SECHSTER
VORTRAG Torquay, 16. August 1924
Initiationserkenntnisse
Das
Tagwachen und das Traumbewußtsein
Tafel 7, 16. August 1924
Von
verschiedenen Bewußtseinszuständen, die aus den
Kräften der Menschenseele heraus zu entwickeln
möglich sind, habe ich Ihnen gesprochen. Und dasjenige,
was man Initiationserkenntnis nennt, hängt davon ab,
daß durch die verschiedenen Bewußtseine Erkenntnisse
von der Welt geschaffen werden.
Nun
wollen wir uns heute
eine Vorstellung davon verschaffen, wie der Mensch durch diese
verschiedenen Bewußtseine in Verbindung stehen kann mit
der Welt. Stellen wir uns zunächst noch einmal vor das
Auge, daß für das heutige Zivilisationsleben,
für alles dasjenige, was die Menschheit heute anerkennt in
bezug auf Wirklichkeit, in bezug auf Dasein, eigentlich nur ein
Bewußtseinszustand besteht, das ist derjenige des
wachen Tageslebens. Es sind außer diesem wachen
Tagesleben für den Menschen heute in unserem Weltenzyklus,
können wir sagen, ja noch zwei andere
Bewußtseinszustände vorhanden. Die aber können
zunächst nicht als unmittelbar maßgebend für
irgendeine Erkenntnis angesehen werden. Es ist der Zustand des
Traumbewußtseins, in dem der Mensch heute nur
Reminiszenzen an das Tagesleben erlebt oder auch kleine
Durchbrüche aus dem geistigen Leben heraus. Aber im
gewöhnlichen Traumleben sind sowohl die Reminiszenzen an
das Tagesleben, wie auch die Durchbrüche, die
Offenbarungen aus der geistigen Welt heraus so entstellt, so in
einzelne ungleiche Bilder und Symbole getaucht, daß daraus
keine Erkenntnis zu gewinnen ist.
Wenn wir uns mit Hilfe der Initiationswissenschaft die Frage
beantworten wollen: Worinnen lebt denn der Mensch eigentlich,
wenn er träumt? — so stellt sich eine solche Antwort
folgendermaßendar: Der Mensch, wie er im gewöhnlichen
Leben dasteht, trägt in sich erstens seinen physischen
Leib, denjenigen, den heute die Sinne sehen, den die
Wissenschaft der Anatomie, der Physiologie, der Biologie
betrachtet (siehe Zeichnung, hell). — Das ist das erste
Glied der Menschennatur, das jeder zu kennen glaubt, aber
— wie wir noch sehen werden — heute eigentlich am
wenigsten wirklich kennt.
Als
zweites Glied der Menschennatur — Sie können es
genauer in meinen Büchern, namentlich in der
«Theosophie» lesen —, als zweites Glied hat der
Mensch den Ätherleib, den Bildekräfteleib, eine feine
Organisation, die nicht mit Augen gesehen werden kann, die erst
gesehen werden kann, wenn der Mensch das erste Bewußtsein
ausbildet, von dem ich in diesen Tagen gesprochen habe, das
folgen kann dem Toten in den nächsten Jahren nach dem
Tode. Dieser Ätherleib oder Bildekräfteleib (orange),
der steht in einer viel innigeren Verbindung mit dem Kosmos als
der physische Leib, der in seiner ganzen Organisation mehr
selbständig ist.
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Dann hat aber der
Mensch ein drittes Glied in seiner Organisation, das man
selbstverständlich nennen kann, wie man will; aber mit
Anlehnung an alte Terminologien nennen wir es astralischen
Leib(grün). Das ist eine Organisation, die nicht mit
Sinnen wahrgenommen werden kann, die aber auch nicht so
wahrgenommen werden kann, wie der Ätherleib wahrgenommen
wird. Wenn man mit denjenigen Erkenntniskräften, mit denen
man die äußere, heute angeschaute Natur wahrnimmt,
und auch mit den Erkenntniskräften, die ich als die des
nächsthöheren Bewußtseins beschrieben habe, mit
dem man den Toten folgt, wenn man mit alledem den astralischen
Leib wahrnehmen wollte, so würde man da, wo der
astralische Leib des Menschen ist, nichts anderes als die
Leere, das Nichtsein wahrnehmen.
So
kann man also [zur Tafel gewendet] sagen: Der Mensch trägt
in sich seinen physischen Leib, er ist sinnlich wahrnehmbar.
Der Mensch trägt in sich seinen Ätherleib (orange);
er ist imaginativ wahrnehmbar, er ist wahrnehmbar durch die
Kräfte, die wir uns in der geschilderten Weise durch die
Meditation, durch die Konzentration erwerben können. Aber
wenn wir mit all diesen Kräften an den Menschen
herantreten, nehmen wir von seinem astralischen Leib nur wahr
die Leere, ein räumliches Nichts, wie ein Loch, ein
allseitig geschlossenes Loch, das in den Raum hineingestellt
ist (grün). Erst dann, wenn man, wie ich es geschildert
habe, zum leeren wachenden Bewußtsein kommt, wenn man also
sich in völlig wachem Zustande der Welt so
gegenüberstellen kann, daß man nichts vom Sinnlichen
wahrnimmt, daß auch das Denken und die Erinnerungen
schweigen, man aber doch eine Welt wahrnimmt, dann füllt
sich diese Leere aus, und wir wissen, wir haben in dieser Leere
das erste Geistige in uns, den astralischen Leib des
Menschen.
Ein
weiteres Glied der menschlichen Organisation ist das
eigentliche Ich (rot). Dieses Ich nehmen wir nur wahr, wenn das
leere Bewußtsein weiter und weiter entwickelt wird. Nun
ist es beim Träumenden so, daß er abgesondert von
sich liegen hat im Bette den physischen Leib und den
Ätheroder Bildekräfteleib; abgesondert davon, in der
geistigen Welt sind der astralische Leib und das Ich. Aber wir
können ja mit dem astralischen Leib und mit dem Ich, wenn
wir nur das gewöhnliche Bewußtsein haben, nicht
wahrnehmen. Wodurch nehmen wir denn äußere
Eindrücke in der gewöhnlichen Welt wahr, die wir
zwischen Geburt und Tod durchleben? Dadurch, daß wir
Augen in dem
physischen Leibe eingesetzt haben, dadurch, daß wir Ohren
in dem physischen Leibe eingesetzt haben. So wie der Mensch
heute in der Weltenevolution ist, hat er im gewöhnlichen
Leben keine entsprechenden Organe, keine Augen, keine Ohren in
dem astralischen Leib oder in dem Ich eingesetzt. Er geht also
heraus aus seinem physischen und ätherischen Leib zum
Träumen, gerade so, wie wenn er im physischen Leib, in der
physischen Welt gar keine Augen und keine Ohren an sich
hätte, es also finster und stumm um ihn wäre. Aber es
ist doch nicht so, daß immer dieser astralische Leib und
dieses Ich ohne Organe, ohne — natürlich sind sie
dann seelisch gemeint — Augen und Ohren bleiben
müssen. Gerade durch jene Seelentrainierung, von der ich
in meinen Büchern gesprochen habe, können in den
astralischen Leib und in die Ich-Organisation Organe
hineinkommen, Seelenaugen, Seelenohren und so weiter. Dann kann
der Mensch durch Trainierung, durch Übungen solches
erreichen. Dann tritt eben bei ihm die Möglichkeit ein,
durch Initiationsanschauung in die geistige Welt
hineinzuschauen. Dann tritt er aus seinem physischen und aus
seinem Ätherleib heraus und sieht das Geistige, wie er im
physischen und Ätherleib das Physische und auch in einem
gewissen Sinne das Ätherische schaut. Das tritt ein bei
demjenigen Menschen, der dann die Initiation besitzt.
Beim gewöhnlichen Träumer, wie ist es denn da? Nun,
stellen Sie sich einmal ganz lebendig vor, wie es mit dem
Einschlafen geht. Physischer Leib (siehe Zeichnung, hell),
Ätherleib (orange) bleiben im Bette liegen. Der
astralische Leib (grün), die Ich-Organisation (rot) treten
heraus. Ich muß natürlich schematisch zeichnen. Jetzt
ist in dem Momente, wo dieses stattfindet, im astralischen
Leibe noch ein völliges Mitvibrieren mit dem physischen
Leibe und mit dem Ätherleibe vorhanden. Sehen Sie, der
Astralleib geht heraus. Er hat alles mitgemacht, was Augen,
Ohren, was der Wille in der Bewegung im physischen Leib, im
Ätherleib vom Morgen bis zum Abend an innerer
Tätigkeit ausgeführt haben. Der Astralleib und das
Ich haben alles das mitgemacht. Jetzt gehen sie heraus. Da
zittert das alles noch nach, da ist das alles noch drinnen.
Aber indem die Tageserlebnisse hier (siehe Zeichnung S. 117:
Punkte werden eingezeichnet) nachzittern, stoßensie ja an
die geistige Welt, die ringsherum ist, überall an, und es
entsteht ein chaotisch ungeordnetes Ineinanderwirken zwischen
der Tätigkeit der äußeren geistigen Welt und
dem, was da im astralischen Leib nachzittert, ein ungeordnetes
Chaos. Das ist eine Tautologie; also es entsteht ein Chaos. Und
der Mensch ist noch drinnen in alledem, was da entsteht, und
wird es gewahr. Es macht auf ihn einen Eindruck, was er sich
mitgebracht hat. Es zittert nach. Es wird Traum. Aber daß
nicht viel gegenüber der Wirklichkeit damit anzufangen
ist, das sehen Sie ja doch ein.
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Wie ist es beim
Initiierten? Der Initiierte ist in der Lage, wenn er da (es
wird auf die Zeichnung gezeigt) herauskommt, sogleich alles das
zu unterdrücken, was an Reminiszenzen, an Nachzittern aus
dem physischen Leib und Ätherleib da ist. Also er
unterdrückt dasjenige, was aus dem physischen und dem
Ätherleib heraus da ist. Außerdem hat er durch die
Meditation und Konzentration und durch die Entwickelungdes
leeren Bewußtseins die Möglichkeit, Seelenaugen,
Seelenohren zu haben. Er nimmt jetzt nicht das, was in ihm
vorgeht, wahr, sondern das, was äußerlich in der
geistigen Welt vorgeht. Statt der Träume treten
Wahrnehmungen der geistigen Welt auf. So daß wir sagen
können: Das Traumbewußtsein ist ein
chaotisches Gegenbild geistiger
Wahrnehmungen.
Nun
ist es bei dem Initiaten so, daß, wenn er zunächst
auf den ersten Stufen diese inneren astralischen Organe,
astralisches Sehen, astralisches Hören ausgebildet hat,
daß er dann fortwährend in einer Art Kampf
drinnensteht, in einem Kampfe, der darin besteht, gerade diese
Reminiszenzen, dieses Nachzittern aus dem physischen und dem
Ätherleibe zu unterdrücken. Man muß
fortwährend dagegen kämpfen, wenn man in die
imaginative Welt, in das Anschauen des Geistigen hineinkommt,
daß die Träume sich geltend machen. Da ist ein
fortwährendes Ineinanderspielen von dem, was traumhaft
werden will, von dem, was einen täuschen will, und von
demjenigen, was die Wahrheit der geistigen Welt darstellt.
Diesen Kampf lernt schließlich jeder zu Initiierende
kennen. Er lernt kennen, wie in dem Momente, wo er sich
erkennend hineinversetzen will in die geistige Welt, immer
wieder und wiederum die Nachbilder der physischen Welt
auftreten, wie etwas heraufkommt, was wie störende Bilder
sich hinstellt vor die reinen Bilder der geistigen Welt. Und
nur Geduld, Ausdauer können dasjenige überwinden, was
da als ein starker innerer Kampf auftritt. Wenn man
leichtsinnig zufrieden ist damit, daß das Bewußtsein
mit Geistesbildern ausgefüllt wird, dann wird man sich
sehr leicht in eine illusionäre Welt hineinträumen
können, statt in die Welt geistiger Wirklichkeit
hineinzukommen. Es ist für den wirklich zu Initiierenden
eine außerordentlich starke, vernünftige innere
Haltung notwendig. Bedenken Sie nur, was das alles erfordert.
Aber es muß, wenn über die Wege in die geistige Welt
hinein, über die geistige Forschung geredet werden soll,
eben auf solche Dinge durchaus aufmerksam gemacht werden.
Es
ist auf der einen Seite notwendig, wenn man überhaupt an
die geistige Welt herankommen will, wirkliche Begeisterung,
wirklichen Enthusiasmus haben zu können für das
Hineinkommen in die geistigeWelt. Ein innerliches Schlappsein,
ein innerliches Gleichgültigsein, ein innerliches
Trägesein verhindert einen daran. Und so ist auf der einen
Seite notwendig, daß man eine innere Beweglichkeit hat,
eine richtige innere Beweglichkeit, eine innere Aktivität.
Das verleitet auf der anderen Seite dazu, ins Phantastische
hineinkommen zu können, alles mögliche sich
auszuphantasieren. So muß man auf der einen Seite die
Anlage haben, die einen in die höchsten Höhen der
Phantasie hinaufführen könnte, wenn man sich gehen
lassen würde; auf der anderen Seite muß man einen
nüchternen Sinn verbinden mit dem, was innere
Aktivität, innere Beweglichkeit ist.
Beides muß man haben als Initiat. Läßt man sich
nur gehen, so ist es nicht gut. Nimmt man sich philisterhaft
durch seinen Intellekt in die Hand und will alles ausdenken,
ist es auch wieder nicht gut. Man muß beides harmonisch
ineinander verweben können. Man muß sozusagen auf der
einen Seite die Anlage haben, ein rechter Träumer werden
zu können, und zugleich immer die Möglichkeit, keiner
zu werden. Im Status nascendi muß man immer die
Möglichkeit in der Seele haben, in alles mögliche
Beweglich-Phantasievolle aufzusteigen. Immer wiederum muß
man, indem dieser Status eintritt, die Möglichkeit haben,
sich ganz in innerer Haltung in der Hand zu haben. Man muß
zugleich die Fähigkeit haben, ein phantasievoller Dichter
sein zu können, und man muß die Fähigkeit haben,
dem nicht nachgeben zu brauchen. Man muß sozusagen in
jedem Momente, wo man erkennen will, auch die Möglichkeit
haben, ein Drama, ein lyrisches Gedicht, alles mögliche zu
schaffen. Aber man muß stoppen können dieses in die
Phantasie Gehende und sich halten können bei jenen
Kräften, die sonst nur im nüchternsten Leben ihre
Bedeutung haben. Dann kommt man nicht in die Phantasie hinein,
sondern in die geistige Wirklichkeit.
Auf diese innere
Seelenverfassung kommt ungeheuer viel an bei der wirklichen
Geistesschau. Daher ist es schon so, daß, wenn man auf der
einen Seite den verständnisvollen Blick hinrichtet auf das
Traumbewußtsein und es versteht als dasjenige, was
chaotische Bilder aus der geistigen Welt heraufbringt, man auf
der anderen Seite weiß, daß nun die ganze Kraft der
Persönlichkeit hinein muß in diejenige Kraft der
Seele, die sonst nur träumt, um geistige Erkenntnis zu
haben. Dannerst bekommt man einen Begriff von dem, was es
heißt, in die geistige Welt hineinzukommen. Ich sage, das
Traumbewußtsein bringt das Geistige herauf. Es könnte
scheinbar im Widerspruch stehen mit dem, daß das
Traumbewußtsein ja auch Bilder aus dem Leibesleben
heraufbringt. Aber der Leib ist nicht bloß leiblich, der
Leib ist überall von Geistigkeit durchzogen. Und wenn
einer davon träumt, daß eine vorzüglich
duftende, Wohlgeschmack versprechende Mahlzeit vor ihm steht,
und er eben daran geht — im Traume, meine ich —,
diese Mahlzeit zu verzehren, trotzdem er nicht auch nur das
Zehntel von dem in der Tasche hat an Geld, was diese Mahlzeit
kosten würde, dann ist es so, daß in dem Symbol der
Mahlzeit dennoch die wirklichen geistigen astralischen Inhalte
der Verdauungsorgane sich im Bilde vor ihn hinstellen. Es ist
doch im Traume immer der Geist, wenn es auch der Geist ist, der
im Leiblichen sitzt. Der Traum bringt immer Geistiges herauf,
aber eben sehr häufig das Geistige, das im Leiblichen
sitzt. Das muß man erkennen.
Man
muß erkennen, wenn man von Schlangen träumt, daß
da die Verdauungsorgane in ihren Windungen sich symbolisieren,
oder daß die Blutadern im Kopfe drinnen sich
symbolisieren. Man muß in diese Geheimnisse eindringen.
Also man kann nur eine Vorstellung bekommen von diesem
Subtilen, Intimen, das sich in der Seele einstellen muß,
wenn man durch die Initiationswissenschaft geistige Forschung
anstellt, wenn man das alles wirklich auch im intimsten Sinne
berücksichtigt.
Die
Lebensalter als Auffassungsorgane
Der
dritte Zustand, den der Mensch heute im gewöhnlichen Leben
durchmacht, ist der traumlose Schlafzustand. Machen wir
uns wieder klar, wie der Mensch ist im traumlosen Schlaf. Im
Bette liegt der physische Leib und der ätherische Leib.
Außerhalb des physischen Leibes und ätherischen
Leibes ist der astralische Leib und die Ich-Organisation, das
Ich. Das Nachzittern, die Reminiszenzen aus dem physischen und
ätherischen Leibe haben aufgehört. Der Mensch
istbloß in seinem Ich und in seinem astralischen Leibe in
der geistigen Welt. Aber er hat keine Organe. Er kann nichts
wahrnehmen. Alles ist ringsherum Finsternis. Er schläft.
Das ist das Schlafdasein: leben im Ich und im astralischen
Leibe, ohne daß man die reiche, die mächtige Welt,
die ringsherum ist, wahrnehmen kann. Man stelle sich einen
Blinden vor. Alle die Farben, alle die Formen, die Sie
ringsherum durch Ihre Augen wahrnehmen, sind für ihn nicht
da. Er schläft für Farben und Formen. Man kann nicht
überhaupt schlafen, man kann nur für etwas
schlafen.
Und
jetzt stellen Sie sich einen Menschen vor, der in seinem
astralischen Leibe und in seinem Ich da ist, aber in dem gar
keine Organe sind. Er ist für alles Geistige schlafend. So
ist der Mensch im traumlosen Schlafbewußtsein.
Meditationen, Konzentrationen haben den Sinn, geistige Augen
und Ohren in diesen astralischen Leib und in diese
Ich-Organisation hineinzusetzen, und der Mensch beginnt,
dasjenige, was in reichem Maße da ist, zu schauen,
wahrzunehmen. Er nimmt geistig wahr. Gerade mit dem nimmt man
geistig wahr, was im gewöhnlichen Bewußtsein die Welt
verschläft. Das muß man innerlich aufrütteln
durch Meditation und Konzentration. Das Unorganisierte, das man
sonst in sich trägt, das muß man organisiert machen.
Dann schaut man hinein in die geistige Welt. Und dann ist es
so, daß man in dieser geistigen Welt so darinnen ist, wie
man sonst durch Augen und Ohren in der physischen Welt darinnen
ist. Und das ist eben die wirkliche, die reale
Initiationserkenntnis. Man kann nicht durch äußere
Maßnahmen den Menschen geeignet machen, das Geistige zu
schauen. Man kann ihn nur dadurch geeignet machen, daß er
sein Inneres wirklich organisiert, das sonst unorganisiert
ist.
Nun
aber war zu allen Zeiten in der Menschheitsentwickelung das
Bestreben da, gewisse Menschen zur Initiation hinzubringen.
Dieses Bestreben hat nur eine gewisse Unterbrechung erlitten in
der ganz grob materialistischen Zeit vom 15. Jahrhundert bis zu
unserer Gegenwart. Da haben die Menschen sozusagen vergessen,
was die eigentliche Initiation ist und haben alles dasjenige,
was sie wissen wollten, ohne die Initiation erreichen wollen
und dadurch allmählich den Glauben bekommen, daß
eigentlich nur die physische Welt sie angeht.Aber, was ist
diese physische Welt in Wirklichkeit? Man lernt sie ja nicht
kennen, wenn man sie nur als physische Welt kennt. Man lernt
sie ja nur kennen, wenn man auch ihren Geist, den sie immer in
sich trägt, wirklich erkennend auffassen kann. Dazu
muß die Menschheit wieder gelangen. Das ist der Sinn des
großen Wendepunktes in unserer Zeit, daß uns die Welt
das Bild der Zerstörung, des Chaotischwerdens zeigt,
daß aber für denjenigen, der einsichtig ist, in
diesem Chaotischwerden, in diesem furchtbaren Wüten
menschlicher Leidenschaften, die alles verdunkeln und die alles
schließlich in die Dekadenz hineinbringen wollen, daß
sich in alledem offenbart der Drang von geistigen Mächten,
die dahinterstehen, um den Menschen in eine neue Geistigkeit
hineinzuführen. Und in dem Hinhorchen auf diese
Geistesstimme, die in unser materialistisches Dasein
hineintönt, besteht eigentlich die Veranlagung für
anthroposophische Geisteswissenschaft.
Ich
sagte, zu allen Zeiten war das Bestreben vorhanden, die
menschliche Organisation so zu entwickeln, daß sie in die
geistige Welt hineinschauen kann. Aber verschiedene Bedingungen
waren da. Wenn wir in sehr alte Zeiten der
Menschheitsentwickelung zurückgehen, ja noch
zurückgehen in solche Zeiten, wie ich sie Ihnen in diesen
Tagen als die chaldäischen Zeiten geschildert habe, ja bis
zu einem gewissen Grade sogar noch in solche Zeiten, denen
Brunetto Latini angehört hat, so finden wir,
daß die Menschen nicht so verwachsen waren mit ihrem
physischen und Ätherleib wie heute. Heute stecken ja die
Menschen ganz gründlich in ihrem physischen und
Ätherleib drinnen. Sie müssen drinnenstecken, weil
sie ja danach erzogen werden. Wie sollen denn schließlich
die Menschen mit Geistern verkehren, wenn sie schon oftmals vor
dem Zahnwechsel lesen und schreiben lernen müssen! Lesen
und Schreiben, das erst im Laufe der Menschheitsentwickelung
aus physischen Bedingungen heraus erfunden worden ist, das
können nämlich die Engel nicht, das können die
Geister nicht. Und wenn man sein ganzes Menschenwesen
einrichtet auf dasjenige, was nur in der physischen Welt
erfunden ist, dann hat man es natürlich schwer,
herauszukommen aus dem, was physischer und Ätherleib
ist.
Unsere Zeit ist in gewissem Sinne stolz darauf, alle Kultur so
einzurichten, daß der Mensch nur ja nicht irgendwie etwas
erleben kann, wenn er sich trennt von seinem physischen und
Ätherleib. Ich will nicht schimpfen über diese
Kultur. Ich will sie nicht kritisieren. Sie muß so sein,
wie sie ist. Sie mußte heraufkommen. Ich werde auch
darüber noch sprechen, was sie bedeutet, aber es ist eben
so. Es waren in alten Zeiten der astralische Leib und das Ich
auch beim Tagwachen viel, viel selbständiger
gegenüber dem physischen Leib und Ätherleib, als sie
heute sind. Dafür waren aber auch die Initiierten davon
abhängig, daß sie von der Natur aus eine solche
Selbständigkeit hatten. Allerdings, in sehr alten Zeiten
der Menschheitsentwickelung konnte in den Mysterien fast jeder
initiiert werden. Man konnte jeden herausgreifen aus der
Menschheit. Das war aber nur in sehr alten Zeiten, in den
allerältesten Zeiten etwa der urindischen Kultur und der
urpersischen Kultur.
Dann kamen die Zeiten, wo man schon darauf angewiesen war,
diejenigen Menschen zur Initiation auszuwählen, welche
leicht aus ihrem physischen und Ätherleib herauskamen, die
eine relativ großeSelbständigkeit hatten für das
Ich und für den astralischen Leib. Man war also von
gewissen Bedingungen abhängig. Das hinderte nicht,
daß man bei jedem sich bemühen konnte, ihn in der
Initiation so weit zu bringen, wie er nur irgend gebracht
werden konnte. Man tat das auch. Aber der Erfolg, der über
ein gewisses Maß hinausging, hing vielfach davon ab, ob
der Betreffende leichter oder schwerer in der
Selbständigkeit seines Ich und seines astralischen Leibes
war. Man war von Naturhaftem im Menschen, von Anlageartigem
dennoch abhängig. Das ist deshalb so, weil der Mensch nun
einmal in die Welt hereingestellt ist. So muß er auch in
einer gewissen Weise von der Welt abhängig sein, solange
er zwischen Geburt und Tod lebt.
Nun
können Sie die Frage aufwerfen, ob denn der Mensch auch
heute für die Initiation solchen Abhängigkeiten
unterworfen ist. In gewissem Sinne ist er es. Und weil ich in
diesen Vorträgen ganz klar, ganz erschöpfend sprechen
möchte über die Wege, die richtig sind und die falsch
sind in die geistige Welt hinein, möchte ich auch
dieAbhängigkeiten, die heute bestehen für die
Initiation, vor Sie hinstellen. Wollen wir uns alles klar vor
die Seele stellen.
Sehen Sie, der alte Mensch war mehr von seinen naturhaften
Anlagen abhängig, wenn er Initiat wurde. Der heutige
Mensch kann eigentlich auch immer an die Initiation
herangebracht werden, und es ist schon richtig, daß man
immer durch entsprechende Seelentrainierung den astralischen
Leib und die Ich-Organisation so gestalten kann, daß sie
in die geistige Welt hineinschauen können, geistige
Wahrnehmungen machen können. Aber mit Bezug auf die
Vollständigkeit, die Vollkommenheit dieser Wahrnehmungen
ist man auch heute von etwas abhängig. Da kommt etwas sehr
Feines und Intimes in Betracht, und ich bitte Sie, sich nicht
gleich ein abschließendes Urteil zu bilden über
dasjenige, was ich heute sagen werde, bevor der Inhalt der
nächsten Vorträge an Sie herangekommen sein wird. Ich
kann das, was ich zu sagen habe, nur nach und nach
charakterisieren.
Man
ist heute nämlich in der Initiation in einem gewissen
Sinne von seinem Lebensalter abhängig. Nehmen Sie einmal
an, konkret gesprochen, man sei meinetwillen 37 Jahre alt
geworden, wenn die Initiation an einen herantritt. Man habe
also das Leben von der Geburt gelebt bis zum 37. Jahre und hat
vor, dann weiter zu leben. Jetzt wendet man, in der Regel unter
einer Führung oder unter freiem Lernen nach literarischer
Anleitung, die Regeln der Meditation, Konzentration oder
anderer Seelentrainierung auf sich an. Und man bekommt
zunächst dadurch, daß man immer wieder und wieder
sich meditativ in einen Gedankengehalt vertieft, die
Fähigkeit, zurückzuschauen zunächst in sein
Erdenleben. Man bekommt sein Erdenleben wie in einem
einheitlichen Tableau vor die Seele hingestellt.
Also man ist 37 Jahre alt geworden. So wie man sonst im
Räume hinschaut und sieht da die Menschen der ersten, der
zweiten Reihe, dort den Tisch, hinten die Wand, so wie in die
Perspektive hineinschauend das Ganze gleichzeitig da ist, so
sieht man auf einer gewissen Stufe der Initiation in die Zeit
hinein. Es ist, wie wenn der Zeitverlauf räumlich
wäre. Man sieht so hinein. Man sieht da: Jetzt bist du 37
Jahre alt geworden; das hast du erlebt mit 36 Jahren, mit 35
Jahren; da geht es weiter bis zur Geburt hin. Jetzt schaut man
hinein und hat das ineinem einheitlichen Tableau vor sich. Aber
nehmen Sie einmal an, man mache in Wirklichkeit auf einer
gewissen Stufe der Initiation diese Rückschau. Da wird
man, wenn man 37 Jahre alt geworden ist, zurückschauen
können in die Zeit, die man verlebt hat von seiner Geburt
bis ungefähr zum 7. Jahre, bis zum Zahnwechsel. Es ist
fern. Man schaut dahin. Man wird dann hinschauen können
auf die Zeit, die man verlebt hat vom 7. bis 14. Jahre, bis zur
Geschlechtsreife. Man kann dann hinschauen auf die Strecke, die
man durchlebt hatvom14.bis21. Jahre, und schaut da die Dinge.
Dann kann man zurückschauen auf das übrige Leben, das
man bis zu seinem 37. Lebensjahre durchlebt.
Man
kann nun in, ich möchte sagen, zeitlich-räumlicher
Perspektivedas durchschauen. Fügt man nun hinzu zu diesem
Hineinschauen in diese Zeit-Raumesperspektive das
Bewußtsein, das vom leeren Bewußtsein, vom wachenden
leeren Bewußtseinszustand ausgeht, so durchzuckt einen
eine gewisse Kraft des Schauens. Man wird inspiriert. Aber
sehen Sie, man wird jetzt in der verschiedensten Weise
inspiriert. Man merkt: Dasjenige, was man als Leben durchlebt
hat zwischen der Geburt und dem 7. Jahre, das inspiriert einen
anders, das zaubert einem etwas anderes vor die Seele als
dasjenige, was man erlebt hat vom 7. bis zum 14. Jahre und
wiederum dasjenige, was man erlebt hat vom 14. bis zum 21.
Jahre, und wiederum das Spätere. Jedes solches Lebensalter
gibt eine andere Kraft. Man kann in anderes hineinschauen.
Aber man kann ja auch älter werden als 37 Jahre. Man kann,
sagenwir, 63, 64 Jahre alt werden. Dann überschaut man
auch die späteren Lebensepochen. Da erscheint einem
ziemlich einheitlich die Lebensepoche zwischen dem 21. und 42.
Lebensjahre. Dann aber gliedert sich die Sache wiederum. Man
bekommt deutliche Unterschiede in dem, was man schaut vom 42.
bis zum 49 Jahr; in dem, was man schaut vom 49. bis 56. Jahr;
und wiederum in dem, was man schaut vom 56. bis zum 63. Jahr.
Da schaut man zurück auf deutliche Differenzierungen. Aber
das ist man ja selbst; man ist das geistig in seinem
Erdenleben. Und wird man für alles das inspiriert, so gibt
einem all das, was man da in sich trägt, verschiedenartige
Inspirationen. Man trägt seine Kindheit bis zum 7. Jahre
in sich, das gibt einem eine andere Inspiration alsdie
Kindheit, die man vom 7. bis zum 14. Jahre in sich trägt,
und als die Kindheit vom 14. bis zum 21. Jahre. Aber das darf
man nicht sagen; was man also als junge Damen- und junge
Männerzeit hat, die man vom 14. bis 21. Jahre in sich
trägt, das gibt eine andere Inspiration. Dann kommt eine
ziemlich andere Inspiration heraus für das, was man
zwischen dem 21. und 42. Lebensjahre in sich trägt, und
dann wiederum kommen die ziemlich differenzierten Kräfte,
die von den höheren Lebensaltern herrühren.
Also nehmen Sie an, man habe sich die Fähigkeit errungen,
bildhaft in die eigenen Erlebnisse hineinzuschauen, und dazu
sich errungen die Inspiration des leeren Bewußtseins, so
daß man wieder ausgelöscht hat das [bildhafte]
Bewußtsein und die Kräfte, so daß man auf die
Augen nicht mehr hinschaut, aber durch die Augen schaut.
Nehmen Sie an, man ist so weit gekommen, das heißt, durch
die Inspiration so weit gekommen, daß man nicht mehr seine
Lebensepochen mit ihren Tatsachen sieht, sondern durch diese
Lebensepochen sieht und hört; einmal durch die
Lebensepoche zwischen dem 7. und 14. Jahr, einmal durch die
Lebensepoche zwischen dem 49. und 56. Jahr, wie man einmal
durch die Welt hört und einmal sieht. Da bedient man sich
der Augen, da bedient man sich der Ohren. In der inspirierten
Welt bedient man sich desjenigen, was einem Kraft gibt aus dem
7. bis 14. Lebensjahre, oder desjenigen, was einem Kraft gibt
aus dem 42. bis 49. Lebensjahre. Da sind die Lebensalter
differenzierte Auffassungsorgane geworden. — Also man ist
ja in einem gewissen Sinne von seinem Alter heute
abhängig. Man kann ganz gut mit 37 Jahren aus der
Initiation heraus sprechen, aber man kann anders mit 63 Jahren
aus der Initiation heraus sprechen, weil man da andere Organe
ausgebildet hat. Die Lebensalter sind Organe. — Und
nehmen Sie an, man will schildern nicht aus den Büchern,
sondern aus der inspirierten Erkenntnis heraus
Persönlichkeiten wie Brunetto Latini, wie Alanus ab
Insulis — ich will naheliegende Beispiele wählen,
weil diese Aufgaben uns in den letzten Tagen beschäftigt
haben —, nehmen Sie an, ich will dieses childern.
Versucht man sie zu schildern, wenn man 37 Jahre alt geworden
ist, dann hat man von ihnen folgendes erfahren: Sie stehen da
in der Geisteswelt. In dem belebten Schlafbewußtsein
stehen sie da. Man kann mit ihnen reden — nun,
natürlich etwas cum grano salis gesprochen — , wie
man mit physischen Menschen redet. — Das ist gewiß
richtig, aber das Eigentümliche ist, sie können einem
nur klarmachen, wenn sie mit einem in der Sprache des geistigen
Lebens verkehren, was sie jetzt gerade in diesem Augenblicke an
Weisheit, an innerer Geistigkeit erlangt haben. Und dann kommt
man wohl darauf, daß man von ihnen viel, viel erfahren
kann. Aber man muß es dann von diesen Geistern auf Treu
und Glauben hinnehmen. Man muß es von ihnen
hören.
Nun, meine sehr verehrten Anwesenden, man glaubt schon
daran,denn es ist ja schließlich keine Kleinigkeit, sagen
wir, einem Brunetto Latini in der geistigen Welt
gegenüberzustehen. Man hat dann schon die Möglichkeit
zu unterscheiden, ob man ein wahnsinniges Traumgebilde, oder ob
man eine geistige Wirklichkeit vor sich hat, wenn die
nötigen Vorbereitungen dazu gemacht worden sind. Es ist
also schon möglich sozusagen etwas zu geben auf das, was
einem da durch Mitteilungen zukommt.
Aber nehmen Sie an, man würde mit Brunetto Latini in der
geistigenWelt sprechen, wenn ich mich wieder cum grano salis
ausdrücke. Sie müssen sich das ja nicht so
vorstellen, wie wenn wir da im Saale reden würden, aber
man kann es schon so nennen. Nehmen Sie also an, man würde
so mit 37 Jahren mit dem Brunetto Latini sprechen. Er
würde einem allerlei sagen. Aber dann bekommt man den
Drang, man möchte manches genauer wissen, richtiger
wissen. Und siehe da, da sagt er einem: Ja, da müßte
ich mit dir zurückgehen — wir stehen jetzt im 20.
Jahrhundert —, ich müßte mit dir
zurückgehen durch das 19., 18. Jahrhundert bis in mein
Jahrhundert. Wir müßten den Weg zurückmachen.
Wir müßten uns da hinstellen, wo ich gestanden habe,
als ich der Lehrer Dantes war. — Ja, dann sagt er einem:
Da mußt du noch ein wenig älter werden, wenn du mit
mir diesen Weg machen willst, da mußt du noch etwas
über das jetzige Lebensalter hinauskommen. Ich kann dir
alles sagen. Du kannst alles wissen. Du kannst ein tief
Initiierter werden, aber mitkommen kannst du nicht mit mir. Du
kannst nicht in Realität durch deinen geistigen Willen den
Weg wirklich zurückmachen.
Sehen Sie, da muß man älter geworden sein. Da
muß man über das42. Jahr vor allen Dingen
herausgekommen sein, eigentlich in das 60. Jahr hineingekommen
sein, wenn man ganz ungehindert nun in der geistigen Welt mit
dem Betreffenden zurückgehen will.
Das
sind die Dinge, die Ihnen zeigen, wie es mit dem Menschenwesen
eigentlich im tieferen Sinne liegt, und wie es eine Bedeutung
hat, wenn der Mensch alt wird, oder wenn er jung ist. Erst wenn
man auf solche Dinge schließlich das Augenmerk hinrichtet,
kann man auch begreifen — und ich werde darüber auch
noch zu sprechen haben —, warum manche Menschen jung
sterben, manche älter werden in diesem oder jenem
Erdenleben und so weiter.
Die
ineinandergeschobenen Sternensphären
Wir
haben gesehen, wie das menschliche Seelenleben sich in die Wahrnehmung
der geistigen Welt nach der Seite der Menschenentwikkelung hin
erweitern kann. Ich habe ausgeführt, wie sich
verändert, sagen wir der Verkehr mit einem Wesen, das als
entkörperte Menschenseele in der geistigen Welt ist wie
Brunetto Latini; wie sich ändert der Verkehr je nach den
Bedingungen des Initiaten, ob man mit den Organen schaut, die
sich einem in der Jugend ergeben, oder mit denjenigen, die sich
einem im Alter ergeben. Was in dieser Weise vor die Seele
hintreten kann als der Ausblick des Menschen in die Erdenwelt
und ihre Evolution, das kann ergänzt werden dadurch,
daß man nun die Frage aufwirft: Wie erweitert sich nach
einer anderen Richtung hin die menschliche Einsicht, das
menschliche Bewußtsein? Und ich will eine solche andere
Richtung Ihnen heute noch andeuten, um sie dann in den
nächsten Tagen weiter auszuführen.
Wenn wir im gewöhnlichen Bewußtsein des Erdenlebens
zwischenGeburt und Tod stehen, dann haben wir die Erdenumgebung
um uns. Wir hätten nicht mehr die bloße Erdenumgebung
um uns, wenn der Traum nicht chaotisch wäre, wenn wir im
tiefen traumlosen Schlaf wahrnehmen würden für das
gewöhnliche Bewußtsein. Man hat eben da andere
Wahrnehmungs- oder Bewußtseinszustände, nicht
bloß diegewöhnlichen. Aber man kann das Folgende sich
vor Augen stellen. Das gewöhnliche Bewußtsein hat die
Erdenwelt um sich. Ich will also das, was die nächste
Umgebung der Erde ist — in das Innere der Erde sieht man
ja nicht hinein-, so andeuten (siehe Zeichnung S. 130,
grün). Das ist also, was man zunächst im
gewöhnlichen Bewußtsein vor sich hat. Alles
übrige im Weltenall, Sonne, Mond, die anderen Sterne
leuchten in diese Sphäre herein. Man sieht sozusagen ihre
kosmischen Andeutungen bei Sonne und Mond stärker, bei den
übrigen Sternen schwächer. Sie liefern Andeutungen in
diese physische Welt herein. Und die Physiker würden ja
recht erstaunt sein, wenn sie auf ihre Art — denn auf
unsere Art wollen sie es ja nicht — erfahren
könnten, wie es da wirklich aussieht, wo der Mond ist,
oder wo die Sonne ist. Denn so sieht es nicht aus, wie das in
den Handbüchern der Astronomie oder der Astrophysik und
dergleichen steht! Es sind ja nur Andeutungen, die man so
sieht. Und man macht es ja auch im gewöhnlichen Leben m
der Regel nicht so, wenn ein Mensch, den man kennenlernen will,
vor einem steht, und man mit ihm reden kann, daß man sagt:
Das ist ungenau, was ich da erfahre von dem Menschen; der
muß recht weit weggehen, so daß ich ihn kaum sehe,
dann werde ich ihn viel genauer kennen; ich will ihn dann
beschreiben.
Gewiß, es ist durch
die Weltennotwendigkeit herbeigeführt, aberdie Physiker
können ja nur die Sterne beschreiben, wenn sie recht weit
weg sind. Aber das erweiterte Bewußtsein, das verwandelte
Bewußtsein versetzt einen eben in die Sternenwelten
selber. Und das erste, was man dabei lernt, ist eigentlich,
über diese Sternenwelten ganz anders zu sprechen, als man
im gewöhnlichen Leben über sie spricht. Im
gewöhnlichen Leben sagt man: Ich stehe hier. Wenn es Nacht
ist, sehe ich da drüben den Mond. — Das ist ja
richtig. Man muß erst in ein anderes Bewußtsein
hineinschlüpfen, wenn man anderes sagt. Das dauert
zuweilen oft lang. Aber dann, wenn man in ein anderes
Bewußtsein hineinschlüpft und dann etwa folgendes
machen kann: hinschauen auf dasjenige, was man durchlebt hat
mit dem ersten Bewußtsein, das dem Toten folgen kann,
hinschauen auf das, was man durchlebt hat von der Geburt bis
zum 7. Lebensjahre, bis zum
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Zahnwechsel,
das dann in die Inspiration eingerückt ist, so daß es
innerliche Kraft des Schauens geworden ist — dann sieht man
eine andere Welt um sich. Die gewöhnliche verblaßt, wird
undeutlich, eine andere Welt sieht man um sich.
Diese andere Welt ist diejenige, die man die Mondensphäre
nennen kann (Zeichnung, weiß). Aber man sagt jetzt nicht,
wenn man in diese Erfahrung hineinkommt: Hier stehe ich, und da
wiederum ist der Mond —, sondern man sagt: Ich bin in dem
Monde dadrinnen. — Und Mond ist einem alles das, was hier
in diesem Kreise, den er beschreibt, beziehungsweise in dieser
Kugel liegt. Dasjenige, was Mondumlauf ist, das ist nur die
äußerste Grenze des Mondes. Man erlebt das, daß
man im Mond darinnen ist. Sehen Sie, so im Mond darinnen sein
könnte schon ein Kind mit 8 Jahren, wenn es auf seine
ersten 7 Lebensjahre zurückblickte, wenn man es initiieren
könnte. Da würde es sogar am leichtesten
hineinschauen in diese Mondensphäre, weil es noch nicht
durch das folgende Leben beirrt würde. Man kann es
natürlich noch nicht initiieren mit 8 Jahren; aber
theoretisch ist das durchaus möglich.
So
schaut man also, wenn man mit der Kraft desjenigen schaut, was
einem die ersten 7 Lebensjahre geben, in diese
Mondensphäre hinein. Die Sache wird überhaupt da
ganz, ganz anders, als man sie beschreibt mit dem
gewöhnlichen Bewußtsein. Ich will Ihnen das durch
einen Vergleich klarmachen. Sehen Sie, wenn der Biologe heute
den Embryo studiert in der Keimesentwickelung von den ersten
Stadien bis später, dann studiert er den Keim in einem
gewissen Stadium. Und an einer exzentrisch liegenden, also hier
außen liegenden Stelle, da ist eine Verdickung des
Materiellen. Da ist ein Einschluß. Da sieht man eine Art
von Kern. Aber man kann und darf nicht sagen, obwohl man das
ganz deutlich sieht durch das Mikroskop, man darf nicht sagen:
Das ist bloß der Keim, bloß der Embryo —,
sondern es gehört das andere eben auch dazu. Und so ist
es, sehen Sie, beim Mond und auch bei den anderen Sternen. Das,
was man da sieht als Mond, ist bloß eine Art von Kern und
das ganze hier (weiß schraffiert) gehört zum Monde
dazu. Und die Erde ist im Mond da drinnen. Und wenn sich der
Keim drehen könnte, dann würde dieser Kern auch
hierherumgehen. Der Mond dreht sich. Das ganze Körperchen
dreht sich. Daher geht der Mond hier herum.
Die
Alten, die von diesen Dingen noch etwas wußten, sprachen
daher nicht vom Mond, sondern von der Mondensphäre, und
sie sahen in dem, was wir heute Mond nennen, eben nur einen
Punkt der äußersten Grenze. Den sieht man jeden Tag
woanders. Man sieht dann innerhalb von 28 Tagen die ganze
Grenze der Mondensphäre. Die Kraft, hineinzuschauen in
das, was da als Mondensphäre bleibt, wenn die Erde
verblaßt, diese Kraft erlangt man, wenn die inneren
Erlebnisse des Menschen zwischen der Geburt und dem 7. Jahre
inspiratorische Kraft werden. Und wenn nun die Erlebnisse der
zweiten Lebensepoche, zwischen dem Zahnwechsel und der
Geschlechtsreife, inspiratorische Kraft werden, dann erlebt man
die Sphäre des Merkur (rot). So daß man also daran
die zweite Sphäre erlebt. Das also (weiß) ist aus der
Kraft vom Lebensanfang bis zum 7. Lebensjahre; dieses hier
(rot) ist aus der Kraft vom 7. bis 14. Lebensjahre.
Wiederum stecken wir ja mit der Erde im Merkur darinnen. Es
wird uns dasjenige, was Merkurerlebnisse sind, nur durch das
Auge sichtbar, das wir uns anschaffen können, wenn wir
bewußt zurückdringen, anschauend zurückdringen
in die Erdenerlebnisse zwischen dem 7. und 14. Jahre. Und wenn
man dann geschlechtsreif wird, das Lebensalter durchlebt vom
14. bis 21. Lebensjahre, dann lebt man sich hinein in die
Venussphäre (gelb). Die Alten waren gar nicht so dumm; sie
haben in ihrer traumhaften Erkenntnis über diese Dinge
viel gewußt, und sie haben den Planeten, in den man sich
hineinlebt, wenn man geschlechtsreif wird, mit einem Namen
bezeichnet, der mit dem Liebesleben zusammenhängt, denn
das beginnt in dieser Zeit.
Dann weiter, wenn man auf dasjenige bewußt
zurückschaut, andeutend zurückschaut, was man
zwischen dem 21. und 42. Lebensjahre erlebt, dann weiß man
sich darinnen in der Sonnensphäre. Also die einzelnen
Lebensalter geben einem, wenn man sie zu inneren Organen
umwandelt, die Kraft, das Bewußtsein hinaus in den Kosmos
zu erweitern, stückweise zu erweitern. Wiederum ist es
nicht so, daß man nicht vor dem 42. Lebensjahre etwas
wissen könnte über die Sonnensphäre. Da
können es einem aber die Merkurwesen sagen, denn diewissen
es schon. Man erfährt es also dann indirekt, sozusagen
durch übersinnlichen Unterricht. Um aber im eigenen
Bewußtsein etwas zu erleben auf der Sonnensphäre, um
hineinzutreten in die Sonnensphäre und in ihr so zu
erleben, wie man spazierengeht in Torquay, dazu muß man
nicht nur zwischen dem 21. und 42. Lebensjahre leben, sondern
muß über das 42. Jahr schon hinaus sein, muß
zurückschauen können, denn nur in der Rückschau
offenbaren sich die Geheimnisse. Und wiederum, wenn man
zurückschauen kann auf das Leben bis zum 49. Lebensjahre,
offenbaren sich die Marsgeheimnisse. Kann man
zurückschauen auf das Leben bis zum 56. Lebensjahre,
offenbaren sich die Jupitergeheimnisse. Und die ganz tief
verschleierten, aber ungeheuren Aufschluß gebenden
Saturngeheimnisse, diese Geheimnisse, die, wie wir in den
nächsten Vorträgen sehen werden, sozusagen das
Tiefste des Kosmos verhüllen, die Saturngeheimnisse, sie
offenbaren sich, wenn man zurückschaut auf dasjenige, was
sich zuträgt vom 56. bis 63. Jahre.
Sie
können daraus sehen, meine sehr verehrten Anwesenden, wie
der Mensch wirklich eine kleine Welt, ein Mikrokosmos ist. Er
hängt zusammen mit demjenigen, was er im gewöhnlichen
Bewußtsein der Erde niemals selber gewahr wird; aber er
würde nicht das Leben innerlich gestalten, herrichten
können, wenn nicht die Mondenkräfte von seiner Geburt
bis zum 7. Jahre in ihm wirkten. Wie sie da wirken, das nimmt
man später wahr. Er würde nicht dasjenige in sich
bewirken können, was er zwischen seinem 7. und 14. Jahre
erlebt, wenn nicht die Merkurgeheimnisse in ihm leben
würden. Er würde nicht dasjenige in sich bewirken
können, was er vom 14. bis 21. Jahre bewirkt, wo also zum
Beispiel die gewaltigen produktiven Kunstkräfte in
denjenigen Menschen einziehen, wenn sie karmisch bei dem
veranlagt sind, er würde das nicht erleben können,
wenn er nicht innerlich verbunden wäre mit der
Venussphäre:
Und
ohne sein Verbundensein mit der Sonnensphäre würde er
kein reifes Erfahrungsverständnis für die Welt
entwickeln können zwischen dem 21. und 42. Lebensjahre, wo
wir aus der Lehrzeit hinauskommen, wo wir in die Gesellenzeit
kommen. In alten Zeiten hat man ja auch so etwas
ausgeprägt. Man war ein Lehrling bis zum 21. Jahre, wurde
dann ein Geselle, ein Meister erst später. Also alles das,
was da innerlich vorgehen muß in dem Menschen zwischen dem
21. und 42. Lebensjahre, das hängt zusammen mit dem, was
im Sonnendasein, in der Sonnensphäre lebt. So rührt
alles dasjenige, was im verwelkenden Dasein zwischen dem 56.
und 63. Lebensjahre im Menschen vorgeht, davon her, daß
die Saturnsphäre da ist.
Wir
stecken darinnen mit der Erde in sich ineinanderschiebenden
Sphären. Sieben Sphären sind ineinandergeschoben, und
wir wachsen in das Ineinandergeschobene hinein im Laufe des
Lebens, hängen so mit ihm zusammen. Unser Leben von der
Geburt bis zum Tode wird herausevolviert aus der
ursprünglichen Anlage, indem gewissermaßen die
Sternensphären uns ziehen von der Geburt bis zum Tode.
Wenn wir beim Saturn angekommen sind, dann haben wir alles
dasjenige, was die Planetensphäre beziehungsweise die
Wesen der Planetensphäre in Gnaden an uns tun können,
durchgemacht und bekommen dann, im okkulten Sinne gesprochen,
das frei im Weltenall sich bewegende, geschenkte Leben, das
zurückschaut auf das planetarische Leben vom
Initiatenstandpunkte aus, und das in gewisser Beziehung
emanzipiert sein kann von dem, was in früheren
Lebensaltern noch Notwendigkeiten sind.
Doch über alle diese Dinge werde ich dann in den
nächsten Tagen weitersprechen.
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