischen
Rechtsstaates mit dem Wirtschaftsleben, wofür es
keine andere Heilung gibt, als die Auseinandertrennung. Das
Wirtschaftsleben muß man für sich walten lassen
in der reinen Warenproduktion, Warenzirkulation,
Warenkonsumtion, in einem assoziativen Leben, in dem sich
Produktion, Konsumtion, die einzelnen Berufsinteressen,
die die Menschen zusammenschließen, in ein
entsprechendes Verhältnis stellen. Aber
innerhalb dieser Assoziationen und assoziativen Gruppen
wird nur gewirtschaftet, so wie im menschlichen
Verdauungssystem eben nur die Verdauung vor sich geht; und dann
wird diese Verdauung auf der anderen Seite ergriffen von dem
selbständigen Lungen-Herzsystem, das für
sich mit der Außenwelt in Beziehung steht; was im
Verdauungsprozeß lebt, wird weiter in Empfang
genommen von dem, was selbständiger
Atmungs-Herzprozeß ist. So muß als
selbständig, aus einer besonderen Quelle her das,
was im Wirtschaftsleben als Recht verankert ist, festgestellt
werden. Das heißt, es muß alles das, was sich auf
politische Verhältnisse bezieht, die sich im
Rechtsleben und anderem ausdrücken, neben dem
Wirtschaftsleben eine relative Selbständigkeit
haben.
Sehen Sie, wenn man das durchschaut, merkt man auch die
Unwahrheit, die in dem Verhältnisse zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt und die sich so
darstellt, als wenn die Arbeitskraft wirklich
vergütet würde. Sie wird
nämlich zunächst gar nicht unmittelbar
vergütet, sondern nur mittelbar. Was vorliegt, ist
ein gewisses scheinbares, aber zur Gewalt, zur
wirtschaftlichen Gewalt gewordenes Recht, durch das der
Arbeitgeber den Arbeiter an die Maschine oder in die
Fabrik hineinzwingt — nicht ganz offenbar, aber
eigentlich im geheimen hineinzwingt. Was nun getauscht
wird, ist in Wirklichkeit nicht Arbeitskraft und Ware oder
Warenrepräsentant, das heißt Geld,
sondern was getauscht wird, sind die Leistungen: die
hervorgebrachte Ware des Arbeiters, das, was er hervorbringt.
So daß da gegen einen kleinen Teil dieser Waren, die der
Unternehmer ihm gibt, wirklich getauscht wird Ware gegen Ware.
Und da stellt sich erst die Unwahrheit dar, als ob Ware
gegen Arbeitskraft getauscht würde. Und das
Geheimnis davon empfindet der moderne Proletarier als
menschenunwürdig, indem er sich sagt: Du
produzierst so und so viel an Ware, und davon gibt dir der
Unternehmer nur so und so viel ab.
Das
rechtmäßige Verhältnis zwischen dem
Arbeitnehmer und dem Unternehmer kann nämlich gar
nicht in der Sphäre des Wirtschaftsprozesses
hergestellt werden, sondern nur in der Sphäre des
politischen Staates als ein Rechtsverhältnis. Darauf
kommt es an. Steht der Mensch auf der einen Seite auf dem Boden
des Wirtschaftslebens und auf der anderen Seite auf dem Boden
des selbständigen Rechtslebens, dann wird dieses
Wirtschaftsleben von zwei Seiten her bestimmt. Auf der einen
Seite ist das Wirtschaftsleben abhängig von den von
der Menschentätigkeit unabhängigen
Naturfaktoren. Ich habe Ihnen angeführt in den
öffentlichen Basler Vorträgen, wie zum
Beispiel je nach dem Erträgnis, das eine bestimmte
Bodengegend in bezug auf Weizen hat, andere menschliche
Arbeitskraft angewendet werden muß, als wo ein anderes
Erträgnis, eine andere Ertragsfähigkeit
vorliegt. Das sind die Naturgrundlagen. Die grenzen auf der
einen Seite an das Wirtschaftsleben an. Auf der anderen
Seite muß zum Beispiel mit Bezug auf die Arbeitskraft aus
dem Rechtsleben fließen, was als ein
Verhältnis zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer sich herausstellen soll.
Nun
werden Leute, die die Dinge bloß an der
Oberfläche sehen, sagen: Ja, aber das ist ja heute
schon der Fall, denn es wird der Arbeitsvertrag
geschlossen. — Ja, meine lieben Freunde, was
nützt das, wenn der Arbeitsvertrag geschlossen wird
über etwas, was eigentlich ein kaschiertes
Lügenverhältnis ist. Der Arbeitsvertrag
wird nämlich gerade über das
Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in
bezug auf die Arbeitskraft und ihre Entlohnung geschlossen.
Erst dann wird das richtige Verhältnis hergestellt
werden, wenn der Vertrag nicht geschlossen wird
über die Entlohnung, sondern wenn der Vertrag ganz
sichtbar geschlossen wird über die Art und Weise,
wie der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die Leistung, die
geschieht, teilen. Dann wird der Arbeiter — und
darauf kommt viel mehr an als auf alles, was die Leute heute
glauben — einsehen, daß ohne Mehrwerterzeugung
gar nicht auszukommen ist. Aber er muß darauf schauen
können, wie der Mehrwert entsteht. Er darf nicht in
ein Lügenverhältnis hineingebaut
werden. Dann wird er einsehen, daß es ohne
Mehrwerterzeugung überhaupt keine geistige Kultur,
daß es auch keinen Rechtsstaat geben kann, denn das
fließt alles aus dem Mehrwert. Aber wenn der soziale
Organismus gesund ist, ergibt sich das alles aus dem
dreigliedrigen sozialen Organismus.
Nun
kann man natürlich über diese Anschauung
nicht stundenlang, sondern wochenlang sprechen, und wir haben
es ja fast schon getan; aber wir kommen natürlich
immer wieder zu neuen Einzelheiten, die uns die Sache
verständlicher machen sollen, denn jede einzelne
konkrete Frage läßt sich ahnen, die
entstehen wird und deren Beantwortung im praktischen Leben
durch die Dreigliederung versucht werden wird.
Sehen Sie, da muß vor allen Dingen so etwas bedacht
werden, wie das Folgende: Im Wirtschaftsleben werden Waren
ausgetauscht; an das Wirtschaftsleben ist angegliedert das
Leben des politischen Staates im engeren Sinne. Der
begrenzt die Arbeitszeit im menschlichen Zusammenleben, im
Rechtsleben. So daß, während das
Wirtschaftsleben auf der einen Seite von der
Naturgrundlage abhängig ist, es auf der anderen
Seite von dem abhängig ist, was durch das
Rechtsleben festgestellt wird, also zum Beispiel Arbeitszeit,
Verhältnis der Arbeit zum einzelnen Menschen, zu
seiner Stärke, zu seiner Schwäche,
seinem Lebensalter. Es kann nicht einen
Maximal-Arbeitstag oder so etwas geben, sondern es kann in
Wirklichkeit nur eine Begrenzung nach oben und nach unten
geben. Das alles sind Bedingungen, die dem Wirtschaftsleben von
seiner anderen Grenze aus ebenso zufließen, wie die
Naturgrundlagen von der entgegengesetzten Seite
herfließen.
Wird einmal der soziale Organismus in dieser Weise gesunden,
dann wird zum Beispiel das ganz Ungeheuerliche verschwinden,
das heute vielfach da ist, daß sich die Entlohnung aus dem
Wirtschaftsleben selbst heraus ergibt; so daß, wenn
besonders gute Konjunktur da ist, der Lohn steigt, wenn
schlechte da ist, er vermindert werden kann. Das wird sich
verwandeln in das Entgegengesetzte. Die gute Konjunktur
wird entstehen können unter dem Einfluß des
Arbeitslohnes und umgekehrt.
Besonders ersichtlich kann das auch sein bei der Grundrente,
die heute vielfach abhängig ist von dem Preise der
Waren, die auf dem Grund und Boden erzeugt werden, von dem
Marktpreis der Waren. Das gesunde Verhältnis ist nur
das Umgekehrte: Wenn das Recht, das sich in der Grundrente zum
Ausdruck bringt, wiederum den Marktpreis beeinflußt.
Vielfach stellen sich unter dieser Dreigliederung gerade
die umgekehrten Verhältnisse ein, die heute da sind
und die unsere revolutionären Konvulsionen
verursacht haben. Denn das ganze Leben wird in einer anderen
Weise verlaufen.
Was
ist vor allen Dingen zu beachten in dem Verhältnisse
zwischen dem Wirtschaftsleben und dem politischen Staat im
engen Sinne? Unter den Dingen, die da zu beachten sind, werden
Sie ja selbst leicht darauf kommen, daß da etwas in
Betracht kommt, was manchmal als etwas Unangenehmes empfunden
wird, das Steuerzahlen. Bei diesem Steuerzahlen handelt es sich
nur darum, daß man wirklich klar durchschauen kann,
wie aus dem Mehrwert heraus die Steuer erfließen muß,
indem man im demokratischen politischen Zusammenleben die
Lebensbedingung des politischen Organismus immer ebenso vor
Augen hat, wie man das Wirtschaftsleben vor Augen hat, indem
man kauft und verkauft und so aus dem menschlichen
Bedürfnisse heraus deutlich die Realität
dieses Wirtschaftsverhältnisses wahrnimmt. Aber das
wird wiederum etwas im Gefolge haben, was heute geradezu
entgegengesetzt vorhanden ist zu der Art, wie es der
gesunde soziale Organismus haben wird. Ich sage nicht, daß
man es mit der Steuergesetzgebung anders machen soll;
unter den heutigen Verhältnissen
läßt sich vieles nicht anders machen oder nur,
wenn die Fehler auf eine andere Seite gelegt werden. Aber unter
dem Einfluß des dreigliedrigen gesunden Organismus
wird vor allen Dingen über Einzelnes im
sozialen Leben sich eine ganz andere Anschauung
herausbilden. Man wird einsehen, daß es
für das soziale Leben als solches, für
das Leben des Menschen im sozialen Organismus bedeutungslos
ist, wenn der Mensch Geld einnimmt. Denn indem der Mensch Geld
einnimmt, sondert er sich aus dem sozialen Organismus
heraus, und dem sozialen Organismus kann das höchst
gleichgültig sein. Es hat nämlich gar
keine Bedeutung für seine Funktionen, was der Mensch
einnimmt, sondern der Mensch wird erst ein soziales Wesen,
indem er ausgibt. Beim׳ Ausgeben erst
fängt der Mensch an in sozialer Weise zu wirken. Und
da handelt es sich darum, daß gerade beim Ausgeben —
ich denke nicht an indirekte Steuern, sondern an
Ausgabensteuern, was davon ganz verschieden ist daß gerade
beim Ausgeben das Steuerzahlen einsetzen muß.
Natürlich kann ich Ihnen das nicht in Einzelheiten
auseinandersetzen, obwohl das in Einzelheiten ausgearbeitet
werden kann, weil es viel zu weit gehende volkswirtschaftliche
Kenntnisse voraussetzt, um es in einem Vortrag
auseinanderzusetzen. Aber einiges davon kann doch, ich
möchte sagen, mitteilend angedeutet werden.
In
dem gesunden, von den übrigen Gliedern des sozialen
Organismus abgegliederten Wirtschaftsleben zeigt sich
natürlich, daß zum Beispiel in einem Gebiete,
das für den sozialen Organismus in Betracht
kommt, geographisch, durch die Naturgrundlage der Weizen teurer
erzeugt werden muß als in dem andern. Und da kann es sich
herausstellen, daß durch das bloße Assoziationsleben
der Ausgleich nicht geschaffen wird. Aber man kann dann durch
das Rechtsleben die Sache völlig korrigieren, indem
einfach in einem solchen Falle — das würde
sich ja von selbst ergeben — diejenigen, die den Weizen
billiger kaufen, das heißt, weniger ausgeben, eine
höhere Besteuerung zu zahlen haben, als die, die den
Weizen teuer kaufen, also mehr ausgeben
müssen.
Sie
können, wenn der Rechtsstaat eben das Recht im
Wirtschaftsleben in der richtigen Weise reguliert, wenn
nicht die Rechte nur verwirklichte Interessen des
Wirtschaftslebens sind, wenn nicht in dem Reichstag der Bund
der Landwirte sitzt, sondern bloß diejenigen, die von
Mensch zu Mensch über das Recht zu befinden haben,
dann können Sie eine vollständige
Regulierung im Wirtschaftsleben herbeiführen.
Ich deute das abstrakt im allgemeinen an; in allen Einzelheiten
wäre das auszuführen. So ist es bei dem
Steuerverhältnis zwischen dem Wirtschaftsleben und
dem Rechtsleben.
Das
Verhältnis aber zwischen dem Wirtschaftsleben,
Rechtsleben auf der einen Seite und dem Geistesleben auf der
anderen Seite, das ist ein solches, das sich
überhaupt nur auf vertrauendes
Verständnis begründen kann. Wie die
Steuerabgabe allerdings eine zwangsmäßige sein
muß, auch im gesunden sozialen Organismus, so kann auf der
anderen Seite die Abgabe für das geistige Leben nur
eine freiwillige sein, denn das geistige Leben muß
völlig auf den Geist der Menschheit gestellt
werden. Es muß völlig emanzipiert werden von
allem anderen. Dann wirkt es wiederum gerade in der tiefsten,
intensivsten Weise auf dieses andere zurück.
Das
sind wiederum solche Skizzen, die ich Ihnen geben kann von der
Art und Weise, wie der soziale Organismus, wenn er gesund ist,
funktionieren muß. Diese Dreigliederung ist nichts
Erfundenes, diese Dreigliederung ist einfach das, was man
beobachten kann, wenn man die tieferen Kräfte in der
Menschheitsentwickelung, die gerade heute in Wirksamkeit
getreten sind und die sich in den nächsten zehn,
zwanzig, dreißig Jahren verwirklichen werden, mag
man auch dies oder jenes oder etwas anderes wollen. Es kann
sich nur um das Wie handeln. Diese Kräfte sind
beobachtet, und sie sind in die Form der Anschauung
gebracht. So aber muß man überhaupt leben mit
Bezug auf das geschichtliche Leben, daß man gewahr wird,
was sich in der Geschichte verwirklichen will. Das
stört nicht die Freiheit, denn die Freiheit
bezieht sich auf etwas ganz anderes. Die Freiheit wird dadurch
ebensowenig gestört, wie sie gestört wird
dadurch, daß man nicht auf den Mond hinaufgreifen kann,
trotzdem man es vielleicht wollte und dergleichen. Die Freiheit
realisiert sich nach den Notwendigkeiten, die sowohl in dem
natürlichen wie in dem geschichtlichen
Werdeprozeß liegen.
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