ANHANG
Aus
der Diskussion vom 6. August 1923
Frage: Wie wollte der Grieche den Menschen zu einer gewissen
Vollkommenheit bringen?
Dr. Steiner: Auf die gestellte Frage möchte ich
folgendes sagen: Es ist sehr leicht ein
Mißverständnis möglich, wenn Verhältnisse
geschildert werden, die dem gegenwärtigen Leben so
fern sind. Ich habe mir ja natürlich Mühe gegeben,
heute morgen die Dinge so fundamental als möglich zu
schildern. Aber es ist durchaus eben zuzugeben, daß sehr
leicht bei der Schilderung solch fernabliegender
Verhältnisse eben Mißverständnisse sich ergeben.
Man hat ja so sehr die Neigung, die abgelaufenen Zeitalter nach
dem gegenwärtigen zu beurteilen. Die Menschen stellen sich
immer vor, die Seelen und die Menschen im allgemeinen
wären eigentlich immer so gewesen, wie sie jetzt sind,
soweit man in der Geschichte zurückgehen kann; nur,
an einem bestimmten Punkte recht unbestimmt weit
zurück, da wird dann haltgemacht, und da geht es
plötzlich über in das Menschlich-Animalische. Man hat
also irgendwo am Ausgangspunkt der Entwickelung den tierischen
Menschen. Den schildert man ähnlich der Tierheit von
heute. Dann stellt man sich so ungefähr die Geschichte
Ín der Art verlaufend vor, daß die menschlichen
Seelen, der Mensch im ganzen so gewesen sind, wie die heutigen
sind. Das ist aber nicht der Fall, sondern die
menschliche Seelenentwickelung hat ungeheure
Differenzierungen durchgemacht, und mit demjenigen, was
man heute über den Menschen vorstellen kann, was man
selbst als Mensch in sich mit dem gewöhnlichen
Bewußtsein erlebt, kommt man höchstens
zurück bis zum 4. nachchristlichen Jahrhundert. Dann
beginnt die menschliche Seele so verschieden zu sein,
daß man sie eben innerlich schauen muß in ihrer
Verschiedenheit von der heutigen.
Die
griechische Seele, der griechische Mensch war eben durchaus
verschieden von dem heutigen. Und deshalb muß es durchaus
auch aufrechterhalten werden, daß solch eine Erziehung,
wie sie übrigens nicht Kindern, sondern älteren
Jünglingen gegeben wurde, von Plato und
Aristoteles, daß die viel mehr auf die Pflege des
Körperlichen abzielte als dasjenige, was heute den
kleinsten Kindern bei uns zugemutet wird in dieser
Beziehung. Man muß, wenn man so etwas beurteilen will,
sich schon klar darüber sein, daß ja einfach der
Wortinhalt in Griechenland etwas anderes bedeutet hat,
als er heute bedeutet. Wenn heute der Mensch spricht von
Ideen, Idealen, dann meint er eigentlich etwas durchaus
Abstraktes, etwas ganz Gedankliches, Begriffliches. Wenn
Plato von Ideen sprach, war das so nicht der Fall. Wenn Plato
von Ideen sprach, war dies etwas Anschauliches, etwas
Konkretes. Und die heutigen Plato-Leser haben eigentlich eine
ganz falsche Vorstellung, wenn sie den Plato übersetzen in
die gewöhnliche begriffliche Sprache. Um den Plato
wirklich zu verstehen, muß man ein viel anschaulicheres,
ich möchte sagen, körperhaft-anschauliches
Vorstellungsvermögen entwickeln, als man das heute
eigentlich in der Lage ist. So daß man sagen kann, die
Griechen waren in bezug auf ihre Kindererziehung durchaus auf
dasjenige bedacht, was ich heute morgen geschildert habe.
Nur waren sie sich klar darüber, daß durch diese
körperliche Erziehung zu gleicher Zeit die Seelenpflege
herauskam. Und auch Plato, und namentlich Aristoteles haben
nicht so geteilt: hier das Körperliche, dort das
Seelische, wie wir das heute tun. Für Aristoteles zum
Beispiel war der ganze menschliche Körper dasjenige, was
von dem Seelischen durchkraftet ist. Jedes einzelne Glied des
menschlichen Körpers war zu gleicher Zeit ein Seelisches.
Daher spricht ja Aristoteles nicht in einer solchen abgezogenen
Weise von dem Seelischen wie wir heute, sondern er spricht von
der Form des Materiellen, von demjenigen, was
gewissermaßen als der innere Künstler arbeitet und
wirkt in dem Materiellen, dem Stofflichen, dem
Körperlichen.
Also es handelt sich durchaus darum, daß wir nicht bei der
Beurteilung fernabliegender Zeitepochen uns
mißverstehen dadurch, daß wir die heutigen Begriffe
in diese Zeitepochen hineintragen. Das heutige
Plato-Lesen, das heutige Aristoteles-Lesen ist in der Regel
schon ein Verabstrahieren der alten Meister. Es beginnt erst in
der Mitte des Mittelalters, möchte ich sagen, diejenige
Zeit, wo man Plato und Aristoteles so aufgefaßt hat,
namentlich Aristoteles, wie das heute noch üblich ist;
während man sehr darauf achten sollte, daß ja Plato
zum Beispiel dasjenige, was er gegeben hat, selbst in
unmittelbar vollmenschlicher Weise vorgetragen hat. Er wollte
gar nicht so Theorien, Satz für Satz entwickeln, wie wir
heute; er wollte die Leute miteinander sprechen lassen, er
wollte menschliche Kräfte aufeinanderprallen lassen. Man
sieht durch die Gespräche des Plato, ob der eine, der
irgendeine Anschauung vertritt, etwas korpulent ist oder
schmächtig, ob er blaß ist, oder ob er Pausbacken
hat. Das alles ist in voller Körperlichkeit selbst in den
Plato-Gesprächen dazu vorzustellen, sonst kommt man mit
ihnen nicht zurecht. Das Seelische lebt eben bei den Griechen
durchaus in der Offenbarung des Körperlichen, und
man stellt sich dasjenige, was in Griechenland geschehen ist,
nur richtig vor, wenn man die Vorstellung eben hat: alles
Seelische lebt sich körperlich aus. Also die
Meinung, als ob Plato und Aristoteles im Widerspruche
stünden mit dem, was ich heute morgen gesagt habe, ist
durchaus eben nicht berechtigt.
Aus
der Diskussion vom 7. August 1923
Die Fragen bezogen sich auf die Erziehung ganz junger
Kinder, Kindergarten, Schulgesetze usw. im Anschluß
an den Vortrag von Fräulein Dr. C. von Heydebrand.
Dr. Steiner: Ich will zunächst nur ein paar Worte
sagen in bezug auf die Frage der Erziehung ganz junger Kinder.
Es ist ja wohl nicht nötig, daß ich darüber
heute sehr viel sage, denn der Gegenstand wird
selbstverständlich im Laufe der Vorträge berührt
werden, und es ist besser, diese im wesentlichen
pädagogisch-methodischen Fragen im Zusammenhang zu
behandeln. Ich möchte nur soviel sagen: Die
Erziehung der ganz jungen Kinder bis zum siebenten Jahre
ist natürlich etwas, das demjenigen, der sich eine solche
Aufgabe stellt, wie die mit der Waldorfschule ist,
außerordentlich große Sorge macht. Wir haben durch
äußere Umstände veranlaßt mit dem Alter
begonnen, das man in Deutschland das schulpflichtige Alter
nennt, also mit einer Schule für Kinder von sechs oder
sieben Jahren an. Und ich muß gestehen, wenn man versucht,
aus solchen Fundamenten heraus etwas zum Fortschritt der
Pädagogik zu tun, wie es bei der Waldorfschule geschehen
ist, dann bedeutet das eine außerordentlich weitgehende
Arbeit. Wir haben mit acht Klassen zunächst begonnen, mit
Kindern zwischen dem sechsten und vierzehnten Lebensjahre,
haben dann seit dem Jahre 1919 immer eine Klasse
hinzugefügt, so daß wir jetzt bereits zwölf
Klassen haben. Wir haben also Kinder zwischen dem sechsten und
siebzehnten, achtzehnten Lebensjahre, wollen die Kinder so weit
bringen — ja, man darf bei uns nicht mehr Kinder sagen in
diesem Lebensalter —, also sagen wir, wir wollen
die jungen Damen und Herren so weit bringen, daß sie zu
einer Universität oder sonstigen Hochschule kommen
können. Diese Aufgabe mußten wir uns in den
letzten vier bis fünf Jahren setzen. Es war wirklich eine
Aufgabe, die reichlich die Zeit in Anspruch nahm. Denn
dasjenige, was man so mitteilen kann in einer Rede über
diese Dinge, sind ja doch eigentlich mehr oder weniger
allgemeine Grundsätze. Dasjenige, worauf es ankommt,
ist die Praxis jedes Tages, jeder Stunde gerade beim
Unterrichten und Erziehen, und da ist manchmal wirklich
außerordentlich viel zu tun. Es ist mehrmals auch schon
die Frage nach einem Kindergarten aufgetaucht. Ich mußte
bis jetzt, wo jedes Jahr eine neue Klasse eingerichtet worden
ist, die Frage des Kindergartens einfach aus dem Grunde
zurückstellen, weil es gar nicht möglich gewesen
wäre, das pädagogische Problem zu
bewältigen, immer eine neue Klasse, also eine
neunte, zehnte, elfte, zwölfte Klasse richtig
pädagogisch einzurichten und noch nach vorne auch zu
gehen. Man soll sich nur ja nicht vorstellen, daß man
irgend etwas eben leisten kann mit allgemeinen laienhaften
Grundsätzen, sondern gerade je weiter man
zurückgeht im Lebensalter, desto schwieriger werden die
pädagogischen Aufgaben. Die Bewältigung der ersten
vier Klassen ist weit schwieriger als die Bewältigung der
neunten bis zur zwölften Klasse. Und geht man gar
zurück bis zu der Erziehung der Jüngsten, so muß
man folgendes bedenken: Will man dafür irgend etwas
schulmäßig einrichten, dann ist das von einer
ungeheuren pädagogischen Schwierigkeit, denn man
kann ja eigentlich nur etwas schaffen, was nicht
organisch ist. Man muß eine Art Surrogat schaffen. Denn
eigentlich gehört die Erziehung des Kindes bis zum
sechsten oder siebenten Lebensjahr durchaus ins Elternhaus. Da
sind die Bemerkungen, die der Herr vorhin gemacht hat,
außerordentlich richtig. Sie stellen im eminentesten Sinne
dasjenige dar, was heute die pädagogische Frage
verbindet mit einer großen sozialen Frage. Da segeln wir
dann sofort hinein in eine überaus weite soziale Frage bei
der Erziehung der kleinen Kinder, denn da beginnt die
Frage eine Frage der sozialen Lage der Eltern und so weiter zu
sein. So daß also dieses Problem nicht allein
pädagogisch gelöst werden kann, sondern es
mündet durchaus ein in ein soziales Problem.
Was
aber nun die andere, damit verknüpfte Frage betrifft,
daß man ja natürlich nicht bloße Musterkinder
hat, sondern auch Kinder, die unter Umständen, so wie man
es beurteilt, recht schlimme Eigenschaften in sich haben,
so möchte ich das Folgende bemerken. Gewiß, man
bekommt ja die Kinder mit diesen schlimmen Eigenschaften in die
Schule herein, aber da hat man eben gerade seine
Menschenkenntnis, seine wirkliche methodische Menschenkenntnis
in Kraft zu setzen. Sie müssen nur bedenken, eine
sogenannte schlimme Eigenschaft eines Kindes, die sich
herausgebildet hat, sagen wir bis zum siebenten Jahre, ist
nicht immer im absoluten Sinne ein schlimme Eigenschaft. Gar
manche vielleicht bis zur Genialität reichende
Fähigkeit im späteren Lebensalter führt
ganz organisch zurück zu einer sogenannten schlimmen
Eigenschaft, die man hatte mit zwei, drei, vier Jahren. Eine
Eigenschaft, ich will gleich eine der schlimmsten
Eigenschaften nennen, die Grausamkeit, die beim Kinde
hervortreten kann, diese Grausamkeit, die man bemerkt, wenn man
das Kind in die Schule hereinbekommt, die kann man in der Tat
zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre nach der einen
oder nach der anderen Richtung bewältigen, wenn man
pädagogisch tüchtig genug ist dazu. Diejenigen
Impulse des Menschen, die in der Grausamkeit liegen,
können unter Umständen so gewendet werden, daß
sie die Antriebe zu etwas Allerbestem werden. Gerade da handelt
es sich darum, jene Kunst üben zu können, die mit den
Eigenschaften, welche das Kind entwickelt von der Geburt
bis zum siebenten Lebensjahre, das eine oder das andere
machen kann. Man kann sogenannte schlimme Eigenschaften,
wenn ich mich so ausdrücken darf, umbiegen, so daß
sie gerade Energie, bestimmt gerichtete Energie und so weiter
geben.
Nur
das will ich im Augenblick bemerken, denn wie gesagt, über
das, was eigentlich in Betracht kommt für das Kind von der
Geburt bis zum siebenten Lebensjahr, will ich dann im
Zusammenhang meiner Vorträge sprechen.
Das
andere, was ich noch berühren möchte, ist die Frage,
wie es steht mit unseren Beziehungen zu den Behörden, zu
der Schulaufsicht? Da darf ja wohl gesagt werden, daß es
eigentlich schon eine tiefere Bedeutung hat, daß die
Waldorfschule gerade in Württemberg ist; denn
Württemberg hatte, bevor die neuen Einrichtungen getroffen
worden sind — die wurden ja erst getroffen durch die
Nationalversammlung nach der Begründung der Waldorfschule
—, Württemberg hatte ein ganz selten freies
Schulgesetz, was in den wenigsten Gegenden, die sich sonst,
äußerlich betrachtet, viel liberaler ausnehmen, noch
möglich war. Es war so, daß ich zum Beispiel
persönlich einfach die Lehrer nach meinem
persönlichen Urteil anstellen konnte, unbesehen daraufhin,
ob sie irgendein staatliches Examen hatten oder nicht. Das war
nur durch das freie Schulgesetz in Württemberg
möglich. Es ist in der Tat, ich möchte sagen, ein
Ausschnitt in der Welt dagewesen in Württemberg, indem man
eine im eminentesten Sinne freie Schule eben hinstellen konnte.
Denn was die allgemeine staatliche Unterstellung betrifft, so
konnte folgendes gemacht werden, und in dieser Beziehung kam
uns tatsächlich mit tiefem Verständnis die
württembergische Behörde entgegen: zugrunde
liegen mußte die Erkenntnis des Menschen. Meine
Vorträge in den nächsten Tagen werden zeigen, wie
eine wirkliche Menschenerkenntnis vom Menschen den Lehrplan
ablesen läßt. Man weiß einfach, je nachdem der
Mensch sich entwickelt, im siebenten, achten Jahre und so
weiter, ich möchte sagen nicht nur von Jahr zu Jahr,
sondern von Monat zu Monat dasjenige, was man an den Menschen
heranbringen kann.
Nun, mit dem stimmt ja der äußere Lehrplan meistens
nicht; aber ich konnte nun die Möglichkeit gewinnen, der
württembergischen Schulbehörde ein Memorandum
vorzulegen gleich bei der Gründungs-Versammlung der
Waldorfschule. In diesem Memorandum führte ich aus,
daß man natürlich einen bestimmten Spielraum haben
muß, innerhalb dessen man ganz und gar nur sich
richtet nach dem, was man aus der Menschennatur heraus
methodisch für richtig hält. Und so sagte ich: ich
möchte haben von dem Eintritt in die Schule bis zum
neunten Lebensjahre, für die drei ersten Klassen freien
Spielraum, den Lehrplan einzurichten und die Methoden wie sie
sind; aber daß nun mit dem neunten Lebensjahr das Kind in
der Lage ist, in die vierte Klasse einer jeden anderen Schule
überzutreten. Dann wiederum ist ein freier
Spielräum nötig zwischen dem neunten und
zwölften Lebensjahre; dazwischen kann in den Klassen die
Einteilung gemacht werden, wie wir es für richtig halten.
Mit dem zwölften Jahre kann das Kind wiederum
übertreten in die entsprechende Klasse einer
gewöhnlichen Schule. Und so auch mit dem vollendeten
vierzehnten Jahre. Und von da ab ist dann keine staatliche
Aufsicht mehr, sondern nur die äußere Forderung,
daß, wenn die betreffenden Leute in die Hochschule
eintreten, sie ihr Examen machen müssen. So konnte
von allem Anfang an durchaus ein Modus gefunden werden —
allerdings ein Kompromiß, aber wo gibt es heute etwas
anderes als Kompromisse? Nicht mit Kompromissen wird man erst
arbeiten können, wenn ein allgemeines Verständnis
für die Waldorfschule gefunden sein wird. Also es ist
durchaus möglich gewesen, einen möglichst
großen Spielraum zu gewinnen gegenüber den
Behörden.
Im
übrigen kann nur gesagt werden, daß ich eigentlich
mit all der Art und Weise, wie die Behörden inspizierend
und so weiter uns entgegengekommen sind,
außerordentlich zufrieden sein kann. Ich könnte
eigentlich nichts Besseres nach dieser Richtung wünschen.
Die Waldorfschule konnte sich bisher gegenüber den
bestehenden Schulbehörden in außerordentlich freier
Weise entwickeln.
Es
wird Schwierigkeiten geben, wenn die jungen Menschen
übertreten sollen in die Hochschule; da müssen
sie eben ihre Examina bestehen, und das weiß man ja,
wie es bei Prüfungen eben sein kann, wieviel da von dem
sogenannten Glück und so weiter abhängen kann. Aber
die Waldorfschule konnte sich durchaus als eine freie Schule
nach dieser Richtung hin entwickeln, und man kann sagen,
daß ein bestimmtes großes Interesse ihr
eigentlich gerade von den Schulbehörden
entgegengebracht wurde. Wir dürfen uns also nach
dieser Richtung eigentlich durchaus nicht beklagen. Das
muß betont werden. Nur selbstverständlich, es
droht uns ja das, daß, je weiter die Menschheit im
Fortschritt vorrückt, nach dem Stile, der nun einmal
jetzt in dem Chaos Sitte geworden ist, daß unfreiere
Zustände kommen, in die wir hineinsegeln. Also es
kann ja natürlich durchaus unter dem kommenden neuen
Grundschulgesetz sein, daß uns einmal Schwierigkeiten
gemacht werden. Bis jetzt war das durchaus nicht der Fall.
Das
ist dasjenige, was ich gerade mit Bezug auf unser
Verhältnis zu den gesetzlichen Behörden, das also
vorläufig das denkbar beste ist, doch sagen
möchte.
Zur
Ausstellung von künstlerischen
und kunstgewerblichen Arbeiten der Waldorfschüler
8.
August 1923
Gestatten Sie, daß ich nur einige Worte voraussende zu der
Besichtigung, der Sie sich heute hingeben wollen von
demjenigen, was an künstlerischen, kunstgewerblichen
Arbeiten unsere Schüler in der Waldorfschule leisten
müssen. Zunächst handelt es sich darum, zu
bemerken, daß, wie ich ja des weiteren noch
ausführen werde in den Vorträgen, der
Unterricht für unsere Kinder auch im Schreiben und Lesen
aus dem Künstlerischen hervorgeholt werden soll. Es
handelt sich darum, daß in einer wirklich dem
Menschen angemessenen Pädagogik eine Klippe, ein Abgrund
überwunden werden muß, der gerade besteht mit
Bezug auf die sozusagen lebenswichtigsten
Unterrichtsfächer: Schreiben, Lesen. Wenn wir in
irgendeiner Zivilisation dasjenige betrachten, was die
Lettern, die Buchstaben sind, die gelernt werden müssen
zum Schreiben und zum Lesen, so müssen wir uns doch sagen,
daß in diesen Buchstaben, in alledem, was der Mensch aufs
Papier bringen muß, nichts ist, was in einer
ursprünglichen, elementaren Beziehung zum Menschen
steht. Es ist im Laufe der Zeit dasjenige, was Schrift ist zum
Beispiel, durchaus etwas Konventionelles geworden. Das war es
nicht ursprünglich. Wir brauchen nur daran zu denken, wie
aus der bildhaften Anschauung, aus der Imagination die
Bilderschrift alter Völker hervorgegangen ist. Wir
brauchen nur daran zu denken, wie die Keilschrift aus den
Willensimpulsen der menschlichen Bewegungsglieder
hervorgegangen ist und so weiter, und wir werden sehen,
daß in jenen alten Zeiten, in denen die Zivilisation noch
nicht so bis zum Konventionellen vorgerückt war, ein
Abgrund, wie er heute besteht, zwischen dem, was der Mensch
fixieren muß, wenn er schreibt, und dem, was er erlebt,
nicht bestanden hat. Diesen Abgrund müssen wir für
unsere Kinder wiederum überwinden. Denn das Kind findet
schlechterdings keinen Zusammenhang zwischen dem, was es
in seiner Seele erlebt hat, und dem, was es dann aufs
Papier bringen soll als A, als B und so weiter. Das Kind
weiß nicht warum, und es wird ihm, weil es nicht
weiß, warum es solche geheimnisvolle Zeichen machen soll,
der Unterricht selbstverständlich langweilig und
unsympathisch erscheinen.
Das
alles wird überwunden, wenn man das Schreiben herausholt
aus dem Malen — dem zeichnenden Malen, dem malenden
Zeichnen —, wenn man das Kind zunächst
überhaupt nicht an konventionell Buchstäbliches
heranführt, sondern wenn man das Kind an Malerisches
heranführt, und zwar an Malerisches, das
möglichst demjenigen entspricht, was das Kind in seiner
Seele erleben kann.
Nun
kann man ja, wie die Erfahrung zeigt, das Kind gut Formen
erleben lassen; aber weckender, aufweckender für die Seele
ist es, wenn das Kind Farben erlebt. Und so scheuen wir nicht
davor zurück, die kleinsten Kinder damit beginnen zu
lassen, aus dem Farbigen heraus irgendwie Formen zu
schaffen.
Das
Kind bekommt merkwürdig schnell einen Sinn für die
Behandlung der Farben, bekommt auch merkwürdig
schnell für die Harmonisierung, die
Nebeneinanderstellung der Farben einen Sinn. Und Sie sehen hier
an den verschiedenen Proben kindlicher Malerei, wie
versucht worden ist, einfach dadurch, daß das Kind
die Farben erlebt, den malerischen Sinn, das künstlerische
Empfinden aus der Seele des Kindes herauszuholen. Es ist sehr
leicht, das Kind dahin zu bringen, daß man es irgendwie
eine Farbfläche auftragen läßt, dann einfach in
die Nachbarschaft hinbringen läßt andere Farben, die
damit harmonieren. So daß man zunächst nur das
Farberleben auf dem Papier hat, daß man zunächst nur,
sagen wir, das Gelb neben dem Rot, neben dem Violett erleben
läßt. Es werden dann, wenn das Kind in dieser Weise
die Farbe erlebt, von selbst Formen; es wird von selbst
Figurales. Die Farbe fordert Figurales. Und wenn man dann
weiter das Farberleben treiben will, so kann man mit
verhältnismäßig noch nicht sehr alten Kindern
schon das folgende versuchen: Man läßt, sagen wir,
solch eine gelbe Fläche machen (es wird an die Tafel
gemalt), die andere Farbe in Harmonie dazu, und dann sage ich
dem Kinde: jetzt werde ich, statt daß ich hier (innen)
gelb mache, nun blau machen ... und das Kind hat nun die
anderen Farben alle in der entsprechenden Weise aufs Papier zu
bringen. So daß es also, wenn es hier (innen) nun blau hat
statt gelb, alle anderen Farben ändern muß, aber so,
daß alle anderen Farben in einer ebensolchen Harmonie zu
dem Blau stehen wie hier zu dem Gelb. Das ist etwas, was in
einer ungeheuer starken Weise das ganze innere Erleben des
Kindes mit sich reißt. Das Kind wird innerlich lebendig.
Das Kind bekommt ein Verhältnis zur Welt dadurch. Und
manche Lehrkräfte verbinden dann den ganzen Menschen im
Kinde mit dem, was sie da aufs Papier bringen lassen.
Es
ist durchaus bei uns in der Waldorfschule eine auf der einen
Seite bestimmte Pädagogik, auf der anderen Seite aber
haben wir die möglichste Freiheit. Wir haben
für die meisten Klassen Parallelklassen: 1. Klasse A, 1.
Klasse B, 2. Klasse A, 2. Klasse B und so weiter, weil wir ja
im Laufe der Zeit sehr viel Schüler bekommen haben. Wenn
Sie nun in die 1. Klasse B gehen, so ist sie nicht etwa eine
Kopie der 1. Klasse A, sondern Sie können da erleben,
daß die Lehrkraft in der 1. Klasse B ganz anders vorgeht
als die Lehrkraft in Klasse A. Es ist unser ganzer Lehrplan nur
etwas dem Geiste nach Bestimmtes; während in bezug auf die
einzelne Handlung man denkbar größte Freiheit hat.
Also bei uns wird nicht durch irgend etwas
Programmäßiges oder dergleichen das
Lehrplanmäßige gegeben oder gar beschränkt.
Sagen wir zum Beispiel, Sie können bei uns folgendes
finden: Irgendeine Lehrkraft macht einen Kinderreigen, ordnet
die Kinder zu einem Reigen an. Sie bewegen sich in einer
bestimmten Weise; da kommen die Kinder mit dem ganzen Menschen
in eine Raumform hinein. Sie machen selber diese Raumform, aber
sie sehen auch die Nachbarn und die anderen Kinder im
Verhältnisse zu sich in einer solchen Raumform drinnen.
Nun haben sie sich in einer solchen Raumform bewegt. Jetzt
läßt man sie niedersitzen, und sie bringen diese
Raumform nunmehr auf das Papier als bloße Form oder
Malerei.
Bedenken Sie, was da geschehen ist: da hat der ganze Mensch,
auch mit seinen Beinen, mit seinen Füßen, die
Raumform erlebt; dann bildet er sie auf dem Papier
zeichnerisch: das ganze geht aus dem ganzen Menschen in
die Finger über. Man beschäftigt wirklich
seelischgeistig-körperlich den ganzen Menschen. Es
wird nicht abstrakt gelehrt: du sollst mit deinen Fingern
das A machen, sondern man lasse laufen dasjenige, was er
zunächst selber als ganzer Mensch ausführt, in die
Finger hinein. Das alles belebt und bewegt innerlich das Kind,
und man kann dann aus den reinen zeichnerisch-malerischen
Formen die Buchstaben entstehen lassen.
Denken Sie zum Beispiel, ich versuche das Kind einen Fisch
malen zu lassen, da mache ich solch eine Form (es wird
gezeichnet), zuletzt eine Flosse so, eine Flosse hier, das Kind
stilisiert malerisch den Fisch. Jetzt gehe ich über zu dem
Worte Fisch, und das Kind hat den Einklang dessen, was es
im Beginne des Wortes Fisch hat, mit dem, was es aufgemalt hat.
Nun kann ich entstehen lassen den Buchstaben, der das Wort
Fisch beginnt, aus der gemalten Form. So ungefähr ist ja
auch die Bilderschrift in die Buchstabenform übergegangen.
Ich habe aber nicht Geschichte getrieben, um auf eine einzelne
Form zu kommen, ich habe einfach die Phantasie des Kindes
walten lassen. Es kommt nicht darauf an, daß man das
historisch richtig macht, sondern daß man das richtig
macht, was sich im kindlichen Organismus geltend machen soll.
Und so arbeitet man — das wird bei uns systematisch
getrieben, das, was die Kinder als okkulte Zeichen, zu denen
sie kein Verhältnis haben, als Buchstabenformen sich
aneignen sollen, das arbeitet man heraus aus dem Malerischen,
aus dem Zeichnerischen, und auf diese Weise hat man eine
menschliche Erziehung.
Sie
sehen also, daß die Kinder aufsteigen in dem Ergreifen der
Farben, in dem Herausholen der Form aus der Farbe zu ganz
komplizierten Dingen. Und es ist dann interessant, wenn
man die Kinder übergehen läßt von dem
Malerischen zu dem Plastischen. Sie haben hier allerlei
Photographien von Plastiken, es sind aber auch Plastiken da,
Sie haben hier plastische Formen. Die Kinder arbeiten das
durchaus aus der Phantasie heraus, und es ist
interessant, wenn man durchgenommen hat bildhaft mit den
Kindern, sagen wir, Menschenkunde, wenn man ihnen erklärt
hat Formen von Knochen, Formen von Muskeln, wenn man also alles
dies mit den Kindern so besprochen hat, daß man es
wirklich in lebendiger Anschaulichkeit hat, und die Kinder
arbeiten dann im plastischen Formen, dann werden diese Formen
ganz von selber dem ähnlich, was man durchgenommen hat.
Man kann ganz genau verfolgen, wie der innere Seelengang der
Kinder in den Formen zum Ausdruck kommt, wie sie ganz aus sich
selbst heraus schaffen. Man muß nur immer als Lehrer
dahinterstehen und sozusagen unmerklich die ganze Sache
dirigieren. So werden dann aus den malerischen die plastischen
Formen, und die Kinder gehen sehr gern über, ich
möchte sagen, aus dem rein absichtslosen Schaffen, das
einen spielerisch-künstlerischen Charakter hat, zu dem,
was aufs Zweckmäßige, aufs Nützliche geht.
Man kommt sehr leicht auf diese Weise hinüber aus dem
Spielerisch-Künstlerischen in das Kunstgewerbliche, in die
Anfertigung von allerlei Dingen, die nützlich sind. Nur
muß man einen solchen Unterricht, ich möchte sagen,
mit einem ernsten Humor durchführen. Man muß die
Kinder namentlich dazu bringen, daß sie Dinge, die ganz
aus ihrer eigenen Phantasie entspringen, zum Beispiel
Spielzeuge, machen (Dr. Steiner zeigt eine Holzpuppe). Ich
glaube, das sind Dinge, die eigentlich jeden Künstler
ansprechen müssen, eher als manches Kunstwerk in
Ausstellungen. Das nächste: eine Stoffpuppe. Solche Dinge
sind ja entzückend; das machen ganz junge Kinder; sie
lernen dabei den Anfang zum Nützlichen, wie Sie sehen; sie
nähen das selbst.
Nun
aber, besondere Freude macht den Kindern dasjenige, was sie
gewissermaßen ins Novellistische, ins Bewegliche
hineinbringen können, und da sind sie sehr
erfinderisch. Diese Dinge, die dann sinnvoll sich bewegen (ein
Hase), die machen sie mit großer Hingabe. Da ist es ganz
besonders interessant, wie die Kinder erfinderisch werden an
diesem beweglichen Spielzeug. Je spaßiger die Viecher
sind, die da ausgeführt werden (Storch) desto mehr
macht es den Kindern Freude. Die Kinder haben sehr gern den
Unterschied eines sich stolz freuenden Tieres, eines
melancholisch aussehenden wie dieser Rabe. Daß die Kinder
aus dem steifen Geformten in das Bewegliche hineingehen, das
ist etwas, was ungeheuer stark anregt innerlich, herausholt aus
dem schlafenden Organismus die wachende Seele, sie
herausruft.
Sehen
Sie, das ist etwas, was, wenn das Kind es fertig hat, es selbst
ungeheuer erfreut (eine Ente); sie ist so gemacht, daß sie
den Schnabel bewegt; das ist ja für das Kind
entzückend. So bekommt das Kind wirklich ein inneres
Gefühl für dasjenige, was lebt.
Dann
gehen wir ja auch dazu über, daß die Kinder wirklich
dasjenige lernen, was für das Leben eine Bedeutung
für sie hat. Da handelt es sich nun darum, daß
man wirkliches Formgefühl, wirklichen Künstlersinn
bei den Kindern entwickelt (Sofakissen). Es ist ja so sehr
häufig üblich, daß solche Kissen nicht so
gemacht werden, daß man ihnen ansieht, wozu sie dienen,
wie sie im Leben drinnenstehen. Bei uns wird großer Wert
darauf gelegt, daß man den Dingen ansieht, wozu sie im
Leben dienen (eine Decke). Da liegt das Ding auf; da braucht es
keine Verzierung. Wir haben darauf gesehen, daß die Sachen
so gearbeitet werden, je nach dem Zweck, zu dem das Ding
bestimmt ist. So muß die Verzierung angebracht sein
zum Sofakissen. In dieser Beziehung arbeiten die Kinder
mancherlei aus dem Leben heraus. Da kann man sich darauflegen
(in der Mitte); hier legt man sich nicht darauf — das
muß das Kind verstehen.
Ein
Teewärmer. Das wird über die Teekanne
übergestülpt, und das muß eben auf beiden Seiten
gleich sein. Das muß man alles sinngemäß aus dem
Leben heraus formen lassen. So wird dann das Kind
übergeführt zu demjenigen, was kunstgewerblich
ist, was also als Schönes Bedeutung hat (eine Tasche),
herübergeführt aus dem Formerleben, dem Zeichnen in
das praktische Handhaben des Kunstgewerblichen. Die Motive
werden unter Umständen auch zuerst gemalt und
gezeichnet, und das Kind merkt dann, wie man alles anders
behandeln muß, wenn man mit der Farbe auf dem Papier
streicht, oder wenn man mit dem Faden auf dem Stoff arbeitet.
Die verschiedene Art, das Material zu respektieren, das
läßt sich ganz wunderbar bei diesen Sachen
herausarbeiten. Und Übergänge sind ja sehr
schön zu schaffen, nicht wahr, das, was bloß zur
Freude, zum Entzücken da ist (bewegliches Holzspielzeug),
geht eben dann in das Allernützlichste über, in dem,
was dann zum Beispiel als Kochlöffel auch gearbeitet wird.
Das ist dasjenige, was die Kinder immer mit gleicher
Hingebung ausführen.
Wir
haben es auch schon dahin gebracht, daß unsere Kinder
Buchbinderarbeiten machen, daß unsere Kinder
Bücher einbinden lernen, kleine Kartons, kleine Schachteln
machen lernen. Das ist etwas, was in einer ungeheuren Weise die
Geschicklichkeit und auch den Lebenssinn anspornt. Solche
Dinge, wie mein Notizbuch (Dr. Steiner zeigt es), solche Dinge
werden zum Beispiel gearbeitet in dem
Buchbindereihandarbeitsunterricht. Es wird von den
größeren Kindern auch Gartenarbeit geleistet.
Der ganze Lehrgang wird von der Lehrerin selber gemacht.
Und
so wird eben überall versucht, den künstlerischen
Sinn nach der einen Seite zur Ausbildung zu bringen, aber das
auch wirklich überzuleiten ins praktische Leben. Man kann
ja gerade auf diese Weise erreichen, daß die Kinder
wirklich ganz tiefinnerlich dabei sind bei diesen Dingen. Man
sieht, wie die Kinder erfinderisch werden, wie sie froh sind,
wenn ihnen das oder jenes gerade auf diesem Gebiete der
Handarbeiten einfällt, und man erreicht dadurch wirklich
eine ungeheure Belebung des Unterrichtes. Es ist
interessant, wie disziplinierend auch dieses nach dem
Künstlerischen hinübergerichtete Treiben des
Unterrichtes ist. Es ist sehr interessant zu sehen manchmal,
wenn Knaben und sogar auch Mädchen im
intellektualistischen Unterricht nicht recht mitwollen, da
werden sie nichtsnutzig, da treiben sie allerlei törichte
Dinge, und da wird dann Klage geführt von dem Lehrer, der
den mehr intellektualistischen Unterricht geben muß.
Diejenigen Lehrer, die dann den plastischen Unterricht
geben oder überhaupt nach dem Künstlerischen
hinüber wirken, die sind dann gerade mit solchen Kindern,
über die sonst geklagt wird, oftmals außerordentlich
zufrieden, sind sogar erstaunt darüber, wie begabt
da die Kinder sich zeigen. Aber man muß das nicht als ein
bloßes Aperçu hinnehmen, sondern es hat eine ganz tiefe
pädagogische Bedeutung. Man kann auf diese Weise auch
wiederum die Begabung für das, was zum Beispiel der Mensch
an Intellektualistischem haben will oder haben muß
fürs Leben, wecken. Man muß eben alle einzelnen
Unterrichtsfächer miteinander harmonisieren. Und
wenn man einen Sinn dafür hat, das herauszuholen, was im
Menschen veranlagt ist, dann bekommt man diese Dinge, die nun
wirklich das Kind so erziehen, daß das Kind dann für
das ganze Leben etwas hat, wenn es zurückschaut auf
seinen Unterricht. Und das ist ja das Schönste, was man im
Leben haben kann, wenn man auf die Schule zurückschaut wie
auf ein verlorenes Paradies. Und das ist auch dasjenige, was
man erreichen muß. Man kann es nicht anders erreichen, als
indem man die Kinder in das Künstlerische einführt.
Derjenige, der unbefangen auf die Dinge hinschaut, der muß
sagen: Man glaubt gewöhnlich gar nicht, wie intensiv
gerade das Kind zwischen dem siebenten und vierzehnten Jahre
nach der Hinorientierung des Spielerischen nach dem
Künstlerischen verlangt, wie das in der menschlichen Natur
liegt, und wie es die größte Wohltat ist für das
ganze Leben des Menschen, wenn man den künstlerischen Sinn
in diesem Lebensalter nicht vernachlässigt. Es ist
nicht nötig, daß man dabei irgendwie
ästhetisierend verfährt, die Kinder zu allerlei
künstlerischen Dilettanten macht, sondern es ist durchaus
möglich, daß man das, was man da künstlerisch
mit den Kindern pflegt, immer hinüberleitet zu demjenigen,
was dann als Grundlage des Lebens dienen muß. Und so wird
bei uns das Künstlerische dadurch namentlich gepflegt,
daß es zum treibenden Impuls des ganzen Unterrichtes
besonders auch bei den kleinen Kindern gemacht wird. Die
Phantasie wird auf diese Weise hervorgeholt. Das Kind wird
erfinderisch, indem es malen muß, plastisch
tätig sein muß. Dasjenige, was da aus dem Kinde
herausgeholt wird, das regt es wieder an zum Verständnis
des Dichterischen und so weiter. Durch diese Harmonisierung
und, ich möchte sagen, Totalisierung, daß man
wirklich den Unterricht hinbringt bis zu dem
Künstlerischen, dadurch schließt man wirklich
den Unterricht als etwas wirklich Organisches auf und
zusammen.
Das
ist dasjenige, was ich mit ein paar Worten heute, weil die
Ausstellung einmal da ist, sagen wollte. Es wird ja auch in den
Vorträgen noch einmal im Zusammenhange erörtert
werden.
Aus
der Diskussion vom 16. August 1923
Es wird gefragt, ob nicht doch der griechisch-lateinische
Unterricht durchaus notwendig sei.
Dr. Steiner: Mr. C. scheint eine gewisse Sorge zu haben,
daß durch die Worte, die ich vor einigen Tagen gesprochen
habe, die griechische Kultur und Zivilisation der Menschheit
verlorengehen könnte. Nun ist ja dagegen zunächst
bloß das Tatsächliche zu stellen, daß wir in
unserer Waldorfschule tatsächlich griechischen und
lateinischen Unterrieht soweit geben, als diejenigen
Schüler es nötig haben, die das Gymnasial-Abiturium
ablegen müssen. Wir haben allerdings die
Einrichtung, daß der griechische und lateinische
Unterricht zunächst bei uns nicht obligatorisch erteilt
wird, sondern für diejenigen Schüler, die ihn selbst
wünschen, oder deren Eltern ihn verlangen. Es ist ja bis
jetzt durchaus eine sehr starke Frage nach diesem griechischen
und lateinischen Unterricht, und wir werden eine Anzahl von
Schülern und Schülerinnen zum erstenmal nächste
Ostern zum Gymnasial-Abiturium führen; so daß also
durchaus bei uns zunächst gesorgt ist für diese
Erteilung des griechisch-lateinischen Unterrichts wie an
anderen Gymnasien.
Meine Bemerkung, die ich vor einigen Tagen machte, bezog sich
eigentlich nicht darauf, daß wir den griechischen und
lateinischen Sprachunterricht durchaus ausmerzen wollen,
sondern darauf, daß im Gymnasialunterricht zu stark nach
der Richtung hin tendiert wird, daß die Schüler
weniger das Leben, die lebendige Zivilisation der
Gegenwart kennenlernen, sondern mehr sich hineinvertiefen
in etwas, was nicht mehr gegenwärtig ist, was
Vergangenheit ist. Es ist gar nicht zu leugnen, daß
Gründe bestehen, wichtige Gründe, um den griechischen
und lateinischen Unterricht, insbesondere den griechischen,
durchaus aufrechtzuerhalten. Der eine Grund ist der, daß
es in unserer ja immerhin einfach materialistischen Gegenwart
sehr gut ist, wenn in einem gewissen Lebensalter die Kinder
herausgerissen werden aus einem Ergreifen des unmittelbaren
Materialismus der Gegenwart und zu dem hingeführt werden,
was schon dadurch wenigstens idealistisch ist, daß es
jenen Übergang nicht durchgemacht hat, den ja alles
durchmacht, wenn es, ich möchte sagen, durch die Historie
geht. Das ist der eine gewichtige Grund. Es spricht allerdings
dagegen, daß die Leute, die das Gymnasium absolviert
haben, trotzdem auch noch Materialisten geworden sind, und
unsere materialistische Kultur durchaus getragen wird zum
großen Teil von Absolventen der Gymnasialstudien. Aber wie
gesagt, es kann dieser Grund als ein gewichtiger immerhin
angeführt werden.
Das
andere ist etwas, das, ich möchte sagen, mit unserem
ganzen historischen Leben zusammenhängt. Wir sind nun
einmal darauf angewiesen, dasjenige, was gelebt hat
namentlich innerhalb der griechischen Kultur — bei der
römischen Kultur ist das sogar weniger der Fall —,
in unsere Gegenwart bis zu einem gewissen Grade
herüberzunehmen. Die Griechen waren das nicht in
derselben Weise, weil sie noch sehr viel spirituelles Leben
hatten, wie ich es ja in den Vorträgen auseinandergesetzt
habe. Sie hatten noch viel Spirituelles in ihrer eigenen
Kultur. Wir haben eine Zivilisation, die im Grunde genommen
seit langer Zeit keine neuen Seeleninhalte hervorgebracht hat.
Wir müssen in dieser Beziehung nur gegen uns selber
ehrlich sein und uns klar sein darüber, daß wir
großartige, gewaltige Fortschritte gemacht haben in bezug
auf die Bezwingung der äußeren Naturkräfte,
daß wir aber heute eigentlich noch arbeiten — mehr
als wir glauben — mit denjenigen Begriffen, mit
denjenigen seelischen Zusammenhängen, die aus
Griechenland herübergekommen sind. Und wir
würden für viele unserer Seeleninhalte das
Verständnis verlieren, wenn wir nicht mehr
anknüpfen könnten an das Griechische. Von
Mitteleuropa kommend, braucht man ja nur daran zu erinnern,
daß Goethe geradezu es nicht aushalten konnte, eine
bloße europäische Kultur des 18. Jahrhunderts in sich
aufzunehmen, daß er krank wurde an der Sehnsucht,
die antike Kultur wirklich in sich aufzunehmen, das Griechentum
in sich lebendig zu machen.
Aber allerdings, eines scheint mir aus einer wirklichen
Menschenerkenntnis hervorzugehen: daß wir ebenso
notwendig haben, unsere Jugend einzuführen in die
unmittelbaren Bedürfnisse der Gegenwart, daß wir
über der Gymnasialerziehung nicht vergessen dürfen
das Einführen in das praktische Leben der
gegenwärtigen Zivilisation, wie ich es auch in diesen
Tagen immer wieder auseinandergesetzt habe. Und da glaube ich
allerdings, daß eine Selektion starker Art notwendig sein
wird, stärkerer Art, als sie in der Gegenwart gerade
für die lateinischen und griechischen Studien
üblich ist. Wir werden allerdings für alle
europäischen Sprachen das Griechentum, die griechische
Kultur und Zivilisation nicht verlieren, wenn wir, aber nur die
fähigsten Menschen, einführen in griechische und
lateinische Sprache, und diese fähigsten Menschen
aus einem wirklichen Erfassen des Griechentums — zu dem
noch viel anderes gehört als das Erfassen der griechischen
Sprache, wie sie am Gymnasium gelehrt wird —, wenn sie
aus einem solchen Erfassen heraus das Griechentum
wiedererstehen lassen gerade in der modernen Form, aus dem
modernen Leben heraus. Und da kommt man gerade auf diesem Boden
zu ganz merkwürdigen Aperçus. Wir haben versucht,
Mannigfaltiges aus dem gegenwärtigen Dichterischen heraus,
sagen wir, durch Eurythmie, vor die Welt hinzustellen. Es ist
auch die Sehnsucht entstanden, innerhalb des deutschen
Sprachgebietes, den Schülern vorzuführen in Eurythmie
Griechisches; das könnte man natürlich sehr leicht
heute; aber in deutscher Sprache Äschylos
vorzuführen, das ist heute unmöglich, weil eben
noch nicht jenes geistige Erfassen des Griechentums bei den
Obersetzern des Äschylos da ist. Und dazu hat uns
eigentlich das Gymnasialstudium des Griechenturns in der ganzen
Zivilisation bis jetzt furchtbar wenig geholfen. Und gerade
wenn in dieser Beziehung eine bessere Selektion geschieht, so
daß tatsächlich nur diejenigen jungen Leute an das
Griechisch-Lernen herangeführt werden, die dann aus einem
gewissen Genius heraus das Griechentum wirklich auferstehen
lassen können, so wird in der modernen Zivilisation das
erneuerte Griechentum, das von einzelnen Menschen erneuerte, in
einer ganz anderen Weise wirklich an die Seelen der Menschen
herangelangen können, als das eigentlich bis jetzt trotz
der vielen Gymnasien der Fall ist. Ich glaube also nicht,
daß, wenn wir den griechischen und lateinischen Unterricht
nur soweit betreiben als es nötig ist, dadurch in
der Gegenwart die griechische Zivilisation und Kunst
verloren gehen könne. Es muß ja doch schließlich
dahin kommen, daß die großen Impulse gerade für
die höchsten Dinge des geistigen Lebens von einzelnen
Menschen gegeben werden. Und es wird wahrscheinlich besser
sein, wenn diese Impulse von solchen Menschen gegeben werden,
die wirklich nun als einzelne eindringen, dann aber auch sie so
geben werden, daß diese Impulse eben in die moderne
Sprache hineindringen, daß sie durch die modernen Sprachen
in einer der Gegenwart gemäßen Form wiedergegeben
werden.
Also, wie gesagt, ängstlich braucht man nicht zu sein,
daß durch die Waldorfschule, durch das
Waldorfschul-Prinzip irgend etwas getan werden soll, um die
griechische Kultur, das griechische Kunstleben etwa der
Menschheit zu nehmen, sondern es darf der Glaube bestehen, und
der Glaube ist berechtigt, daß gerade dadurch, daß
wir die zu diesem Studium fähigsten Leute durch eine
soziale Selektion auswählen, oder dadurch, daß,
wenn wir sehen, daß eine ganz besondere
Befähigung vorhanden ist, wir den jungen Leuten den
Rat geben, Griechisch und Latein zu lernen, daß
dadurch in einer wirklich tiefen, echten, wahren Weise die
griechische Kultur und Zivilisation erhalten werde. Das
Historische soll durchaus der Menschheit nicht
verlorengehen. Wir glauben zum Beispiel auch, daß
durch unsere Methode junge Leute in einer lebendigen Weise
herangeführt werden zum Christentum, zum Mysterium von
Golgatha, trotzdem wir nicht darauf sehen, das alles ihnen
auszuführen, was die dogmatische Theologie hervorgebracht
hat, trotzdem wir darauf nicht sehen —, daß dadurch
das lebendige Christentum, das lebendige Gegenüberstehen
dem Mysterium von Golgatha nicht verlorengeht. Und so
glaube ich, daß wir auch lebendiger zum Griechentum
führen können, wie wir lebendig zum Christentum
führen können, wenn wir den Ballast gerade weglassen,
wenn wir ökonomisch auch auf diesem Gebiet verfahren. Und
deshalb bitte ich, nach dieser Richtung sich zu beruhigen. Wir
werden in der Pflege des Banausentums ganz gewiß nicht
irgendwie etwas Hervorragendes leisten wollen.
Einleitende Worte zu einer Eurythmievorstellung
14.
August 1923 (Autoreferat)
Eurythmie soll eine Kunst sein, deren Ausdrucksmittel
gestaltete Bewegungsformen des menschlichen Organismus an sich
und im Räume sowie bewegte Menschengruppen sind. Es
handelt sich aber dabei nicht um mimische Gebärden und
auch nicht um Tanzbewegungen, sondern um eine wirkliche,
sichtbare Sprache oder einen sichtbaren Gesang. Beim Sprechen
und Singen wird durch die menschlichen Organe der Luftstrom in
einer gewissen Weise geformt. Studiert man in
geistiglebendiger Anschauung die Bildung des Tones, des
Vokals, des Konsonanten, des Satzbaues, der Versbildung
und so weiter, so kann man sich ganz bestimmte Vorstellungen
bilden, welche plastischen Formen bei den entsprechenden
Sprach- oder Gesangsoffenbarungen entstehen. Diese lassen sich
nun durch den menschlichen Organismus, besonders durch die
ausdrucksvollsten Organe, durch Arme und Hände,
nachbilden. Man schafft dadurch die Möglichkeit,
daß, was beim Singen, Sprechen gehört wird,
gesehen werden kann.
Weil die Arme und Hände die ausdrucksvollsten Organe sind,
besteht die Eurythmie in erster Linie in den gestalteten
Bewegungen dieser Organe; es kommen dann die Bewegungsformen
der anderen Organe unterstützend hinzu wie bei der
gewöhnlichen Sprache das Mienenspiel und die
gewöhnliche Gebärde. Man wird sich den
Unterschied der Eurythmie von dem Tanz besonders dadurch
klarmachen können, daß man auf die eurythmische
Begleitung eines Musikstückes sieht. Dabei ist, was wie
Tanz erscheint, nur die Nebensache; die Hauptsache ist der
sichtbare Gesang, der durch Arme und Hände
zustände kommt.
Man
soll nicht glauben, daß eine einzige Bewegungsform der
Eurythmie willkürlich ist. In einem bestimmten Augenblicke
muß als Ausdruck eines Musikalischen oder eines
Dichterischen eine bestimmte Bewegungsform erzeugt werden, wie
im Singen ein bestimmter Ton, oder in der Sprache ein
bestimmter Laut. Der Mensch ist dann ebenso gebunden in der
Bewegungssprache der Eurythmie, wie er im Singen oder Sprechen
an Ton und Laut gebunden ist. Er ist aber ebenso frei in der
schönen, kunstvollen Gestaltung der eurythmischen
Bewegungsformen, wie er dies bei der Sprache oder dem
Gesänge ist.
Man
ist dadurch in der Lage, ein Musikstück, das gespielt
wird, eurythmisch, in einem sichtbaren Gesänge, oder eine
rezitierte oder deklamierte Dichtung in einer sichtbaren
Sprache zugleich darzustellen. Und da Sprache und Musik aus dem
ganzen Menschen stammen, so erscheint ihr innerer Gehalt erst
recht anschaulich, wenn zu dem hörbaren die sichtbare
Offenbarung hinzukommt. Denn eigentlich bewegt alles Gesungene
und Gesprochene den ganzen Menschen; im gewöhnlichen
Leben wird die Tendenz zur Bewegung nur zurückgehalten und
in den Sprach- und Gesangsorganen lokalisiert. Die Eurythmie
bringt nur zur Offenbarung, was in diesen menschlichen
Lebensäußerungen als Tendenz zur Bewegung stets
veranlagt ist, aber in der Anlage verborgen bleibt. — Man
erhält dadurch, daß zur instrumentalen
Musikdarbietung und zur Rezitation oder Deklamation
eurythmisiert wird, eine Art orchestralen Zusammenwirkens des
Hörbaren und Sichtbaren.
Für die Rezitation und Deklamation, die im Zusammenhange
mit der Eurythmie zur Darstellung kommen, ist zu beachten,
daß diese in einer wirklich künstlerischen Gestaltung
des Sprachlichen auftreten müssen, Rezitatoren oder
Deklamatoren, die nur den Prosainhalt der Dichtung pointieren,
können in der Eurythmie nicht mitwirken. Wahre
künstlerische Dichtung entsteht nur durch die imaginative
oder musikalische Gestaltung der Sprache. Der Prosainhalt ist
nicht das Künstlerische; sondern nur der Stoff, an
dem sich das Bildhafte der Sprache oder auch Takt, Rhythmus,
Versbau und so weiter offenbaren sollen. Jede dichterische
Sprache ist schon eine verborgene Eurythmie. Der Rezitator und
Deklamator muß durch das Malerische, Plastische oder
Musikalische der Sprache das aus der Dichtung herausholen, was
der Dichter in sie hineingelegt hat. Diese Art der Rezitations-
und Deklamationskunst hat Frau Dr. Steiner seit Jahren
besonders ausgebildet. Nur eine solche Sprachkunst kann
zusammen mit der Eurythmie auftreten, weil nur dann der
Rezitator in Tongestaltung und Tonplastik das für das Ohr
bietet, was der Eurythmist für das Auge darstellt. Durch
ein solches Zusammenwirken wird aber erst vor die Seele des
Zuhörers und Zuschauers gebracht, was wirklich in der
Dichtung lebt.
Die
Eurythmie ist nicht für ein mittelbares Verständnis
des Intellektes, sondern für die unmittelbare
Wahrnehmung veranlagt. Der Eurythmist muß die sichtbare
Sprache Form für Form lernen, wie der Mensch sprechen
lernen muß. Aber die Wirkung der von Musik oder Sprache
begleiteten Eurythmie ist eine solche, die unmittelbar durch
die bloße Anschauung empfunden wird. Sie wirkt wie das
Musikalische auch auf den Menschen, der die Formen nicht
selbst gelernt hat. Denn sie ist eine natürliche, eine
elementare Offenbarung des menschlichen Wesens,
während die Sprache immer etwas Konventionelles hat.
Die
Eurythmie ist in der Gegenwart so entstanden, wie, zu ihren
entsprechenden Zeitepochen, alle Künste entstanden sind.
Diese gingen daraus hervor, daß man einen Seeleninhalt
durch entsprechende Kunstmittel zur Offenbarung brachte.
Wenn man dazu gekommen war, gewisse Kunstmittel so zu
beherrschen, daß man in ihnen zur sinnlichen Offenbarung
bringen konnte, was die Seele erlebt, dann entstand eine Kunst.
Die Eurythmie entsteht nun dadurch, daß man das edelste an
Kunstmitteln, den menschlichen Organismus, diesen Mikrokosmos,
selbst als Werkzeug gebrauchen lernt. Dies geschieht in der
mimischen sowohl wie in der Tanzkunst nur in bezug auf Teile
des menschlichen Organismus. Die Eurythmie bedient sich aber
des ganzen Menschen als ihres Ausdrucksmittels. Doch muß
immer vor einer solchen Darbietung gegenwärtig noch
an die Nachsicht der Zuschauer appelliert werden. Jede Kunst
mußte einmal ein Anfangsstadium durchmachen. Das muß
auch die Eurythmie. Sie ist im Beginne ihrer Entwickelung. Aber
weil sie sich des vollkommensten Instrumentes bedient, das
denkbar ist, muß sie unbegrenzte
Entwickelungsmöglichkeiten in sich haben. Der menschliche
Organismus ist dieses vollkommenste Instrument; er ist in
Wirklichkeit der Mikrokosmos, der alle Weltgeheimnisse und
Weltgesetze konzentriert in sich enthält. Bringt man durch
eurythmische Bewegungsgestaltungen das zur Offenbarung, was
sein Wesen umfassend veranlagt enthält als eine Sprache,
die körperlich das ganze Erleben der Seele erscheinen
läßt, so muß man dadurch umfassend die
Weltgeheimnisse künstlerisch zur Darstellung kommen lassen
können.
Was
gegenwärtig Eurythmie schon bieten kann, ist erst ein
Anfang dessen, was nach der angedeuteten Richtung in ihren
Möglichkeiten liegt. Aber weil sie sich der
Ausdrucksmittel bedient, die eine solche Beziehung zu Welt- und
Menschenwesen haben können, darf man hoffen, daß sie
in ihrer weiteren Entwickelung als vollberechtigte Kunst neben
den anderen sich erweisen werde.
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