DRITTER
VORTRAG Torquay, 13. August 1924
Form
und Substantialität des Mineralischen mit Bezug auf die
Bewußtseinszustände des Menschen
Das
Wesen der kristallisierten Mineralien
Tafel 3, 13. August 1924 Tafel 4, 13. August 1924
Ich
versuchte gestern zu zeigen, wie das innere Erleben der Seele
ist, wenn der Mensch sich erhebt durch Trainierung, durch
Übung der Seele zu anderen Bewußtseinszuständen,
und ich versuchte zu zeigen, wie das, was man im
gewöhnlichen Bewußtsein nur als die chaotischen,
ungeordneten Erlebnisse des Traumes kennt, die während des
Schlafzustandes auftreten, verwandelt werden kann in
vollbewußte, exakte Wacherlebnisse, wie man dadurch zu
einem Bewußtseinszustand kommt, der gewissermaßen der
dem gewöhnlichen Bewußtsein nächstliegende ist,
indem man zum Beispiel die Tierwelt erst in ihrer
Totalität wahrnimmt, wie sie hinaufreicht in eine
höhere, in eine Seelenwelt, in eine Astralwelt. Und ich
versuchte dann, zu zeigen, wie der Pflanzenteppich der Erde in
seiner Totalität erscheint, wenn man mit einem weiteren
Bewußtseinszustande, der ausgeht von dem vollständig
wachen, aber gegenüber der Sinneswelt, gegenüber der
physischen Welt leeren Bewußtsein, wenn man mit diesem
Bewußtseinszustand sich zu der Sternenwelt erhebt und
innerhalb der Sternenwelt erst kennenlernt die Wahrheit
über den Pflanzenteppich der Erde; wenn man dann einsieht,
wie dasjenige, was wir als die aus der Erde hervorsprossenden
Pflanzen schauen, ein Spiegelbild ist von Majestätischem,
Großartigem, das uns äußerlich in der
Sternenwelt nur entgegenglänzt wie etwa auf der Erde die
Tauperlen an den Pflanzen. Ich möchte sagen, was da in den
Weiten des Weltenraumes himmelwärts ausgedehnt ist,
gewinnt Wesenhaftigkeit, gewinnt Gestalt, gewinnt Farben,
gewinnt sogar Tönendes, wenn wir uns in dieser Weise mit
dem leeren Bewußtsein zu ihm erheben. Dann können wir
zurückschauen auf die Erde und erblicken eben die Wahrheit
über die Pflanzenwelt, daß sie ein Spiegelbild ist
eines kosmischen Wesens, eines kosmischen Geschehens und so
weiter.
Nun
haben wir im Anschauen der Sternenwelt auf der einen Seite, der
Pflanzenwelt auf der anderen Seite eine Eigentümlichkeit
zu beobachten. Und, meine verehrten Anwesenden, ich möchte
diese Dinge nun ganz aus der inneren Erfahrung heraus
schildern, wie sie sich einfach ergeben. Meiner Schilderung
werden keinerlei literarische oder sonstige Traditionen
zugrunde liegen, wird nichts Traditionelles zugrunde liegen,
sondern ich werde die Dinge zunächst so schildern, wie sie
sich der unmittelbaren, spirituellen Erfahrung und Forschung
ergeben. Und da möchte ich auf eine Eigentümlichkeit
zunächst aufmerksam machen, die sich demjenigen ergibt,
der so, wie ich es geschildert habe, in die Dinge
hineinsieht.
Wenn wir uns das graphisch darstellen (siehe Zeichnung S. 52),
da haben wir die Sternenwelt (oben), da haben wir die
Erdenwelt. Wir stehen ja immer, wenn wir beobachten, an einem
gewissen Punkte, den wir unseren Gesichtspunkt nennen
können. Und mit dem zweiten Bewußtsein, von dem ich
gesprochen habe, mit dem Bewußtsein, das Sterne und
Pflanzenwelt so zusammenschaut, wie ich es geschildert habe,
nehme ich deutlich wahr, wie da oben die wahrhaften Gebilde
sind, wie sich diese spiegeln, aber nicht wie gewöhnliche
Spiegelbilder, sondern wie die realen Pflanzen sind, die die
Spiegelung durch den Spiegel Erde ergeben. So ist der Anblick.
Man kann diesen Anblick so schildern, daß man sagt: Da
oben das kosmische Leben, da unten die Erde als Spiegel.
— Und natürlich nicht wie tote, wesenlose,
schattenhafte Spiegelbilder, sondern wie eine reale Spiegelung,
durch die Erde bewirkt, kommen diese Pflanzen herauf. Man hat
aber immer das Gefühl, da muß unten die Erde sein, da
muß ein Spiegel sein, damit das, was im Kosmos ist, aus
der Erde heraussprießen kann. Ohne die Erde, auf der wir
stehen, auf der wir gehen, wären keine Pflanzen da. So wie
ein Spiegel, wenn wir davor stehen, dem Lichte Widerstand
entgegensetzt, wie Resistenz da sein muß, denn sonst
erblicken wir den Spiegel nicht, so muß die Erde da sein
als das Spiegelnde, damit die Pflanzen entstehen.
Nun
können wir aber weitergehen, indem wir von dem zweiten
Bewußtsein, das ich gestern geschildert habe, von der
wachen Leerheit des Bewußtseins dazu übergehen,
daß wir entwickeln eine Kraft der Seele, die
gewöhnlich nicht als eine Erkenntniskraft geschätzt
wird: die Kraft der Liebe zu allen Dingen, zu allen Wesen. Und
wenn wir uns ganz mit dieser Kraft durchdringen, nachdem wir
hinausgekommen sind in diese ganz andersartige Welt, die uns
den Kosmos nicht mehr sternenhell, sondern wesenoffenbarend
zeigt, nachdem wir hinausgekommen sind, ich möchte sagen,
in diesen spirituellen Ozean des Weltenalls, wenn wir dann uns
dasjenige bewahren können, was wir ja auf Erden als eine
Gabe unserer geistig-seelisch-physischen Organisation haben,
wenn wir uns bewahren können und ins Unermeßliche
ausdehnen können die Kraft der Liebe, des Hingebens zu
allen Wesen, dann bilden wir auch unsere Erkenntniskraft immer
mehr und mehr aus. Und dann erlangen wir die Fähigkeit,
nun nicht bloß das tierische, das pflanzliche Reich exakt
clairvoyant zu überblicken, sondern dann erblicken wir
auch das mineralische Reich, und zwar zunächst jenes
mineralische Reich, das seiner Natur nach den Kristall
enthält. Kristalle, mineralische Kristalle, sie werden ein
wunderbares Forschungs- und Beobachtungsobjekt für
denjenigen, der gerade in die höheren spirituellen Welten
eindringen will.
Hat
man sich durchgearbeitet durch das Anschauen der tierischen,
der pflanzlichen Welt, so kann man an die kristallisierte
mineralische Welt herankommen. Wiederum fühlt man sich
gedrängt, von dem mineralisch Kristallisierten, das einem
auf der Erde entgegentritt, den Blick zu erheben zum Weltenall,
zum Kosmos. Wiederum schaut man in den Weiten des Kosmos
Wesenhaftes, wie man dasjenige schaut, das dem Pflanzendasein
zugrunde liegt. Aber die ganze Anschauung ist jetzt eine
andere. Man erlebt etwas ganz anderes, wenn man im Schauen von
einem kristallisierten Mineral ausgeht, als wenn man im Schauen
von der Pflanzenwelt ausgeht. Man erlebt wiederum da
draußen im Weltenall Wesenhaftes (Zeichnung auf S. 52:
Ranken), man sagt sich wiederum: Was man hier unten im
Erdendasein sieht als kristallisiertes Mineral, das ist
veranlaßt durch Geistig-Lebendiges, das in den Weiten des
Kosmos ist.
Aber indem das herunterwirkt (Pfeile von oben), spiegelt es
sich nicht auf der Erde oder durch die Erde. Sehen Sie, das ist
das Wesentliche. Wenn wir vom Mineral uns erheben in den Kosmos
und schauen wiederum zur Erde zurück, dann ist für
das Mineralische die Erde kein Spiegel mehr. Es ist so, wie
wenn die Erde gar nicht da wäre. Sie entfällt unserem
Blicke. Wir können nicht sagen, wie wir es bei der Pflanze
sagen können: Da unten ist die Erde, die spiegelt. —
Nein, sie spiegelt nicht, sie verhält sich, wie wenn sie
gar nicht da wäre. Wenn wir uns konzentriert haben auf ein
solches Schauen, das ausgeht von dem kristallisierten Mineral,
wenn wir den Blick hinausgewendet haben in die Weltenweiten und
wiederum zurückschauen, dann ist unter uns ein
beängstigender, ein zunächst beängstigender,
furchtbarer Abgrund, ein Nichts. Wir müssen warten. Aber
wir müssen Geistesgegenwart haben; das Warten darf nicht
lange dauern. Warten wir zu lange, dann wird die Angst
riesengroß, weil wir fühlen, wir haben den Boden
unter den Füßen verloren. Das ist ein ganz
ungewohntes Gefühl, das sich als eine riesengroße
Angst äußert, wenn wir nicht Geistesgegenwart haben
und aktiv durchdringen dieses Nichts.
Wir müssen durch
die Erde durchschauen. Das heißt, sie ist nicht da. Wir
müssen weiter schauen, weil sie nicht da ist. Und wir sind
genötigt, für die Mineralien jetzt nicht nur das zu
schauen, was über uns ist, sondern den ganzen Umkreis zu
schauen. Die Erde muß wie weggelöscht sein. Wir
müssen unten dasselbe schauen wie oben, westwärts
dasselbe wie ostwärts (siehe Zeichnung S. 52).
Und
dann kommt uns von der anderen Seite eine Strömung
entgegen, die nun von unten heraufkommt, im Gegensatze zu der
Strömung, die ja auch bei den Pflanzen vorhanden ist, die
von oben herunterkommt. Und wenn wir da hinausschauen und eine
Strömung von da kommt, dann kommt eine andere
Strömung von der entgegengesetzten Seite. Von allen Seiten
her erblicken wir einander begegnende Strömungen des
Kosmos. Die treffen zusammen. Die treffen da unter uns
zusammen. So daß wir von oben die Strömung für
die Pflanzen haben — ich habe sie hier grün
gezeichnet —, sie geht herunter, die Erde leistet
Widerstand, die Pflanze wächst heraus. Wenn wir aber
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eine
Strömung für das mineralische Reich betrachten, haben
wir hiereine entgegengesetzte Strömung, und durch das
Zusammenkommen bildet sich die Form des Mineralreichs. Hier
eine Strömung, hier die entgegengesetzte Strömung;
hier wieder eine Strömung, hier die entgegengesetzte
Strömung und so fort. Und frei durch die Begegnung dieser
aus dem All des Kosmos einander begegnenden Strömungen
entsteht das Mineral. Für das kristallisierte Mineral ist
die Erde kein Spiegel. Da spiegelt sich nichts in der Erde. Da
spiegelt sich alles in seinem eigenen Element.
Wenn Sie hinschauen auf das Gebirge draußen und einen
Quarzkristall finden, so ist er ja gewöhnlich unten
aufsitzend; aber da ist er nur gestört durch das Irdische,
da greifen ahrimanische Mächte störend ein. In
Wirklichkeit wird er so gebildet, daß von allen Seiten das
geistige Element zusammenschießt, sich ineinander
spiegelt, und frei schwebend im geistigen Weltenall sehen Sie
den Quarzkristall. Injedem einzelnen Kristall, der sich
vollkommen nach allen Seiten bildet, kann man eine kleine Welt
schauen.
Aber nun gibt es ja viele Kristallformen, Würfel,
Oktaeder, Tetraeder, Dodekaeder, rhombische, dodekaedrische,
monoklinische, triklinische Gestalten, alle möglichen
Gestalten gibt es. Wir schauen sie. Wir schauen, wie die
Strömungen zusammenkommen, einander treffen. Hier haben
wir einen Quarzkristall, ein sechsseitiges Prisma, geschlossen
durch sechsseitige Pyramiden; hier haben wir einen
Salzkristall, der vielleicht würfelförmig ist; hier
einen Pyritkristall, der vielleicht dodekaedrisch ist. Wir
schauen das alles. Jeder dieser Kristalle kommt so zustande,
wie ich das beschrieben habe, und wir müssen uns sagen:
Also gibt es so vielerlei geformte Weltenströmungen,
eigentlich so viele Raumeswelten; es gibt nicht eine Welt, es
gibt so viele Raumeswelten, als die Erde aus Kristallen
zusammengesetzt ist. — Wir schauen hinein in eine
Unermeßlichkeit von Welten. Wir schauen auf den
Salzkristall und sagen uns: Da draußen im Weltenall west
Wesenhaftes; der Salzkristall ist uns die Manifestation
für etwas, was den ganzen Weltenraum als Wesenhaftes
durchdringt, eine Welt für sich. — Wir schauen den
Pyritkristall, auch würfelförmig oder dodekaedrisch.
Wir sagen uns: Da west im Weltenall etwas, was den ganzen Raum
erfüllt; der Kristall ist uns die Ausprägung, die
Manifestation einer ganzen Welt. — Auf viele Wesenheiten
schauen wir, die je eine Welt in sich schließen. Und hier
auf der Erde stehen wir als Mensch und sagen uns: Im Irdischen
begegnen sich die Taten vieler Welten. Und indem wir Menschen
auf der Erde denken und tun, fließt in unserem Denken und
Tun das Denken und Tun der mannigfaltigsten Wesen zusammen.
— Wir erblicken in den unermeßlich mannigfaltigen
Formen der Kristalle eine Offenbarung einer großen
Fülle von Wesenheiten, die sich in
mathematisch-räumlicher Gestalt in den Kristallen
ausleben. Wir schauen die Götter in den Kristallen an.
Das
ist noch viel wesentlicher, in Verehrung des Weltenalls, ja in
einer Art Anbetung des Weltenalls die wunderbaren Geheimnisse
dieses Weltenalls auf die Seele wirken zu lassen, als
theoretisch mit dem Kopf irgend etwas zu wissen. Und
Anthroposophie sollte führen zu diesem Sich-Erfühlen
im Weltenall. Hinzuschauen können soll der Mensch durch
Anthroposophie zu jedem einzelnen Kristall das Weben und Walten
eines Gottes im Weltenall. Dann erfüllt sich die ganze
menschliche Seele mit Welteninhalt, nicht nur der Kopf mit
Gedanken. Am wenigsten ist Anthroposophie dazu da, den Kopf mit
Gedanken zu erfüllen. Anthroposophie ist dazu da, den
ganzen Menschen mit Erleuchtung über das Weltenall, mit
Verehrung und Anbetung für das Weltenall zu erfüllen.
In alle Gegenstände und in alle Vorgänge der Welt
soll einziehen, ich möchte sagen, der innerliche seelische
Opferdienst des Menschen. Und dieser Opferdienst soll
Erkenntnis werden.
Substantialität und Metallität der mineralischen Welt
Wenn
man so dem Raumesall, dem Raumeskosmos gegenübersteht und
hineinblickt in dasjenige, was einem aus der kristallisierten
mineralischen Welt erdenwärts entgegen sich formt, dann
hat man zunächst einen befriedigenden Anblick. Allein der
weicht sehr bald dem Wiederauftreten jenes
Ängstlichkeitszustandes, jenes Angstzustandes, von dem ich
gesprochen habe. Bevor man diese göttergetragene,
kristallisierte Welt empfindet, hat man die geschilderte Angst.
Sie löscht sich zunächst aus, diese Angst, wenn man
diese göttergetragene, kristallisierte Welt schaut. Aber
das hört nach einiger Zeit auf, denn man bekommt ein
eigentümliches Gefühl, das Gefühl: das alles,
was sich da als der Kristall bildet, trägt dich nur zum
Teil.
Nehmen wir das Beispiel, das ich gewählt habe: einen
Salzkristall, den wir schauen, und einen Pyritkristall, einen
Metallkristall. Da hat man das Gefühl, wenn man auf den
Pyritkristall hinsieht, darauf kannst du bauen, das trägt
dich. Wenn man auf den Salzkristall hinsieht, so will es einem
scheinen, als ob man durch ihn hindurchfallen könnte, als
ob er einen doch nicht trüge. Kurz, dasjenige, was vorher
als die große Angst da war, überhaupt zu versinken,
weil die Erde ein Nichts geworden ist, das ist jetzt wieder
teilweise da gegenüber gewissen Formen. Und namentlich
mischt sich in dieses Gefühl, das man nun bekommen hat,
ein Moralisches hinein. In diesemAugenblicke, wo man zum
zweiten Mal von dieser Angst durchdrungen wird, fühlt man
in sich nicht nur alle Sünden, die man in den
Lebensläufen begangen hat, sondern auch alle diejenigen,
deren man noch fähig sein könnte, die man noch
begehen könnte.
Das
alles ist wie Gewichte, die sich einem anhängen, die einen
da hineinstürzen wollen in den Schlund, in den Abgrund,
der einem aufgetan wird durch die Mineralkristalle, durch die
man durchfallen kann. Da muß man dann zu einer weiteren
Empfindung kommen können, zu einem weiteren Erlebnis. Zu
alledem, was man da durchmacht, gehört Mut, ein Mut, der
davon ausgeht, daß man sich sagt: Du hast ja doch in
deinem Inneren etwas, was dich weder nach oben, noch nach
unten, noch nach rechts, noch nach links fallen macht, du hast
den Schwerpunkt deines Wesens in deinem Inneren.
Oh,
meine sehr verehrten Anwesenden, man braucht im Leben niemals
mehr Selbstvertrauen, mehr inneren Mut, als in dem Augenblicke,
wo sich einem die Bleilast der eigenen Egoismen — denn
Egoismen sind immer die Sünden — auf die Seele
lastet gegenüber der kristallisierten mineralischen Welt.
Das Durchsichtige, das heißt das Durchlässige, durch
das man durchfallen kann, wird da schon zu einem furchtbaren
Mahner. Und behält man den Mut, sagt man sich: Ein Tropfen
des Göttlichen ruht in dir, du kannst nicht versinken, du
bist von solcher Wesenheit, die göttlich ist; wird einem
das Erlebnis, nicht bloß Theorie, dann bekommt man den
Mut, sich jetzt aufrechtzuerhalten und weitergehen zu
wollen.
Und
jetzt lernt man ein anderes kennen an den Mineralien. Vorher
hat man das kristallisierte Wesen der Mineralien kennengelernt.
Jetzt lernt man ihre Substantialität, ihre Metallität
kennen, dasjenige, was sie innerlich als Stoff durchdringt;
vorher die Form, jetzt was sie durchdringt als Stoff. Und man
kommt darauf, wie man in verschiedener Weise durch gewisse
repräsentative Grundmetalle im Weltenall gehalten wird.
Man lernt sich jetzt als Mensch in seiner Beziehung zum Kosmos
kennen. Und man lernt die einzelnen Metallitäten, die
Substantialitäten des mineralischen Wesens kennen. Man
lernt wirklich in sich selber jenen Mittelpunkt fühlen,
von dem ich jetzt eben gesprochen habe (siehe Zeichnung S.
59).
Und
nun müssen Sie das, was ich sage, obwohl ich es mit Worten
aussprechen muß, die Materielles bezeichnen, nicht
materiell auffassen. Wenn man sagt: Herz, Kopfso stellt sich
der heutige materialistisch denkende Mensch den physischen
Kopf, das physische Herz vor. Aber das ist ja alles zugleich
geistig. Das ist ja aus dem Geiste heraus gebildet. Und so
bekommt man schon, wenn man den Menschen in seiner
Totalität als geistig-seelisch-physisches Wesen nunmehr
ganz geistig, ganz spirituell schaut, die deutliche Empfindung,
im Herzen ist es zunächst, wo der Schwerkraftpunkt liegt,
der einen nicht hinuntersinken, nicht hinauffliegen
läßt, nicht nach rechts noch links drängt,
sondern der einen hält. Man kommt, wenn man jenen Mut, den
ich eben geschildert habe, beibehält, dazu, sich
festgehalten im Weltenall zu finden. Was heißt aber:
festgehalten im Weltenall sich zu finden?
Nun, wenn man das Bewußtsein verliert, ohnmächtig
wird, dann ist man nicht festgehalten. Wenn man ein innerliches
starkes Schmerzgefühl hat, so daß man sich
stärker innerlich fühlt als im gewöhnlichen
Leben — Schmerz ist ja eine Verstärkung des inneren
Gefühles —, dann ist man wieder nicht beim
gewöhnlichen Bewußtsein. Der Schmerz treibt aus dem
gewöhnlichen Bewußtsein heraus. Man hat eine Art
mittleren Bewußtseins im gewöhnlichen Erdenleben
zwischen Geburt und Tod. Bei dem muß man sich
aufrechterhalten. Wenn dieses Bewußtsein zu dünn
wird, wird man ohnmächtig. Wenn es zu dick wird, zu dicht,
zuviel in sich selbst bewußt wird, kommt der Schmerz; das
Aufgehen ins Nichts in der Ohnmacht, das
Zusammengepreßtwerden im Schmerze sind nach beiden Seiten
hin die Abirrungen des Bewußtseins. Das gerade hat man
jetzt als ein Gefühl gegenüber der kristallisierten
mineralischen Welt, wenn man noch nicht die Metallität,
die Substantialität hat, das Gefühl, in jedem
Augenblicke könnte man in Ohnmacht sinken, hinaus
verschwimmen in das Weltenall, oder in Schmerz
zusammenbrechen.
Da
bekommt man eben das Gefühl: In dem, wo physisch die
Herzmuskeln liegen, da drängt sich zusammen all das, was
uns einen festen Halt gibt. — Und ist man mit dem
Bewußtsein so weit gedrungen, wie ich es jetzt geschildert
habe, dann nimmt man wahr: alles das,was einen im
Erdenbewußtsein, im wachenden Erdenbewußtsein
hält, was dieses Bewußtsein zu einem sogenannten
normalen macht, wenn ich dieses häßliche,
philiströse Wort «normal» gebrauchen darf, ist
das in ungeheurer Feinheit in der Welt ausgebreitete, aber auf
kein anderes Organ in solcher Unmittelbarkeit als auf das Herz
wirkende Gold, Aurum.
Nimmt man also vorher wahr die Formung, die Kristallisation des
Mineralischen, so nimmt man jetzt wahr die innere
Substantialität, die Metallität. Man fühlt, wie
die Metallität wirkt auf den Menschen selber. Draußen
sehen wir den Kristall, der das Metallische formt, in
Mineralform. Aber in uns wissen wir, daß die Kraft, die im
Golde in ungeheuer feiner Dosierung im ganzen Weltenall
ausgebreitet ist, unser Herz trägt, und damit das
Bewußtsein aufrechterhält, das wir haben, wenn wir im
Tagesleben, im gewöhnlichen Tagesleben sind. So daß
wir sagen können: Auf das Herz des Menschen wirkt das Gold
(siehe Zeichnung S. 59).
Wir
können nun unsere Versuche machen. Wir können lernen,
indem wir an das metallische Gold uns so erinnern, wie es ist,
auf seine Farbe uns konzentrieren, auf seine Härte, auf
seine ganze Substantialität uns konzentrieren und dann
diese erlebte innere Erfahrung machen, daß das Gold mit
unserem Herzen zu tun hat. Dann können wir es dahin
bringen, daß wir durch andere Konzentration, durch
Konzentration zum Beispiel auf das Eisen und seine
Eigenschaften, darauf kommen, wie das Eisen wirkt. Das Gold
wirkt unendlich harmonisierend, ausgleichend auf den inneren
Menschen. Er kommt in ein inneres Gleichgewicht durch die
Wirkung des Goldes. Konzentrieren wir uns scharf auf das Eisen,
nachdem wir es gut kennengelernt haben, vergessen wir das ganze
Weltenall, konzentrieren wir uns bloß auf das Eisen, so
daß wir gewissermaßen selber in unserem Seelenleben
ganz im Eisen aufgehen, Eisen werden, uns als Eisen erleben,
dann fühlen wir, wie wenn unser Bewußtsein aus dem
Herzen heraufstiege. Wir fühlen uns noch ganz klar, aber
wir fühlen, wie das Bewußtsein aus dem Herzen
heraufsteigt und bis zum Halse, zum Kehlkopf dringt. Hat man
nun genügend Übungen gemacht, dann schadet aber das
nichts. Hat man noch nicht genügend Übungen gemacht,
dannkommt eben die leise Ohnmacht. Man lernt diese leise
Ohnmacht beim Aufsteigen des Bewußtseins entweder dadurch
kennen, daß man wirklich in eine leise Ohnmacht
fällt, oder man lernt es dadurch kennen, daß man
innere Aktivität, starke Kraft des Bewußtseins
entwickelt hat. Dann versetzt man sich nach und nach hinein in
dieses Aufsteigen des Bewußtseins, und man kommt an jene
Welt heran, auch durch eine solche Methode, wie ich sie eben
beschrieben habe, an die Welt, von der ich gestern gesprochen
habe, wo man die Tiere mit ihren Gattungsseelen sieht. Jetzt
ist man aber in der Astralwelt drinnen dadurch, daß man
sich auf die Metallität des Eisens konzentriert hat.
Geht man auf die Form der Metalle, kommt man zu den
Götterwesen. Geht man auf die Metallität, auf die
Substantialität, dann kommt man in die astralischen Welten
hinein, in die astralische, in die Seelenwelt. Man fühlt
das Bewußtsein hier am Hals heraufsteigend (siehe
Zeichnung S. 59), kommt in eine andere Sphäre des
Bewußtseins hinein, weiß, daß man das der
Konzentration auf das Eisen verdankt, hat das Gefühl, man
ist jetzt gar nicht mehr derselbe Mensch wie früher. Wenn
man vollbewußt, exakt bewußt in diesen Zustand
hineinkommt, hat man das Gefühl, man ist nicht mehr
derselbe Mensch wie früher, man ist ätherisch
geworden. Man ist aus sich heraus aufgestiegen, ätherisch
geworden. Die Erde geht weg, interessiert einen nicht mehr.
Aber man erhebt sich in die planetarische Sphäre, die
sozusagen jetzt der Wohnplatz von einem ist. So kommt man immer
mehr und mehr aus sich heraus, in das Weltenall hinein. Der Weg
vom Gold zum Eisen ist der Weg ins Weltenall hinaus.
Man
kann weitergehen. Man kann sich jetzt ebenso, wie ich es
für Gold und Eisen beschrieben habe, zum Beispiel auf Zinn
konzentrieren, ein anderes Metall, wiederum auf die
Metallität, auf die Farbe, die es hat, die Konsistenz und
so weiter, so daß man mit seinem Bewußtsein ganz Zinn
wird. Man fühlt, daß das Bewußtsein noch weiter
heraufsteigt. Man fühlt, wenn man unvorbereitet, ohne die
nötigen Übungen, als Mensch das durchmacht, wird man
sehr stark ohnmächtig, es ist nur noch ein Funke des
Bewußtseins da. Und hat man die Übungen durchgemacht,
so hält man sich in dieser Ohnmacht drinnen und fühlt
im Gegenteil, wie man noch weiter aus seinem Leibe
herausschlüpft. Nun schlüpft man weiter heraus. Man
fühlt, aufgestiegen ist bis zur Augengegend das
Bewußtsein (siehe Zeichnung S. 59). Man fühlt sich in
den Weiten des Weltenalls draußen. Man fühlt sich
noch aber in den Sternen drinnen. Die Erde fängt aber an,
als ein ferner Stern sichtbar zu werden. Und man denkt: Da
unten hast du
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deinen
Leib gelassen auf der Erde, du bist jetzt heraufgekommen
in den Kosmos, erlebst das Sternenleben mit.
Ja,
sehen Sie, das, was ich Ihnen da beschreibe, das ist aber nicht
so ganz einfach. Denn das, was ich Ihnen beschreibe, was man
erfährt, indem man den Initiatenweg durchmacht, so
daß man fühlt beim Initiatenweg: dein Bewußtsein
ist im Kehlkopf, du hast ein Bewußtsein; es ist im
Kehlkopf; daß man fühlt: dein Bewußtsein ist da
in den unteren Partien des Kopfes und in der Stirn, daß
man das fühlt, das weist nur darauf hin, daß das ja
immer im Menschen vorhanden ist.
Sie
alle, die Sie hier sitzen, haben diese Bewußtseine in
sich, Sie wissen es nur nicht. Wie haben Sie sie in sich? Ja,
sehen Sie, der Mensch ist eben nicht ein einfaches Wesen. In
dem Augenblicke, wo Sie Ihrer ganzen Kehlkopforganisation
bewußt würden, wenn Sie Ihr Gehirn wegschmeißen
könnten, Ihre Sinne wegschmeißen könnten, nur
Ihr Bewußtsein als Mensch im Kehlkopf und dem, was
dazugehört, entwickeln würden, dann würden Sie
eben dieses leise unterbewußte Ohnmachtsgefühl immer
haben. Aber Sie haben es auch. Nur ist es zugedeckt durch das
gewöhnliche Herzbewußtsein, durch das
Gold-bewußtsein. In Ihnen allen sitzt dieses
Bewußtsein, das ich eben geschildert habe; ein Teil Ihres
Menschen hat es. Ein Teil Ihres Menschen lebt damit in den
Sternen draußen, ist gar nicht auf der Erde.
Noch weiter im Weltenall draußen lebt das
Zinnbewußtsein (Zeichnung: orange). Es ist gar nicht wahr,
daß Sie allein hier auf Erden leben. Sie leben auf Erden
dadurch, daß Sie ein Herz haben. Das hält Ihnen das
Bewußtsein auf der Erde zusammen. Dasjenige, was im
Kehlkopf sitzt (Eisen: rot), das lebt draußen im
Weltenall. Und noch weiter draußen lebt dasjenige, was
über den Augen im Kopfe sitzt (Zinn). Eisen reicht hinauf
bis zum Mars. Das Zinn reicht hinauf bis zum Jupiter. Durch das
Gold nur sind Sie auf Erden. Sie sind immer im Weltenall; nur
das Herzbewußtsein deckt Ihnen das zu.
Tritt die Konzentration nun ein für Blei oder für ein
ähnliches Metall, wiederum für die
Substantialität, für die Metallität, dann gehen
Sie ganz aus sich heraus. Dann wird Ihnen ganz klar: Da drunten
auf der Erde ruht dein physischer, ruht auch dein
Ätherleib. Das ist etwas Fremdes. Das ist da unten. Das
geht mich jetzt so wenig an wie derStein, der auf dem Felsen
ruht. — Das Bewußtsein ist herausgestiegen aus
Ihnen, hier (aus dem oberen Teil des Kopfes: rot). Im Weltenall
ist immer eine geringe Dosierung von Blei vorhanden. Dieses
Bewußtsein da oben, das ist weit hinausreichend. Und mit
dem, was da noch in der Schädeldecke mit diesem
Bewußtsein beim Menschen immer vorhanden ist, damit ist er
immer in einer vollständigen Ohnmacht.
Denken Sie an die Illusionen, in denen der Mensch da lebt. Er
glaubt, wenn er so an seinem Schreibtisch sitzt, Konten oder
Feuilletons schreibt, da denkt er mit seinem Kopfe. Es ist aber
gar nicht wahr. Der Kopf ist gar nicht auf der Erde. Er ist nur
in seiner äußerlichen Offenbarung auf der Erde. Der
Kopf reicht vom Hals in das Wehenall hinaus. Das Weltenall
offenbart sich bloß im Kopfe. Dasjenige, was macht auf
Erden, daß Sie ein Erdenwesen sind zwischen Geburt und
Tod, das ist das Herz. Und wenn einer gute oder schlechte
Feuilletons schreibt, Konten, die den anderen
übervorteilen oder nicht übervorteilen, so kommt das
alles aus dem Herzen. Die besten Gedanken, die Sie haben
können, das kommt alles aus dem Herzen. Es ist nur eine
Illusion, daß der Mensch mit seinem Kopf auf Erden lebt.
Er lebt nicht mit seinem Kopf auf Erden. Der Kopf ist
eigentlich fortwährend ohnmächtig. Daher kann er auch
in einer so außerordentlichen Weise gerade schmerzvoll
werden, wie andere Organe nicht schmerzvoll werden. Ich werde
das noch weiter ausführen. So daß, wenn wir daran
denken, dahinterzukommen, wie wir sind, uns eigentlich
fortwährend geistwärts droht, daß der Kopf ins
Weltenall hinaus zersplittert wird, daß das ganze
Bewußtsein nach oben auseinandergeht, ins
Mächtig-Ohnmächtige zerfällt. Das alles wird
durch das Herz zusammengehalten.
Es
lebt der Mensch eigentlich so, daß wir sagen können:
Im Kehlkopf (Eisen) entwickelt er das Bewußtsein, das ich
Ihnen beschrieben habe als das, was zu dem tierischen Reiche
reicht, zu den höheren Gebilden, die dem Tierreich
zugrunde liegen. Hier im gewöhnlichen Leben kommt es nur
nicht zum Bewußtsein; es ist da, wo der Mensch immer zu
den Sternen hinausschaut. Dadrinnen tragen Sie immer das
Bewußtsein. Hier oben ist das Bewußtsein der
Pflanzengebilde, hier unten sind ihre Spiegelbilder (siehe
Zeichnung S. 52). Undganz oben, wo das Bleibewußtsein
sitzt, wo wir hinaufreichen bis zum Saturn, da weiß unser
Kopf nichts von dem Feuilleton, das wir schreiben, das
schreiben wir mit dem Herzen. Aber der Kopf weiß von
alledem, was ich Ihnen heute beschrieben habe, von alledem, was
da drauf ist (siehe Zeichnung S. 52). Da kann nun einer sitzen,
Irdisches beschreiben — es kommt aus seinem Herzen. Sein
Kopf kann sich mittlerweile mit der Art und Weise befassen, wie
sich ein Gott offenbart in einem Pyrit, in einem Salzkristall,
in einem Quarzkristall.
Und
wenn nun so das Initiatenbewußtsein auf diese Stühle
schaut, so hören Ihre Herzen zu auf dasjenige, was ich
sage; aber die drei übereinandergelagerten
Bewußtseine, die sind im Kosmos. Da spielen sich Dinge ab,
die ganz anderer Natur sind, als es im gewöhnlichen
Erdenbewußtsein ist. Da leben vor allen Dingen in dem, was
sich da abspielt, was sich immer hinausdehnt, die lebendigen
Fäden, die für jeden das Karma spinnt und so
weiter.
Sehen Sie, so lernt man allmählich aus dem Weltenall
heraus den Menschen kennen. — Nun, wir haben den Menschen
kennengelernt, der eigentlich mit der äußeren Welt
zusammenhängt, sich auch außen fortwährend zu
zersplittern droht, ohnmächtig nach außen wird, vom
Herzen zusammengehalten wird.
Aus
dem Räumesbewußtsein in das Zeitbewußtsein
In
einer ganz anderen Richtung bewegen wir uns geistig, wenn wir
auf gewisse andere Arten der Metallität unsere
Konzentration richten. Geradeso wie wir das tun können mit
Eisen, Zinn, Blei, können wir es zum Beispiel auch
vollbringen mit dem Kupfer. Wir können uns auf die
Metallität des Kupfers konzentrieren, gewissermaßen
aufgehen in dem Kupfer, ganz Kupfer werden im Seelenleben, in
der Farbe, in der Konsistenz, in jenes eigentümliche
oberflächlich Gerilltsein des Kupfers aufgehen, kurz, in
alledem, was man seelisch an der Metallität des Kupfers
erleben kann. Dann bekommt man nicht das Gefühl eines
Überganges in Ohnmacht, sondern etwas Gegenteiliges tritt
ein. Man bekommt das Gefühl, man wird innerlich mit etwas
ausgefüllt. Manwird innerlich sich mehr fühlbar, als
man sonst ist. Man hat förmlich das Gefühl, dieses
Kupfer, über das man konzentriert denkt, das erfüllt
einen von oben bis nach unten, bis in die Fingerspitzen,
überall hin, bis in die Haut hinein. Es erfüllt
einen. Es füllt einen mit etwas aus. Und dasjenige, womit
es einen ausfüllt, das fühlt man von da ausstrahlend
(siehe Zeichnung S. 59, rosa). Es strahlt dann von diesem
Mittelpunkt, der unterhalb des Herzens liegt, in den ganzen
Körper hinein. Man fühlt so einen zweiten Körper
in sich, einen zweiten Menschen. Man fühlt sich innerlich
gepreßt. Ein leiser Schmerz beginnt, der sich steigert.
Man fühlt alles innerlich gepreßt.
Aber wiederum mit dem Initiatengefühl durchdringt man das
alles, und man fühlt eben einen zweiten Menschen auf diese
Weise im Menschen. Und es wird bedeutsam, wenn man gerade mit
dem Initiatengefühl nun so erleben kann, daß man sich
sagen kann: Mit deinem gewöhnlichen Menschen, den du
bekommen hast durch Geburt und Erziehung, mit dem du in der
Welt herumgehst, mit dem du schaust durch deine Augen in die
Welt, mit dem du hörst, mit dem du fühlst die Dinge,
mit diesem Menschen gehst du herum; aber dadurch, daß du
trainiert bist, daß du Übungen gemacht hast, dadurch
bringst du auch diesen Menschen, diesen zweiten Menschen, der
dich jetzt auspreßt, dazu, wahrnehmen zu können.
— Er wird zwar ein eigentümlicher Mensch, dieser
zweite Mensch. Er hat nicht so abgesonderte Augen und Ohren, er
ist gleichsam ganz Auge und Ohr; aber er ist wie ein
Sinnesorgan. Er nimmt fein wahr. Und er nimmt eben Dinge wahr,
die wir sonst nicht wahrnehmen. Die Welt wird plötzlich
bereichert. Und man kann dann wie eine Schlange, die beim
Häuten ihre Haut abstößt, für eine gewisse
Zeit, die gar nicht lange zu sein braucht, die nach Sekunden
dauern mag — man erlebt schon in Sekunden dann sehr viel
—, mit diesem zweiten Menschen, der sich da einem, ich
möchte sagen, als der Kupfermensch ausgebildet hat,
herausgehen aus dem Leibe und sich frei in der Welt geistig
bewegen. Er ist trennbar, wenn das auch alles Schmerz macht,
wenn der Schmerz sich auch steigert, er ist trennbar vom
Leibe.
Man
kann herauskommen. Man kann jetzt, wenn man herauskommt, noch
mehr erleben, als wenn man drinnen stecken bleibt. Mankann vor
allen Dingen, wenn man es dazu gebracht hat, dieses Herausgehen
zu ermöglichen, jemandem, der gestorben ist, in diejenige
Welt folgen, in die er nach ein paar Tagen eintritt. Also
jemand ist durch die Pforte des Todes gegangen, und alle die
Beziehungen, die man als irdischer Mensch zu diesem Menschen
gehabt hat, hören auf. Er wird verbrannt oder begraben. Er
ist auf der Erde nicht mehr da.
Wenn man mit diesem zweiten Menschen, den ich eben beschrieben
habe, aus dem Leibe herausgeht, so kann man der Seele, die
durch die Pforte des Todes gegangen ist, weiter nachfolgen. Man
bleibt mit dieser Seele zusammen. Und man erlebt dann, wie
diese Seele in den ersten Jahren und Jahrzehnten, nachdem sie
durch die Pforte des Todes gegangen ist, das Leben wieder
rückwärts durchmacht. Es wird das eine Wahrheit. Man
kann das beobachten. Man kann mit dem Toten weiterhin gehen.
Man sieht, das, was er in den Tagen vor seinem Sterben hier auf
Erden erlebt hat, das erlebt er zurück, das Letzte zuerst,
das Vorletzte als zweites und so weiter. Er lebt alles
zurück. Bis zu dem Zeitpunkte seiner Geburt lebt er sich
zurück in einem Drittel der Lebenszeit. Wenn einer sechzig
Jahre alt geworden ist, lebt er ungefähr zwanzig Jahre
zurück, das ganze Leben rückwärts durchlaufend.
Da kann man ihm folgen.
Und
das Eigentümliche ist, da lernt man vieles vom Menschen so
kennen, wie es eben unmittelbar nach dem Tode ist. Der Mensch
lebt nicht nur die Dinge so zurück, wie er sie hier auf
Erden erfahren hat. Verzeihen Sie, wenn ich ein derbes Beispiel
nehme. Nehmen wir an, Sie haben drei Jahre vor Ihrem Tode
jemandem eine Ohrfeige gegeben — ich will ein derbes
Beispiel nehmen. Da haben Sie Zorn gehabt über ihn. Der
Zorn ist übergesprudelt. Ich weiß ja
selbstverständlich, daß keiner, der hier sitzt, das
tun würde, aber ich will eben ein derbes Beispiel
wählen. Also nehmen wir an, Sie haben einen Zorn gehabt,
der Zorn ist übergesprudelt, Sie haben einem anderen
seelisch, physisch Schmerz gemacht. Sie haben Ihre Befriedigung
gehabt. Sie waren zufrieden. Sie haben ihn gestraft für
das, was er Ihnen angetan hat.
Jetzt, wenn Sie zurückgehen und bei diesem Ereignis
ankommen — nach einem Jahre kommen Sie bei diesem
Ereignis an —, da erleben Sie nicht das, was Sie erlebt
haben als Ihren Zorn, sondern was er alsSeelenleid, als
Körperleid erlebt hat. Sie leben sich ganz in ihn hinein.
Sie bekommen dann die Ohrfeige im Seelischen. Sie haben den
körperlichen Schmerz richtig nachzufühlen. Und so
für alle Ereignisse. Sie erleben die Ereignisse so, wie
sie die anderen erlebt haben. In alldem kann man dem Menschen
folgen.
Sehen Sie, über diese Dinge hat man mehr gewußt als
heute, in der Zeit, von der ich Ihnen in diesen Tagen
erzählt habe, bei den alten Chaldäern, die aus den
Mysterien heraus ihre Kulturimpulse gehabt haben. Bei diesen
Chaldäern war es sehr merkwürdig. Da lebte man nicht
so aus dem Herzen heraus wie heute, sondern man lebte wirklich
bei den Chaldäern aus dem Kehlkopfe heraus. Die
Chaldäer hatten als ihr naturgemäßes
Bewußtsein eine Art Eisenbewußtsein. Sie erlebten
draußen im Weltenall. Die Erde kam ihnen nicht so hart und
konsistent vor wie uns. Aber wenn sie in besonders
günstigen Stunden da draußen lebten, zum Beispiel auf
dem Mars lebten, mit den Marswesen zusammen lebten, dann konnte
für sie der Augenblick eintreten, daß vom Monde
herüber Wesen kamen und gerade solche Wesen mitbrachten,
die man wahrnimmt, wenn man in diesem zweiten Menschen ist, den
ich eben beschrieben habe. Und da lernten auf einem Umwege im
Weltenall draußen die Chaldäer hohe Wahrheiten
kennen, die sich auf das Leben nach dem Tode beziehen. Sie
wurden im Weltenall draußen unterrichtet.
Heute brauchen wir das nicht. Wir können unmittelbar dem
Toten folgen. Wir können ihn begleiten, wie er seine
Erlebnisse in umgekehrter Reihenfolge, aber auch in
entgegengesetzter Ordnung erlebt. Und das Eigentümliche
ist dabei, man fühlt sich, wenn man so aus seinem Leibe
herausgegangen ist mit diesem zweiten Menschen, in einer Welt,
die viel, viel wirklicher ist als unsere Erdenwelt. Es kommt
einem dann die Erdenwelt und alles, was man da erlebt hat, wie
Schatten vor gegenüber der dichten, anspruchsvollen
Wirklichkeit, in die man jetzt eingetreten ist.
Wenn man Tote begleitet in der beschriebenen Weise, dann
fühlt man alles doppelt schwer, dreifach schwer, dreifach
hell, dreifach laut, alles viel realer, und die ganze physische
Welt kommt einem recht schattenhaft vor. Wer in dieser Welt
verkehrt durch das Initiatenbewußtsein, für den wird
die physische Welt eine Summe von Gemälden, und es
könnte schon sein, daß ein solcher Initiat, der aus
seinen Aufgaben heraus viel in dieser Weise mit Toten verkehrt
hat, Ihnen sagen würde: Ihr seid ja alle nur aufgemalt.
Ihr seid ja gar keine Wirklichkeit. Da seid Ihr auf Euren
Stühlen aufgemalt. — Denn die eigentlichen
Wirklichkeiten, die entdeckt man erst da auf der anderen Seite
des Daseins. Da ist alles viel realer. Diese Realität, man
kann sie schon erfahren, meine sehr verehrten Anwesenden.
Vielleicht erinnern sich einige von Ihnen an meine
Mysteriendramen. Die anderen haben vielleicht Gelegenheit, es
zu lesen, denn die Dinge sind ins Englische übersetzt. Da
kommt eine Gestalt vor, die Strader heißt. Diese Gestalt
des Strader ist nach dem Leben gezeichnet. Es gab eine
Persönlichkeit im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts,
die noch in das 20. Jahrhundert herein lebte, deren Abbild,
aber künstlerisch, dichterisch, nicht
photographenmäßig, der Strader ist. Nun, diese
Persönlichkeit interessierte mich als Persönlichkeit
im Leben sehr stark. Diese Persönlichkeit war im Leben
zuerst Kapuziner, hatte dann umgesattelt und war Philosoph
geworden, weilte auch einmal im Kloster von Dornach zu Besuch.
Diese Persönlichkeit, die mich sehr im Leben
interessierte, habe ich umgearbeitet, umgestaltet. Sie lebt als
Strader in meinen Mysterien — nur ähnlich, nicht
gleich.
Nun
kam das vierte Mysterium. Sie wissen, im vierten Mysterium
stirbt Strader. Ich mußte ihn sterben lassen. Ich
hätte nicht noch weiter den Strader gestalten können.
Er hätte in einem fünften Mysterium nicht wiederum
auftreten können. Es würde mir die Feder weggesunken
sein, wenn ich hätte etwas schreiben wollen, ihn weiter
charakterisieren wollen. Warum geschah das? Ja, sehen Sie,
inzwischen war nämlich die wirkliche Persönlichkeit
gestorben, die vom Kapuziner zum Philosophen geworden ist. Und
durch das Interesse, das ich für diese Persönlichkeit
hatte, konnte ich sie nun in die andere Welt verfolgen. Da
wirkt sie viel realer. Da hört das, was in der physischen
Welt zunächst noch beschrieben werden konnte, auf, ein so
starkes Interesse zu haben wie dasjenige, was man jetzt mit
einer solchen Persönlichkeit erlebt, wenn man sie nach dem
Tode verfolgt.
Und
es stellte sich etwas Eigentümliches ein. Ein paar
Anthroposophen kamen auf diesen Sachverhalt; sie kriegten
heraus — es sind ja manche Menschen scharfsinnig, nicht
wahr — , daß der Strader eine Art Ebenbild ist jenes
Menschen. Sie forschten nach und kamen an den Nachlaß und
an allerlei Interessantes, was der Mann zurückgelassen
hatte, brachten mir das, setzten voraus, daß ich nun in
ein hell jauchzendes Interesse verfallen würde für
alles das, was diese Persönlichkeit zurückgelassen
hat. Ich konnte mich gar nicht dafür interessieren.
Dagegen interessierte mich alles das, was der Mann jetzt tat
nach dem Tode. Das ist viel realer. Daneben verschwand alles,
was das Äußere darstellt, was er hinterlassen
hat.
Man
wunderte sich zunächst darüber, daß ich so
interesselos war, nachdem man sich so viel Mühe gegeben
hatte, allerlei aus dem Nachlaß zu bekommen, was ich gar
nicht haben wollte. Ich habe es heute noch nicht verlangt. Aber
es ist eben so: die Erdenrealität wird zur Illusion
gegenüber der mächtigen Realität, die einem dann
entgegentritt, wenn man eine Individualität nach dem Tode
verfolgt, wo sie drinnensteht in derjenigen Welt, die man
selber erlebt an sich; wenn auf diejenige Art, wie ich es
geschildert habe, man mit dem Menschen ausgefüllt wird,
der herausgehen kann aus dem Leibe, wenn auch nur für
kurze Zeit; aber in kurzer Zeit kann man viel erleben.
Es
gibt eben diese unmittelbar an unsere physisch-sinnliche Welt
angrenzende Welt, in der sozusagen die Toten unmittelbar leben,
die man viel realer erlebt, weil man sie erlebt mit dem
Menschen, der da herausschreitet. Jetzt ist man nicht
ohnmächtig, jetzt ist man dichter in seinem
Bewußtsein. Rückt man hinauf über das Herz mit
seinem Bewußtsein, dann wird das Bewußtsein
dünner; man kommt einer Ohnmacht nahe; rückt man
unter das Herz hinunter, verdichtet sich das Bewußtsein.
Man kommt in die Welten hinein, die Wirkliches sind. Man
muß es nur ertragen können. Sie pressen, sie
schmerzen. Aber wenn man mit dem nötigen Mut
hineinstößt, so kommt man hinein. (Siehe Zeichnung S.
59.)
So
haben wir jetzt das gewöhnliche Bewußtsein des Tages
im Herzen (I), ein zweites Bewußtsein im Kehlkopf (II),
ein drittes Bewußtsein in der Augengegend (III), ein
viertes Bewußtsein im Kopfoben (IV), das schon ganz in den
Kosmos hinausführt, und dann ein fünftes
Bewußtsein (V), das einen jetzt nicht in die Raumeswelten
hinaus, sondern in die Zeiten zurückführt. In der
Zeit geht man; in der Zeit macht man einen Weg, wenn man an
dieses fünfte Bewußtsein herankommt; den Weg, den der
Tote zurückgeht, den macht man. Man ist aus dem Raum
herausgetreten, in die Zeit eingetreten.
Sie
sehen, auf das Versetzen in andere
Bewußtseinszustände kommt alles an. Man lernt Welten
kennen, wenn man sich in andere Bewußtseinszustände
versetzt. Der Mensch lebt hier auf Erden in einer Welt,
weil er nur ein Bewußtsein hat, weil er die anderen
Bewußtseinszustände verschläft. Verschläft
man sie nicht, versetzt man sich in diese anderen
Bewußtseinszustände, dann erlebt man die anderen
Welten. Das ist das Geheimnis des Erforschens anderer Welten,
daß der Mensch selbst in seinem Bewußtseinswesen ein
anderer wird. Denn nicht durch ein Spintisieren oder Forschen
mit denselben Mitteln, die man im gewöhnlichen Leben hat,
kommt man in andere Welten hinein, sondern durch die
Metamorphose, durch die Transformation des Bewußtseins in
andere Bewußtseinsformen.
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