DRITTER VORTRAG
Kristiania, 9. Juni 1910
Wir werden
innerhalb des Zyklus dieser Vorträge Betrachtungen anstellen, welche
sozusagen jedem leicht in die Seele gehen werden, weil er sich in
intensivster Weise unmittelbar für sie wird interessieren
können. Aber, weil sonst das Ganze nicht verständlich
werden würde, müssen wir auch solche Betrachtungen
anstellen, welche um der Vollständigkeit und des
Verständnisses willen notwendig sind, und die etwas schwieriger
sein werden als dasjenige, was sozusagen der Hauptstock unserer
Vorträge ist. Wir werden zum Beispiel heute in die
Notwendigkeit versetzt sein, einen Blick in das Innere jener
Wesenheiten zu tun, von denen wir in den beiden vorhergehenden
Betrachtungen gesprochen haben, in das Innere der normalen
Volksgeister.
Wir haben bereits
gesagt, was zu ihrer äußeren Charakteristik notwendig
war, daß sie Wesenheiten sind, die zwei Stufen höher stehen
als der Mensch, Wesenheiten, welche an der Umgestaltung ihres
Athenleibes arbeiten, also eben jetzt daran sind, ihre
Ätherleiber umzuarbeiten in dasjenige, was man Lebensgeist
oder Buddhi nennt. Der Mensch ist in diese Arbeit eingesponnen.
Insofern, als die Entwickelung dieser Wesenheiten so fortschreitet,
daß der Mensch in diese Entwickelung hineingesponnen ist,
äußert sich die Spiegelung dieses Volksgeistes in der
menschlichen Individualität selber als der Volkscharakter des
einzelnen menschlichen Individuums.
Nun werden wir
etwas hineinzusehen haben in das Innere einer solchen Volksseele. Wenn wir
in das heutige Innere des Menschen hineinleuchten wollen, haben
wir dazu nötig, uns dieses innere dreigliedrig vorzustellen, es
uns so vorzustellen, daß wir es uns teilen in:
-
die
Empfindungsseele, gleichsam das unterste Glied der menschlichen
inneren Wesenheit,
-
die Verstandes-
oder Gemütsseele, das mittlere Glied, und
-
die
Bewußtseinsseele, das höchste Glied des menschlichen
Innern, wo eigentlich erst so recht das menschliche ich zum
Bewußtsein gebracht wird.
In der
Bewußtseinsseele ist eigentlich so recht erst das vorhanden, was
man das menschliche Selbstbewußtsein nennt. Trotzdem ist das Ich
des Menschen in allen drei Teilen seines inneren Lebens —
sowohl in der Empfindungsseele als auch in der Verstandes- oder
Gemütsseele und in der Bewußtseinsseele —
tätig.
In der
Empfindungsseele ist dieses Ich so tätig, daß der Mensch
dieses sein Ich kaum erst ahnt. Er ist insofern in der
Empfindungsseele allen Trieben und Leidenschaften hingegeben. Das Ich
brütet dumpf in dem, was wir Empfindungsseele nennen. Das Ich
arbeitet sich dann erst heraus, kommt erst zum Vorschein in der
Verstandes- oder Gemütsseele und wird ganz klar erst in der
Bewußtseinsseele. Wenn wir diese drei Glieder des menschlichen
Innern abgesondert für sich untersuchen wollen, so
müssen wir sie als drei Modifikationen, als drei Teile innerhalb
des Astralleibes ansehen. Allerdings gilt ja das, daß diese drei
Modifikationen, diese drei Glieder des Astralleibes,
vorbereitend umarbeiten den Astralleib selber, den Ätherleib und
den physischen Leib. Aber diese Umarbeitungen sind doch nicht
dasjenige, was uns als das eigentliche menschliche Innere, als
das Seelische entgegentritt. Das Seelische, das Innere des Menschen,
sind drei Modifikationen des astralischen Leibes. Die drei
Modifikationen müssen sich gewisser Werkzeuge bedienen,
und diese prägen sich so aus, daß im Astralleibe die
Empfindungsseele eine Art von Werkzeug hat, im Ätherleibe
die Verstandes- oder Gemütsseele, und im physischen Leibe die
Bewußtseinsseele. So also können wir das menschliche Innere
von dem, was menschliche Hüllennatur ist, unterscheiden. Es ist
also des Menschen innere Natur aus drei Modifikationen des
astralischen Leibes bestehend.
So wie beim
Menschen das Innere, das, worin das Ich arbeitet und sich ausprägt,
sich in diesen drei Modifikationen des Astralleibes darstellt, so
stellt bei denjenigen geistigen Wesenheiten, die wir als
Volksgeister bezeichnen, das eigentliche Innere oder das, was
wir mit dem menschlichen Inneren vergleichen können, dar drei
Glieder, drei Modifikationen im Ätherleibe. So wie wir
beim Menschen unterscheiden Empfindungsseele, Verstandesseele,
Bewußtseinsseele, so müssen wir bei den
Erzengelwesenheiten, den normalen Volksgeistern, drei
Modifikationen im Ätherleibe unterscheiden. Aber weil
diese drei Modifikationen nicht im Astralleibe sind, sondern im
Ätherleibe, deshalb sind sie ganz, ganz anders, wesentlich
anders, als die drei Modifikationen im Seelenleben des Menschen.
Daher müssen Sie sich auch die Bewußtseinsform, das
ganze Seelenleben dieser Volksgeister anders vorstellen als das
Seelenleben des Menschen. Wir dringen also gleichsam von einer
äußeren Charakteristik jetzt in das Innere der Seele dieser
Volksgeister ein. Das wird nicht ganz leicht sein, aber wir
müssen schon versuchen, diesen Rubikon zu überschreiten. Da
wird es sich nun darum handeln, daß wir von irgendeinem Begriffe
ausgehen, der Ihnen geläufig sein kann, einem Begriffe, der
sozusagen etwas Ähnliches bietet wie das innere Leben der
Volksgeister. Solche Dinge hat der Mensch nicht viele in seinem
normalen Leben, er hat im Gegenteil außerordentlich wenig von
dem in seinem eigenen Bewußtsein, was in dem Bewußtsein der
Volksgeister lebt. Aber Sie können sich doch eine Vorstellung
davon machen, wenn Sie geduldig einmal die folgende Betrachtung mit
mir anstellen.
Sie haben alle
in der Schule gelernt, daß die drei Winkel des Dreiecks 180°
sind, und Sie wissen, daß Sie das niemals durch irgend eine
äußere Erfahrung lernen könnten. Denken Sie sich
meinetwegen eiserne, hölzerne Dreiecke. Wenn Sie nun mit
einem Winkelmaße messen, wie viel die drei Winkel ausmachen,
dann wird Sie diese äußere Erfahrung niemals belehren
können, daß diese drei Winkel 180° sind. Aber Sie
werden sofort belehrt sein — gleichgültig ob Sie diese
drei Winkel aufzeichnen oder sie sich nur vorstellen —,
wenn Sie von innen heraus erfahren, daß die drei Winkel
180° sind. Sie müssen das durch die Kraft Ihrer eigenen
Seele von innen heraus erfahren. Sie brauchen dazu nur das Folgende
in Gedanken auszuführen. Das, was ich jetzt aufzeichne, zeichnet
man nur zur Versinnbildlichung des Gedankens.
In dieser Figur
haben Sie den strikten Beweis, daß die drei Winkel zusammen 180°
sind. Wenn Sie sich diese Figur einmal so recht vor die Seele treten
lassen, so wird sie Ihnen für alle Fälle diese
Gewißheit bringen. Diese Figur können Sie in Gedanken
ausführen, ohne daß Sie sie äußerlich
aufzeichnen. Sie vollziehen dann eine reine Gedankenoperation
durch die Kraft Ihres eigenen Inneren, Sie brauchen gar nicht aus
sich herauszutreten. Sie können sich einen Augenblick
vorstellen, daß es das, was man Empfindungswelt nennt, und das,
was durch die äußeren Sinne in den Menschen hineingeht, gar
nicht gibt. Denken Sie sich also die äußere Welt
vollständig weg, den Raum in Gedanken konstruiert, dann
würden in diesem Raume alle Dreiecke in ihrer Winkelsumme
180° zeigen. Um zu einer geometrisch-mathematischen
Erkenntnis zu kommen, braucht nicht ein äußerer
Gegenstand an Ihre Sinne heranzutreten, es bedarf nur dessen, was
inneres Erlebnis ist, was im Bewußtsein selber
verläuft.
Ich mußte
dieses Beispiel gebrauchen, denn es ist das einfachste und praktischste,
weil die Menschen das schon wissen, da sie es in der Schule gelernt
haben. Ich könnte Ihnen auch das Beispiel der Hegelschen Logik
geben, dann würden Sie auch eine Summe von innerlichen Begriffen
haben, aber da würden wir viel Unbekanntes darin finden, da die
Hegelsche Logik
in den weitesten Kreisen unbekannt ist. Daraus
können Sie also ersehen, wie der Mensch bloß von innen
heraus zu Erkenntnissen kommen kann, ohne daß er durch etwas
Äußerliches dazu angeregt wird.
Wenn Sie sich
das vorstellen, was äußerlich nur erreichbar ist in der Welt in
mathematisch konstruktiver Weise, dann haben Sie einen Teil begriffen
von dem, wie das Bewußtsein der Erzengel wirkt. Sie nehmen
nämlich eine solche Welt, wie sie an den äußeren
Menschen herantritt, eine Welt von äußeren Farben und
Tönen, gar nicht wahr. Diese Empfindungen hat niemals ein
solches Wesen; es hat niemals die Möglichkeit, daß es
mit seinem Tastsinn an irgend etwas herantritt und dadurch
Wahrnehmungen empfängt. Diese Erlebnisse hat ein solches Wesen
niemals. Aber das Erlebnis hat es, das man mit den Worten
ausdrücken kann: Jetzt kommt mir aus einer Welt, die mich
inspiriert, etwas zu; diese Welt ist durch mein Bewußtsein
hindurchgegangen, füllt mein Bewußtsein aus.
Nun sind die
Erzengel nicht etwa Wesen, die bloß mathematisch vorstellen, vielmehr
ist der Mensch so unvollkommen, daß er nur in solchen Abstraktionen,
wie die mathematischen Wahrheiten sind, sich die Tätigkeit der
Erzengel vorzustellen vermag. Sie sind das, was für den Menschen
sowohl als für die Volksgeister als normal erscheint. Daraus
können Sie aber entnehmen, daß die äußere
physische Welt, die für die Menschen durch die Sinne da ist, die
Erzengel gar nichts angeht. In der Gestalt also, wie die physische
Welt für den Menschen da ist, wie der Mensch durch seine Sinne
die Kundgebungen der physischen Welt erhält, in dieser Weise ist
die Welt für die Erzengel nicht vorhanden. Schalten Sie also
das, was nur als physische Empfindung da ist, aus Ihrem Weltbilde
aus, denken Sie alles weg, was Sie durch äußere
Wahrnehmungen in sich aufgenommen haben, dann schalten Sie aus
Ihrem Weltbilde eben das aus, was die Erzengel nichts angeht. Also
werden wir uns sagen: Ja, was ist denn von dem, was auch menschliches
Bewußtsein werden kann, noch für die Erzengel da? Was ist
von demselben für die Volksgeister vorhanden? Alles, was
Sie in der Empfindungsseele erleben, was Sie als
gewöhnliche, durch die Außenwelt bewirkte Lust, als
gewöhnliches, durch die Außenwelt bewirktes Leid erleben,
alles, was Farben, Töne, überhaupt sinnliche Wahrnehmungen
der Außenwelt sind, das geht diese Wesenheiten nichts an.
Schalten Sie also den ganzen Inhalt der menschlichen Empfindungsseele
aus, und sagen Sie sich, was im Weltbilde vorhanden ist dadurch,
daß für den Menschen die Empfindungsseele da ist, das ist
für die Erzengel nicht von Bedeutung, da wirken sie nicht
hinein. Sogar ein Teil der Verstandesseele ist noch kein Element, das
für die Erzengel von Bedeutung ist, insoweit dieselbe
angeregt wird durch die äußeren Empfindungen. Was
äußerlich angeregt wurde, was der Mensch mit dem
Verstande verarbeitet und dem Gemüte durchlebt, auch das
geht die Erzengel nichts an. Aber in die Verstandesseele des
Menschen spielen doch schon gewisse Dinge hinein, welche der Mensch
sozusagen auf demselben Terrain mit den Erzengeln erlebt. Wir
können ganz genau wahrnehmen, daß solche Dinge in die
menschliche Verstandes- oder Gemütsseele hineinspielen,
wenn wir sehen, wie zum Beispiel in unserem Leben dasjenige, was wir
unsere moralischen Idcale nennen, an uns herantritt. Es gäbe
keine moralischen Ideale, wenn wir angewiesen wären, uns nur
über dasjenige Empfindungen zu machen, über das Lust und
Leid zu empfinden und uns darüber Gedanken zu machen, was uns
von der Außenwelt als die Sinneswahrnehmung entgegentritt. Da
würden wir uns zwar über die Blumen des Feldes, auch
über eine schöne Landschaftskonfiguration freuen
können, aber wir würden niemals in unserem
Gemüte für ein Ideal entbrennen können, das uns nicht
aus der Außenwelt entgegenleuchten kann, das wir uns in die
Seele einschreiben können, und wofür wir dann
erglühen. Aber wir müssen nicht nur erglühen und in
der Empfindungsseele fühlen, sondern wir müssen auch
darüber denken. Der Mensch, der nur empfindet, der nicht denkt,
der kann zwar ein Schwärmer, aber niemals ein praktischer Mensch
sein. Wir müssen die Ideale nicht von außen in die
Empfindungsseele aufnehmen, sondern sie einströmen lassen
aus der geistigen Welt und sie in der Verstandes- oder
Gemütsseele verarbeiten. Die künstlerischen, die
architektonischen Ideale und so weiter sind in der Verstandes- oder
Gemütsseele und in der Bewußtseinsseele anwesend. Sie
hängen zusammen mit dem, was der Mensch von außen
nicht wahrnehmen kann, was aber doch innerlich sein Wesen
durchglüht und durchsetzt, so daß es einen Teil seines
Lebens ausmacht.
Schauen Sie
sich das Leben der Völker von Epoche zu Epoche an, wie es verlaufen
ist, wie immer neue Vorstellungen und Weltgeheimnisse darin aufgekommen
sind. Wo hätten die Griechen ihre Vorstellungen über Zeus
und Athene hernehmen können, wenn sie sich nur auf die
äußere Wahrnehmung verlassen hätten! Das lebte sich
von innen hinein, was in den Weistümern, in den Mythologien,
Religionen und in den Wissenschaften der Völker enthalten ist.
So also müssen wir sehen, daß die Hälfte unseres
inneren Wesens, die Hälfte unserer Verstandes- oder
Gemütsseele und unserer Bewußtseinsseele von innen heraus
angefüllt sind, und zwar gerade so weit, als der Mensch sich mit
dem, was eben charakterisiert worden ist, innerlich durchdringt, so
weit können die Erzengel in das menschliche Innere vordringen,
und so weit geht auch das eigentliche Leben der Erzengel. Das
müssen Sie also vom inneren Leben ausschalten, was von
außen durch die Empfindungsseele aufgenommen und durch die
Verstandes- oder Gemütsseele verarbeitet wird.
Dann haben Sie
aber auch noch das, was wir unser Ich nennen. Für uns ist das Ich das
höchste Glied unserer Wesenheit. Was wir da hineintragen in das
moralische Bewußtsein, das sind Ideale, moralische,
ästhetische, ideelle Gedanken. So wie der Ausblick dem Menschen
gleichsam nach innen verschlossen ist, sich aber nach außen
durch seine Sinne der Außenwelt öffnen kann, so kann er
sagen: Ich nehme Farben, Töne, Kälte und Wärme wahr.
Aber er hat auch das Bewußtsein, daß hinter diesen
Wahrnehmungen von Farben, Tönen, Wärme und Kälte noch
etwas Wesenhaftes ist. Das sind die Wesen des tierischen,
pflanzlichen und mineralischen Reiches. Das ist dahinter; so daß
der Mensch sich in der angedeuteten Weise die Welt darüber
hinaus fortgesetzt denken kann. Darüber hinaus ist aber die
Aussicht für den gewöhnlichen Menschen verschlossen.
Wäre das nicht der Fall, so könnte es gar keinen
Materialismus geben. Würde der Mensch die Aussicht frei haben
auf das Gebiet, das sich von der Verstandesseele und der
Bewußtseinsseele nach oben hin erstreckt, dann wäre es
ebenso töricht, die geistige Welt zu bezweifeln, wie es heute
töricht wäre, die Existenz der Tier-, Pflanzen- und
Mineralwelt in Zweifel zu ziehen.
Denken Sie nun,
wie das Ich beim Menschen, das höchste Glied desselben, in
sich einschließt die Empfindungs-, Verstandes- und
Bewußtseinsseele. Beim Erzengel ist es nun so, daß
sein Seelenleben anfängt bei seinem Erleben in der Verstandes-
oder Gernütssede, dann hinaufgeht in das Ich, das sich aber
ausbreitet in eine Welt höherer Reiche, in ein Reich geistiger
Tatsachen, in dem es lebt, wie der Mensch im Reiche der Tiere,
Pflanzen und Mineralien lebt. So daß wir sagen können: Wir
müssen zwar einsehen, daß dieses Erzengelwesen in seinem
Seelenleben dasjenige, was wir menschliches Ich nennen, haben kann,
jedoch können wir nicht sagen, daß das Ich des
Erzengels mit diesem Ich gleicher Art ist. Mit dem Ich des Menschen
ist also das Erzengel-Ich nicht einerlei. Das Erzengel-Ich
liegt eben um zwei Stufen höher, so daß der Erzengel
mit seinem Ich in einer höheren Welt wurzelt. So wie nun der
Mensch durch seine Sinnesempfindung auf Farben schaut, Töne
hört, so schaut der Erzengel herunter auf die Welt, die das Ich
als objektive Wahrheit umschließt, nur daß sich um dieses
Ich noch etwas herumgruppiert von jenem Teile des Astralischen, das
wir Menschen in uns als Verstandes- oder Gemütsseele kennen.
Denken Sie sich diese Wesenheiten in eine Welt schauend, die
nicht das Mineralische, Pflanzliche und Tierische erreicht. Denken
Sie, daß dafür der Blick, der ein geistiger ist, auf
ihr Weltbild hingerichtet ist und daß sie da Mittelpunkte
wahrnehmen. Diese Mittelpunkte sind die menschlichen Iche, um die
sich wieder etwas gruppiert, das wie eine Art Aura aussieht. Da haben
Sie das Bild, wie das Erzengelwesen auf die
Völkerpersönlichkeiten, die zu dem Erzengel gehören,
die das Volk ausmachen, heruntersieht. Seine Welt besteht aus einem
astralischen Wahrnehmungsfelde, in dem gewisse Zentren darin
sind, Diese Zentren, diese Mittelpunkte sind die einzelnen
menschlichen Persönlichkeiten, sind die einzelnen
menschlichen Iche. Also gerade so, wie für uns Farben und
Töne, Wärme und Kälte im Wahrnehmungsfelde liegen und
für uns die bedeutsame Welt sind, so sind für die
Erzengelwesen, für die Volksgeister wir selbst mit einem Teil
unseres Innenlebens das Wahrnehmungsfeld, und wie wir in die
Außenwelt hineingehen und diese bearbeiten und umgestalten zu
Instrumenten, so sind wir diejenigen Objekte — insofern wir zu
diesem oder jenem Volksgeist gehören —, welche zu dem
Arbeitsfelde der Erzengel oder Volksgeister
gehören.
Da sehen wir
hinein, so sonderbar das auch klingen mag, in eine höhere
Erkenntnistheorie der Erzengel. Die ist nämlich eine ganz
andere als die Erkenntnistheorie der Menschen, denn es ist
schon dasjenige, was für die Erzengel das Gegebene ist, ganz
anders. Für den Menschen ist das Gegebene das im Raume
Ausgebreitete, das uns durch die Sinne als Farbe, Ton, Wärme,
Kälte, Härte und Weichheit entgegentritt. Für die
Erzengel ist das Gegebene, was innen im menschlichen
Bewußtseinsfelde auftritt. Das ist für sie eine Summe
von Zentren, von Mittelpunkten, um welche die inneren
Erlebnisse der Menschen gesponnen sind, insofern als sich diese
Erlebnisse in der Verstandes- oder Gemütsseele abspielen; ihre
Tätigkeit ist in dem entsprechenden Falle aber eine
höhere.
Wie
spezialisiert sich nun das Weltbild der Erzengel oder Volksgeister?
Für den Menschen spezialisiert sich das Weltbild dadurch, daß,
wenn er irgendeinen Gegenstand mit der Hand ergreift, er ihn warm oder
kalt empfindet. Der Erzengel erlebt etwas Ähnliches, indem er die
menschlichen Individualitäten trifft. Da trifft er Menschen,
welche mehr von der inneren Aktivität beseelt sind, reicheren
Seeleninhalt haben, die machen auf ihn einen intensiveren Eindruck.
Andere findet er lässig, lethargisch, mit armem Seeleninhalt,
das sind die Wesen, die für ihn so dastehen, wie Wärme und
Kälte für das Weltbild der menschlichen Seele. So
spezialisiert sich das Weltbild des Erzengels, und je nachdem kann er
die einzelnen Menschen gebrauchen, für sie arbeiten, indem er
dasjenige webt, was aus seiner Wesenheit heraus das gesamte Volk zu
leiten hat.
Aber auch sonst
steht mit dem Leben dieses Erzengels das Leben des betreffenden Volkes,
dem er vorsteht, in gewissem Zusammenhang. Gerade so, wie der Mensch
aufsteigende und absteigende Perioden im Leben hat, eine aufsteigende
Jugendzeit und die absteigende Zeit des Alters, so erlebt der
Erzengel in der
aufsteigenden und absteigenden Kultur eines Volkes
seine Jugend und sein Alter.
Nun müssen
wir wieder in das innere Leben eines solchen Erzengels hineinsehen. Sie
haben aus dem, was ich erzählt habe, wohl schon gemerkt,
daß dasjenige, was der Mensch von außen bekommt, der
Erzengel von innen erhält; dafür bekommt der Erzengel
die Empfindung, wenn die Volksindividualitäten als Zentren in
ihm auftreten, daß das, was da an ihn herantritt, zwar von innen
in seinem Bewußtsein auftritt, aber ihm doch sozusagen etwas
Fremdes ist. Es ist etwas, was bei ihm so auftritt, wie die
Einfälle in unserm Bewußtsein. In umgekehrter Weise tritt
das auch an ihn heran, wie beim Menschen Jugend und Alter herantritt.
Beim Menschen wird die Jugend so erlebt, daß er sich in seinen
Gliedern frisch fühlt, daß sie im Aufstreben begriffen
sind, sich entwickeln. Im Alter werden diese Glieder sozusagen
schlaff und versagen ihren Dienst. Das ist etwas, was der
Mensch aus seinem Inneren herauskommen fühlt. Der Erzengel
fühlt nun zwar alles als aus seinem Inneren herauskommend, aber
es erscheint ihm das Auf- und Absteigen des Volkes doch als etwas
Fremdes, als etwas, wovon er das Gefühl hat, daß es von ihm
unabhängig ist, womit er also nicht direkt etwas zu tun hat, was
ihm aber Veranlaßung gibt, sich in irgendeinem Volke zu
bestimmter Zeit zu verkörpern. Wenn die Möglichkeit da ist,
sich zu verkörpern, wenn ein in der aufstrebenden Periode seines
Lebens, in der aufstrebenden Vollkraft lebendes Volk vorhanden ist,
dann geht der Erzengel hinunter, ebenso wie der Mensch
hinuntersteigt, wenn er das Leben durchlebt hat zwischen dem Tod und
einer neuen Geburt. So also geht der Erzengel ebenso hinunter in ein
Volk und verkörpert sich darin. Ebenso fühlt der Erzengel
seinen Tod, die Notwendigkeit, sich von dem betreffenden Volke
zurückzuziehen, wenn die einzelnen Wahrnehmungen, die Zentren,
die er wahrnimmt, anfangen weniger produktiv, weniger aktiv zu sein,
wenn sie anfangen, weniger Inhalt zu haben. Dann kommt die Zeit, wo
er eine solche Volksgemeinschaft verläßt; er kommt
dann in sein Devachan, in sein Leben zwischen Tod und neuer Geburt,
um bei späterer Gelegenheit in anderer Weise eine
Volksgemeinschaft aufzusuchen. So bedeutet das
jugendlich aufsteigende Leben eines Volkes
die jugend des Volksgeistes, und er
nimmt sie wahr als ein frisches strömendes Element, in dem er
lebt. Die absteigende Periode des Volkslebens nimmt er wahr als ein
Dürrwerden der Zentren, die in seinem Wahrnehmungsgebiete
sind. — Das sollte also eine Art Einblick in das Innere einer
solchen Volksseele sein.
Wenn wir uns
das vor Augen führen, was eben gesagt worden ist, dann dürfen
wir sagen: In gewisser Beziehung steht doch eine solche Volksseele dem
einzelnen Menschenleben ziemlich fern, denn in dem einzelnen Menschen
ist dasjenige, was er in seiner Empfindungsseele und in dem niederen
Teil seiner Verstandesseele hat, ein Gebiet, in welches der
Volksgeist, der Erzengel nicht hineinreicht. Für den
Menschen ist es aber etwas sehr Reales. Da fühlt der
Mensch recht sehr, daß das mit dem Innersten, dem Intimsten
seines eigenen Lebens zusammenhängt. Es ist in gewisser
Beziehung die Erzengel-Natur, die führende Volksnatur, etwas,
was über dem einzelnen Menschen schwebt. Den persönlichen
Dingen, die der Mensch dadurch erlebt, daß er
Wahrnehmungen durch seine Sinne hat, steht der Erzengel, der
das Volk leitet, fremd gegenüber. — Aber da gibt es
Vermittler, und es ist wichtig, daß wir verstehen, daß es
solche Vermittler gibt. Das sind die Wesen, die wir Engel nennen, und
die zwischen Erzengel und Mensch stehen. Fassen Sie es im strengsten
Sinne des Wortes auf: Volksgeister sind Erzengel, sind solche
Geister, welche mit der Umgestaltung ihres astralischen Leibes
zu Geistselbst oder Manas fertig sind, und jetzt umgestalten ihren
Lebensleib zu Buddhi. Zwischen diesen Wesen und den Menschen stehen
mitten drinnen die Engelwesen. Das sind solche Wesen, die mit
der Umarbeitung ihres Astralleibes in Manas oder Geistselbst
beschäftigt, aber noch nicht mit dieser Arbeit zu Ende gekommen
sind. Der Mensch steht am Anfange dieser Arbeit im gegenwärtigen
Zeitalter, die Engel stehen dem Ende derselben nahe, sind aber
keineswegs fertig damit. Daher berühren sich die Terrains
dieser Wesenheiten viel intimer mit denen, in welchen der Mensch
steht und lebt. Wir können sagen, daß die Engelwesen mit
ihrer ganzen Seelenhaftigkeit dem zugeneigt sind, was wir
astralischen Leib nennen. Deshalb haben sie volles Verständnis
für alles das, was die menschliche Persönlichkeit durch
Leid und Freude erleben kann. Aber weil sie auf der andern Seite viel
höher über das menschliche Ich hinauf ragen, weil sie ein
höheres Ich haben, weil sie einen Teil der höheren Welt
aufnehmen können, deshalb ragt ihre Bewußtseinswelt in
diejenigen Terrains hinein, auf denen sich die Bewußtseinswelt
der Erzengel befindet. Sie sind also so recht die Vermittler zwischen
Erzengel und einzelner Menschen-Individualität Sie
empfangen ihrerseits die Befehle der Volksgeister und tragen sie in
die einzelnen Seelen hinein, und durch diese Vermittelung ergibt sich
dann dasjenige, was der Einzelne wirken kann, nicht bloß
für seinen eigenen Fortschritt, seine eigene Entwickelung,
sondern für sein ganzes Volk.
Der Mensch
hat diese zwei Strömungen in seinem Erleben nebeneinander. Die
eine Strömung ist die, die ihn von Inkarnation zu Inkarnation
vorwärts bringt, die seine eigenen Angelegenheiten angeht,
welche er vor allen Dingen zu besorgen hat, um diejenige Pflicht zu
erfüllen, die doch im Grunde genommen die allerstrengste ist,
denn es ist seine eigenste Pflicht. Er darf nicht stehen bleiben,
weil er sonst die Keime, die in ihm veranlagt sind, brach liegen
lassen würde, wenn er sich um sie nicht kümmerte. Das ist
aber seine eigenste Angelegenheit, durch die er vorwärts
schreitet von Verkörperung zu Verkörperung. Was er aber zu
seiner Volksgemeinschaft beiträgt, was zu den Angelegenheiten
seiner unmittelbaren Volksgemeinschaft gehört, das bildet
die Inspiration des Engels, der die Befehle des Erzengels zu den
einzelnen Menschen heranträgt. Wir können uns also ganz gut
vorstellen, daß wir auf einem Gebiete der Erde ein Volk haben,
und über dieses Volk ist ausgebreitet die Volks-Aura, die
Äther-Aura, und da spielen wieder die Kräfte des
Volksgeistes hinein und modifizieren nach den drei Arten von
Kräften den Ätherleib des Menschen. Das, was in diese
Volks-Aura hineinspielt, das ist der Erzengel. Ihn denken wir uns als
ein höheres Wesen, als ein Wesen, das in der Entwickelung zwei
Stufen höher steht als der Mensch, das über dem ganzen
Volke schwebt und die Anordnungen gibt in bezug auf das, was dieses
Volk im großen zu erfüllen hat. Der Erzengel weiß, was
getan werden muß während des Aufstrebens, während der
Jugendfrische des Volkes; er weiß, zu welchen Verrichtungen des
Volkes der Übergang von der Jugend zum Alter benutzt
werden muß, damit seine Impulse richtig wirken
können.
Diese großen
Züge bildet der Erzengel. Hier auf diesem physischen Plan aber
muß der einzelne Mensch arbeiten, hier muß der Mensch
dafür sorgen, daß diese großen Ziele verwirklicht
werden. Da stehen dann zwischen dem einzelnen Menschen und dem
Erzengel die Engel als Mittelwesen, die den Menschen dann
hindrängen zu dem Platze, an den er hingedrängt werden
muß, damit im Volksgefühle dasjenige geschieht, was den
großen Anordnungen des Erzengels entspricht. Wir stellen uns ein
richtiges Bild der Sache vor, wenn wir uns das, was ich beschrieben
habe, keineswegs bloß als Allegorie, sondern möglichst als
Wirklichkeit vorstellen.
Nun wirkt
hinein in das ganze Gewebe, das der Erzengel spinnt, dasjenige, was wir
die abnormen Erzengel genannt haben, die Geister der Sprache, in dem
Sinne genommen, wie ich es gestern charakterisiert habe. Wir haben
aber auch charakterisiert, wie die abnormen Geister der
Persönlichkeit, die Arthai, hereinwirken. Da können wir nun
hinblicken auf das Feld, wo der Erzengel seine Befehle erteilt,
wo er die Missionen ausgibt, die von den Engeln weiter in die
einzelnen Menschen hineingetragen werden. Aber der Erzengel kann auch
in das Feld der abnormen Geister der Persönlichkeit
hineinwirken, und es können in dein gegenseitigen Zusammenwirken
des Erzengels mit den abnormen Geistern der Persönlichkeit
— weil sie ganz andere Ziele verfolgen als die Erzengel —
in gewisser Beziehung die Maßnahmen des Erzengels durchkreuzt
werden. Wenn das geschieht, wenn diese abnormen Geister der
Persönlichkeit die Maßnahmen des Erzengels durchkreuzen,
dann können wir die Wahrnehmung machen, daß sich innerhalb
eines Volkes selber Gruppen bilden mit speziellen Aufgaben. Dadurch,
daß sich innerhalb eines Volkes solche Gruppen mit speziellen
Aufgaben bilden, wird das Wirken der Geister der Persönlichkeit
äußerlich sichtbar. Das kann durch viele Jahrhunderte
hindurch dauern. Sie haben zum Beispiel gerade in dem Gebiete,
in dem wir insbesondere jetzt geisteswissenschaftlich zu wirken
haben, in Deutschland, durch Jahrhunderte hindurch dieses Spiel des
Erzengels der Deutschen im Zusammenwirken mit den manchmal
widerstrebenden einzelnen Geistern der Persönlichkeit
gesehen. in der Zersplitterung der gemeinsamen deutschen Nation in
die kleinem Volkspartien haben Sie ein Zusammenspiel der
abnormen Geister der Persönlichkeit mit dem
Erzengel.
Solche Völker
haben etwas wenig Zentralisiertes, sie sehen mehr auf die Ausbildung
der Individualitäten. Das hat in gewisser Beziehung sein Gutes,
weil dadurch eine große Mannigfaltigkeit, viele Nuancen des
Volkstums zum Ausdruck kommen können.
Aber Sie
können auch den anderen Fall ins Auge fassen, daß nicht der
abnorme Geist der Persönlichkeit, sondern der normale Geist der
Persönlichkeit, der im Zeitgeist sich äußert, für
irgend einen Zeitpunkt sozusagen wichtiger wird, als er es sonst im
gewöhnlichen Verlaufe ist.
Wenn wir also
auf ein Volk blicken, so blicken wir, als auf seine erste Macht, auf den
Erzengel hin. Da wirkt dann der Zeitgeist hinein, gibt seine Befehle
an den Erzengel, und dieser gibt seine Befehle weiter an die Engel,
und diese vermitteln sie dem einzelnen Menschen. Weil man nun
gewöhnlich nur das sieht, was einem am nächsten steht, so
sieht man bei diesem zusammengesetzten Wirken als das Wichtigste das
Wirken der Erzengel. Es kann aber auch eintreten, daß der
Zeitgeist schwerwiegendere, gewichtigere Befehle ausgeben muß,
daß er sozusagen genötigt ist, dem Erzengel etwas
wegzunehmen, weil er einen Teil des Volkes heralusgliedern muß,
damit das, was Aufgabe der Zeit, Mission des Zeitgeistes ist,
erfüllt werden kann. In einem solchen Falle splittern sich dann
Volksgemeinschaften von anderen ab. Da gewinnt der Zeitgeist
sichtbarlich die Oberhand über das Wirken des Erzengels. Ein
solcher Fall trat ein, als das holländische Volk von der
Grundlage, die es mit dem deutschen Volke gemeinsam hatte,
absplitterte. Holland und Deutschland hatten ursprünglich einen
gemeinsamen Erzengel, und die Absplitterung geschah dadurch, daß
der Zeitgeist in einem bestimmten Augenblicke einen Teil
heraussonderte und diesem Teil dann dasjenige übertrug, was die
wichtigen Angelegenheiten des modernen Zeitgeistes geworden
sind. Alles, was Sie in der holländischen Geschichte lesen
können — Geschichte ist zwar nur ein äußerer
Ausdruck, eine Maja für dasjenige, was innerer Vorgang ist
—, ist nur eine Widerspiegelung dieses inneren Vorgangs. So
sehen wir in diesem Fall äußerlich sich vollziehen die
Absplitterung des holländischen Volkes von dem gemeinsamen
deutschen Volkstum. Der innere Kern ist aber der, daß der
Zeitgeist ein Werkzeug brauchte, um dasjenige auszuführen,
was die überseeische Mission des Zeitgeistes war. Die ganze
Mission des holländischen Volkes ist eine Mission des
Zeitgeistes gewesen. Und zu dem Zwecke wurde es abgespalten, um dem
Zeitgeiste zu ermöglichen, in einer bestimmten Zeit etwas
Wichtiges mit diesem Teile auszuführen. Das, was die
Historiker beschreiben, ist nur äußere Mafia, was die
wahren Tatsachen mehr verhüllt als enthüllt.
Noch anderswo kann
Ihnen entgegentreten das, was sich in dieser Beziehung in
auffälliger Weise zugetragen hat, nämlich daß sich ein
Teil eines Volkes von dem gemeinsamen Volke abspalten mußte. Das
ist bei dem portugiesischen Volke der Fall. Sie werden vergeblich
andere Gründe dafür in diesem Falle suchen und
finden, als daß es sich hier lediglich um einen Sieg des
Zeitgeistes über den Erzengel handelt. Wenn Sie die einzelnen
Ereignisse durchgehen, werden Sie finden, daß hier die
Gelegenheit benutzt wurde, ein besonderes Volkstum zu bilden
— viele Gelegenheiten waren nicht da. Das spanische Volk
bildete mit dem portugiesischen ein Muttervolk. Die äußeren
Gründe sind vielleicht die, daß die Flüsse nur bis zur
portugiesischen Grenze gut befahrbar sind. Andere äußere
Gründe gibt es nicht. Dagegen gibt es den inneren Grund,
daß die Aufgaben erfüllt werden mußten, die gerade die
Aufgaben der Portugiesen waren und die andere waren, als die Aufgaben
des gemeinsamen spanischen Volkes. Da sehen wir die Zeitgeister eine
Zeitlang eine intensivere Tätigkeit entwickeln, als sie sonst
ausführen. Wir sehen die bisherige Harmonie durch eine andere
ersetzt. Wir sehen den Zeitgeist, statt daß er seine Befehle an
den Erzengel erteilt, direkt in die Geschichte des Volkes
eingreifen und sehen, wie die anderen Geister diese Gelegenheit
benutzen, um sich zu verkörpern. Wenn ein solches Volkstum
abgespalten wird, dann versieht der Zeitgeist eine Zeitlang in dem
ersten Enthusiasmus, der die einzelnen Menschen durchdrungen
hat, so sehr die Funktionen des Erzengels, daß die Abspaltung
kaum als etwas anderes vorhanden ist denn als ein Hasten und
Drängen innerhalb dieses Volkes. Man sieht die Hast und das
Drängen, die Regsamkeit, die aus der Mission des Zeitgeistes
kommt. Dann aber stellt sich die Möglichkeit ein, daß ein
normaler und ein abnormer Erzengel sich in dem abgespaltenen
Volksteil verkörpert. So sehen wir das Heranwachsen des
holländischen und des portugiesischen Volkes, die sodann
ihre eigenen normalen und eigenen abnormen Erzengel bekommen. In dem,
was sich darin verkörpert, in der Verschiedenheit des
Temperamentes des Volkes, das in den einzelnen
Persönlichkeiten zum Ausdrucke kommt, sehen wir das
Hineinspielen desjenigen, was wir als diese geistigen Wesenheiten
genannt haben. In ganz merkwürdiger Art sehen wir das
Hineinspielen dieser geistigen Wesenheiten, und wir erkennen dann,
daß die sich äußerlich abspielende Geschichte
nur ein Ergebnis des Wirkens derselben ist.
Nach und nach
gewinnt der Satz, daß die Außenwelt Maja oder Illusion ist,
immer konkretere Bedeutung. Das, was in der äußerlichen
Geschichte geschieht, ist nur der äußere Abglanz der
geistigen, der übersinnlichen Wesenheiten, gerade so wie der
äußere Mensch nur der äußere Abglanz des inneren
Menschen ist. Deshalb mußte ich sagen, und das muß immer
wieder betont werden: Der Satz «Die Welt ist Maja» ist von
allergrößter Wichtigkeit. Es genügt aber nicht,
daß man ihn abstrakt betont, man muß vielmehr in der Lage
sein, ihn in den Einzelheiten durchzuführen.
Nun haben wir
aber gesehen, daß auch andere Geister und Hierarchien in dem,
was wir die Welt nennen, tätig sind. Wir haben von den normalen
und abnormen Erzengeln gesprochen. Die abnormen Erzengel haben
sich uns nun entpuppt als eigentliche Geister der Form oder Gewalten,
die nur auf einen gewissen Teil der Eigenschaften ihrer
Entwickelung verzichtet haben. Wir können dann fragen: Wie
ist es aber mit den normalen Geistern der Form? Die normalen Geister
der Form erblicken wir um vier Grade höher stehend als den
Menschen. — Wir werden in unserer nächsten Betrachtung
noch einiges über diese normalen Geister der Form zu
sprechen haben, — Das sind also Wesenheiten, welche vier
Grade höher sind als der Mensch. Dasjenige aber, was wir gestern
als Hierarchien angeführt haben, erschöpft sich nicht mit
dem, was wir nach oben abschließend als Geister der Form genannt
haben. Höher als diese stehen die Geister der Bewegung, die
Dynameis, die Mächte; noch höher die Wesenheiten, die wir
Kyriotetes, Herrschaften oder Geister der Weisheit nennen. Sie
finden diese verschiedenen geistigen Wesenheiten sowohl in meiner
«Geheimwissenschaft» als auch in meiner Schrift über
die «Akasha-Chronik» aufgeführt.
Nun werden Sie
begreifen können, daß das Gesetz des Verzichtens, des
Zurückbleibens auch für die höheren Geister gilt,
daß also auch die Geister der Bewegung mit gewissen
Eigenschaften zurückbleiben können — Geister
der Bewegung, die fünf Stufen höher sind als der Mensch
—, daß gewisse Geister der Bewegung heute in der
ivienschheitsentwickelung enthalten sind so, als ob sie erst
Geister der Form, Gewalten wären. Das sind in bezug auf
gewisse Eigenschaften eigentlich Geister der Bewegung und in bezug
auf andere Eigenschaften, hinsichtlich welcher sie verzichtet
haben, Geister der Form. So daß wir haben normale Geister der
Form, die vier Stufen höher stehen als der Mensch, und andere
Geister, die auf demselben Terrain, wo die Geister der Form sind,
wirken, die aber eigentlich Geister der Bewegung sind. Das ist also
ein Gebiet, auf dem — so wie wir ein Gebiet gefunden haben, auf
dem normale und abnorme Erzengel zusammenwirken — die normalen
und abnormen Geister der Form, die zurückgebliebenen Geister der
Bewegung, zusammenwirken. Durch dieses Zusammenwirken geschieht aber
etwas, was die Menschen sehr wohl angeht; dadurch geschieht die
Ausgestaltung dessen, was wir die menschlichen Rassen nennen, die wir
unterscheiden müssen von den Völkern.
Wir bekommen
keinen verwirrenden Begriff, wenn wir die Sache so betrachten, sondern
einen flüssigen Begriff; wir dürfen das nicht alles
zusammenwerfen. Ein Volk ist keine Rasse. Der Volksbegriff hat nichts
zu tun mit dem Rassenbegriff. Es kann sich eine Rasse in die
verschiedensten Völker spalten. Rassen sind andere
Gemeinschaften als Volksgemeinschaften. Wir sprechen gewiß mit
Recht von einem deutschen, einem holländischen, einem
norwegischen Volke; wir sprechen aber von einer germanischen
Rasse. Was wirkt da nun in dem Rassenbegriff? Da wirken zusammen
diejenigen Wesenheiten, die wir als die normalen Geister der Form
oder Gewalten bezeichnen, und die Wesenheiten, die wir als die abnormen
Geister der Form, die eigentlich Geister der Bewegung sind mit
Missionen der Geister der Form, kennen gelernt haben. Deshalb sind die
Menschen in Rassen gespalten.
Das, was die Menschen
über das ganze Erdenrund hin gleich macht, was jeden Menschen,
gleichgültig welcher Rasse er angehört, zum Menschen, zum
Angehörigen des ganzen Menschentums macht, das bewirken die
normalen Geister der Form. Dasjenige aber, was über die ganze
Erde dahinspielt, was das gesamte Menschentum in Rassen gliedert, das
bewirken die abnormen Geister der Form, die verzichtet haben
zugunsten der Tatsache, daß nicht eine einzige Menschheit
auf der Erde erscheint, sondern eine Mannigfaltigkeit von
Menschen.
Da gewinnen wir
sozusagen den Untergrund, den Boden für das, woraus sich erst
die einzelnen Völkerindividualitäten erheben. Wir gewinnen
dadurch die Urnschau 'über den ganzen Erdenplaneten, finden den
Erdenplaneten dazu bestimmt, eine Menschheit zu tragen durch die
normalen Geister der Form, finden, daß sich die
zurückgebliebenen Geister der Bewegung in dieses Terrain der
Geister der Form hineinbegeben und als abnorme Geister der Form
das Menschentum auf dem ganzen Erdenrund in die einzelnen Rassen
gliedern. Wenn wir hineinblicken in das, was diese Geister
eigentlich wollen, wenn wir uns vertiefen in die Ziele und
Aufgaben dieser normalen und abnormen Geister der Form, dann werden
wir verstehen, was sie mit den Menschenrassen wollen, wie durch
dieselben eine Grundlage geschaffen wird für das, was sich aus
ihnen heraushebt. Wenn wir dann noch ein Volk selbst betrachten, dann
werden wir das Volk begriffen und verstanden haben.
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