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Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken

Schmidt-Nummer: S-5947

Online seit: 31st December, 2016

VIERZEHNTER VORTRAG

Dornach, 18. September 1924

Meine lieben Freunde! Die an mich gestellten Fragen werde ich auch neben dem anderen zu beantworten suchen. Nur sind einzelne Fragen darunter, die ich, auch wenn sie von anderen gestellt worden sind, im engsten Kreise der Oberlenker beantworten möchte. Das kann in den nächsten Tagen noch geschehen, und diese Antworten können weitergegeben werden.

Vor allem möchte ich Sie heute hinweisen auf ein Bild der Apokalypse, das eine Imagination des Apokalyptikers darstellt, wie sie vielfach in jene Bilddarstellungen übergegangen sind, welche im Anschluß an die Apokalypse entstanden sind. Man kann nicht immer sagen, daß diese Bilddarstellungen, die im Anschluß an die Apokalypse entstanden sind, so glücklich seien, aber bei diesem Bild, um das es sich hier handelt - und das hereinfällt nach den gestrigen Auseinandersetzungen gerade in unsere Zeit in seiner Realisation -, konnte man kaum die einzelnen Teile verkennen, weil sie einem ja durchaus charakteristisch in der Apokalypse entgegentreten. Aber um dieses Bild zu erfassen, ist es notwendig, daß wir eine gewisse parallele Sache gerade hier besprechen, die für unsere Zeit wichtig ist und die in anthroposophischen Zusammenhängen auch schon berührt worden ist, die aber hier an dieser Stelle unserer Besprechung der Apokalypse eine besondere Beleuchtung finden kann.

Wenn wir die Entwickelung des Menschen ins Auge fassen und dabei darauf achten, wie der Mensch beim Übergang seines Bewußtseins aus der physisch-sinnlichen Welt in das Anschauen der geistigen Welt eigentlich zunächst ein dreigespaltenes Wesen wird - in der Art, wie ich es in den Kapiteln über den Hüter der Schwelle in meinem Buche «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» geschildert habe -, wird man sich sagen: Im Menschenwesen ist in der Form des physischen Wesens gerade eine Dreiheit und eine Einheit zusammengefaßt, und diese Zusammenfassung ist im Grunde genommen eine ganz deutliche. Es wird das deutlich, wenn man die Darstellung verfolgt, die bei der Gliederung des Menschen innerhalb der Anthroposophie ausgesprochen wird. Nehmen wir da den Menschen nach Geist, Seele, Leib. Wie sich diese Gliederung verhält zur anderen, die gegeben wird in der Anthroposophie, das wird ja ohne weiteres klar sein.

Nun, im Geiste, wie ihn der Mensch heute hat, leben ja die Gedanken, die Gedanken, wie ich sie darstelle etwa in meiner «Philosophie der Freiheit», wo sie eben nicht mit Sinnesanschauungen durchtränkt sind, sondern frei geschaffene, reine Gedanken im menschlichen Bewußtsein sind. Da sind die Gedanken ihrer Qualität nach zunächst nur ein Schein, sie sind so wenig eine volle Realität, daß sie nicht eine innere Kraft haben. Weil wir das Spiegelbild nicht haben, können wir sie, nicht ganz, aber in einem gewissen Sinne doch, mit Spiegelbildern vergleichen. Das Bild, das im Spiegel erscheint, hat in der Richtung seiner Linien nicht Kraftentfaltung, es ist ganz passiv. Die menschlichen Gedanken haben in ihrer Entfaltung Kraft, so daß wir diese Kraft, so wie ich es gestern in der esoterischen Stunde gesagt habe, auch auffangen und willensdurchtränkt machen können. Aber zum Weltall in seinem vollinhaltlichen Sein verhalten sich diese Gedanken, die der Mensch im Leben hat, eigentlich wie Spiegelbilder, so daß wir schon im Menschenwesen zwar den Geist tragen, aber den Geist im Spiegelbild.

Nun, meine lieben Freunde, das, was wir da in uns tragen, das stammt aus der Welt, die ich in meiner «Theosophie» beschrieben habe als Geisterland, und wir bringen eigentlich, indem wir auf Erden denken, die Ingredienzien des Geisterlandes im Schein, im Abglanz herunter auf die Erde. Wir tragen das, was die Theosophie das Devachan nennt, in das Erdgebiet herunter, indem wir denken, wenn das auch ein schwacher Abglanz ist. Wir tragen diese Inhalte auf Erden in uns, in schwachem Abglanze den Schein des Himmels.

Gehen wir über zum Seelischen, so lebt hier vorzugsweise das Gefühl. Als Gefühl lebt es im Wachzustande, in der Bildhaftigkeit der Träume lebt es im Schlafzustande. Träume und Gefühle unterscheiden sich nur dadurch, daß die Gefühle Seeleninhalt des Wachzustandes, die Träume Seeleninhalt des Schlafzustandes sind. Das, was wir als Erdenmenschen zwischen Geburt und Tod erleben in unseren Gefühlen, das stammt wiederum aus einer anderen Welt die ich in meiner «Theosophie» beschrieben habe -, aus der Seelenwelt, die wir nach dem Tode in ihrer wirklichen Gestalt durchleben. Und zu dieser wirklichen Gestalt der Seelenwelt, die dann vor uns tritt - ich habe das geschildert nach einem gewissen Punkte hin in der «Theosophie» -, verhält sich unsere Gefühlswelt - die von uns nur geträumt wird, denn wir träumen nur diese Seelenwelt in unseren Gefühlen - eben nicht wie ein Spiegelbild, aber wie ein von den schöpferischen Elementarmächten in der Seele gehaltenes Bild. Die Wirklichkeit ist da noch nicht drinnen.

Was unser Leib entwickelt, so wie wir nun als Erdenmenschen sind, ist kein Urbilderbewußtsein, aber er trägt die stärksten Realitäten des Seins in sich. In unserem Leib sind wir wirklich tätig, aber nur in der physischen Erdenwelt. So gehören die drei Glieder unserer menschlichen Wesenheit verschiedenen Welten an. Und Sie, meine lieben Freunde, indem Sie ja doch wirken wollen auf das Wesen des Menschen, werden daher in Ihrem Gefühl haben müssen eine Hindeutung auf das, was im Wesen des Menschen liegt. Sie müssen über diese Dinge eine richtige Anschauung entwickeln.

Mir sind Mißverständnisse über Mißverständnisse gerade in bezug auf diese Gliederung von ganz guten Philosophen entgegengebracht worden, Mißverständnisse über Mißverständnisse, die zeigen, wie schwierig es selbst ganz gut denken könnenden Menschen der Gegenwart ist, in die Anthroposophie richtig einzudringen. So faßte ein Philosoph in einer Besprechung die Gliederung des Menschen so auf, als ob sie eine beliebige Einteilung wäre, die mit dem Verstande gemacht sei und die einen bloßen Formalismus bedeuten würde. Natürlich, man kann auch einen Tisch einteilen in Platte, Füße und so weiter, aber der ganze Tisch ist aus Holz, oder man könnte ihn auch von links nach rechts einteilen. Aber mit einer solchen willkürlichen Einteilung hat man es bei der Gliederung des Menschen nicht zu tun, sondern, sagen wir es so: Man hat Wasserstoff in der Wirklichkeit und Sauerstoff in der Wirklichkeit, zusammen geben sie Wasser; sie sind Realitäten, nicht nur künstliche Schemata. So sind auch die Glieder der menschlichen Wesenheit nicht willkürlich gegliedert, sondern sie sind so in der Realität der Menschennatur aufgegangen, daß man sagen kann: Der Geist stammt aus dem Geisterland, die Seele aus der Seelenwelt, der physische Leib aus der physischen Welt; diese Glieder des Menschen kommen aus drei verschiedenen Welten her und sind im Menschen miteinander verbunden. Und indem der Mensch mit dem Bewußtsein aus der physischen Welt herausgeht, spaltet sich sein Inneres, er wird drei aus eins.

Dasjenige, was so mit dem einzelnen Menschen vorgeht, ohne daß der einzelne Mensch als Individuum daran Anteil nehmen müßte, geht auch mit der ganzen Menschheit vor sich durch ihre verschiedenen Rassen- und Volksentwickelungen. Wir können sagen: Die sich entwickelnde Menschheit, die lebt ja in dem Unterbewußtsein jedes einzelnen Menschen, aber das steigt eben nicht in das gewöhnliche Bewußtsein herauf, und sie macht ähnliche Etappen ihrer Entwickelung durch wie der einzelne Mensch. Und eben jetzt in unserem Zeitalter wird im Entwicklungsgang der Menschheit so etwas durchgemacht wie der Übergang über die Schwelle und die Spaltung in drei. Dasjenige, was für den einzelnen Menschen das Vorbeigehen an dem Hüter der Schwelle ist, das muß der Mensch im Bewußtseinsseelenzeitalter sich aneignen, wenn er es haben will. Die Menschheit aber geht, für den einzelnen unbewußt für unser Zeitalter, an dem Hüter der Schwelle vorbei. Die ganze Menschheit macht das durch, was der Übergang über die Schwelle ist. Während die physische Leiblichkeit bis zum Ende des 18. Jahrhunderts herauf noch immer durch die ihr innewohnenden elementarischen Wesen dem Menschen etwas gegeben hat auf Erden, muß der Mensch in der Zukunft alles das, was er produktiv innerlich finden wird, auch seine Tugenden, aus der geistigen Welt herausholen, nicht als einzelner Mensch, sondern als Menschheit. So daß ein Schwellendurchgang vorliegt in der Entwickelung der ganzen Menschheit, der, weil er auch der Zeit nach davor liegt, dem Apokalyptiker erscheint, bevor ihm die Vision sich vor Augen stellt von dem sonnenbekleideten Weibe, das den Drachen unter ihren Füßen hat. Da hat er die andere Vision, jene Vision, welche deutlich wiedergibt, daß der Apokalyptiker sagen will: Die Zeit kommt, wo die ganze Menschheit in ihrem zivilisierten Teile über die Schwelle zu treten hat, wo eine Dreiheit erscheint als die kosmische Imagination desjenigen, was die Menschheit durchmacht. Immer mehr Menschen wird es geben, die neben dem Gefühl, das der Mensch entwickeln kann, wenn das Gesunde an das Pathologische angrenzt, die andere Empfindung haben werden: Meine Gedanken wollen mir davonlaufen, meine Füße werden durch die Erdenschwere nach unten gezogen. - Es gibt in der Gegenwart viele Menschen, die eigentlich dieses Gefühl sehr stark haben, ihre Gedanken fliegen ihnen davon, ihre Füße werden von der Erde übermäßig angezogen. Nur wird so etwas durch unsere heutige Zivilisation dem Menschen ebenso ausgeredet, wie es den Kindern ausgeredet wird, wenn sie irgendwelche Visionen haben, die auf realer Grundlage beruhen.

Dasjenige aber, was in unserer Zeit stark lebt, erscheint vor dem hellseherischen Auge des Apokalyptikers als jene Figur, die sich aus Wolken herausbildet, sonnenähnliches Gesicht hat, in einen Regenbogen übergeht, und feurige Füße hat, von denen der eine auf dem Meer, der andere auf der Erde steht (Apk. 10, 1 u. 2). Man möchte sagen, das ist in der Tat die bedeutsamste Erscheinung, die sich die gegenwärtige Menschenseele vor Augen stellen soll. Denn in dem, was oben wolkengeborenes Antlitz ist, liegen die Gedanken, die dem Geisterlande angehören; in dem, was Regenbogen ist, liegt die Gefühlswelt der Menschenseele, die der Seelenwelt angehört; in den feurigen Füßen, die aus der Kraft der meerüberdeckten Erde heraus ihre Kraft erhielten, liegt das, was im Leibe des Menschen enthalten ist, der mit der physischen Welt zusammengehört.

Wir werden da, ich möchte sagen, auf das eigentliche Kulturgeheimnis der Gegenwart hingewiesen, das sich ja zunächst so äußert, daß die Menschen nicht gleich dreigespalten erscheinen, sondern so erscheinen - was ja in unserer jetzigen Zeit nun mit Händen zu greifen ist -, daß wir Wolkenmenschen haben, die nur denken können, während verkümmert sind die beiden anderen Teile: Regenbogen und Feuerfüße, daß wir Regenbogenmenschen haben, bei denen vorzugsweise das Gefühl ausgebildet ist, die auch zum Beispiel die Anthroposophie nur mit dem Gefühl erfassen können, nicht mit dem Verstande. Aber sie sind nicht nur in der anthroposophischen Gesellschaft, sondern auch draußen in der Welt vorhanden. Diese Menschen können die Welt nur mit dem Gefühl erfassen; bei ihnen ist verkümmert Denken und Wille, aber das Gefühl ist besonders ausgebildet. Dann gibt es heute Menschen, die eigentlich so handeln, wie wenn sie bloß den Willen hypertrophiert ausgebildet hätten. Verkümmert ist ihr Denken und Gefühl: Stiermäßig handelnde Menschen, nur den unmittelbar äußeren Impulsen hingegeben - die feuerfüßigen Menschen.

Und die Vision Johannes des Apokalyptikers stellt schon auch diese drei Arten von Menschen dar, die wir antreffen im Leben. Wir müssen uns mit diesem Geheimnis gerade der heutigen Zivilisationsepoche schon bekanntmachen, damit wir in der richtigen Art die Menschen betrachten. Dies kommt ja übrigens auch heraus, wenn man die großen Weltereignisse anschaut.

Sehen Sie einmal hin auf alles dasjenige, was jetzt in Rußland geschieht. Wir haben den Einfluß der Wolkenmenschen, der vorzugsweise denkenden Menschen, bei denen Gefühl und Wille verkümmert sind. Den Willen möchten sie übergeben dem sozialen Mechanismus, das Fühlen wird von ahrimanischen Mächten in Anspruch genommen, weil die Menschen es nicht selber in der Hand haben. Denker sind sie, aber weil der Erdenmensch durchaus ahrimanisch und luziferisch gestaltet ist, ist ihr Denken so, daß man sagen kann — ich werde ein Bild gebrauchen, das jedem als ein durchaus selbstverständliches Bild erscheint, der Geisteswissenschaft kennt; abschrecken wird es nur den, der sich erst hineinleben muß in solche Sachen -: Wenn man die Gedanken von Lenin und den anderen nimmt und betrachtet diese Gedanken als ein Bild, wie sieht dasjenige aus, was ein Zusammenfluß der Gedanken Lenins, Trotzkis, Lunatscharskis und so weiter ist? Stellt man sich eine Welt aus diesen Gedanken vor, so bekommt man dasjenige, was man in der Physik ein Kraftsystem, ein System von Kräften nennt. Ja, meine lieben Freunde, mit diesen Kräften könnte man, wenn man ein Elementarriesengeist wäre, über eine weite Gegend hinaus Wolken formen, Donner und Blitze erregen, wenn man die Kräfte eben in Wolkenregionen betrachtet. Aber sie gehören nicht auf die Erde. Es ist ein Bild, das Sie vielleicht überraschen wird, aber derjenige, der in die okkulten Hintergründe des Daseins hineinsieht, muß das sagen. In den Köpfen der führenden Russen weben und leben dieselben Kräfte, die im Blitz sind, die in den Wolken geformt werden über unseren Köpfen und die zur Erde die Blitze niederstrahlen, die Donner rollen. Dahinein gehören diese Kräfte, sie wirken deplaziert in den führenden Menschen des Bolschewismus.

Sehen Sie, da haben Sie dasjenige, was in bezug auf vieles, was in unserer Zeit da ist, dem Apokalyptiker vorausschauend ganz klar ist. Und er wußte, solch ein epochaler Abschnitt, der umfaßt ja immer eine Zeit, die man auch schon nach der Zahl angeben kann. Ich habe ja selbst, meine lieben Freunde, eine bestimmte Anzahl von Jahren approximativ angegeben für denjenigen Zeitraum, der etwa so etwas umfaßt wie die Bewußtseinsseelenentwickelung, die Gemüts- oder Verstandesseelenentwickelung. Ich habe es angegeben als den zwölften Teil von 25 920 Jahren, die entsprechen einem solchen Abschnitt.

Nun, es war wirklich für mich lange Zeit eine außerordentlich beschwerliche Crux, gerade an der Stelle mit der Apokalypse zurechtzukommen, von der ich jetzt spreche. Denn da wird von dem Apokalyptiker angegeben, daß er weissagt: 1260 Tage. In Tagen spricht man oft, wenn eigentlich Jahre gemeint sind. Aber wie kommen wir da beim Apokalyptiker auf die Zahl 1260? Es bedurfte schon eingehender Forschung, um dahinter zu kommen, daß diese 1260 Tage (Apk. 11, 3 und 12, 6) - verzeihen Sie den trivialen Ausdruck - ein wirklicher Druckfehler in den Überlieferungen der Apokalypse sind. An der Stelle soll es heißen «2160 Tage», dann stimmt es mit dem, was man auch heute sehen kann.

Es ist sehr leicht möglich, daß irgend einmal in einer Schule, wo die Überlieferung besorgt worden ist, gerade weil man sehr viele Zahlen beim Schauen in Spiegelbildern sieht, eine Undeutlichkeit entstanden ist. Das ist aber etwas, was beim tieferen Hineinleben in die Apokalypse weniger in Betracht kommt.

Diejenigen Menschen nun, die so innerhalb der Rasse dastehen, daß sie eigentlich Wolkenmenschen sind, denen stehen wiederum die anderen gegenüber, die Regenbogenmenschen sind. Bei ihnen ist das Denken verkümmert, sie leben mit traditionellen Gedanken am liebsten, sie haben eine gewisse Scheu, mit den Gedanken an die geistige Welt heranzugehen. Zahlreiche Menschen gerade in mitteleuropäischen Gegenden treten uns als solche Regenbogenmenschen entgegen.

Je weiter wir nach Westen gehen, desto mehr verkümmert ist eigentlich Denken und Fühlen und wir kommen zu krankhaften Ausbildungen der feuerfüßigen Menschen. Solche feuerfüßige Menschen sind gerade in den westlichen Gegenden Europas und vermutlich in Amerika zahlreich zu finden, so daß wir nach dieser Richtung auch die Erde gliedern können: Im Osten gibt es viele Wolkenmenschen, in der Mitte viele Regenbogenmenschen, im Westen viele feuerfüßige Menschen. Und man könnte sagen: Ausgebreitet ist über die Erde, wenn man sie geistig von außen ansieht, etwas wie ein Bild gerade der Gestalt, die uns hier beim Apokalyptiker entgegentritt, wenn wir die Rassenentwickelung in Betracht ziehen. Würden wir uns etwa von der Erde erheben geistig, man kann das nicht im Luftballon oder im Luftschiff machen -, würde man sich geistig erheben vielleicht von einem Punkte aus, der in Westfalen liegt, in die Höhe hinauf und würde zurückschauen auf die Erde, so würde Asien eine Art wolkenähnliches, Sonnenformen annehmendes Gesicht haben; über Europa würde man Regenbogenfarben ausgebreitet sehen, und weiter hinüber nach Westen Feuerfüße, von denen der eine im Stillen Ozean steht, der andere auf den südamerikanischen Anden. Und man würde die Erde selber unter diesem Bild bekommen.

Sehen Sie, meine lieben Freunde, diese für unsere Zeit tief einschneidendsten Weissagungen des Apokalyptikers sind etwas, was für das Priesterwirken außerordentlich wichtig ist, denn darin besteht ja gerade dieses große Rätsel unserer Zeit, das sich herausgebildet hat seit Napoleon. Unter dem Einfluß des Napoleonismus, des ersten Napoleon, entstand ja erst eigentlich mit voller Deutlichkeit dieses Streben der Menschen in die Rasse, in die Nation hinein, das heute in einer so unverständigen Weise durch den Wilsonianismus zum Ausdruck gekommen ist. Das ist ja etwas ganz Furchtbares, wie heute die Menschen hineinstreben in Rassen und Völker und wie sie allen Kosmopolitismus im Grunde begraben wollen. Das kommt aber daher, daß dieser Durchgang durch den Schwellenort eben vorliegt. Und wie sich der Mensch bei seiner Entwickelung in die geistige Welt spaltet, so spalten sich in Regionen, die dem einzelnen Menschenindividuum unbewußt bleiben, die Erdenmenschen nach Wolkenmenschen, Regenbogenmenschen, feuerfüßigen Menschen. Diese Dreispaltung des Menschen, wie ich sie beschrieben habe für den einzelnen Menschen in «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», sie ist nun für die Erdenmenschheit eingetreten, sie ist jetzt da. Das gewaltige Bild, das der Apokalyptiker zeichnet, ist da in Asien, in Europa, in Amerika. Und die Menschen können zunächst nicht den Zusammenklang der drei Teile finden; statt den Zusammenklang in der Vereinigung zu suchen, suchen sie die Zersplitterung, und im einzelnen tritt das ganz merkwürdig auf.

Man kann in diesem ganz äußerlichen Denken, das die Menschen ergreift, zum Beispiel sehen, wie sich die Menschen nicht zusammenfinden in innerem Verstehen, sondern oftmals sich zusammenschließen nach Äußerlichkeiten. Wir können zum Beispiel sehen, wie zwischen Böhmerwald und Fichtelgebirge, von den Erzbergen im Politz-Adersbacher Sandsteingebirge herunter bis zur March, bis zum ehemaligen Preßburg - Pozsony hieß es in Ungarn, ich weiß nicht, wie es heute heißt -, wenn wir die Mannhartsberge als Südgrenze nehmen, daß sich da in den Tschechen ein im eminentesten Sinne wolkenmenschliches Volk findet, das nur das Denken ausgebildet hat, und daß dieses nicht mit innerem Verständnis zusammengekommen, sondern zusammengeschweißt worden ist mit den ganz anders gearteten Slowaken, bei denen das Denken gar nicht vorhanden ist, sondern die Regenbogenmenschen im ausgesprochenen Sinne des Wortes sind. Wir sehen auf der anderen Seite, wie ganz äußerlich wiederum ein anderes Verhältnis, das kurz vorher gebildet worden ist, aufgelöst wird. In alldem waltet kein Geist mehr, sondern Erdenmenschentätigkeit, die den Geist ausschließen will. Wir sehen die ganze Slowakei kurz vorher losgelöst von Böhmen, Mähren, Schlesien, das das Gebiet ist, das ich vorher angegeben habe. Wir sehen diese ganze Slowakei früher vereinigt mit dem magyarischen Lande und mit den echten Magyaren. Sie müssen nur unterscheiden die echten Magyaren von den eingewanderten Magyaren, die man schon an den Namen erkennt. Der echte Magyar heißt so, daß man es im Westen gar nicht aussprechen kann, besonders wenn er noch älter ist; er heißt aber Hirschfeld, wenn er einer der besonders schreienden und agitatorischen Magyaren der Gegenwart ist. Man muß schon auf die echten Magyaren zurückgehen. Bei diesen hat man es zu tun mit ausgesprochen feuerfüßigen Menschen, die kurze Zeit zusammengeschweißt waren mit den Regenbogenmenschen der Slowakei. So wird gewürfelt von dem heutigen Welt-Ungeist, daß die Slowaken früher mit den Magyaren, jetzt mit den Tschechen zusammengeworfen werden. So wird überhaupt heute gewürfelt. Das drückt sich auch in den tiefergehenden Symptomen aus, darin zum Beispiel, daß ein wirklich bedeutender Mensch wie Masaryk, der an der Spitze der Tschechoslowakischen Republik steht, eigentlich Slowake ist, nicht Tscheche. Aber wer Masaryk kennt, weiß, daß er eben ein Regenbogenmensch ist, der gar nicht denken kann. Man lese seine Bücher und man wird sehen: In seinen Büchern denkt die Zeit. Er ist ein Regenbogenmensch, ein echter Slowake.

Man muß nach diesen Kategorien die Menschen der Gegenwart schon anschauen können, um zu sehen, welches Zufallswürfelspiel eigentlich getrieben wird, das natürlich im Weltenkarma schon begründet ist. Da müssen wir blicken auf jenes Zeitalter das das unsrige eigentlich ist -, das von sich sagen kann, daß es immer mehr in das Bewußtsein der Menschen, in die Bewußtseinsseele hineingeht. Vorher sahen die Menschen draußen die Sternenschrift geschrieben, sie sahen alles draußen geschrieben, was Inhalt ist von alter Tradition, von alter Weisheit. Was in alten Büchern steht, trägt dieser dreigespaltene Mensch wie Erinnerung an sich. Sieht man hin nach gewissen Stätten, so sieht man diese Gestalt, die ausgebreitet ist über Asien, Europa, Amerika. Was in den an Mysterien reichen Stätten Mazedoniens, Griechenlands, Kleinasiens, alles was in Ephesus, Samothrake, Delphi und an anderen Orten verkündet worden ist über die Welt, das ist das Buch, das erhalten ist aus den alten Zeiten; es ist in der Hand jenes Engels, der aus Wolken sein Antlitz, aus Regenbogen seine Brust, aus Feuer seine Füße bildet und mächtig dasteht. Aber all das ist für den Bewußtseinsmenschen heute so, daß wir das nur so rege und belebend erhalten können, wenn wir aus unserem Innern heraus den Quell suchen, wodurch wir das geistige Schauen lernen. Wir müssen das Buch, das vorher von außen geholt werden konnte, «verschlingen», in uns hineinbringen. Zunächst ist dieses Buch, das die Weitgeheimnisse enthält, für manche erst süß im Munde. Es kommen die Leute zu dem, was geistige Anschauung geben will, schon mit einer großen Vorliebe, es schmeckt ihnen wie Honig. Wenn aber die eigentlichen tiefen Lebenserfordernisse kommen, die zusammenhängen mit einer geistigen Erfassung der Welt, dann wird, gerade wenn es an den heutigen materialistisch gewordenen Menschen herantritt, das, was süß wie Honig ist nach den Worten des Apokalyptikers, zu einem Grimmen im Bauche, das schmerzhaft ist, wenn verdaut werden soll, was als geistige Nahrung den Menschen so notwendig ist.

Wenn wir auf all das hinschauen, dann müssen wir schon zugestehen: Bei diesem Würfeln, bei diesem Durcheinanderwerfen, da wird es notwendig, daß gerade aus derjenigen Geistgewalt, die uns den dreigliedrigen Menschen zeigt, jene Kraft kommt, die alles neu ausmessen kann. Ein Rohr wird gegeben vom Himmel herunter, eigentlich eine Meßlatte, mit der alles neu gemessen werden soll (Apk. 11, lff.). Nun sehen Sie auf unsere Zeit hin, meine lieben Freunde. Muß nicht neu gemessen werden? Müssen wir nicht auf jenes abstrakte Gebilde der Länderkarte hinzuzeichnen so etwas wie Asien als Wolkengestalt, Europa als regenbogenfarbig koloriert, Amerika als feuerfüßig? Müssen wir nicht alles neu abmessen vom Gesichtspunkte des Geisteslebens aus? Stehen wir nicht mitten darin in der Ausführung desjenigen, was die Apokalypse uns darbietet?

Fassen wir dieses, worin man drinnenstehen muß, mit vollem Bewußtsein auf, und wir kommen aus dem Laientum, das heute so viel im tiefsten Unterbewußtsein tun muß, heraus zu dem keineswegs rationalistischen Erfassen der Zeitaufgaben durch das, was neues Priestertum sein soll. Sehen Sie, das ist dasjenige, was gerade in Anlehnung an die jetzt vorliegenden Kapitel der Apokalypse gesagt sein soll. Die Dinge stimmen bis ins einzelne hinein. Wir werden das, was wir über Rassen- und individuelle Entwickelung zu sagen haben, dann gut sagen können, wenn wir morgen auf diese Dinge noch eingehen.



Zuletzt aktualisiert: 24-Mar-2024
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