VIERTER VORTRAG
Den
Haag, 23. März 1913
Je
mehr sich der Ätherleib des Menschen verändert unter
dem Einfluß einer esoterischen Entwicklung, desto mehr
bekommt der Mensch dasjenige, was man nennen möchte ein
Zeitgefühl. Unter diesem Zeitgefühl soll verstanden
werden ein Gefühl für das Miterleben der
Aufeinanderfolge der Tatsachen und Ereignisse in der Zeit.
Gewöhnlich ist ja im äußeren Leben der Mensch
ohne dieses ausgesprochene Zeitgefühl. Nun habe ich schon
ein wenig angedeutet, wie dieses Zeitgefühl sogar schon
durch die Veränderung des physischen Leibes auftritt,
indem man durch eine esoterische Entwicklung empfindlicher wird
gegenüber — sagen wir — dem Sommer und dem
Winter. Aber durch die Veränderung des Ätherleibes
wird das Miterleben des äußeren Wandels der
Ereignisse ein noch viel lebendigeres, ein viel
empfindlicheres. Und derjenige, der eine Zeitlang versucht hat,
mit allem Ernst seine Seele vorwärtszubringen, der wird
einen deutlichen Unterschied wahrnehmen zunächst einmal
zwischen den verschiedenen Jahreszeiten, ja sogar zwischen
Teilen der Jahreszeiten, er wird einen großen Unterschied
allmählich innerlich erleben lernen zwischen Sommer und
Winter, zwischen Frühling, Sommer und Herbst, aber auch
noch viel kleinere Zeitabschnitte im Jahreslaufe werden
empfunden werden. Die Zeit wird gewissermaßen etwas in
ihrem Fortschritt Lebendiges. Man merkt nach und nach, daß
man im Verlaufe der Zeit differenziertes Leben wahrnimmt. So
wie im physischen Leibe die einzelnen Organe sich differenziert
zeigen, wie sie innerlich lebendiger und unabhängiger
voneinander werden, so werden die Teile der fortlaufenden
Zeitenfolge gewissermaßen selbständiger voneinander,
unabhängiger. Und das ist damit in Verbindung, daß
man mit der Entwicklung des eigenen Ätherleibes miterlebt
das Leben im äußeren Äther, der uns ja
überall umgibt. Es umgibt uns ja nicht nur die Luft, es
umgibt uns überall der Äther; aber dieser Äther
lebt ein wirkliches Leben in der Zeit.
Der
uns umgebende Äther ist gewissermaßen eine Art
Lebewesen, er lebt, und lebt aufeinanderfolgend verschieden,
wie ja der Mensch auch in seinen Lebensaltern verschieden lebt.
Und man lernt miterleben das fortschreitende Leben des
äußeren Äthers. So bekommt man immer mehr und
mehr ein Gefühl dafür, wie draußen das Leben des
Lebensäthers ist, wenn der Frühling kommt, wenn er
sich dem Sommer nähert, wenn der Sommer auf seinem
Höhepunkt angelangt ist, wenn der Sommer zur Neige geht,
wenn der Herbst sich nähert und wenn dieser dann da ist.
Diesen äußeren Verlauf lernt man miterleben; man
lernt einen deutlichen Unterschied kennen zwischen diesem
Sommer-Frühling-, Sommer-Herbstleben und dem eigentlichen
Winterleben.
Dieser Unterschied wird immer deutlicher wahrnehmbar, so
daß man sich wirklich zuletzt sagen kann: die Erde lebt
mit ihrem Äther ein selbständiges Leben, und man
schwimmt, indem man mit der Zeit mitlebt, förmlich
darinnen in diesem sich wandelnden Leben des Äthers. Wenn
der Hochsommer da ist, so fühlt man am allerdeutlichsten,
wie man mit seinem Ätherleib gewissermaßen auf sich
selber angewiesen ist, wie man mit der Erde ein eigenartiges
Leben mitmacht so, daß die Erde einen dann wenig innerlich
berührt; man ist, wie gesagt, gleichsam auf sich selbst
angewiesen, und man verbindet dann allmählich einen
Begriff mit dem, was der Okkultist sagt: Während des
Sommers ist die eigentliche Schlafenszeit der Erde. Wir kommen
da zu einer Tatsache, die wegen der äußeren Maja, von
der der Mensch ja fortwährend umgeben ist, ganz falsch
beurteilt wird. Im äußeren, von der Maja dirigierten
Leben vergleicht der Mensch gerne den Frühling mit dem
Morgen, den Sommer mit dem Mittag, den Herbst mit dem Abend. Er
tut Unrecht mit diesem Vergleich, denn in der Realität
verhält sich die Sache nicht so. In der Realität
müssen wir, wenn wir den äußeren Erdenverlauf
mit etwas in uns vergleichen, Frühling, Sommer, Herbst
— in dieser Aufeinanderfolge — mit der
Schlafenszeit der Erde vergleichen; und Herbst, Winter,
Frühling — in dieser Aufeinanderfolge — mit
der Wachenszeit der Erde. Und wenn wir von einem Geist der Erde
sprechen, so müssen wir uns vorstellen, daß für
diejenige Halbkugel, wo Sommer ist, der Geist der Erde
während dieses Sommers sozusagen in demselben Zustand ist,
in welchem wir als Menschen während unseres
Schlafzustandes sind. Es ist natürlich bei der Erde
anders. Der Mensch wechselt absolut mit Wachen und Schlafen ab,
bei der Erde ist das so, daß Wachen und Schlafen gleichsam
von der einen zur anderen Halbkugel ziehen; daß im Grunde
genommen der Geist der Erde nie recht schläft, sondern
daß, wenn er seine Wachtätigkeit für die eine
Halbkugel vom Schlafe abgelöst sein läßt, er
dann seine Wachtätigkeit auf die andere Halbkugel verlegt.
Aber darauf brauchen wir ja weniger Rücksicht zu
nehmen.
Wir
wollen einmal betrachten das Miterleben des Menschen mit der
Erde: da kommt ja eigentlich nur die eine Halbkugel der Erde in
Betracht. Wir haben uns da vorzustellen, daß der Geist der
Erde während der Sommerszeit in gewisser Weise sich selber
trennt von seinem physischen Leibe, der jetzt die Erde selbst
wäre, und daß dieser Geist der Erde im
Verhältnis zu seinem physischen Erdenleib im Sommer
dasselbe Leben lebt, das der Mensch während der
Schlafenszeit im Verhältnis zu seinem physischen Leib
lebt.
Während der Schlafenszeit liegen der physische und der
Ätherleib im Bette; sie führen ein rein vegetatives
Leben. Für den okkulten Blick stellt sich heraus, daß
im schlafenden Menschenleib etwas entfaltet wird wie eine feine
Vegetation, wie ein Hervorsprossen und Hervorsprießen des
rein vegetativen Lebens, und die während der Wachenszeit
verbrauchten Kräfte werden durch dieses vegetative Leben
wiederum ersetzt, so daß der Mensch während des
Schlafes eigentlich seine Sommerszeit hat. Und würde er
hinschauen, wenn er mit seinem astralischen Leib und seinem Ich
außer dem physischen Leibe ist, auf das Leben des
schlafenden physischen Leibes, so würde er dieses
schlafende Leben des physischen Leibes so erblicken, wie man
gerade hervorsprießend und sprossend erblickt das
pflanzliche Leben im Frühling und Sommer auf der Erde. So
würde man an seinem physischen Leibe ein vegetatives
sprießendes und sprossendes Sommerleben während der
Schlafenszeit bemerken.
Dadurch aber, daß die Erde an dem von uns bewohnten Teile
während des Sommers ihre Schlafenszeit hat, dadurch ist
der Menschgewissermaßen mit seinem Ätherleibe auf
sich selbst angewiesen, und die Folge davon ist, daß bei
einer esoterischen Entwicklung der Mensch während dieser
Sommerszeit, wenn er sich überhaupt schon die
Fähigkeit angeeignet hat, so etwas wahrzunehmen, seinen
eigenen Ätherleib mehr wahrnimmt, besser, deutlicher
wahrnimmt als während der Winterszeit. Er nimmt sozusagen
die Selbständigkeit seines Ätherleibes wahr, und zwar
vorzugsweise in unserem Zeitenzyklus die Selbständigkeit
des ätherischen Teiles des Kopfes, des ätherischen
Teiles, der dem Gehirn zugrunde liegt. Es ist ein sehr
eigentümliches Empfindenlernen, wenn man anfängt,
dadurch, daß man das Leben des Erdenäthers mitlebt im
Sommer, allmählich eine Art innerer Empfindung sich
anzueignen für diesen besonderen Teil des menschlichen
Ätherleibes, der dem Haupte, dem Kopfe zugrunde liegt; und
man fühlt dann dieses innere Erleben anders im
Frühling, anders im Sommer, anders gegen den Herbst zu.
Man fühlt so deutlich die Unterschiede in diesem inneren
Erleben, daß man jetzt wirklich sprechen kann, geradeso
wie beim physischen Leibe von einer Differenzierung der
Glieder, von verschiedenen Leben, die man durchmacht im Laufe
der Sommerszeit, von deutlich sich voneinander
differenzierenden Leben. Anders ist das Leben, das sich da
innerlich entfaltet im Frühling, anders das Leben, das
sich innerlich entfaltet im Sommer, und anders das im Herbst.
Wenn man vom Ätherleib spricht, so muß man eigentlich
eine Trennung machen, die wir heute machen werden: sozusagen
einen besonderen Ätherteil abtrennen, der dem Haupt
zugrunde liegt, dem Kopfe.
Das
ist es, was ich mit ein paar Strichen Ihnen skizzieren will,
meine lieben Freunde. Wenn wir uns skizzenhaft den Menschen
vorstellen, so können wir uns vorstellen, daß dieser
Ätherleib, von dem ich jetzt eben gesprochen habe, so
empfunden wird — und zwar nach oben immer weniger
empfunden wird, aber ins Unbestimmte sich verlierend —,
daß er mit der Zeit mitgeht. Und man lernt allmählich
sogar ganz deutlich fühlen, daß an diesem Teil
unseres Ätherleibes Wesenheiten schöpferisch mit
tätig waren, die in den verschiedenen Zeiten, die man da
durchlebt vom Frühling gegen den Herbst, sozusagen
einander ablösen; man merkt, daß an demGehirnteil
unseres Ätherleibes die Zeiten gearbeitet haben, so
daß unser Äthergehirn ein in gewisser Beziehung
kompliziertes Organ ist.
Es
ist gleichsam von verschiedenen geistigen Wesenheiten, die ihre
Fähigkeiten in aufeinanderfolgenden Zeiten entfalten,
ineinandergefügt worden. Man bekommt nun einen Begriff von
einer sehr bedeutungsvollen Lehre — und man lernt diese
Lehre in ihrer Wahrheit nach und nach empfinden —, von
der Lehre, die insbesondere in den Zarathustraschulen gepflogen
worden ist. Diese Lehre sagte, daß der Ätherleib des
menschlichen Gehirns von geistigen Wesenheiten, die man
Amshaspands nannte, nach und nach aus dem geistigen Kosmos
heraus geschaffen worden ist. Und diese Amshaspands, sie wirken
so, daß sie gleichsam während der Sommerszeit die
Herrschaft führen, und zwar heute noch so die Herrschaft
führen, daß sie einander ablösen, der erste
sozusagen im Frühfrühling, der zweite im
Frühling und so weiter bis zum sechsten und siebenten.
Sieben, beziehungsweise sechs solcher geistiger Wesenheiten,
sie wirken sich ablösend in der Zeit; und sie sind die
schöpferischen Geister, welche — dadurch, daß
sie eben sich ablösen, so daß, wenn der eine seine
Tätigkeit vollführt hat, der andere eingreift —
ein solches kompliziertes Wesen zustande bringen, wie es der
Ätherleib, besonders der des menschlichen Gehirns ist. In
unser Gehirn also spielen herein sechs bis sieben einander
ablösende geistige Wesenheiten, und das physische Gehirn
des Menschen wird man erst begreifen, wenn man sich sagen wird:
da wirkt ein Geist, der empfunden werden kann insbesondere im
Frühfrühling — er strahlt seine Kräfte,
die zunächst Ätherkräfte sind, aus; dann kommt
im späteren Frühling ein zweiter Geist, der strahlt
wiederum seine Kräfte aus.
Da
strahlen also die Ätherkräfte dieses zweiten Geistes
in denselben Raum hinein. Der dritte Geist strahlt wiederum
seine Ätherkräfte hinein, und so bildet sich dieser
Ätherteil des menschlichen Gehirns in der Weise, daß
in denselben Raum in aufeinanderfolgenden Zeiten Geister, die
sich ablösen, ihre ätherischen Kräfte
hineinsenden.
Nun
müssen wir uns klar sein, daß wir nur fühlen
können gewisse Zusammenhänge dessen, was da in
unserem Gehirn ist an Verwandtschaft mit diesen Geistern, die
außer uns ihre Ätherkräfte heute entfalten. Denn
der Okkultismus lehrt uns, daß das, was ich jetzt eben
beschrieben habe, sich schon abgespielt hat während der
alten Mondenzeit; so daß wir nicht glauben dürfen,
daß etwa diese Geister, die, wie wir sagen können,
den Sommer regieren, heute noch hineinwirken und etwa
Bildekräfte sind. Die Anlagen, die während der alten
Mondenzeit wirklich hineingestrahlt sind von diesen Geistern,
die hat sich der Mensch schon ins Erdendasein
herübergebracht; aber weil er sie so in sich trägt in
seinem eigenen Ätherleib, verspürt er heute noch
— wo diese geistigen Wesenheiten keinen unmittelbaren
Einfluß mehr haben auf unseren inneren Ätherleib im
Gehirn —, verspürt er heute noch die Verwandtschaft
mit ihnen, und das ist es, was man spürt im Sommer. Man
fühlt im Frühfrühling den ersten dieser Geister,
der heute eine andere Aufgabe hat draußen im Äther;
aber man fühlt, daß von ihm herrührt, was man in
sich trägt, was man im alten Mond aufgenommen hat; man
fühlt sich zu jener Zeit mit ihm verwandt. Das ist jene
gewaltige Entdeckung, die der Mensch machen kann im Verlaufe
seiner esoterischen Entwicklung: daß er in sich im Laufe
der Zeit etwas erlebt wie ein Abbild von geistig wirksamen
Wesenheiten, die sogar heute schon eine ganz andere Aufgabe
haben als früher, die in der Vergangenheit
mitschöpferische Geister an unserer eigenen Wesenheit
waren. Während der Erdenbildung ist dann gleichsam das
physische Gehirn entstanden wie ein Abdruck, eine
Abprägung dessen, was schon wie eine Art von
ätherischem Urbild während der alten Mondenzeit sich
herausentwickelt hat durch diese geistig-kosmischen
Einflüsse. Ich habe nach oben offen gezeichnet diesen Teil
unseres Ätherleibes, weil er wirklich so empfunden wird
(siehe Zeichnung Seite 71). Er wird so empfunden, daß,
sobald man ihn an sich selber wahrnimmt, man in der Tat das
Gefühl bekommt: Da öffnest du dich in geistige Welten
hinaus, da stehst du im Zusammenhang mit geistigen Welten, die
immer über dir sind. Es gibt noch eine Empfindung, die man
nach und nach im esoterischen Leben entwickelt gegenüber
diesem Teil des Ätherleibes. Es ist im allgemeinen gar
nicht leicht, über diese Dinge sich zu verständigen;
aber ich hoffe, daß, wenn ich mich bemühe, diese
Dinge deutlich auszusprechen, daß wir uns doch verstehen
können.
Es
ist so, wie wenn man in der Tat, wenn man den Ätherleib zu
fühlen beginnt, wie im Strome der Zeit sich schwimmend
fühlt. Aber für diesen Ätherteil des Kopfes ist
es so, wie wenn man gewissermaßen fühlte, als ob man
die Zeit mitnimmt, man also nicht nur fortschwimmt, sondern die
strömende Zeit mitnimmt. In der Tat, man trägt viel
von früherer Zeit in diesem Ätherteil des Kopfes: man
trägt ja die alte Mondenzeit da drinnen mit; denn das
Wesentliche, was da entstanden ist, ist während der alten
Mondenzeit entstanden, und den Strom der alten Mondenzeit
trägt man im Ätherteil des Gehirns mit. Und wenn man
jetzt so anfängt zu fühlen, ist es wie eine
Erinnerung an die alte Mondenzeit. Wer sich einen Begriff
verschafft von den inneren Erlebnissen, die als
Temperamentserlebnisse gestern aufgeführt worden sind, der
kann auch verstehen, wenn gesagt wird, daß der Okkultist,
der so das Innere des Ätherleibes seines Kopfes
fühlen lernt, wenn er sich besonders konzentriert auf
diesen Ätherteil des Kopfes, dann immer dieses
Sichkonzentrieren auf den Ätherteil seines Kopfes
verbunden fühlt mit einer melancholischen Stimmung, die
ihn überkommt; man fühlt sozusagen wie ausgegossen in
der esoterischen Entwicklung melancholische Stimmung in sein
Haupt hinein. Und aus dieser melancholischen Stimmung heraus
entwickelt sich im inneren Erleben allmählich ein
Verständnis für solche Dinge, wie sie unseren
Freunden angeführt worden sind bei der okkulten
Beschreibung des alten Mondes.
Die
esoterische Entwicklung muß natürlich noch viel
weiter gehen, wenn man wirklich die einzelnen Verhältnisse
auf dem Monde beschreiben will; aber Sie sehen, wie die Dinge
beginnen, die zu einer solchen Beschreibung führen. Sie
sehen, daß etwas auftaucht im Menschen drinnen selber, was
man nennen könnte die Melancholie seines Kopfes, innerhalb
welcher Stimmung sich allmählich herausdifferenziert ein
Schauen wie ein Erinnerungsschauen in eine urferne
Vergangenheit, in die alte Mondenzeit. Und es wäre
wünschenswert, meine lieben Freunde, daß Sie aus
solchen Schilderungen, wie die eben jetzt gegebenen sind,
ermessen, wie eigentlich esoterische Entwicklung fortschreitet,
wie man ausgeht von einem bestimmten Erlebnis, wie man dieses
Erlebnis erkennen lernt zunächst — in diesem Fall
zum Beispiel wie eine Erinnerung an eine urferne Vergangenheit,
aus der man den Strom der Zeit mit hereingenommen hat in die
Gegenwart — und gleichsam wieder aufrollen lernt
dasjenige, was einstmals durchlebt worden ist. Ermessen Sie
daraus, daß der Okkultist wahrhaftig nicht von
Träumereien spricht, wenn er jene Konstruktion des
Weltenalls gibt, die zurückgeht zur alten Monden-, Sonnen-
und Saturnzeit, sondern daß man schon, wenn man nur
geduldig ausharrt, durch die Auseinandersetzung, wie diese
Dinge gefunden werden, einen Begriff bekommen kann von dem
allmählichen Hineinerleben in jene gewaltigen großen
Weltentableaus, die allerdings einer urfernen Vergangenheit
angehören, die aber wieder heraufgerufen werden aus dem
gegenwärtigen Leben. Wir müssen nur dazu kommen, zum
Beispiel verflossene Zeitenerscheinungen, die wie involviert,
wie eingewickelt in uns liegen, in uns zu erleben und dann zur
Entfaltung zu bringen.
Anders erlebt sich der Ätherleib, der Teil des
Ätherleibes, der angehört der mittleren Partie des
Menschen. Nach außen verliert sich die Empfindung;
innerlich wird sie ungefähr so wahrgenommen, daß man
sagen kann: Dieses, was hier in der Mitte gezeichnet ist wie
eine Art Eiform, das wird abgetrennt vom anderen empfunden.
Wenn man diesen mittleren Teil des Ätherleibes so
heraussondert als ein besonderes Erleben, so muß man
sagen: Derjenige, der durch eine esoterische Entwicklung dahin
kommt, das differenzierte Leben auch dieses mittleren Teiles
des Menschen in sich zu erfahren, der hat dann das Gefühl,
daß er in diesem Teile des Ätherleibes
gewissermaßen im wesentlichen genau mitschwimmt mit dem
Strom der Zeit. Und in diesem Teil des Ätherleibes wird in
der Tat noch deutlich empfunden das Miterleben mit dem in der
Aufeinanderfolge der Zeit sich differenzierenden
Ätherleben der Erde.
Wer
esoterisch weiterkommt, der fühlt gerade in diesem Teil,
wie im Frühfrühling in der Tat andere Geister
sozusagen auf ihn einwirken als im Hochsommer oder Herbst. Es
ist eine Art Miterleben, genauer eine Art von Mitschwimmen.
Dadurch auch sondert sich dieser Teil von dem anderen heraus,
und wir haben, wenn wir nun in solche Dinge eingehen
können, für diesen mittleren Teil des
Ätherleibes ein Gefühl, welches schwankt zwischen
phlegmatischer und sanguinischer Stimmung. Die mannigfaltigsten
Nuancen nimmt es an zwischen phlegmatischer und sanguinischer
Stimmung. Es ist zum Beispiel in der Frühlingszeit mehr
eine Art von Mitgehen im Ätherleib — im physischen
Leib drückt sich das ganz anders aus -mit dem Strom der
Zeit, gegen den Herbst zu ein Sich-mehr-Wehren, ein
Abstoßen des Stromes der Zeit.
Ein
dritter Teil des Ätherleibes wird dann empfunden so,
daß wir ihn nach unten ins Unbestimmte verlaufend
fühlen, daß er in die Erde hinein verschwindet, sich
aber ausbreitet. Dieses sind drei Teile des Ätherleibes,
die man getrennt voneinander empfinden kann.
Nun
aber würde dieses darstellen die innere Empfindung, das
innere Erleben des Ätherleibes; es würde sich das zum
Beispiel für den Hellseher nicht so darstellen, wenn er
den Ätherleib eines anderen Menschen betrachtete, sondern
es ist das das innere Erleben des Ätherleibes. Dieses
Erleben wird noch wesentlich dadurch modifiziert, daß ein
viertes Glied des Ätherleibes da ist, deutlich begrenzt
wie eine Art Eiform, welches eigentlich den Menschen in sich
aufnimmt. Man verschafft sich aus den verschiedenen
Empfindungen, die man diesen Teilen des Ätherleibes
gegenüber hat, allmählich solche Empfindungen,
daß man das Gefühl erhält, man habe den inneren
Eindruck von dem Ätherleib wie von äußerer
Form.
Und
dann tingiert sich der Ätherleib, dann färbt er sich,
und man bekommt den Eindruck, als ob man hier in diesem Teil
des Ätherleibes wie in einer Art von bläulicher oder
bläulichvioletter Aura wäre. Dieser Teil, der dem
Kopfe entspricht, der ist auch bläulich oder, je nachdem
der Mensch geartet ist, bläulichviolett, geht aber nach
unten allmählich ins Grünliche über. Der
mittlere Teil hat eine deutlich gelbrötliche Färbung
— wenn man die Farbe empfindet — und der untere
Teil hat eine deutlich rötliche bis tiefrote Farbe, die
aber ausstrahlt und oftmals bis weit hinaus geht.
Nun
sind aber die Kräfte, die in diesen vier Teilen wirken,
differenziert, so daß dasjenige, was man als die inneren
Empfindungen hat, nicht genau herauskommt; sondern wenn man es
von außen hellseherisch anschaut, so wirken die
Kräfte, die in dieser äußersten Aura sind,
zusammendrängend den oberen Teil, und man bekommt dann,
wenn man von außen schaut, den Eindruck, als ob, nur ein
wenig größer, der Ätherteil des Kopfes ganz der
Form des Kopfes angemessen wäre.
Der
mittlere Teil ebenso. Je weiter nach unten, desto weniger ist
das der Fall. Aber man bekommt dadurch, daß die
Kräfte aufeinander wirken, wenn man das von außen
ansieht, den Eindruck, als ob der Ätherleib eine Art
Grundform wäre des physischen Leibes, bis zu einer
gewissen Weite aber aus dem physischen Leib herausragt. Gegen
unten verliert sich allmählich das Gefühl des
Zusammenstimmens von physischem Leib und Ätherleib.
Also Sie müssen festhalten daran, daß das innere
Erlebnis des Ätherleibes ein anderes ist als das Wesen,
das der Ätherleib in der Anschauung dem Hellseher nach
außen zeigt. Das muß ganz genau festgehalten
werden.
Wenn Sie noch lernen, in der esoterischen Entwicklung auf die
Stimmung zu achten im Sinne jener Grundstimmungen, die ja im
ätherischen Leib veranlagt sind und die gestern
charakterisiert worden sind, so ergibt sich, daß für
den untersten Teil des ätherischen Leibes die Stimmung als
eine cholerische empfunden wird. So differenzieren sich in der
Tat für die verschiedenen Glieder unseres Ätherleibes
die einzelnen Temperamente. Der obere Teil des Ätherleibes
ist melancholisch gestimmt, der mittlere ist in
Wechselzuständen phlegmatisch-sanguinisch gestimmt, der
untere cholerisch. Und ich bitte Sie, durchaus darauf zu
achten, daß diese Beschreibung für den Ätherleib
gilt. Wer das nicht genau in Erwägung zieht, wird zum
Beispiel sehr leicht, wenn er die Dinge äußerlich
nimmt, in Irrtümer verfallen können. Wer aber genau
das in Erwägung zieht, der wird durch die
Übereinstimmung dessen, was ausgeführt worden ist,
mit gewissen Erscheinungen des Lebens im höchsten Grade
frappiert sein. Man versuche nur einmal zum Beispiel Choleriker
zu studieren — es ist im höchsten Grade
interessant.
Nach dem, was gesagt worden ist, würde bei dem Choleriker
der untere Teil des Ätherleibes ganz besonders
hervorragend ausgebildet sein; er würde hervorstechen
über die anderen Teile, dadurch würde der Mensch ein
Choleriker sein. Die anderen Teile sind natürlich auch
entwickelt, aber der untere Teil würde besonders
hervorstechen. Wenn nun der untere Teil des Ätherleibes
besonders als Ätherleib ausgebildet ist, da drinnen seine
starken Kräfte hat, dann tritt immer ein anderes ein:
daß nämlich der physische Leib in diesen Partien
etwas zu kurz kommt, daß der physische Leib gewisse
mangelnde Ausbildungen nach jener Richtung zeigen kann, die
diesem Teil des Ätherleibes unterliegen. Es würde
also daraus sich ergeben, daß bei ausgesprochenen
Cholerikern, die im Leben als solche auftreten, der anatomische
Befund für gewisse Organe, die diesem Teil des
Ätherleibes entsprechen, eine Art Zu-kurz-Kommen aufweist.
Bitte lesen Sie den anatomischen Befund über einen
Napoleon, und Sie werden frappiert sein von dem, was sich Ihnen
da als Beleg darstellen wird. Wenn man anfangen wird zu
studieren diese verborgenen Seiten der Menschennatur, dann wird
man dies erst in Wirklichkeit begreifen lernen.
Sie
können nun die Frage aufwerfen: Wie stimmt das, was
gestern gesagt worden ist, mit dem Heutigen überein? Es
stimmt durchaus überein. Es ist gestern von den vier
Temperamenten gesprochen worden. Sie sind vorbedingt durch die
Kräfte des Ätherleibes. Und in der Tat: das Leben des
Ätherleibes bezieht sich ebenso auf das Zeitliche, wie
sich bezieht die Gliederung, die Differenzierung auf das
Räumliche. Der physische Leib wird in sich lebendiger in
dem Räumlichen, sich gleichsam differenzierend in seine
einzelnen Glieder; der Ätherleib wird lebendiger, indem
sich seine Glieder zeitlich differenzieren, das heißt
indem das Zeitleben in der Aufeinanderfolge in
selbständigen Teilen und Gliedern miterlebt wird.
Beim Melancholiker liegt in der Tat das zugrunde, daß er
stets ein von ihm in der Zeit Erlebtes, ein Vergangenes in sich
mitträgt. Wer einzugehen vermag auf den Ätherleib des
Melancholikers, der findet, daß dieser Ätherleib noch
immer in sich nachschwingen hat das, was er miterlebt hat in
vergangenen Zeiten. Ich meine jetzt nicht dasjenige, was hier
erwähnt worden ist beim menschlichen Gehirn, was sich auf
urferne Zeiten bezieht, sondern bei dem, was man
gewöhnlich Melancholie nennt. Da regt sich vor allen
Dingen das Ätherleben des Kopfes an in einer bestimmten
Zeit — sagen wir in der Jugend; und dann wird das, was
angeregt ist, so stark beeinflußt, daß in
späteren Lebensaltern man als Melancholiker noch
mitträgt die Schwingungen im Ätherleib, die sich in
der Jugend eingeprägt haben, während beim
Nichtmelancholiker diese Schwingungen sich eben abvibriert
haben. Bei dem Phlegmatiker und Sanguiniker haben wir eine Art
Mitschwimmen mit der Zeit; nurdaß beim Phlegmatiker
gleichsam ein vollständiges gleichmäßiges
Mitschwimmen mit dem Strom der Zeit vorhanden ist, während
der Sanguiniker wechselt zwischen sozusagen innerem schnellerem
Erleben und langsamerem Erleben gegenüber dem
äußerlich verfließenden Strom der Zeit. Der
Choleriker dagegen stemmt sich — und das ist das
Eigentümliche — gegen die Zeit, die heranrückt,
die gleichsam aus der Zukunft uns zufließt. Der Choleriker
weist also in gewissem Sinn die Zeit von sich ab, und er
entledigt sich schnell der Vibrationen, die die Zeit in seinem
Ätherleib hervorruft. Daher trägt der Melancholiker
am meisten von Nachschwingungen des in der Vergangenheit
Erlebten in sich; der Choleriker trägt am wenigsten von
Nachschwingung dessen in sich, was er in der Vergangenheit
erlebt hat. Nehmen Sie den etwas grotesken Vergleich von dem in
sich mit Luft vollgesogenen Ball, der verglichen wurde mit dem
Ätherleib des Cholerikers, so können Sie diesen
Vergleich auch hier anwenden. Der Ball ist schwer zu
beeindrucken durch die aufeinanderfolgenden Ereignisse; er
stößt die Ereignisse von sich, läßt daher
die Ereignisse, wie sie in dem Zeitenstrom wirken, nicht stark
in sich nachschwingen. Daher trägt er das nicht lange in
sich. Der Melancholiker, der die Ereignisse tief, tief in
seinen Ätherleib hereinwirken läßt, hat lange zu
tragen an den Schwingungen, die er sich aus einem vergangenen
Zeitenverlauf in die Zukunft hinein mitnimmt.
Es
ist gut, wenn man sich überhaupt für das
Verständnis von Äther- und physischem Leib die
Vorstellung aneignet, daß der physische Leib vorzugsweise
ein Raumesleib, der Ätherleib vorzugsweise ein Zeitenwesen
ist. Man versteht den Ätherleib gar nicht, wenn man ihn
nur als ein Raumeswesen betrachtet. Und eine solche Zeichnung,
wie sie hier gemacht worden ist, ist eigentlich nur eine Art
Verbildlichung im Raum für das in der Zeit
dahinfließende und mit der Zeit sich auseinandersetzende
Leben des Ätherleibes. Weil das Leben des Ätherleibes
selber wie in der Zeit verlaufend ist, ein Zeitenleben ist,
deshalb erleben wir auch mit unserem Ätherleib die Zeit
mit, das heißt den äußeren Strom der Ereignisse
in der Zeit.
Auch noch einen anderen Strom von Ereignissen in der Zeit
erlebt der Mensch mit, wenn er eine okkulte Entwicklung
durchmacht. Im gewöhnlichen Leben wird dieser Strom von
Ereignissen wenig wahrgenommen, aber er wird eben wahrgenommen
bei einer Höherentwicklung der Seele: das ist der
Tageslauf. Denn in gewisser Weise wirken mit minderen
Kräften die Geister des Jahreslaufes auch herein in den
Tageslauf. Ist es ja dieselbe Sonne, die den Jahres- und die
den Tagesverlauf bedingt! Derjenige, der eine esoterische
Entwicklung durchgemacht hat, der wird bald finden, daß
eine solche Verwandtschaft besteht zwischen seinem
Ätherleib und dem, was im äußeren Äther
vorgeht, daß er sozusagen den Geistern des Morgens anders
gegenüberstehen wird als den Geistern des Mittags und
denen des Abends. Die Geister des Morgens regen uns so an,
daß wir uns da sozusagen angeregter fühlen in unserem
Ätherleib zu einer Tätigkeit, die mehr nach dem
Verstande, nach der Vernunft zuneigt, die mehr das Erlebte
überdenken kann, die mehr das Beobachtete in der
Erinnerung mit dem Urteil verarbeiten kann. Geht es gegen den
Mittag zu, so nehmen diese Kräfte des Urteils nach und
nach ab; der Mensch fühlt, wie innerlich die Impulse des
Willens arbeiten. Wenn auch der Mensch gegen den Mittag zu
anfängt, sozusagen in bezug auf die äußeren
Arbeitskräfte weniger leistungsfähig zu sein als am
Morgen: innerlich arbeiten die Willenskräfte mehr. Und
wenn es dann gegen den Abend zugeht, dann kommen die
produktiven Kräfte, das, was mehr mit der Phantasie
zusammenhängt. So unterscheiden sich auch in bezug auf
ihre Obliegenheiten die geistigen Wesenheiten, die ihre
Kräfte in die Lebensäther-Verhältnisse der Erde
hereinsenden.
Man
kann überzeugt sein, daß man allmählich immer
mehr wird verstehen lernen — je mehr man überwunden
haben wird die ganze materialistische Gesinnungsweise unserer
Zeit —, Rechnung zu tragen überhaupt der Anpassung
des menschlichen Ätherleibes an den Zeitenverlauf. Es wird
eine Zeit kommen, wo man es eben sonderbar finden wird, wenn
man in den Schulstunden am Morgen einen Schulgegenstand
vornimmt, der an die Phantasie besondere Ansprüche macht.
Man wird das in der Zukunft einmal ebenso sonderbar finden, wie
man es heute sonderbar finden wird, wenn sich jemand im August
einen Pelz anzöge und mitten im Winter ein dünnes
Gewand. Gewiß, wir sind heute von diesen Dingen noch etwas
weit entfernt; aber sie werden schon heranrücken,
früher als die Menschen eigentlich glauben. Es wird sich
eine Zeit ergeben, in welcher im allgemeinen — es wird
wiederum ein Unterschied zwischen Sommers- und Winterszeit sein
—, aber es wird sich eine Zeit ergeben, in welcher die
Menschen einsehen werden, daß es ein Unding ist, die
Schulstunden anders einzurichten, als daß man einige
Stunden am Morgen einrichtet, dann den Mittag wird frei lassen
in einer weiten Spanne Zeit und dann auf den Abend wiederum
einige Stunden legen wird. Vielleicht findet man das nach der
heutigen Zeiteinteilung unpraktisch; man wird es einmal
praktisch finden in bezug auf die Anforderungen der
Menschennatur. Und man wird die Mathematikstunden auf den
Morgen legen, das Lesen von Dichtern in die Abendstunden. Heute
sind wir gerade in einer Zeit, in der das Verständnis
dieser Dinge durch die materialistische Gesinnung, die heute
eine Hochflut bildet, ganz verschüttet ist; so daß es
heute vorkommen wird, daß das, was als das
Vernünftigste erscheinen muß, wenn man die gesamte
Natur des Menschen ins Auge faßt, als das Närrischste
erscheint.
Ein
anderes Ergebnis wird sein, daß man während der
Winterszeit durch die esoterische Entwicklung immer mehr und
mehr fühlen wird, daß man sozusagen mit seinem
inneren Ätherleib nicht so in sich geschlossen ist wie
während der Sommerszeit, sondern daß man mehr in
Zusammenhang kommt mit dem unmittelbaren Geist der Erde. Der
Unterschied wird so gefühlt sein, daß man sich
während der Sommerszeit sagt: Du lebst da mit den
Geistern, die vor uralten Zeiten an dir gearbeitet haben, deren
Arbeit du mitträgst, während der unmittelbare
Lebensgeist der Erde dir jetzt im Sommer ferner liegt. —
Im Winter werden mehr schweigen die inneren Schwingungen, die
man seit alten Zeiten namentlich im Kopfe mit sich trägt;
man wird sich fühlen verbunden mit dem Geist der Erde, man
wird verstehen lernen, daß der Geist der Erdewacht im
Winter. Wie er im Sommer schläft, so wacht er im Winter.
Während des Sommers sieht der Geist der Erde geradeso das
sprießende und sprossende Pflanzenleben kommen, wie der
schlafende Mensch in seinem eigenen Leibe die vegetativen
Kräfte emporschießen sieht. Während des Winters
treten sie zurück, wie während des Wachens diese
vegetativen Kräfte im Menschenleib zurücktreten. Im
Winter wacht der Geist der Erde; die Erde ist gleichsam vereint
mit dem wachenden Geist, wie der Mensch während der
Wachenszeit mit seinem wachen Geist vereinigt ist. Die Folge
ist, wenn man sich durch esoterisches Leben eine Empfindung
dafür verschafft, daß man fühlen lernt, daß
man im Sommer denken muß, die Gedanken sich erarbeiten
muß. Nicht die Inspirationen; die kommen aus dem, was im
Innern ist, im unabhängigen Ätherleib. Im Winter aber
wird man mit Gedanken leichter inspiriert als im Sommer, so
daß das menschliche Denken im Winter mehr wie eine
Inspiration wirkt als im Sommer. Also gerade das im besonderen
Sinn menschliche Denken geht im Winter so leicht vor sich,
daß es wie von selber kommt in gewisser Beziehung.
Natürlich kombinieren sich diese Verhältnisse. Diese
Verhältnisse stellen sich auch ganz individuell bei dem
einzelnen Menschen ein. So daß, wenn ein Mensch mehr dazu
veranlagt ist, sozusagen Gedanken zu hegen, die nach dem
Übersinnlichen gehen, sich das kreuzen kann. Dadurch,
daß während der Sommerszeit dann zu diesem
Übersinnlichen ein leichteres Produzieren für diese
Gedanken möglich ist, kann gerade das Umgekehrte
eintreten. Aber für das Erleben des Ätherleibes gilt
das, was ich jetzt eben gesagt habe.
Gerade dieses Miterleben mit dem äußeren
Ätherwesen, das tritt immer empfindlicher auf, je mehr der
Mensch in seiner esoterischen Entwicklung fortschreitet. Und
wenn der Mensch seinen Ätherleib überhaupt in
entsprechender Weise zur Entwicklung bringen will, so muß
er — wie er zuerst die sinnliche Wahrnehmung
unterdrücken muß — nach und nach das Denken
auch ausschalten; er muß namentlich das abstrakte Denken
ausschalten und nach und nach übergehen zum konkreten, zum
bildhaften Denken; er muß vom Denken übergehen zum
Gedanken und dann auch die Gedanken fallenlassen. Dann aber,
wenn der Mensch herstellt sein leeres Bewußtsein, wenn er
die Gedanken fallenläßt, wie Sie das beschrieben
finden im zweiten Teil meiner «Geheimwissenschaft»,
dann fühlt der Mensch, wie sein in ihm lebendes Denken
herunterschwindet, wie gleichsam schmilzt das, was er bisher
aus seinen eigenen Anstrengungen als sein Denken hervorgebracht
hat; dafür aber fühlt er sich dann merkwürdig
belebt von Gedanken, die wie aus unbekannten Welten in ihn
einströmen, für ihn da sind.
Es
ist ein Übergang im menschlichen Seelenleben, den man so
charakterisieren kann etwa — ich bitte Sie, den Ausdruck
nicht miß-zuverstehen —, daß man sagt: der
Mensch hört auf gescheit zu sein und beginnt weise zu
werden. Dieses ist etwas, womit man einen ganz bestimmten
Begriff verbindet. Klugheit, die man sich erarbeitet innerlich
durch Urteilskraft, Gescheitheit, die ein Erdengut ist,
schwindet dahin. Namentlich kommt man in die innere Verfassung,
daß man sie nicht besonders hoch schätzt; denn man
fühlt allmählich in sich aufleuchten von Göttern
einem geschenkte Weisheit! Ich bitte eben den Ausdruck durchaus
nicht mißzuverstehen; denn das Erleben, das bringt es
schon dahin, daß der Ausdruck gebraucht werden kann ohne
alle Unbescheidenheit, daß er ganz demütig und
bescheiden gebraucht werden kann. Gegenüber der von
Göttern geschenkten Weisheit wird der Mensch schon immer
demütiger und demütiger; stolz und hochmütig ist
man eigentlich nur auf die selbst erarbeitete Klugheit und die
sogenannte Gescheitheit.
Und
dann, wenn man dieses Erlebnis durchmacht, dann fühlt man
allmählich, wie wenn diese Weisheit, diese gottgeschenkte
Weisheit in einen einströmt, in den Ätherleib
einströmt, den Ätherleib erfüllt. Dies ist eine
ganz bedeutsame Erfahrung, die man macht; denn man macht diese
Erfahrung auf eigentümliche Weise. Man macht sie so,
daß man fühlt Leben fortgehen oder fortschwimmen mit
dem Strom der Zeit. Und der Strom der Weisheit ist etwas, was
einem entgegenkommt, was einem, indem man mit der Zeit
fortschwimmt, wie ein entgegenrückender Strom sich in
einen ergießt; und man fühlt dieses Ergießen in
der Tat so, daß man — das ist bildlich gezeichnet
—, daß man es fühlt wie Ströme, abereben
in der Zeit verlaufende Ströme, welche durch das Haupt
hereinkommen und in den Leib sich ergießen und vom Leib
aufgefangen werden.
Nach und nach wird das, was ich jetzt eben ausgesprochen habe,
zu einem ganz bestimmten Erlebnis. Man fühlt sich nicht
mehr im Raum; denn man lernt fühlen den Ätherleib,
der ein Zeitwesen ist, man lernt sich fortbewegen in der Zeit,
aber man lernt fortwährend sich sozusagen begegnen mit den
geistigen Wesenheiten, die einem entgegenkommen wie von der
anderen Seite der Welt, die von der Zukunft her einem
entgegenkommen und einen beschenken mit der Weisheit. Dann ist
das Gefühl, daß man diese Weisheit empfängt, nur
zu erreichen, wenn man die esoterische oder okkulte Entwicklung
so eingerichtet hat, daß man ein Gefühl in sich
entfaltet hat, das in eigentümlicher Weise die Seele
stellt gegen alle Zukunftsereignisse: Wenn man Gelassenheit
entfaltet hat gegenüber dem, was die Zukunft uns bringt,
das heißt, was das fortwährende Erleben uns
entgegenbringt. Wenn wir noch stark mit Sympathie und
Antipathie entgegengehen unserem Erleben, wenn wir noch nicht
gelernt haben, Karma ernst zu nehmen, das heißt dasjenige,
was uns trifft, in gelassener Ertragung des Karmas hinzunehmen
gelernt haben, dann können wir noch nicht jene
eigentümliche Empfindung der uns entgegenströmenden
Weisheit haben; denn nur aus einem gelassen empfundenen Erleben
differenzieren sich heraus die in unsere Wesenheit lichtvoll
einströmenden Ströme der Weisheit. Durch die eben
geschilderte Empfindung ist zu charakterisieren ein ganz
bestimmter Punkt des esoterischen Erlebens, jener Punkt, auf
dem wir ankommen und den wir eigentlich nur erleben
können, wenn wir in hingebender Dankbarkeit und in
Gelassenheit jedes Erlebnis an uns heranrücken lassen.
Dazu befähigt uns die Veränderung unseres
ätherischen Leibes, die vor sich geht bei der richtigen
esoterischen Entwicklung und die ja neben anderen
Entwicklungsforderungen auch diese stellt: daß wir uns
Gelassenheit, daß wir uns wirkliches Verständnis
für unser Karma aneignen, so daß wir nicht mit
Sympathie und Antipathie herbeiziehen das, was kommen soll,
oder uns auflehnen gegen das, was uns trifft, sondern
imgleichmäßigen Strom des Erlebens unser Karma
ertragen lernen. Dieses Ertragenlernen des Karmas gehört
zur esoterischen Entwicklung, und das ist es, was es uns
möglich macht, unseren ätherischen Leib so zu
verwandeln, daß er allmählich immer mehr und mehr
empfinden lernt das äußere ihn umgebende
Ätherleben.
|