Austritt des Mondes
Man muß sich durchaus klarmachen, daß
der Mensch erst später die dichte Stofflichkeit annahm, die er
jetzt die seinige nennt, und zwar erst ganz allmählich. Will man
sich von seiner Leiblichkeit auf der jetzt besprochenen
Entwickelungsstufe eine Vorstellung machen, so kann man das am
besten, wenn man sie sich denkt ähnlich einem Wasserdampf oder
einer in der Luft schwebenden Wolke. Nur ist diese Vorstellung
natürlich eine solche, die sich der Wirklichkeit ganz
äußerlich nähert. Denn die Feuerwolke
«Mensch» ist innerlich belebt und organisiert. Im
Verhältnis aber zu dem, was der Mensch später geworden ist,
hat man ihn sich seelisch auf dieser Stufe als schlummernd, ganz
dämmerhaft bewußt noch vorzustellen. Alles, was
Intelligenz, Verstand, Vernunft genannt werden kann, fehlt noch
diesem Wesen. Es bewegt sich, mehr schwebend als schreitend, durch
vier gliedmaßenähnliche Organe vorwärts,
seitwärts, rückwärts, nach allen Seiten. Im
übrigen ist über die Seele dieser Wesen ja schon einiges
gesagt worden.
Aber man darf nicht denken,
daß die Bewegungen oder andere Lebensäußerungen dieser
Wesen unvernünftig oder regellos verliefen. Sie waren vielmehr
vollkommen gesetzmäßig. Alles, was geschah, hatte Sinn und
Bedeutung. Nur war die leitende Macht, der Verstand, nicht in den
Wesen selbst. Sie wurden vielmehr von einem Verstande dirigiert, der
außerhalb ihrer selbst war. Höhere, reifere Wesen, als sie
selbst waren, umschwebten sie gleichsam und leiteten sie. Denn das
ist die wichtige Grundeigenschaft des Feuernebels, daß sich in
ihm die Menschenwesen auf der charakterisierten Stufe ihres Daseins
verkörpern konnten, daß aber gleichzeitig in ihm auch
höhere Wesen Leib annehmen konnten und so mit den Menschen in
voller Wechselwirkung standen. Der Mensch hatte seine Triebe,
Instinkte, Leidenschaften bis zu der Stufe gebracht, daß diese
im Feuernebel sich gestalten konnten. Die andern angeführten
Wesen aber konnten mit ihrer Vernunft, mit ihrem verständigen
Walten innerhalb dieses Feuernebels schaffen. Diese letzteren hatten
ja noch höhere Fähigkeiten, durch die sie in obere Regionen
hinaufreichten. Von diesen Regionen gingen ihre Entschlüsse,
ihre Impulse aus; aber in dem Feuernebel erschienen die
tatsächlichen Wirkungen dieser Entschlüsse. Alles, was auf
der Erde durch Menschen geschah, entsprang dem geregelten Verkehr des
menschlichen Feuernebelkörpers mit demjenigen dieser
höheren Wesen. — Man kann also sagen, der Mensch strebte
in einem Aufstieg. Er sollte in dem Feuernebel im menschlichen Sinne
höhere Eigenschaften entwickeln, als er früher hatte. Die
anderen Wesen aber strebten nach dem Materiellen hinunter. Sie waren
auf dem Wege, ihre schaffenden Kräfte in immer dichteren und
dichteren stofflichen Formen zum Dasein zu bringen. Für sie
bedeutet das im weiteren Sinne ja keineswegs eine Erniedrigung. Man
muß sich gerade über diesen Punkt völlig klar werden.
Es ist höhere Macht und Fähigkeit, dichtere Formen der
Stofflichkeit zu dirigieren als dünnere. Auch diese höheren
Wesen hatten in früheren Zeiträumen ihrer Entwickelung eine
ähnlich eingeschränkte Macht wie etwa jetzt der Mensch.
Auch sie hatten, wie der Mensch in der Gegenwart, einmal nur Macht
über das, was in «ihrem Innern» vorging. Und es
gehorchte ihnen nicht die äußere derbe Materie. Jetzt
strebten sie einem Zustande entgegen, in dem sie Außendinge
magisch lenken und leiten sollten. Sie waren also in dem
geschilderten Zeitraume dem Menschen voraus. Er strebte hinauf, um
erst in feineren Materien den Verstand zu verkörpern, damit
dieser später nach außen wirken könne; sie hatten
früher sich bereits den Verstand eingekörpert und erhielten
jetzt magische Kraft, um den Verstand hineinzugliedern in die sie
umgebende Welt. Der Mensch bewegte sich somit aufwärts
durch die Feuernebelstufe, sie drangen durch eben diese Stufe
abwärts zur Ausbreitung ihrer Macht.
Im Feuernebel können
vorzüglich diejenigen Kräfte wirksam sein, welche der
Mensch als seine niederen Leidenschaftsoder Triebkräfte kennt.
Sowohl der Mensch selbst wie auch die höheren Wesen bedienen
sich auf der geschilderten Feuernebelstufe dieser Kräfte. Auf
die oben beschriebene Menschengestalt wirken — und zwar
innerhalb derselben — diese Kräfte so, daß der Mensch
die Organe entwickeln kann, die dann ihn zum Denken, also zur
Ausbildung der Persönlichkeit befähigen. In den
höheren Wesen wirken aber diese Kräfte auf der in Betracht
kommenden Stufe so, daß diese Wesen sich ihrer bedienen
können, um unpersönlich die Einrichtungen der Erde zu
schaffen. Dadurch entstehen durch diese Wesen auf der Erde
Gestaltungen, welche selbst ein Abbild der Verstandesregeln sind. Im
Menschen entstehen also durch die Wirkung der
Leidenschaftskräfte die persönlichen Verstandesorgane;
rings um ihn herum bilden sich verstanderfüllte Organisationen
durch dieselben Kräfte.
Und nun denke man sich
diesen Prozeß ein wenig vorgerückt; oder vielmehr, man
vergegenwärtige sich, was in der Akasha-Chronik verzeichnet ist,
wenn man einen etwas späteren Zeitpunkt ins Auge faßt. Da
hat sich der Mond von der Erde abgetrennt. Eine große
Umwälzung hat sich dadurch vollzogen. Ein großer Teil der
Wärme ist aus den Dingen gewichen, die um den Menschen herum
sind. Diese Dinge sind dadurch zu derberer, dichterer Stofflichkeit
übergegangen. Der Mensch muß in dieser abgekühlten
Umgebung leben. Das kann er nur, wenn er seine eigene Stofflichkeit
verändert. Mit dieser Stoffverdichtung ist aber zugleich eine
Gestaltänderung verknüpft. Denn der Zustand des Feuernebels
auf der Erde ist ja selbst einem ganz anderen gewichen. Die Folge
davon ist, daß die geschilderten höheren Wesen nicht mehr
den Feuernebel zum Mittel ihrer Wirksamkeit haben. Sie können
daher auch nicht mehr auf diejenigen seelischen
Lebensäußerungen der Menschen ihren Einfluß entfalten,
der vorher ihr hauptsächliches Wirkungsfeld war. Aber sie haben
Macht erhalten über die Gebilde des Menschen, die sie vorher
selbst aus dem Feuernebel heraus geschaffen haben. — Diese
Wirkungsänderung geht Hand in Hand mit einer Verwandlung der
Menschengestalt. Diese hat die eine Hälfte mit zwei
Bewegungsorganen zur unteren Körperhälfte umgewandelt, die
dadurch hauptsächlich der Träger der Ernährung und
Fortpflanzung geworden ist. Die andere Hälfte wurde gleichsam
nach oben gewendet. Aus den beiden anderen Bewegungsorganen sind die
Ansätze zu Händen geworden. Und solche Organe, die vorher
noch mit zur Ernährung und Fortpflanzung gedient haben, bilden
sich zu Sprach- und Denkorganen um. Der Mensch hat sich aufgerichtet.
Das ist die unmittelbare Folge des Mondaustrittes. Und mit dem Monde
sind alle diejenigen Kräfte aus dem Erdenkörper heraus
geschwunden, durch welche sich der Mensch während seiner
Feuernebelzeit noch selbst befruchten und Wesen seinesgleichen ohne
äußeren Einfluß hervorbringen konnte. Seine ganze
untere Hälfte — dasjenige, was man oft die niedere Natur
nennt — ist nun unter den verstandesmäßig
gestaltenden Einfluß der höheren Wesenheiten gekommen. Was
diese Wesenheiten dadurch, daß die nunmehr im Monde abgesonderte
Kraftmasse noch mit der Erde vereinigt war, vorher noch im Menschen
selbst regeln konnten, das müssen sie jetzt durch das
Zusammenwirken der beiden Geschlechter organisieren. Daraus ist es
begreiflich, daß der Mond von den Eingeweihten als das Symbol
für die Fortpflanzungskraft angesehen wird. An ihm haften ja
sozusagen diese Kräfte. Und die geschilderten höheren Wesen
haben eine Verwandtschaft mit dem Monde, sind gewissermaßen
Mondgötter. Sie wirkten vor der Abtrennung des Mondes durch
dessen Kraft im Menschen, nachher wirkten ihre Kräfte von
außen auf die Fortpflanzung des Menschen ein. Man kann auch
sagen, jene edlen geistigen Kräfte, welche vorher durch das
Mittel des Feuernebels auf die noch höheren Triebe des Menschen
einwirkten, sind jetzt heruntergestiegen, um ihre Macht in dem
Gebiete der Fortpflanzung zu entfalten. Tatsächlich wirken edle
Götterkräfte in diesem Gebiete regelnd und organisierend.
— Und damit ist ein wichtiger Satz der Geheimlehre zum Ausdruck
gebracht, der so lautet: Die höheren, edlen Gotteskräfte
haben Verwandtschaft mit den — scheinbar —
niederen Kräften der Menschennatur. Das Wort
«scheinbar» muß hier in seiner ganzen Bedeutung
aufgefaßt werden. Denn es wäre eine vollständige
Verkennung der okkulten Wahrheiten, wenn man in den
Fortpflanzungskräften an sich etwas Niedriges sehen wollte. Nur
wenn der Mensch diese Kräfte mißbraucht, wenn er sie in den
Dienst seiner Leidenschaften und Triebe zwingt, liegt etwas
Verderbliches in diesen Kräften, nicht aber, wenn er sie durch
die Einsicht adelt, daß göttliche Geisteskraft in
ihnen liegt. Dann wird er diese Kräfte in den Dienst der
Erdentwickelung stellen und die Absichten der charakterisierten
höheren Wesenheiten durch seine Fortpflanzungskräfte
ausführen. Veredelung dieses ganzen Gebietes und Stellung
desselben unter göttliche Gesetze ist das, was die
Geheimwissenschaft lehrt, nicht aber Ertötung desselben. Die
letztere kann nur die Folge äußerlich aufgefaßter und
zum mißverständlichen Asketismus verzerrter okkulter
Grundsätze sein.
Man sieht, daß in der
zweiten, oberen Hälfte der Mensch sich etwas entwickelt hat, auf
das die geschilderten höheren Wesen keinen Einfluß haben.
Über diese Hälfte gewinnen nun andere Wesen eine Macht. Es
sind diejenigen, welche in früheren Entwickelungsstufen zwar
weitergekommen sind als die Menschen, noch nicht aber so weit wie die
Mondgötter. Sie konnten im Feuernebel noch keine Macht
entfalten. Jetzt aber, wo ein späterer Zustand eingetreten ist,
wo in den menschlichen Verstandesorganen durch den Feuernebel etwas
gebildet ist, vor dem sie selbst in einer früheren Zeit standen,
jetzt ist ihre Zeit gekommen. Bei den Mondgöttern war es bis zu
dem nach außen wirkenden und ordnenden Verstand schon
früher gekommen. In ihnen war dieser Verstand da, als die Epoche
des Feuernebels eintrat. Sie konnten nach außen auf die Dinge
der Erde wirken. Die eben besprochenen Wesen hatten es in
früherer Zeit nicht bis zur Ausbildung eines solchen nach
außen wirkenden Verstandes gebracht. Deshalb traf sie die
Feuernebelzeit unvorbereitet. Nun ist aber Verstand da. In den
Menschen ist er vorhanden. Und sie bemächtigen sich jetzt dieses
menschlichen Verstandes, um durch ihn auf die Dinge der Erde zu
wirken. Wie vorher die Mondgötter auf den ganzen Menschen
gewirkt haben, so wirken diese jetzt nur auf dessen untere
Hälfte; auf die obere Hälfte aber wirkt der Einfluß
der genannten unteren Wesenheiten. So kommt der Mensch unter eine
doppelte Führung. Seinem niederen Teile nach steht er unter der
Macht der Mondgötter, seiner ausgebildeten Persönlichkeit
nach aber gelangt er unter die Führung derjenigen Wesenheiten,
die man mit dem Namen «Luzifer» — als ihren
Regenten — zusammenfaßt. Die luziferischen Götter
vollenden also ihre eigene Entwickelung, indem sie sich der erwachten
menschlichen Verstandeskräfte bedienen. Sie konnten es
früher bis zu dieser Stufe noch nicht bringen. Damit aber geben
sie dem Menschen zugleich die Anlage zur Freiheit, zur Unterscheidung
von «Gut» und «Böse». Unter der bloßen
Führung der Mondgötter ist das menschliche Verstandesorgan
zwar gebildet, aber diese Götter hätten das Gebilde
schlummern lassen; sie hatten kein Interesse daran, sich desselben zu
bedienen. Sie hatten ja ihre eigenen Verstandeskräfte. Die
luziferischen Wesen hatten um ihrer selbst willen das Interesse, den
menschlichen Verstand auszubilden, ihn hinzulenken auf die Dinge der
Erde. Sie wurden damit für die Menschen die Lehrer von alledem,
was durch den menschlichen Verstand vollbracht werden kann. Aber sie
konnten auch nichts weiter sein als die Anreger. Sie konnten
ja nicht in sich, sondern eben nur im Menschen den
Verstand ausbilden. Dadurch entstand eine zweifache Richtung der
Tätigkeit auf der Erde. Die eine ging unmittelbar von den
Mondgottheiten aus und war vom Anfange an eine gesetzmäßig
geregelte, vernünftige. Die Mondgötter hatten ja ihre
Lehrzeit schon früher abgemacht, sie waren jetzt über die
Möglichkeit des Irrtums hinaus. Die mit den Menschen handelnden
luziferischen Götter aber mußten sich erst zu solcher
Abklärung durcharbeiten. Unter ihrer Führung mußte der
Mensch lernen, die Gesetze seines Wesens zu finden. Er mußte
unter Luzifers Führung selbst werden, wie «der Götter
einer».
Die Frage liegt nahe: wenn
die luziferischen Wesenheiten in ihrer Entwickelung nicht mitgekommen
sind bis zu dem verstandeserfüllten Schaffen im Feuernebel, wo
sind sie stehengeblieben? Bis zu welcher Stufe irdischer Entwickelung
reichte ihre Fähigkeit, um gemeinsame Arbeit mit den
Mondgöttern zu leisten? Die Akasha-Chronik gibt darüber
Aufschluß. Sie konnten an dem irdischen Schaffen sich bis zu dem
Punkte beteiligen, da sich die Sonne von der Erde getrennt
hat. Es zeigt sich, daß sie bis zu dieser Zeit zwar etwas
geringere Arbeit leisteten als die Mondgötter; aber sie
gehörten doch der Schar göttlicher Schöpfer an. Nach
der Trennung von Erde und Sonne begann auf ersterer eine
Tätigkeit — eben die Arbeit im Feuernebel -, zu der zwar
die Mondgötter, nicht aber die luziferischen Geister vorbereitet
waren. Für sie trat daher eine Periode des Stillstandes, des
Wartens ein. Als nun nach dem Abfluten des allgemeinen Feuernebels
die Menschenwesen an der Bildung ihrer Verstandesorgane zu arbeiten
begannen, da konnten die Luzifergeister wieder aus ihrer Ruhe
hervortreten. Denn die Schöpfung des Verstandes ist mit der
Tätigkeit der Sonne verwandt. Das Aufgehen des Verstandes in der
Menschennatur ist das Aufleuchten einer inneren Sonne. Dies ist nicht
nur im bildlichen, sondern ganz im wirklichen Sinne gesprochen. So
fanden diese Geister im Innern des Menschen Gelegenheit, ihre mit der
Sonne zusammenhängende Tätigkeit wieder aufzunehmen,
als die Epoche des Feuernebels von der Erde abgeflutet war.
Daraus leuchtet nun auch
ein, woher der Name Luzifer, das ist «Lichtträger»,
stammt, und warum man in der Geheimwissenschaft diese Wesen als
«Sonnengötter» bezeichnet.
Alles weitere ist nun nur
verständlich, wenn man den Blick zurückwendet auf
Zeiträume, welche der Erdentwickelung vorhergegangen sind. Das
soll in den weiteren Fortsetzungen der «Akasha-Chronik»
geschehen. Da wird gezeigt werden, welche Entwickelung die mit der
Erde zusammenhängenden Wesen auf anderen Planeten durchmachten,
bevor sie die Erde betraten. Und man wird noch genauer die Natur der
«Mond-» und «Sonnengötter» kennenlernen.
Zugleich wird dann die Entwickelung des Tier-, Pflanzen- und
Mineralreiches vollkommen durchsichtig werden.
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