VIERZEHNTER
VORTRAG
Dornach, 18. September 1924
Meine lieben Freunde! Die an mich gestellten Fragen werde ich
auch neben dem anderen zu beantworten suchen. Nur sind einzelne
Fragen darunter, die ich, auch wenn sie von anderen gestellt
worden sind, im engsten Kreise der Oberlenker beantworten
möchte. Das kann in den nächsten Tagen noch
geschehen, und diese Antworten können weitergegeben
werden.
Vor
allem möchte ich Sie heute hinweisen auf ein Bild der
Apokalypse, das eine Imagination des Apokalyptikers darstellt,
wie sie vielfach in jene Bilddarstellungen übergegangen
sind, welche im Anschluß an die Apokalypse entstanden
sind. Man kann nicht immer sagen, daß diese
Bilddarstellungen, die im Anschluß an die Apokalypse
entstanden sind, so glücklich seien, aber bei diesem Bild,
um das es sich hier handelt - und das hereinfällt nach den
gestrigen Auseinandersetzungen gerade in unsere Zeit in seiner
Realisation -, konnte man kaum die einzelnen Teile verkennen,
weil sie einem ja durchaus charakteristisch in der Apokalypse
entgegentreten. Aber um dieses Bild zu erfassen, ist es
notwendig, daß wir eine gewisse parallele Sache gerade
hier besprechen, die für unsere Zeit wichtig ist und die
in anthroposophischen Zusammenhängen auch schon
berührt worden ist, die aber hier an dieser Stelle unserer
Besprechung der Apokalypse eine besondere Beleuchtung finden
kann.
Wenn wir die Entwickelung des Menschen ins Auge fassen und
dabei darauf achten, wie der Mensch beim Übergang seines
Bewußtseins aus der physisch-sinnlichen Welt in das
Anschauen der geistigen Welt eigentlich zunächst ein
dreigespaltenes Wesen wird - in der Art, wie ich es in den
Kapiteln über den Hüter der Schwelle in meinem Buche
«Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren
Welten?» geschildert habe -, wird man sich sagen: Im
Menschenwesen ist in der Form des physischen Wesens gerade eine
Dreiheit und eine Einheit zusammengefaßt, und diese
Zusammenfassung ist im Grunde genommen eine ganz deutliche. Es
wird das deutlich, wenn man die Darstellung verfolgt, die bei
der Gliederung des Menschen innerhalb der Anthroposophie
ausgesprochen wird. Nehmen wir da den Menschen nach Geist,
Seele, Leib. Wie sich diese Gliederung verhält zur
anderen, die gegeben wird in der Anthroposophie, das wird ja
ohne weiteres klar sein.
Nun, im Geiste, wie ihn der Mensch heute hat, leben ja die
Gedanken, die Gedanken, wie ich sie darstelle etwa in meiner
«Philosophie der Freiheit», wo sie eben nicht mit
Sinnesanschauungen durchtränkt sind, sondern frei
geschaffene, reine Gedanken im menschlichen Bewußtsein
sind. Da sind die Gedanken ihrer Qualität nach
zunächst nur ein Schein, sie sind so wenig eine volle
Realität, daß sie nicht eine innere Kraft haben. Weil
wir das Spiegelbild nicht haben, können wir sie, nicht
ganz, aber in einem gewissen Sinne doch, mit Spiegelbildern
vergleichen. Das Bild, das im Spiegel erscheint, hat in der
Richtung seiner Linien nicht Kraftentfaltung, es ist ganz
passiv. Die menschlichen Gedanken haben in ihrer Entfaltung
Kraft, so daß wir diese Kraft, so wie ich es gestern in
der esoterischen Stunde gesagt habe, auch auffangen und
willensdurchtränkt machen können. Aber zum Weltall in
seinem vollinhaltlichen Sein verhalten sich diese Gedanken, die
der Mensch im Leben hat, eigentlich wie Spiegelbilder, so
daß wir schon im Menschenwesen zwar den Geist tragen, aber
den Geist im Spiegelbild.
Nun, meine lieben Freunde, das, was wir da in uns tragen, das
stammt aus der Welt, die ich in meiner «Theosophie»
beschrieben habe als Geisterland, und wir bringen eigentlich,
indem wir auf Erden denken, die Ingredienzien des Geisterlandes
im Schein, im Abglanz herunter auf die Erde. Wir tragen das,
was die Theosophie das Devachan nennt, in das Erdgebiet
herunter, indem wir denken, wenn das auch ein schwacher Abglanz
ist. Wir tragen diese Inhalte auf Erden in uns, in schwachem
Abglanze den Schein des Himmels.
Gehen wir über zum Seelischen, so lebt hier vorzugsweise
das Gefühl. Als Gefühl lebt es im Wachzustande, in
der Bildhaftigkeit der Träume lebt es im Schlafzustande.
Träume und Gefühle unterscheiden sich nur dadurch,
daß die Gefühle Seeleninhalt des Wachzustandes, die
Träume Seeleninhalt des Schlafzustandes sind. Das, was wir
als Erdenmenschen zwischen Geburt und Tod erleben in unseren
Gefühlen, das stammt wiederum aus einer anderen Welt die
ich in meiner «Theosophie» beschrieben habe -, aus
der Seelenwelt, die wir nach dem Tode in ihrer wirklichen
Gestalt durchleben. Und zu dieser wirklichen Gestalt der
Seelenwelt, die dann vor uns tritt - ich habe das geschildert
nach einem gewissen Punkte hin in der «Theosophie» -,
verhält sich unsere Gefühlswelt - die von uns nur
geträumt wird, denn wir träumen nur diese Seelenwelt
in unseren Gefühlen - eben nicht wie ein Spiegelbild, aber
wie ein von den schöpferischen Elementarmächten in
der Seele gehaltenes Bild. Die Wirklichkeit ist da noch nicht
drinnen.
Was
unser Leib entwickelt, so wie wir nun als Erdenmenschen sind,
ist kein Urbilderbewußtsein, aber er trägt die
stärksten Realitäten des Seins in sich. In unserem
Leib sind wir wirklich tätig, aber nur in der physischen
Erdenwelt. So gehören die drei Glieder unserer
menschlichen Wesenheit verschiedenen Welten an. Und Sie, meine
lieben Freunde, indem Sie ja doch wirken wollen auf das Wesen
des Menschen, werden daher in Ihrem Gefühl haben
müssen eine Hindeutung auf das, was im Wesen des Menschen
liegt. Sie müssen über diese Dinge eine richtige
Anschauung entwickeln.
Mir
sind Mißverständnisse über
Mißverständnisse gerade in bezug auf diese Gliederung
von ganz guten Philosophen entgegengebracht worden,
Mißverständnisse über
Mißverständnisse, die zeigen, wie schwierig es selbst
ganz gut denken könnenden Menschen der Gegenwart ist, in
die Anthroposophie richtig einzudringen. So faßte ein
Philosoph in einer Besprechung die Gliederung des Menschen so
auf, als ob sie eine beliebige Einteilung wäre, die mit
dem Verstande gemacht sei und die einen bloßen Formalismus
bedeuten würde. Natürlich, man kann auch einen Tisch
einteilen in Platte, Füße und so weiter, aber der
ganze Tisch ist aus Holz, oder man könnte ihn auch von
links nach rechts einteilen. Aber mit einer solchen
willkürlichen Einteilung hat man es bei der Gliederung des
Menschen nicht zu tun, sondern, sagen wir es so: Man hat
Wasserstoff in der Wirklichkeit und Sauerstoff in der
Wirklichkeit, zusammen geben sie Wasser; sie sind
Realitäten, nicht nur künstliche Schemata. So sind
auch die Glieder der menschlichen Wesenheit nicht
willkürlich gegliedert, sondern sie sind so in der
Realität der Menschennatur aufgegangen, daß man sagen
kann: Der Geist stammt aus dem Geisterland, die Seele aus der
Seelenwelt, der physische Leib aus der physischen Welt; diese
Glieder des Menschen kommen aus drei verschiedenen Welten her
und sind im Menschen miteinander verbunden. Und indem der
Mensch mit dem Bewußtsein aus der physischen Welt
herausgeht, spaltet sich sein Inneres, er wird drei aus
eins.
Dasjenige, was so mit dem einzelnen Menschen vorgeht, ohne
daß der einzelne Mensch als Individuum daran Anteil nehmen
müßte, geht auch mit der ganzen Menschheit vor sich
durch ihre verschiedenen Rassen- und Volksentwickelungen. Wir
können sagen: Die sich entwickelnde Menschheit, die lebt
ja in dem Unterbewußtsein jedes einzelnen Menschen, aber
das steigt eben nicht in das gewöhnliche Bewußtsein
herauf, und sie macht ähnliche Etappen ihrer Entwickelung
durch wie der einzelne Mensch. Und eben jetzt in unserem
Zeitalter wird im Entwicklungsgang der Menschheit so etwas
durchgemacht wie der Übergang über die Schwelle und
die Spaltung in drei. Dasjenige, was für den einzelnen
Menschen das Vorbeigehen an dem Hüter der Schwelle ist,
das muß der Mensch im Bewußtseinsseelenzeitalter sich
aneignen, wenn er es haben will. Die Menschheit aber geht,
für den einzelnen unbewußt für unser Zeitalter,
an dem Hüter der Schwelle vorbei. Die ganze Menschheit
macht das durch, was der Übergang über die Schwelle
ist. Während die physische Leiblichkeit bis zum Ende des
18. Jahrhunderts herauf noch immer durch die ihr innewohnenden
elementarischen Wesen dem Menschen etwas gegeben hat auf Erden,
muß der Mensch in der Zukunft alles das, was er produktiv
innerlich finden wird, auch seine Tugenden, aus der geistigen
Welt herausholen, nicht als einzelner Mensch, sondern als
Menschheit. So daß ein Schwellendurchgang vorliegt in der
Entwickelung der ganzen Menschheit, der, weil er auch der Zeit
nach davor liegt, dem Apokalyptiker erscheint, bevor ihm die
Vision sich vor Augen stellt von dem sonnenbekleideten Weibe,
das den Drachen unter ihren Füßen hat. Da hat er die
andere Vision, jene Vision, welche deutlich wiedergibt,
daß der Apokalyptiker sagen will: Die Zeit kommt, wo die
ganze Menschheit in ihrem zivilisierten Teile über die
Schwelle zu treten hat, wo eine Dreiheit erscheint als die
kosmische Imagination desjenigen, was die Menschheit
durchmacht. Immer mehr Menschen wird es geben, die neben dem
Gefühl, das der Mensch entwickeln kann, wenn das Gesunde
an das Pathologische angrenzt, die andere Empfindung haben
werden: Meine Gedanken wollen mir davonlaufen, meine
Füße werden durch die Erdenschwere nach unten
gezogen. - Es gibt in der Gegenwart viele Menschen, die
eigentlich dieses Gefühl sehr stark haben, ihre Gedanken
fliegen ihnen davon, ihre Füße werden von der Erde
übermäßig angezogen. Nur wird so etwas durch
unsere heutige Zivilisation dem Menschen ebenso ausgeredet, wie
es den Kindern ausgeredet wird, wenn sie irgendwelche Visionen
haben, die auf realer Grundlage beruhen.
Dasjenige aber, was in unserer Zeit stark lebt, erscheint vor
dem hellseherischen Auge des Apokalyptikers als jene Figur, die
sich aus Wolken herausbildet, sonnenähnliches Gesicht hat,
in einen Regenbogen übergeht, und feurige Füße
hat, von denen der eine auf dem Meer, der andere auf der Erde
steht (Apk. 10, 1 u. 2). Man möchte sagen, das ist in der
Tat die bedeutsamste Erscheinung, die sich die
gegenwärtige Menschenseele vor Augen stellen soll. Denn in
dem, was oben wolkengeborenes Antlitz ist, liegen die Gedanken,
die dem Geisterlande angehören; in dem, was Regenbogen
ist, liegt die Gefühlswelt der Menschenseele, die der
Seelenwelt angehört; in den feurigen Füßen, die
aus der Kraft der meerüberdeckten Erde heraus ihre Kraft
erhielten, liegt das, was im Leibe des Menschen enthalten ist,
der mit der physischen Welt zusammengehört.
Wir
werden da, ich möchte sagen, auf das eigentliche
Kulturgeheimnis der Gegenwart hingewiesen, das sich ja
zunächst so äußert, daß die Menschen nicht
gleich dreigespalten erscheinen, sondern so erscheinen - was ja
in unserer jetzigen Zeit nun mit Händen zu greifen ist -,
daß wir Wolkenmenschen haben, die nur denken können,
während verkümmert sind die beiden anderen Teile:
Regenbogen und Feuerfüße, daß wir
Regenbogenmenschen haben, bei denen vorzugsweise das
Gefühl ausgebildet ist, die auch zum Beispiel die
Anthroposophie nur mit dem Gefühl erfassen können,
nicht mit dem Verstande. Aber sie sind nicht nur in der
anthroposophischen Gesellschaft, sondern auch draußen in
der Welt vorhanden. Diese Menschen können die Welt nur mit
dem Gefühl erfassen; bei ihnen ist verkümmert Denken
und Wille, aber das Gefühl ist besonders ausgebildet. Dann
gibt es heute Menschen, die eigentlich so handeln, wie wenn sie
bloß den Willen hypertrophiert ausgebildet hätten.
Verkümmert ist ihr Denken und Gefühl:
Stiermäßig handelnde Menschen, nur den unmittelbar
äußeren Impulsen hingegeben - die
feuerfüßigen Menschen.
Und
die Vision Johannes des Apokalyptikers stellt schon auch diese
drei Arten von Menschen dar, die wir antreffen im Leben. Wir
müssen uns mit diesem Geheimnis gerade der heutigen
Zivilisationsepoche schon bekanntmachen, damit wir in der
richtigen Art die Menschen betrachten. Dies kommt ja
übrigens auch heraus, wenn man die großen
Weltereignisse anschaut.
Sehen Sie einmal hin auf alles dasjenige, was jetzt in
Rußland geschieht. Wir haben den Einfluß der
Wolkenmenschen, der vorzugsweise denkenden Menschen, bei denen
Gefühl und Wille verkümmert sind. Den Willen
möchten sie übergeben dem sozialen Mechanismus, das
Fühlen wird von ahrimanischen Mächten in Anspruch
genommen, weil die Menschen es nicht selber in der Hand haben.
Denker sind sie, aber weil der Erdenmensch durchaus ahrimanisch
und luziferisch gestaltet ist, ist ihr Denken so, daß man
sagen kann — ich werde ein Bild gebrauchen, das jedem als
ein durchaus selbstverständliches Bild erscheint, der
Geisteswissenschaft kennt; abschrecken wird es nur den, der
sich erst hineinleben muß in solche Sachen -: Wenn man die
Gedanken von Lenin und den anderen nimmt und betrachtet diese
Gedanken als ein Bild, wie sieht dasjenige aus, was ein
Zusammenfluß der Gedanken Lenins, Trotzkis, Lunatscharskis
und so weiter ist? Stellt man sich eine Welt aus diesen
Gedanken vor, so bekommt man dasjenige, was man in der Physik
ein Kraftsystem, ein System von Kräften nennt. Ja, meine
lieben Freunde, mit diesen Kräften könnte man, wenn
man ein Elementarriesengeist wäre, über eine weite
Gegend hinaus Wolken formen, Donner und Blitze erregen, wenn
man die Kräfte eben in Wolkenregionen betrachtet. Aber sie
gehören nicht auf die Erde. Es ist ein Bild, das Sie
vielleicht überraschen wird, aber derjenige, der in die
okkulten Hintergründe des Daseins hineinsieht, muß
das sagen. In den Köpfen der führenden Russen weben
und leben dieselben Kräfte, die im Blitz sind, die in den
Wolken geformt werden über unseren Köpfen und die zur
Erde die Blitze niederstrahlen, die Donner rollen. Dahinein
gehören diese Kräfte, sie wirken deplaziert in den
führenden Menschen des Bolschewismus.
Sehen Sie, da haben Sie dasjenige, was in bezug auf vieles, was
in unserer Zeit da ist, dem Apokalyptiker vorausschauend ganz
klar ist. Und er wußte, solch ein epochaler Abschnitt, der
umfaßt ja immer eine Zeit, die man auch schon nach der
Zahl angeben kann. Ich habe ja selbst, meine lieben Freunde,
eine bestimmte Anzahl von Jahren approximativ angegeben
für denjenigen Zeitraum, der etwa so etwas umfaßt wie
die Bewußtseinsseelenentwickelung, die Gemüts- oder
Verstandesseelenentwickelung. Ich habe es angegeben als den
zwölften Teil von 25 920 Jahren, die entsprechen einem
solchen Abschnitt.
Nun, es war wirklich für mich lange Zeit eine
außerordentlich beschwerliche Crux, gerade an der Stelle
mit der Apokalypse zurechtzukommen, von der ich jetzt spreche.
Denn da wird von dem Apokalyptiker angegeben, daß er
weissagt: 1260 Tage. In Tagen spricht man oft, wenn eigentlich
Jahre gemeint sind. Aber wie kommen wir da beim Apokalyptiker
auf die Zahl 1260? Es bedurfte schon eingehender Forschung, um
dahinter zu kommen, daß diese 1260 Tage (Apk. 11, 3 und
12, 6) - verzeihen Sie den trivialen Ausdruck - ein wirklicher
Druckfehler in den Überlieferungen der Apokalypse sind. An
der Stelle soll es heißen «2160 Tage», dann
stimmt es mit dem, was man auch heute sehen kann.
Es
ist sehr leicht möglich, daß irgend einmal in einer
Schule, wo die Überlieferung besorgt worden ist, gerade
weil man sehr viele Zahlen beim Schauen in Spiegelbildern
sieht, eine Undeutlichkeit entstanden ist. Das ist aber etwas,
was beim tieferen Hineinleben in die Apokalypse weniger in
Betracht kommt.
Diejenigen Menschen nun, die so innerhalb der Rasse dastehen,
daß sie eigentlich Wolkenmenschen sind, denen stehen
wiederum die anderen gegenüber, die Regenbogenmenschen
sind. Bei ihnen ist das Denken verkümmert, sie leben mit
traditionellen Gedanken am liebsten, sie haben eine gewisse
Scheu, mit den Gedanken an die geistige Welt heranzugehen.
Zahlreiche Menschen gerade in mitteleuropäischen Gegenden
treten uns als solche Regenbogenmenschen entgegen.
Je
weiter wir nach Westen gehen, desto mehr verkümmert ist
eigentlich Denken und Fühlen und wir kommen zu krankhaften
Ausbildungen der feuerfüßigen Menschen. Solche
feuerfüßige Menschen sind gerade in den westlichen
Gegenden Europas und vermutlich in Amerika zahlreich zu finden,
so daß wir nach dieser Richtung auch die Erde gliedern
können: Im Osten gibt es viele Wolkenmenschen, in der
Mitte viele Regenbogenmenschen, im Westen viele
feuerfüßige Menschen. Und man könnte sagen:
Ausgebreitet ist über die Erde, wenn man sie geistig von
außen ansieht, etwas wie ein Bild gerade der Gestalt, die
uns hier beim Apokalyptiker entgegentritt, wenn wir die
Rassenentwickelung in Betracht ziehen. Würden wir uns etwa
von der Erde erheben geistig, man kann das nicht im Luftballon
oder im Luftschiff machen -, würde man sich geistig
erheben vielleicht von einem Punkte aus, der in Westfalen
liegt, in die Höhe hinauf und würde
zurückschauen auf die Erde, so würde Asien eine Art
wolkenähnliches, Sonnenformen annehmendes Gesicht haben;
über Europa würde man Regenbogenfarben ausgebreitet
sehen, und weiter hinüber nach Westen Feuerfüße,
von denen der eine im Stillen Ozean steht, der andere auf den
südamerikanischen Anden. Und man würde die Erde
selber unter diesem Bild bekommen.
Sehen Sie, meine lieben Freunde, diese für unsere Zeit
tief einschneidendsten Weissagungen des Apokalyptikers sind
etwas, was für das Priesterwirken außerordentlich
wichtig ist, denn darin besteht ja gerade dieses große
Rätsel unserer Zeit, das sich herausgebildet hat seit
Napoleon. Unter dem Einfluß des Napoleonismus, des ersten
Napoleon, entstand ja erst eigentlich mit voller Deutlichkeit
dieses Streben der Menschen in die Rasse, in die Nation hinein,
das heute in einer so unverständigen Weise durch den
Wilsonianismus zum Ausdruck gekommen ist. Das ist ja etwas ganz
Furchtbares, wie heute die Menschen hineinstreben in Rassen und
Völker und wie sie allen Kosmopolitismus im Grunde
begraben wollen. Das kommt aber daher, daß dieser
Durchgang durch den Schwellenort eben vorliegt. Und wie sich
der Mensch bei seiner Entwickelung in die geistige Welt
spaltet, so spalten sich in Regionen, die dem einzelnen
Menschenindividuum unbewußt bleiben, die Erdenmenschen
nach Wolkenmenschen, Regenbogenmenschen, feuerfüßigen
Menschen. Diese Dreispaltung des Menschen, wie ich sie
beschrieben habe für den einzelnen Menschen in «Wie
erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?», sie
ist nun für die Erdenmenschheit eingetreten, sie ist jetzt
da. Das gewaltige Bild, das der Apokalyptiker zeichnet, ist da
in Asien, in Europa, in Amerika. Und die Menschen können
zunächst nicht den Zusammenklang der drei Teile finden;
statt den Zusammenklang in der Vereinigung zu suchen, suchen
sie die Zersplitterung, und im einzelnen tritt das ganz
merkwürdig auf.
Man
kann in diesem ganz äußerlichen Denken, das die
Menschen ergreift, zum Beispiel sehen, wie sich die Menschen
nicht zusammenfinden in innerem Verstehen, sondern oftmals sich
zusammenschließen nach Äußerlichkeiten. Wir
können zum Beispiel sehen, wie zwischen Böhmerwald
und Fichtelgebirge, von den Erzbergen im Politz-Adersbacher
Sandsteingebirge herunter bis zur March, bis zum ehemaligen
Preßburg - Pozsony hieß es in Ungarn, ich weiß
nicht, wie es heute heißt -, wenn wir die Mannhartsberge
als Südgrenze nehmen, daß sich da in den Tschechen
ein im eminentesten Sinne wolkenmenschliches Volk findet, das
nur das Denken ausgebildet hat, und daß dieses nicht mit
innerem Verständnis zusammengekommen, sondern
zusammengeschweißt worden ist mit den ganz anders
gearteten Slowaken, bei denen das Denken gar nicht vorhanden
ist, sondern die Regenbogenmenschen im ausgesprochenen Sinne
des Wortes sind. Wir sehen auf der anderen Seite, wie ganz
äußerlich wiederum ein anderes Verhältnis, das
kurz vorher gebildet worden ist, aufgelöst wird. In alldem
waltet kein Geist mehr, sondern Erdenmenschentätigkeit,
die den Geist ausschließen will. Wir sehen die ganze
Slowakei kurz vorher losgelöst von Böhmen,
Mähren, Schlesien, das das Gebiet ist, das ich vorher
angegeben habe. Wir sehen diese ganze Slowakei früher
vereinigt mit dem magyarischen Lande und mit den echten
Magyaren. Sie müssen nur unterscheiden die echten Magyaren
von den eingewanderten Magyaren, die man schon an den Namen
erkennt. Der echte Magyar heißt so, daß man es im
Westen gar nicht aussprechen kann, besonders wenn er noch
älter ist; er heißt aber Hirschfeld, wenn er einer
der besonders schreienden und agitatorischen Magyaren der
Gegenwart ist. Man muß schon auf die echten Magyaren
zurückgehen. Bei diesen hat man es zu tun mit
ausgesprochen feuerfüßigen Menschen, die kurze Zeit
zusammengeschweißt waren mit den Regenbogenmenschen der
Slowakei. So wird gewürfelt von dem heutigen Welt-Ungeist,
daß die Slowaken früher mit den Magyaren, jetzt mit
den Tschechen zusammengeworfen werden. So wird überhaupt
heute gewürfelt. Das drückt sich auch in den
tiefergehenden Symptomen aus, darin zum Beispiel, daß ein
wirklich bedeutender Mensch wie Masaryk, der an der Spitze der
Tschechoslowakischen Republik steht, eigentlich Slowake ist,
nicht Tscheche. Aber wer Masaryk kennt, weiß, daß er
eben ein Regenbogenmensch ist, der gar nicht denken kann. Man
lese seine Bücher und man wird sehen: In seinen
Büchern denkt die Zeit. Er ist ein Regenbogenmensch, ein
echter Slowake.
Man
muß nach diesen Kategorien die Menschen der Gegenwart
schon anschauen können, um zu sehen, welches
Zufallswürfelspiel eigentlich getrieben wird, das
natürlich im Weltenkarma schon begründet ist. Da
müssen wir blicken auf jenes Zeitalter das das unsrige
eigentlich ist -, das von sich sagen kann, daß es immer
mehr in das Bewußtsein der Menschen, in die
Bewußtseinsseele hineingeht. Vorher sahen die Menschen
draußen die Sternenschrift geschrieben, sie sahen alles
draußen geschrieben, was Inhalt ist von alter Tradition,
von alter Weisheit. Was in alten Büchern steht, trägt
dieser dreigespaltene Mensch wie Erinnerung an sich. Sieht man
hin nach gewissen Stätten, so sieht man diese Gestalt, die
ausgebreitet ist über Asien, Europa, Amerika. Was in den
an Mysterien reichen Stätten Mazedoniens, Griechenlands,
Kleinasiens, alles was in Ephesus, Samothrake, Delphi und an
anderen Orten verkündet worden ist über die Welt, das
ist das Buch, das erhalten ist aus den alten Zeiten; es ist in
der Hand jenes Engels, der aus Wolken sein Antlitz, aus
Regenbogen seine Brust, aus Feuer seine Füße bildet
und mächtig dasteht. Aber all das ist für den
Bewußtseinsmenschen heute so, daß wir das nur so rege
und belebend erhalten können, wenn wir aus unserem Innern
heraus den Quell suchen, wodurch wir das geistige Schauen
lernen. Wir müssen das Buch, das vorher von außen
geholt werden konnte, «verschlingen», in uns
hineinbringen. Zunächst ist dieses Buch, das die
Weitgeheimnisse enthält, für manche erst
süß im Munde. Es kommen die Leute zu dem, was
geistige Anschauung geben will, schon mit einer großen
Vorliebe, es schmeckt ihnen wie Honig. Wenn aber die
eigentlichen tiefen Lebenserfordernisse kommen, die
zusammenhängen mit einer geistigen Erfassung der Welt,
dann wird, gerade wenn es an den heutigen materialistisch
gewordenen Menschen herantritt, das, was süß wie
Honig ist nach den Worten des Apokalyptikers, zu einem Grimmen
im Bauche, das schmerzhaft ist, wenn verdaut werden soll, was
als geistige Nahrung den Menschen so notwendig ist.
Wenn wir auf all das hinschauen, dann müssen wir schon
zugestehen: Bei diesem Würfeln, bei diesem
Durcheinanderwerfen, da wird es notwendig, daß gerade aus
derjenigen Geistgewalt, die uns den dreigliedrigen Menschen
zeigt, jene Kraft kommt, die alles neu ausmessen kann. Ein Rohr
wird gegeben vom Himmel herunter, eigentlich eine
Meßlatte, mit der alles neu gemessen werden soll (Apk. 11,
lff.). Nun sehen Sie auf unsere Zeit hin, meine lieben Freunde.
Muß nicht neu gemessen werden? Müssen wir nicht auf
jenes abstrakte Gebilde der Länderkarte hinzuzeichnen so
etwas wie Asien als Wolkengestalt, Europa als regenbogenfarbig
koloriert, Amerika als feuerfüßig? Müssen wir
nicht alles neu abmessen vom Gesichtspunkte des Geisteslebens
aus? Stehen wir nicht mitten darin in der Ausführung
desjenigen, was die Apokalypse uns darbietet?
Fassen wir dieses, worin man drinnenstehen muß, mit vollem
Bewußtsein auf, und wir kommen aus dem Laientum, das heute
so viel im tiefsten Unterbewußtsein tun muß, heraus
zu dem keineswegs rationalistischen Erfassen der Zeitaufgaben
durch das, was neues Priestertum sein soll. Sehen Sie, das ist
dasjenige, was gerade in Anlehnung an die jetzt vorliegenden
Kapitel der Apokalypse gesagt sein soll. Die Dinge stimmen bis
ins einzelne hinein. Wir werden das, was wir über Rassen-
und individuelle Entwickelung zu sagen haben, dann gut sagen
können, wenn wir morgen auf diese Dinge noch eingehen.
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