NEUNTER
VORTRAG Torquay, 20. August 1924
Abnorme
Wege in die geistige Welt und deren Umwandlung
Die
Benutzung naturwissenschaftlicher Vorstellungen für den
Erkenntnisweg
Tafel 10, 20. August 1924
Sie
haben gesehen, wie in diesen Betrachtungen von der Erforschung
eines Zustandes im gewöhnlichen heutigen Leben, von der
Erforschung des Traumlebens ausgegangen worden ist, wie dann
vorgedrungen werden konnte von da aus zu der Auseinandersetzung
über andere Bewußtseinszustände in der
menschlichen Seele, die fähig sind, in andere Welten
einzudringen, als die ist, die wir zwischen Geburt und Tod
durchleben. Sie haben gesehen, daß wir bei dem medialen
Bewußtsein gelandet sind, bei demjenigen Bewußtsein,
das den Menschen, ich kann auch sagen, m einen somnambulen
Zustand führt, denn der mediale Zustand ist immer ein
somnambuler. Nun, beide Erlebnisarten, das Traumerleben und das
somnambule Erleben, sind ja innere Zustände der Seele, die
in ihrer richtigen An auch im normalen Leben durchaus vorhanden
sind und die nur, wenn sie verstärkt werden, entweder ins
richtige oder ins falsche Fahrwasser führen.
Betrachten wir heute das Traumleben noch einmal. Wir haben
gesehen, daß der Mensch des gewöhnlichen
Bewußtseins Träume erlebt, wenn er aus dem
Wachzustand in den Schlafzustand hinüberrückt, und in
seinem astralischen Leibe dasjenige nachzittert, was er
durchmacht in seinem Ätherleibe und in seinem physischen
Leibe während des Wachzustandes. Da kommen dann die
chaotischen, zwar wunderbaren Traumerlebnisse, deren Deutung
aber dennoch nur richtig dem Initiaten möglich ist, weil
sie in ihrem gewöhnlichen chaotischen Zustande den, der
nicht tiefer in das Wesen der geistigen Welt eindringt, konfus
machen.
Aber wir haben
auch gesehen, wie durch meditative und konzentrative
Übungen dieses Gespinst des Traumlebens von einem
wirklichen höheren Bewußtsein durchwoben wird. Sie
müssen sich also vorstellen den Menschen, versetzt in die
wunderbare chaotische Welt der Träume, aber dieses
Traumleben durchströmt von Bewußtheit, so daß
man so besonnen ist darüber und auch so in der
Realität darinnen ist, wie man es im gewöhnlichen
Leben ist. Dann schaut man in eine andere Welt, eben in die
Welt, die ich Ihnen angeführt habe, wo man die Toten noch
nach ihrem Tode begleiten kann. Und man fühlt sich wie
auseinandergebreitet in einer viel realeren Welt als in
derjenigen, in der man gegenwärtig ist. Nun ist die Frage
diese: In welche Welt kommt man eigentlich? Auch darüber
habe ich schon gesprochen; ich will jetzt nur von einem anderen
Gesichtspunkte die Sache noch einmal berühren.
Mit
den Menschen der Erde lebten einmal, so sagte ich, große
Menschheitslehrer, welche nicht in physischen Körpern,
sondern nur in feinen ätherischen Körpern waren, die
allerdings in Luft sich verkörpern konnten, welche auf dem
Wege der Inspiration die Menschen unterrichteten und die
Urkultur auf der Erde begründeten. Mit dem entsprechenden
Bewußtseinszustande zurückgeschaut in alte Zeiten,
findet man diese großen geistigen Urlehrer der Menschheit
unter Menschen wandeln. Diese großen Menschheitslehrer
haben sich zurückgezogen nach dem Monde, sind heute nur in
der Mondensphäre zu finden, haben sich dort allerlei
Wesen, die niemals auf die Erde gekommen sind, dienstbar
gemacht, leben unter solchen Elementarwesenheiten, und sie
wirken namentlich dann, wenn der Mensch durch die Pforte des
Todes gegangen ist, auf den Menschen, ihm begreiflich machend,
wie er sich seinem Karma gemäß zu verhalten hat. Mit
diesen Wesen hat man es ja auch zu tun, wenn man zunächst
in die geistige Welt eindringen will. So wie man das Erdenleben
nur mit Menschen, in Gesellschaft, m sozialem Zusammensein mit
Menschen vollziehen kann, so kann man ja auch das Leben in
höherer Erkenntnis nur mit anderen Wesen zusammen
vollziehen. Und mit diesen Wesen, mit diesen Mondenwesen, die,
ich möchte sagen aus Erdenwesen, aus diesen Urlehrern der
Menschheit geworden sind, und mit denjenigenWesenheiten
zusammen, welche sie sich dienstbar gemacht haben, erforscht
man die zunächst an die unsrige Welt anstoßende
Geisteswelt.
Man
findet dann in dieser Welt auch immer die Anhaltspunkte
dafür, frühere Inkarnationen von Menschen
kennenzulernen, zurückzugehen in frühere Erdenzeiten,
um Persönlichkeiten aufzufinden, die früher gelebt
haben, mit denen man entweder karmisch verbunden war oder auch
nicht. Ich habe Ihnen als Beispiel dafür angeführt,
wie man so allmählich in Zusammenhang kommt mit solchen
Erdenwesen, die heute nicht auf der Erde verkörpert sind,
Brunetto Latini, Dante, Alanus ab Insults und
anderen Persönlichkeiten, dadurch, daß man in diesem
Bewußtseinszustande weiter vorgeht. Dieser
Bewußtseinszustand ist also eine Erhellung, eine
Durchleuchtung des Traumzustandes. Der Traumzustand ist
sozusagen das Rudiment des gewöhnlichen Lebens für
diesen Zustand. Was ist nun der Unterschied zwischen dem
Menschen in dem gewöhnlichen Bewußtsein und dem
Initiaten? Diesen Unterschied können Sie sich sehr leicht
klarmachen.
Wenn der Mensch gewöhnlich schläft, so hat er seinen
physischen Leib und seinen Ätherleib im Bette; er ist mit
seinem astralischen Leib und mit seinem Ich außer dem
physischen und dem Ätherleib. Im Traum erlebt nun nur das
Ich. Zwar sind die Vorgänge, die im Traum erlebt werden,
im astralischen Leibe, der noch außerhalb des physischen
und des Ätherleibes ist; aber erleben kann für das
gewöhnliche Bewußtsein im Traume nur das Ich. Beim
Initiaten erlebt das Ich und vor allen Dingen der astralische
Leib. So daß also der Unterschied zwischen dem
gewöhnlichen Träumer und dem Initiaten der ist,
daß der gewöhnliche Träumer, wenn er
außerhalb seines physischen und seines Ätherleibes
ist, nur mit seinem Ich erlebt; der Initiat erlebt auch mit dem
Astralleib.
Nun, diese Art
wahrzunehmen, sie ist vor allen Dingen schon in den alten
Mysterien zur Erforschung der übersinnlichen Welten stark
ausgebildet worden. Sie ist dann rudimentär, dekadent
weitergebildet worden durch das Mittelalter und die neuere
Zeit, bis sie sich in der allerneuesten Zeit mehr oder weniger
verloren hat. Einzelne Menschen haben immer dadurch, daß
sie auf irgendeine Weise, sei es aufgeistige Weise, sei es
durch Tradition, von den alten Lehrern in den Mysterien Kunde
erhalten haben, wie man das gewöhnliche Traumleben
durchleuchtet mit Bewußtsein, einzelne Menschen haben
immer eine Möglichkeit gehabt, in die Welten einzudringen,
in die man eben auf diese Weise eindringen kann. Es ist immer
eine Gefahr vorhanden für den Menschen, wenn er in diese
Welten eindringen will. Denn in diesen Welten hat der Initiat
zum Beispiel sofort das Gefühl, wenn er mit der
imaginativen Erkenntnis da untertaucht in das, was sonst durch
die Träume ausgefüllt ist, daß er die Welt
verliert, daß er mit seinem Bewußtsein sozusagen ins
Leere sich verliert. Er hat immer das Gefühl, fester Boden
geht im fort, Gewicht, Schwere geht ihm fort. Er fühlt,
wie er innerlich leicht wird, wie er ohne seinen Willen
hinausgetragen wird in geistige Weltenfernen, wie er leicht die
Beherrschung über sich verlieren kann, weil alle Schwere,
alles Gewicht verlorengeht.
Damit das nicht der Fall ist, dazu sind eben die Übungen
da, die in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der
höheren Welten?» beschrieben sind. Wer sich diesen
Übungen in der richtigen Weise hingibt, wird finden,
daß er ein seelisch beflügeltes Wesen wird, das sich
dann, wenn die Schwere, das Gewicht aufhört,
gewissermaßen seelischer Flügel bedienen kann. Das
ist aber eben gerade der bedenkliche Zustand, wenn man als
Initiat sozusagen seine Füße verliert und noch nicht
die Flügel hat, wenn man die physischen Füße und
die ätherischen Füße verliert und noch nicht die
astralischen und Ich-Flügel hat. Sie verstehen, wenn ich
das bildlich ausdrücke, was damit gemeint ist. Aber es ist
so. Bei sorgfältigem Hineinwachsen in die Welt, die man da
betritt durch die Übungen, ist natürlich jede Gefahr
beseitigt, kann keine Gefahr eintreten. Der Mensch kann
allmählich in diese Welt hineinwachsen, wie er durch
seinen physischen und Ätherleib in die gewöhnliche
physische Welt hineinwächst.
Dies ist aber zugleich ein Zustand, in dem die Urmenschheit
mehr oder weniger durch natürliche Verhältnisse war.
Wir müssen diesen Zustand durch Übungen erreichen.
Die Urmenschheit brauchte das nicht. Die Urmenschheit hatte
natürliche Anlagen, wodurch immer ein Zustand vorhanden
war, der nicht unser Wachen darstellt, sondernein geistiges
Schauen, wie ich es bei den Chaldäern beschrieben habe,
und ein Zustand, der auch nicht unser Träumen darstellt,
sondern ein Wahrnehmen im Imaginieren ist. Ein Mensch begegnete
dem anderen. Er sah ihn nicht bloß in bezug auf seine
leiblichen Konturen, sondern er träumte um ihn herum die
Aura. Aber das war die wirkliche Aura, nicht eine bloß
subjektiv erträumte.
Dann wiederum, wenn er diese Gabe hatte, an einem
Erdenmenschen, der im physischen Leibe ist, die Aura zu
schauen, dann hatte er auch die andere Fähigkeit —
denn beide sind miteinander verbunden —, nun die Aura
eines geistigen Wesens zu schauen, das nicht im physischen
Leibe verkörpert ist. Und dann träumte er die Gestalt
dieses geistigen Wesens. Merken Sie den Unterschied: Begegnete
man in alten Zeiten einem Menschen, einem Erdenmenschen, so sah
man den Erdenmenschen und imaginierte um ihn herum in einem
realen Traum die Aura. Begegnete man einem Geistwesen, einem
Engel- oder Elementarwesen, so sah man von vornherein die Aura
geistig und träumte dazu die Gestalt.
So
haben die Urmaler auch gemalt. Nur weiß man das noch
nicht. Die Urmaler sahen die geistigen Wesenheiten,
träumten dazu die Gestalten, malten ziemlich
menschenähnlich noch die Wesen aus der Hierarchie der
Angeloi, malten mit verschwimmendem Leibe, aber mit deutlichen
Flügeln und noch mit Haupt die Archangeloi, und nur das
Haupt, das geflügelte Haupt malten sie, weil sie es
träumten, bei den Archai. Alle diese Dinge waren sozusagen
dem alten Menschen, dem Urmenschen ganz natürlich, wie es
uns heute natürlich ist, daß wir beim anderen die
Nase und die Augen sehen. Heute müssen sie, weil sie
allmählich in der Menschheit verlorengegangen sind, durch
Übungen wiederum errungen werden. Aber es hat daher, weil
das der Urmenschheit eigen war, und weil es
verhältnismäßig leicht durch Übungen immer
wieder zu erringen war, dieses Gebiet viel Forschung im Laufe
der Zeit gefunden. Man hat die Welt, welche sozusagen von den
Mondenwesenheiten regiert wird, immer mit einem großen
Eifer durchforscht, und die Initiaten der alten Mysterien, die
auf diesem Gebiete die richtigen Forscher waren, sprechen viel
gerade von dieser Welt, von ihren Begegnungen mit Toten nach
dem Tode, von ihrerErforschung der Mondensphäre. Und dann
geben sie Perspektiven, wie von der Mondensphäre aus die
Welt sich ausnimmt.
Kopernikus hat ja eben nur von der Erdensphäre aus
sein kopernikanisches System begründet. Das alte
ptolemäische System ist nicht falsch, sondern es ist nur
von der Mondensphäre aus gesehen, und da ist es richtig.
Nun ist ein Eigentümliches bei diesen Forschern, was man
immer findet. Das ist, daß sie nicht weitergehen als bis
zu dieser Mondensphäre.
Sehen Sie, es ist ja Ihnen wohl allen bekannt, daß
dasjenige, was man Anthroposophische Gesellschaft nennt, zuerst
drinnengestanden hat in der Theosophischen Gesellschaft. Die
Theosophische Gesellschaft, die eine ähnliche Gesellschaft
ist, wie es im Laufe der Zeiten viele gegeben hat von der Art,
sie hat eine reiche Literatur. Wenn Sie diese Literatur
nachlesen, meine verehrten Anwesenden, dann werden Sie finden,
daß — richtig oder unrichtig, darauf kommt es jetzt
nicht an — die Welt beschrieben ist, von der ich eben
spreche, die Welt, die man mit den Mondenwesenheiten
durchforscht, die Welt der Mondensphäre. Und es hatte da
für mich etwas Bedeutsames, möchte ich sagen, etwas,
womit zunächst Störungen verbunden waren, als ich den
Antrag bekam, in der Theosophischen Gesellschaft zu wirken. Es
bestand darinnen, daß ich bei all denen, die in der
Theosophischen Gesellschaft standen, eigentlich nur Forschungen
und eine Literatur vorfand, die sich auf diese
Mondensphäre bezog. Da ist gewiß vieles Unrichtige,
aber es ist auch vieles außerordentlich Bedeutsame,
Großartige, Gewaltige, namentlich in den Schriften der
Blavatsky. Aber alles, was in den Schriften der
Blavatsky sich vorfindet, ist so, wie es ist, aus dem Grunde,
weil sie eben in der Sphäre drinnen stand, die ich soeben
beschrieben habe, und weil sie ihren Zusammenhang hatte mit
Initiaten, die sich bescheiden in dieser Mondensphäre
hielten. Nun, ich kann ja sagen, ich habe manchen solchen
Initiaten kennengelernt, kennengelernt, wie solche Geister
vordringen in die Mondensphäre, und wie sie uninteressiert
werden, wenn man weiterkommen will.
Wenn ich also — es ist das ja in den Jahren 1906 bis 1909
geschehen — in meinem Buche «Geheimwissenschaft im
Umriß» beschrieben habe die Erde in ihrer
früheren Inkorporation Mond, in ihrer
früherenInkorporation Sonne, in ihrer früheren
Inkorporation Saturn, so finden Sie, daß ich da nicht bei
der Mondeninkorporation Halt gemacht habe, sondern
weitergegangen bin, zurück bis zum Saturn; wogegen alle
die Initialen, die von diesen Dingen sprachen, Halt machten
zwischen Mond und Sonne, eigentlich nur zurückgingen bis
zur Mondensphäre. Sie wurden uninteressiert, sogar
zuweilen unruhig, wenn man an sie die Zumutung stellte, da
weiter zurückzudringen. Das kann man nicht, sagten sie, da
kommt man an eine Grenze, wo ein Schleier ist, über den
man nicht hinauskommt.
Es
war natürlich außerordentlich wichtig und auch
interessant, zu sehen, woran das liegt. Sehen Sie, das liegt
daran, daß solche Initiaten — wenn man sie gut
kennenlernte, bemerkte man das bald — einen Widerwillen
hatten, eine Antipathie hatten gegen das Kennenlernen
derjenigen Vorstellungsformen, welche sich auf die neuere
Naturwissenschaft beziehen. Man konnte sogar die Erfahrung
machen, wenn man Vorstellungen, wie sie im Darwinismus,
Haeckelismus und so weiter leben, an diese Initiaten
heranbrachte, daß sie ganz unwillig wurden, das als
kindisch, als tölpelhaft von dem modernen Menschen
betrachteten, und sich nicht damit befassen wollten. Brachte
man Goethesche Vorstellungen an sie heran, dann waren sie
anfangs nicht so unwillig, aber sie fanden doch, der
drückt sich auch so aus, wie sich ein Naturforscher der
neueren Zeit ausdrückt. Und dann schmissen sie die Sache
auch weg.
Kurz, man kam mit diesen Vorstellungen an diese Initiaten gar
nicht heran. Und erst als ich in diesen Jahren 1906 bis 1909
einfach die modernen naturwissenschaftlichen Vorstellungen der
Seele imprägnierte, um sie in die Region zu bringen, wo
sonst die Imaginationen sitzen, war es mir möglich,
vorzudringen bis Sonne und Saturn. Ich benutzte also diese
naturwissenschaftlichen Vorstellungen nicht, um mit ihnen so zu
erkennen, wie Haeckel oder Huxley erkannten,
sondern ich benutzte sie als innerliche Aktivität, um
über diese Begrenzung hinauszukommen, der die Initiaten in
der Zeit unterlagen, als eine neuere naturwissenschaftliche
Denkungsart noch nicht vorhanden war, und man daher nur
innerlich durch Imprägnieren der Traumwelt mit
Imaginationen in das höhere Bewußtsein hineinkam.Es
ist also hier zur Abfassung meiner
«Geheimwissenschaft» der Versuch gemacht worden, die
ganz bewußte Vorstellungswelt, die sich sonst nur auf
äußerliche Naturgegenstände bezieht, innerlich
zu nehmen und damit die imaginative Welt zu imprägnieren.
Da ergab sich dann die Möglichkeit, in diese ganze Kette:
Saturn, Sonne, Mond einzudringen. Da kam man dann darauf,
dasjenige auf Erden zu erforschen, was auch die alten Initiaten
hatten.
Ich
erzähle diesen Erkenntnisweg aus dem Grunde, damit Sie
sehen, wie solche Dinge verlaufen. Sie können sagen: Das
ist etwas Persönliches. — Aber in diesem Falle ist
das Persönliche ja wirklich ganz objektiv. Und wenn man
etwas getadelt hat an meiner «Geheimwissenschaft», so
ist es das, daß sie wie ein mathematisches Lehrbuch
geschrieben ist, daß ich nichts Subjektives versuchte
hineinzubringen, sondern diesen ganzen Gang, wie ich ihn jetzt
erzählte, mit einer mathematischen Kühle geschrieben
habe. Aber er ist so. Er ist dadurch zustande gekommen,
daß man die Denkungsweise, die seit Kopernikus,
Galilei und so weiter da ist, die von Goethe so
sehr vertieft worden ist, in dieselbe Seelenverfassung
hineingetragen hat, die man sonst bei der Imagination hat.
Dadurch konnte man dieses Gebiet, das immer den Initiaten
zugänglich war, eben nach vorne hin, in der Zeit nach
vorne hin bis zum Saturn hineintragen. So sehen Sie vielleicht
an diesem Beispiel, wie es darauf ankommt, in diesen Dingen
nicht nebulos, sondern ganz klar und besonnen vorzugehen, eben
gerade Besonnenheit hineinzutragen da, wo sonst leicht die
Besinnungslosigkeit beginnt. So haben wir also hier das
Beispiel, wo das Traumleben, das sonst nur das Ich ergreift,
den astralischen Leib ergreift.
Und
ich möchte auf die Frage: Worin besteht denn nun der
Unterschied zwischen der modernen Naturwissenschaft und dem,
was ich in meinem Buche «Geheimwissenschaft» gegeben
habe — antworten: Der Unterschied besteht darinnen,
daß der moderne Naturdenker nur an das Ich sich wenden
kann, sofort ins Träumen kommt, wenn er aus dem Ich
herauskommt, und ich konnte dem Astralleib sagen, was die
Naturforscher für Vorstellungen haben; dadurch konnte der
Astralleib hineindringen in die Welten, die ich zu beschreiben
hatte. Das ist ein Weg, der Ihnen ganz exakt beschrieben werden
kann und der Ihnen, als Beispiel, als Exempel vielleicht viel
genauer zeigen wird, wie die richtigen Wege sind gegenüber
den falschen, als irgend etwas anderes.
Die
Überwindung der Karikatur naturwissenschaftlicher Methoden
zur Erforschung des Mediumismus und Somnambulismus
Nun,
der polarisch entgegengesetzte Zustand gegenüber dem
Traumzustand ist der Zustand des Somnambulismus oder
Mediumismus. Der Träumer lebt ganz in seinem Ich und
astralischen Leib; wenn er auch im astralischen Leib keine
bewußten Wahrnehmungen hat, so lebt er doch darinnen. Der
Träumer lebt ganz in seinem Ich und in seinem Astralleib,
außerhalb seines physischen und Ätherleibes. Er ist
also versenkt, vertieft in seine eigene Wesenheit, und, da die
eigene Wesenheit zusammenhängt mit Welten, von der eigenen
Wesenheit aus in Welten [und damit in gewissem Grade auch in
den physischen Organismus]. Also der Träumer taucht
sozusagen unter in seine eigene Wesenheit und dadurch in die
Welt. Das genau Entgegengesetzte ist beim Medium und beim
Somnambulen der Fall. Man ist auch nur in einem somnambulen und
in einem mediumistischen Zustand, wenn man mit seinem Ich und
astralischen Leibe heraus ist außer dem physischen und
Ätherleib; aber dann ist, wie ich Ihnen gestern
ausgeführt habe, Ich und astralischer Leib durchdrungen
von einer fremden Wesenheit.
So
haben wir das Medium oder die Somnambule da mit ihrer
physischen Wesenheit; aber außerhalb des physischen und
des Ätherleibes ist das Ich und der astralische Leib. Da
ist das Ich unterdrückt, geknechtet, und der Astralleib
auch, denn ein anderes Wesen, wie ich gestern beschrieben habe,
sitzt darinnen. Dadurch kann aber auch das Medium nicht in der
richtigen Weise zurückwirken auf den physischen und
Ätherleib. Denn auch wenn wir zum Beispiel im Schlafe
sind, im traumlosen Schlafe, wirken wir zurück auf den
physischen Leib und Ätherleib. Wir durchdringen
gewissermaßen im Wachzustand physischen Leib und
Ätherleib von innen, im Schlafzustandschützen wir sie
von außen. Das hört auf beim Somnambulen. Das Medium,
die Somnambule, sie können sich nicht kümmern um
ihren physischen und Atherleib. Die sind sozusagen verlassenes
Gebiet. Das ist das Eigentümliche des Mediums, des
Somnambulen, daß physischer und Atherleib verlassenes
Gebiet sind.
Wenn wir den Menschen, der seine für unsere heutige
menschliche Gegenwart normale Seelenverfassung hat, betrachten,
so haben auf seinen physischen und Atherleib nur die
Kräfte der Mineralien und der Pflanzen Einfluß;
nichts anderes, nur die Kräfte der Mineralien und der
Pflanzen. Wenn nicht die Kräfte der Mineralien, also auch
der mineralischen Erde, auf unseren physischen Leib wirkten,
könnten wir nicht gehen, uns nicht bewegen, denn das sind
die physischen Kräfte, deren wir uns bedienen. In die
dürfen wir hineinkommen; das ist normaler Zustand. Aber
die dürfen nicht in den Atherleib hereinkommen.
Ebenso ist es bei den Pflanzen. Sie dürfen in gewissem
Sinne noch auf den Atherleib wirken, aber nicht allzu stark.
Aber nicht die Kräfte, die in den Tieren die Empfindung
bewirken, und auch nicht die Kräfte des anderen Menschen
dürfen auf den physischen Leib des Menschen und namentlich
auf den Atherleib einwirken. Weil physischer Leib und Atherleib
beim Medium, beim Somnambulen verlassen sind, wirken die
tierischen und irdisch-menschlichen Kräfte auf den
Somnambulen, auf das Medium. Sie werden suggestiv
beeinflußt.
Ebenso wie sich der Gedanke aus dem Traume hineinsenkt, so
senkt sich jetzt der Wille aus dem Menschen heraus in die
Umgebung hinein. Und wir können dem Somnambulen, dem
Medium suggerieren, es soll gehen. Wir können ihm
suggerieren, wenn wir ihm eine Kartoffel geben, es sei eine
schmackhafte Birne und so weiter. Wir gelangen unmittelbar als
Menschen suggestiv an Medien und an Somnambule in bezug auf den
physischen und dadurch auf den Atherleib heran. Und die
Somnambule und das Medium tragen in ihrem Atherleib ihre
physische Umgebung in sich, die sie nur in ihrem physischen
Leib in sich tragen sollen, wie es beim normalen Menschen der
Fall ist. So ist der normale Mensch traumhaft hingegeben an die
innere Geisteswelt.Und so ist die Somnambule, das Medium,
hingegeben an die äußere Naturwelt.
Wiederum ist das, also medial zu sein, somnambul zu sein, ein
normaler Zustand, wenn er eben normal ist; denn daß wir
gehen, daß wir greifen, daß wir überhaupt im
Räume etwas tun können, das ist ja eine
magisch-somnambule Verrichtung bei jedem Menschen. Es darf nur
nicht heraufkommen in den Ätherleib, es muß nur im
physischen Leib verbleiben. Das Normale geht durchaus über
in das Abnorme. Sehen Sie, so ist eigentlich der Träumende
ganz in sich darinnen, das Medium und die Somnambule ganz aus
sich heraus, und wir haben gewissermaßen wie Automaten den
physischen Leib und den Ätherleib des Menschen vor uns im
Medium und in der Somnambulen, können auf diese wirken,
weil sie nicht versorgt werden vom eigenen Ich und vom eigenen
Astralleib. Und dadurch wird, ebenso wie beim Träumenden
eine Verbindung mit der inneren Geistwelt erzeugt wird, bei der
Somnambulen und bei dem Medium eine Verbindung mit der
äußeren Naturwelt erzeugt, mit der Welt der
Gestaltung, mit der Welt der Bildentstehung, mit alldem, was
anschaulich ist, was räumlich ist, was zeitlich ist.
Wenn man in die Traumeswelt hinuntertaucht, taucht man in das
Gestaltenlose, in das ewig Sich-Verwandelnde ein. Wenn man in
die Welt, in der die Somnambule unter suggestivem Einfluß
den Willen ausübt, eindringt, wenn also der physische Leib
und der Ätherleib in diese Welt eindringen, so ist alles
bestimmt, konturiert; mit ungeheurer Exaktheit wird eigentlich
alles ausgeführt, was durch äußeren Einfluß
geschieht. Das ist die dem Träumenden ganz
entgegengesetzte Welt, das ist gewissermaßen ein
realisiertes, ein äußerliches, naturhaft
hergestelltes Träumen, wo im Tun geträumt wird, statt
daß sonst nur im inneren Erleben geträumt wird.
Dieser Gegensatz, der ist nun auch bedeutsam und von
höchstem Interesse, wenn man ihn betrachtet vom
Initiatenstandpunkte aus. Der Initiat hat, wie ich Ihnen sagte,
seine Schwierigkeiten, wenn er da untertaucht in die Traumwelt,
um sie imaginativ zu durchströmen; seine Schwierigkeiten
hat er, weil er ja das Gefühl hat, die Schwere geht
verloren, das Gewicht geht verloren, alle die Dinge der
Außenwelt, die festen Boden geben, die gehen verloren.
Wenn der
Initiat sich einlebt — und er muß sich nun
bewußt einleben, er muß ein Bewußtsein
dafür entwickeln, so herauszugehen, wie unbewußt die
Somnambule herausgeht in die Welt —, dann hat er das
Gefühl, daß er in jedem Moment bewußtlos werden
kann, das Bewußtsein verlieren kann. Das ist ja der Fall,
dieses fortwährende in der Möglichkeit stehen, das
Bewußtsein zu verlieren. Man hat immer die Notwendigkeit,
sich stramm, straff innerlich zu halten, damit das
Bewußtsein ja nicht verlorengeht.
Ich
möchte sagen, geht man in dieser Welt vor, so muß man
sich als Initiat so vernünftig bewegen in dieser Welt, wie
sich sonst leidlich vernünftige, anständige Menschen
in unserer Welt bewegen. Ich möchte sagen, man darf es dem
Initiaten nicht ansehen, daß, während er zwischen
Menschen und Tieren und Steinen durchgeht, er zugleich in einer
geistigen Welt ist, wo er mit vollem Bewußtsein
drinnensteht. Denn würde er einen Augenblick nur meinen,
er habe jetzt keine Füße, sondern er fliege da durch
diese Welt, so würde er sehr, sehr leicht in allerlei
Allüren hineinkommen, wodurch ihn die Mitmenschen
bedenklich finden würden. Sie würden sagen: Was ist
denn das für ein Verrückter! — Das kann
geschehen, wenn er nicht innerlich straff und stramm sich
hält, um das volle Bewußtsein zu behalten beim
Durchgehen durch die geistige Welt, die überall da ist,
wie die physisch-sinnliche da ist.
Sehen Sie, hier eröffnet sich ein Gebiet, das nun nicht
die Domäne der Theosophischen Gesellschaft geworden ist,
sondern ein Gebiet, über das sich solche «höher
geartete» Naturforscher hergemacht haben, das man nennt
das Gebiet für psychische Forschung, Psychical research
und so weiter. Es ist das ein Gebiet, wo diejenigen Menschen,
die naturwissenschaftlich sonst vorgebildet sind, aber in der
Naturwissenschaft weniger leisten können, statische
Aufnahmen machen über solche Dinge, mit Medien Versuche
machen, um dahinterzukommen, wie es in der geistigen Welt ist.
Da wird in allerlei Gesellschaften und von allerlei
Gesichtspunkten aus eben ein Gebiet geschaffen, wo man nun von
außen erforschen will, wie das vor sich geht, wenn der
Mensch nicht mit seinem gewöhnlichen Bewußtsein seine
Glieder bewegt oder sich verhält, sondern mit
herabgedämpftem oder ganzausgelöschtem
Bewußtsein, wo andere Wesen sich seiner Seele
bemächtigt haben. Da wird dann registriert, was andere
Menschen tun, in denen das Bewußtsein so
heruntergedämpft ist.
Wir
haben es sogar erlebt, daß für diese Art von
Forschung begeisterte Leute die Anforderung gestellt haben, ich
selber soll mich mit alledem, was ich der Welt zu sagen habe,
in ihren Laboratorien zur Verfügung stellen, damit sie nun
auch von außen erforschen können, was da vor sich
geht, was da als innere Welt vor sich geht. Es ist
ungefähr so gescheit, wie wenn einer kommt und sagt: Von
Mathematik verstehe ich nichts, ich kann also nicht sagen, ob
das, was der Mathematiker behauptet, richtig oder falsch ist;
aber er soll zu mir in mein psychisches Laboratorium gehen, da
werde ich Versuche mit ihm machen und ausprobieren, ob er ein
großer Mathematiker ist.
Ungefähr so ist es. Ich weise damit also hin auf eine
Domäne in der Gegenwart, wo man auch die Welt des
Somnambulen, des Mediumistischen von außen durch die
Karikatur der naturwissenschaftlichen Methode erforschen will,
nicht eigentlich auf das Innere eingehen will. Denn ginge man
auf das Innere ein, würde man sehen, daß man da im
Medium und der Somnambulen ein Äußeres vor sich hat,
einen Automaten des physischen und Ätherleibes, daß
man also gar nicht eigentlich das Geistige erforscht, sondern
daß dasjenige, was man erforschen will, verlassen hat,
das, was man vor sich hat. Aber in diese feineren
Eigentümlichkeiten der geistigen Welt wollen eben die
Menschen nicht hineinsehen. Sie wollen sehr häufig nicht
nur durch innere Erlebnisse, sondern in äußerlicher
Anschauung das Geistige vor sich haben. Im äußeren
sichtbaren, sinnlichen Wirken wollen sie das Geistige vor sich
haben.
Das
tritt manchmal noch in anderer Weise hervor. Das tritt hervor,
indem solche Dinge auftreten, wie sie ja auch dann später
gerade in der Zeit, als ich diesen Weg da durchgemacht habe,
respektive dargestellt habe, in der Theosophischen Gesellschaft
aufgetreten sind, wo man die geistige Gestalt des Christus in
einer physischen Persönlichkeit gesucht hat. Man wollte in
der äußeren physischen Welt ein unmittelbares
Geistiges haben.
Die
Kunst als Brücke von der Materie zum Geist
Man
muß die physische Welt physische Welt sein lassen und das
Geistige da suchen, wo es ist, allerdings auch da, wo die
physische Welt ist, aber eben in den Sphären, die die
physische Welt durchdringen und die geistig sind. Aber hier
liegt noch ein anderes Gebiet. Und der Mensch in seinem
gesunden Zustande fühlt sich schon berufen, die
Brücke zu schlagen zwischen dem einen und dem anderen
Gebiete, zwischen dem Gebiete innerlichen Erlebens und
äußerlichen Anschauens, zwischen der Welt, in der
abnorm der Träumende ist, und der Welt, in der abnorm das
Medium oder die Somnambule ist. Bringt man beide Welten
zusammen, befruchtet sie gegenseitig, dann entsteht die Kunst.
Denn in der Kunst wird dasjenige, was äußerlich
sinnlich wahrnehmbar ist, durchgeistigt, mit den Impulsen der
geistigen Welt durchsetzt; dasjenige, was innerlich seelisch
wahrnehmbar ist, wird in einer äußerlichen
Verkörperung dargestellt.
Während daher die Theosophische Gesellschaft sich damit
befaßte, eine äußerliche physische Wesenheit als
Geistwesenheit hinzustellen, waren wir in der
Anthroposophischen Gesellschaft dazu gedrängt, die okkulte
Strömung in die Kunst einlaufen zu lassen. Die Mysterien
entstanden. Die Eurythmie entstand. Die Sprachgestaltung wurde
ausgebildet. All dasjenige, was in der anthroposophischen
Bewegung da entstanden ist, ist aus diesem Impuls heraus
entstanden, die Brücke zu schlagen herüber vom
Geistigen ins Physische, so daß das Bewußtsein
herüberspielt von der Welt, die der Träumende
chaotisch betritt, zu der Welt, die die Somnambule oder das
Medium chaotisch betritt. In der Kunst wird beides bewußt
ineinandergefügt.
Und
das wird man einmal einsehen. Man wird einsehen, was gemeint
ist, daß zum Beispiel durch diese besonderen Bestrebungen
die Sprachgestaltung, wie sie durch Marie Steiner
geübt wird, wiederum zurückgebracht werden soll auf
diejenige Stufe, die sie einmal gehabt hat, als die Menschen
noch instinktiv geistig waren. Da galt Rhythmus, Takt im
Sprechen mehr als der äußerliche abstrakte
Wortausdruck. Das muß wieder zurückerobert werden.
Und in der Eurythmie wird wieder zurückerobert der bewegte
Mensch, der sich voruns evolviert, wie der Mensch ist als
geistig-seelische Wesenheit. Das ist dasjenige, was Sie in der
Eurythmie sehen.
Und
so haben wir in der Kunst zunächst diese Brücke zu
schlagen gehabt von der Welt, an die der Träumende
heranstreift, zu der Welt, in der die Somnambule, das Medium
herumhopsen und herumstolpern, ungeschickt sich herumbewegen.
In unserer gegenwärtigen materialistischen Zeit steht der
Träumende einsam sinnend da und weiß nichts von
Gestaltungen, von stofflichen Formen, die Geistiges
ausdrücken und offenbaren. Und die Somnambulen gehen herum
— gleichgültig, ob sie als Medien verehrt werden,
oder ob sie im Bolschewismus reine Staatstheorien machen und
gleich wie die Medien in der Welt allerlei Dinge realisieren
—, sie gehen in der gegenwärtigen Welt herum und
ahnen nichts vom Geistigen. Das ist das Wesentliche, daß
wiedergefunden werde die Brücke vom Geist in die Materie,
von der Materie zum Geiste hinüber. Im Künstlerischen
handelt es sich zunächst darum, diese Brücke zu
schlagen, nicht mehr bloß in der äußeren Welt
herumzustolpern und herumzuhopsen, sondern durch geistige
Bewegungen, die nicht die gewöhnlichen sind, Sinn
dafür zu bekommen.
So
sehen Sie den wahren, den inneren Anfang des Eurythmischen als
Initiatenimpuls, und alles dasjenige, was bei uns als Kunst in
der Sprachgestaltung geübt wird, ist auch aus diesem
Impulse heraus. Und wenn demnächst der Kursus in Dornach
über dramatische Kunst gehalten wird, wird versucht
werden, auch die Schauspielkunst wieder
zurückzuführen darauf, daß auf der Bühne
Geistiges sein wird. Lange Zeit hat man nur nachgedacht
darüber, wie man möglichst so wie im
gewöhnlichen Leben den Schauspieler auf die Bühne
stellen soll. Nur komisch waren die Diskussionen in den
neunziger Jahren, wo man darüber diskutierte, und sich
schließlich für das Naturalistische entschied, ob die
Schillerschen Gestalten mit den Händen in der Hosentasche,
weil ja das einmal Mode geworden ist, ob die auch auf der
Bühne in dieser Weise ihre heroenhaften Sentenzen, sagen
wir, aussprechen sollen!
Sie
sehen, es gibt viel Anlaß, den Weg zu finden hinein in ein
richtiges Erforschen der geistigen Welt. Und derjenige, der auf
demGebiete der Kunst sich eröffnet, der ist ein wahrhaft
nicht ganz unrichtiger Weg.
War
es so von einer ganz besonderen Bedeutung, von der alten
Initiatenwissenschaft, die sich versenkt hatte in die Mysterien
des Mondes mit alledem, was dazugehört, vorzudringen zu
demjenigen, was nur durchdrungen werden kann, wenn die
Errungenschaften, aber ich meine jetzt die seelischen
Errungenschaften der Naturwissenschaft, hineinimprägniert
werden in den Seelenzustand, der okkult erkennen kann, war das
von einer ungeheuren Bedeutung, so ist es auf der anderen Seite
von nicht minder großer Bedeutung, daß die unklaren,
dilettantischen Versuche, die gemacht werden, um dem
beizukommen, was nach Entgeistigung, wie es bei der Somnambulen
und dem Medialen der Fall ist, sich dennoch unter geistigem
Einflüsse in den Formen des Geistigen bewegt —, es
war nicht minder wichtig, dies zum besonderen Gebiete des
Forschens zu machen. Denn diese beiden Wege müssen ja
eigentlich als einer angesehen werden: das Durchstoßen von
innen aus durch die besonnen gewordene Traumeswelt, und das
bewußte Erfassen der Außenwelt, die die
Naturwissenschaft nur durch ihre mineralischen Eigenschaften
erfaßt, die auf eine dilettantische Weise erforscht werden
sollen durch die sogenannte psychische Forschung, Psychical
research. Es ist ein Wichtiges, gerade weil wir im
naturwissenschaftlichen Zeitalter leben, auch diesen Weg der
geistigen Forschung zu gehen, auch das andere Gebiet, das
polarisch den Träumen entgegengesetzte Gebiet, geistig zu
durchforschen.
Wenn wir eine Somnambule, ein Medium vor uns haben, dann
geschieht ja durch die Somnambule und das Medium nicht etwas,
was wir gewöhnt sind aus dem gewöhnlichen Leben. Die
Somnambule schreibt nicht, wie ein gewöhnlicher Mensch
schreibt, bewegt sich nicht, wie ein gewöhnlicher Mensch
sich bewegt, spricht nicht, wie ein gewöhnlicher Mensch
spricht, schmeckt nicht, wie ein gewöhnlicher Mensch
schmeckt, weil astralischer Leib und Ich heraus sind aus dem
physischen und Ätherleib und wir es zu tun haben mit einem
physischen und Ätherleib, die verlassen sind, und die nun
unter dem Einfluß des Kosmos stehen, dem Einfluß des
Kosmos hingegeben sind. Wir haben es also da mit Offenbarungen
des Physischen und des Ätherisehen zu tun, die nicht die
gewöhnlichen Naturwirkungen sind, die aus dem Geistigen,
aus der geistigen Welt herrühren. Denn es ist
schließlich ja im Prinzip einerlei, ob ich vor einem
Medium stehe und ihm etwas suggeriere, oder ob das Medium
irgendeinem Sterneneinfluß hingegeben ist und den aufnimmt
in den Ätherleib oder einen klimatischen Einfluß oder
den Einfluß eines Metalles und so weiter.
Wir
haben eine Organisation vor uns in dem Medium, die in magischer
Weise Geistigem hingegeben ist. Das müssen wir ins Auge
fassen. Da kann man dann nicht diese Wirkungen, ohne daß
man das Geistige schon hat, studieren, wie es die
Gesellschaften für äußere psychische Forschungen
machen möchten, die in äußerlicher Weise damit
experimentieren wollen. Da muß man hineinschauen in den
geistigen Zusammenhang. Da muß man das, was da durch das
Medium oder die Somnambule oder sonst durch den Menschen
vorgeht, als Vordergrund haben und im Hintergrund dasjenige
sehen, was als Geistiges vorhanden ist.
Aber alle diese
Wirkungen, die im Medium auftreten, in der Somnambulen
auftreten, sind verwandt mit anderen medialen Erscheinungen.
Wenn Sie hier ein Medium sitzen haben und das in einem
bestimmten Zustande unter Menscheneinfluß oder unter
kosmischem Einfluß dies oder jenes vollführt, das
heißt eigentlich, wenn hier ein physischer und ein
Ätherleib dies oder jenes vollführen, dann ist das
vorübergehend, temporär ganz dasselbe, was, durch
etwas anderes bedingt, bewirkt wird in den giftigen Pflanzen,
durch die der Mensch in gewisser Weise erkrankt. Es ist nur,
ich möchte sagen, die äußere vorübergehende
Maske der Krankheit, die in dem somnambulen, in dem
mediumistischen Zustande auftritt. Und von einem gewissen
Gesichtspunkte aus — das wird dann noch weiter
auszuführen sein in den nächsten Vorträgen
— kann man an den Erscheinungen des Mediumismus, an den
Erscheinungen des Somnambulismus — man braucht es nicht,
aber man kann es — wieder dasjenige sehen, was am kranken
Menschen eigentlich dadurch vorliegt, daß in unnormaler
Weise sein Ich und sein astralischer Leib irgendwie von einem
Organ oder vom ganzen Organismus sich herausgezogen hat, und
der Mensch so unter besondere geistige Einflüsse
kommt.
Sehen Sie,
weil man in alten Zeiten eingesehen hat, daß dieser
Zusammenhang besteht, waren immer die Mysterien verknüpft
mit Medizinischem, und weil man damals nicht so neugierig war
wie heute, hat man es nicht für nötig gehalten, sich
viel mit Medien und Somnambulen zu befassen, deren Wirken man
begriffen hat, wie man Krankheitszustände begriff. Man
befaßte sich eben mehr von diesem Standpunkte aus, der im
Medizinischen gegeben ist, mit diesen Dingen. Und das war ein
Standpunkt, der wieder errungen werden muß.
Und
was in dilettantischer Weise als der andere Weg gerade durch
die Naturerscheinungen hineinkommt ins Geistige, der andere
Weg, der in dilettantischer Weise da begangen wird, der
muß in richtiger Weise verfolgt werden. Es muß
dasjenige, was in der Welt ist und was sich insbesondere durch
die pathologischen Zustände des Menschen und der Tiere
äußert, in richtiger Art wiederum verfolgt werden.
Dadurch wird man erst dazu kommen, dasjenige erforschen zu
können, was die Gesellschaft für psychische Forschung
erforschen möchte.
Und
auch dieser Weg ist nun betreten worden auf dem Boden der
anthroposophischen Bewegung. Er ist möglich geworden
dadurch, daß die pathologischen Erscheinungen in der Art
verfolgt werden können, daß sich aus ihnen heraus der
Zugang zur geistigen Welt eröffnet. Das ist dadurch
möglich geworden, daß im Zusammenarbeiten von mir und
Dr. Ita Wegman dieser Weg, der verfehlt wird von den
physischen Forschungen, in der richtigen Weise versucht wird zu
gehen. Es ist das möglich dadurch, daß dieses
Zusammenarbeiten sich ergeben hat dadurch, daß in Ita
Wegman wirklich nicht bloß jene Erkenntnisse vorhanden
sind, die der heutige Arzt erwirbt, sondern diejenigen
intuitiv-therapeutischen Impulse, welche unmittelbar aus dem
Krankheitsbilde heraus in die geistige Welt hineingehen und von
da zur Therapie kommen.
Da
aber liegt der Weg, das Gebiet zu durchforschen, auf das ich
hier hindeute. Und so wird hier versucht, durch dieses Arbeiten
die wirkliche initiierte Medizin auszubilden, die von selbst
initiierte Naturwissenschaft ist. Auf diese Weise wird auch der
andere, richtige Weg gegenüber den falschen Wegen vor die
Welt hingestellt werden. Und man wird schon sehen an dem ersten
Bande des Buches, das von Frau Dr. Wegman und mir zusammen
geschrieben wird, das demnächst erscheinen wird und jetzt
im Drucke ist, wie dieser Weg gegangen werden muß.
Sie
sehen, daß sich an Beispielen am allerleichtesten zeigen
läßt, wie die richtigen Wege sich von den falschen,
von den irrtümlichen Wegen unterscheiden. Und auch darauf
darf vielleicht hier im Zusammenhange hingewiesen werden. Wenn
ich vorher gesagt habe, es muß ein Weg in die Kunst hinein
eröffnet werden, der nun wiederum das Gebiet des Geistigen
und das Gebiet des stofflich Geformten einander nahebringt, so
muß ich sagen: Es scheint nach den Bedingungen der
heutigen Zivilisation unmittelbar sogar das vorzuliegen,
daß man erst den rechten Weg auch dazu finden wird, wenn
der letztere Weg mit Bezug auf die Naturerscheinungen gegangen
sein wird. — Denn es ist heute auf dem
künstlerischen Gebiet die Menschheit so weit entfernt von
jenem Brückenschlägen, von dem ich gesprochen habe,
daß sie vielleicht erst dann überzeugt werden kann
von dem Weben und Leben des Geistigen auch in der Kunst, wenn
sie auf jene intensive Weise überzeugt werden kann von dem
Wirken des Geistigen, das man besonders schauen kann in der
Genesis des Pathologischen; wenn erst anschaulich geworden ist
durch ein solches Wirken, wie das in dem Zusammenarbeiten von
Ita Wegman und mir vorliegen wird, wenn erst ersichtlich sein
wird, wie der Geist webt und lebt in der Materie, wie er sich
in der Materie offenbart. Wenn man das auf dem Gebiete der
Natur schauen wird, dann wird vielleicht auch der Enthusiasmus,
der volle Enthusiasmus erwachen können dafür,
daß das unmittelbar in der Kunst vor die Welt hingestellt
werden soll.
Ich werde dann
morgen von diesen Dingen weiter sprechen.
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