ZEHNTER VORTRAG
Den
Haag, 29. März 1913
Wir
haben gesehen, daß mit den vier Hauptgliedern der
menschlichen Wesenheit durch die im Ernst getriebene
esoterische oder okkulte Entwicklung Veränderungen
vorgehen, und bemerken konnten Sie, daß in unserer
Schilderung der Hauptwert gelegt worden ist auf die innere
Veränderung dieser vier Glieder der menschlichen Natur,
auf jene Veränderung, welche gewissermaßen im Innern
erlebt wird. Man muß wohl unterscheiden diese im Innern
erlebbare Veränderung von jener Schilderung, welche
gegeben werden kann für den Blick des Hellsehers nach
außen. Das ist natürlich etwas anderes. Bei der
eigentlichen esoterischen Entwicklung ist es ja zunächst
wichtig, daß man weiß, was im Innern des Menschen
vorgeht und was einem bevorsteht, wenn man eine okkulte
Entwicklung durchmacht. Interessant, wenn auch vielleicht nicht
so wichtig, ist die Veränderung, wie sie sichtbar wird
für die äußere hellsichtige Anschauung. Und da
können wir etwa kurz charakterisierend sagen: Was im
Innern wahrgenommen wird wie eine Art von Beweglicherwerden und
Unabhängigerwerden der einzelnen Teile des physischen
Leibes, das zeigt sich für den hellseherischen Blick, der
also nicht von innen erlebt die Veränderung mit dem
physischen Leib, sondern der sie von außen ansieht, das
zeigt sich dadurch, daß der physische Leib eines Menschen,
der in okkulter Entwicklung begriffen ist, sich
gewissermaßen zerteilt, zerspaltet; und dadurch, daß
er sich zerspaltet, fühlt ihn der hellseherische Blick wie
auseinandergehend.
Es
wächst tatsächlich der physische Leib einer immer und
immer weiter in okkulte Entwicklung dringenden
Persönlichkeit für den hellseherischen Blick. Und man
kann sagen: Wenn man es mit jemand zu tun hat, der in einer
wirklichen okkulten Entwicklung begriffen ist, so hat man den
Anblick so, daß, wenn man ihm in einer bestimmten Zeit
begegnet, dasjenige, was der hellseherische Blick als
physischen Leib sieht, eine bestimmteGröße hat;
begegnet man ihm nach Jahren wieder, so ist dieser physische
Leib gewachsen, wesentlich größer geworden. Es gibt
also ein solches Wachsen des physischen Leibes über die
gewöhnliche physische Größe hinaus; nur ist das
verbunden damit, daß dieser physische Leib schattenhafter
wird. Man bemerkt aber dann: Wenn der Betreffende sich
entwickelt hat, so zeigt er einem einen immer mehr und mehr
sich vergrößernden physischen Leib; der ist aber
sozusagen aus einzelnen Teilen zusammengesetzt, und diese
einzelnen Teile stellen sich einem dar in demjenigen, was man
im okkulten Leben Imagination nennt. Immer mehr zeigt sich der
physische Leib einer in okkulter Entwicklung begriffenen
Persönlichkeit als eine Summe von Imaginationen, von
gewissermaßen innerlich lebendigen und regsamen Bildern;
und diese Bilder sind oder werden vielmehr immer interessanter,
denn diese Bilder sind nicht beliebig. Sie sind zuerst, wenn
der Betreffende im Anfang der okkulten Entwicklung ist, noch
nicht besonders bedeutsam; am wenigsten sind sie bedeutsam,
wenn der hellseherische Blick den noch nicht okkult
entwickelten Menschenleib betrachtet.
Wenn man den noch nicht okkult entwickelten Menschenleib
betrachtet, nimmt man wahr eine Anzahl von Bildern, von
Imaginationen. Das, was physische Materie ist, das verschwindet
ja für den hellseherischen Blick, an die Stelle treten
Imaginationen; aber die sind so zusammengeschoben, daß sie
den freundlichen, innerlich erglänzenden Anblick einer
Person, die in okkulter Entwicklung begriffen ist, nicht
zeigen, sondern sich so zeigen wie in sich verfinsterte
Materie. Aber auch bei dem noch nicht entwickelten Menschen
zeigen sie sich, und zwar wie Teile, und jeder Teil bezieht
sich auf etwas im Makrokosmos. Im wesentlichen kann man
zwölf Glieder unterscheiden. Jedes solche Glied ist
eigentlich ein Gemälde; ein Gemälde eines Teiles der
großen Welt. Wenn man alle zwölf zusammen hat, hat
man den Eindruck, irgendein unbekannter Maler habe
Miniaturbilder geschaffen vom Makrokosmos — zwölf an
der Zahl — und habe daraus den physischen Menschenleib
gebildet. Wenn nun die Persönlichkeit in okkulter
Entwicklung begriffen ist, dann wird dieses Bild immer
größer und größer, aberauch innerlich immer
freundlicher und freundlicher, von innen heraus leuchtend. Das
kommt daher: Bei einer Persönlichkeit, die nicht in
okkulter Entwicklung begriffen ist, wird der Makrokosmos nur in
seinem physischen Aspekt abgebildet; bei einer
Persönlichkeit aber, die eine okkulte Entwicklung
durchmacht, zeigt sich immer mehr und mehr in den Bildern auch
der geistige Inhalt, zeigen sich die Bilder der geistigen Wesen
des Makrokosmos. So stellt sich uns die okkulte Entwicklung
auch noch so dar, daß die in einer okkulten Entwicklung
begriffene Persönlichkeit von einem bloß physischen
Mikrokosmos immer mehr und mehr ein geistiger Mikrokosmos wird;
das heißt, daß sie immer mehr in sich die Bilder
nicht bloß von Planeten und Sonnen, sondern von
Wesenheiten der höheren Hierarchien zeigt. Das ist der
Unterschied zwischen einer nicht in okkulter Entwicklung
begriffenen Person und einer solchen, die in okkulter
Entwicklung begriffen ist. Und immer höhere Hierarchien
zeigen sich, je mehr der Mensch in seiner okkulten Entwicklung
vorwärts dringt. Man lernt also sozusagen das Gefüge
der Welt kennen, indem man hellseherisch den physischen
Menschenleib betrachtet.
Der
ätherische Menschenleib, der zeigt bei einer nicht in
einer okkulten Entwicklung begriffenen Person den Werdegang der
Welt, dasjenige, was in der Zeit aufeinanderfolgt; er zeigt,
wie sich Planeten und Sonnen oder auch menschliche Kulturen auf
der Erde oder auch einzelne Menschen durch ihre Inkarnationen
hindurch verändern, wie sie sich im aufeinanderfolgenden
Werden zeigen. Der Ätherleib ist also eigentlich ein
Erzähler; er erzählt den Werdegang der Welt.
Während der physische Leib des Menschen wie eine Summe von
Gemälden ist, von einem unbekannten Maler gemalt, erweist
sich der Ätherleib wie eine Art Erzähler, der die
Weltengeschichte selber in seinen eigenen inneren Geschehnissen
erzählt. Und je mehr der Mensch in einer okkulten
Entwicklung begriffen ist, desto weiter reichen die
Erzählungen hinauf. Ein Mensch, der
verhältnismäßig wenig in okkulter Entwicklung
begriffen ist, der zeigt in seinem Ätherleib vielleicht
für den hellseherischen Blick ein paar Generationen, die
ihm in physischer Vererbung vorangegangen sind; denn dieses
Werden zeigt sich auch noch im Ätherleib des Menschen. Je
weiter aber die okkulte Entwicklung einer Persönlichkeit
geht, desto mehr ist es möglich, in dem Ätherleib
Menschheitskulturen, einzelne Verkörperungen dieser oder
jener Individualitäten zu sehen, ja hinaufzusteigen zu dem
kosmischen Werden und dem Anteil der Geister höherer
Hierarchien an dem kosmischen Werden.
Der
astralische Leib des Menschen, der ist ja für die
gewöhnliche Beobachtung sozusagen nur durch sein inneres
Schattenbild zu sehen, durch Gedanken-, Willenserlebnisse,
Gefühlserlebnisse; er wird immer mehr und mehr zu einem
Ausdruck desjenigen, was der Mensch in bezug auf seine
Wesenheit im Kosmos wert ist. Diese Schilderung, diese
Darstellung bitte ich ganz besonders bedeutsam zu nehmen. Der
astralische Leib des in einer okkulten Entwicklung begriffenen
Menschen wird immer mehr und mehr der Ausdruck für den
Wert des Menschen im Kosmos. Wir haben ja geschildert, wie wir
darauf kommen, daß der astralische Leib seiner Urwesenheit
nach eine Art Egoist ist, wie aber die okkulte Entwicklung
diesen überwinden muß dadurch, daß
Persönlichkeitsinteressen zu Weltinteressen hinaufgehoben
werden. Beobachtet man den astra-lischen Leib einer in
höherer Entwicklung begriffenen Persönlichkeit, dann
wird man an diesem astralischen Leib sehen, je nachdem er sich
finster oder dunkel erweist oder innerlich sich hell
erglänzend zeigt, je nachdem er sich in schrillen
Mißtönen zu erkennen gibt oder in harmonischen,
melodischen Klängen, daran wird man sehen, ob der
betreffende Mensch seine Entwicklung so geleitet hat, daß
er mit seinen persönlichen Interessen verknüpft
geblieben ist, von denen gesprochen worden ist, oder ob er
wirklich Weltinteressen zu seinen Interessen gemacht hat. Das
ist es, was sich ergeben kann an dem astralischen Leibe einer
in höherer Entwicklung begriffenen
Menschenpersönlichkeit, daß, wenn die Entwicklung in
richtiger okkulter Moral vor sich gegangen ist, wir an ihm
sehen, wie wunderbar der Mensch dadurch wird, daß er den
Horizont seiner Interessen aus dem Persönlichen in das
Allgemein-Menschliche und in die allgemeinen Weltintentionen
hinaus erweitert. Immerstrahlender, immer sonnenhafter wird der
astralische Leib dadurch, daß der Mensch immer mehr und
mehr lernt, die allgemeinen Menschheits- und
Weltangelegenheiten zu seinen Angelegenheiten zu
machen.
Das
Selbst des Menschen zeigt, je weiter der Mensch in seiner
Entwicklung vorwärtsdringt, immer mehr und mehr die
Tendenz, sich zu zerspalten, sich zu zerteilen. Es schickt
gleichsam seinen Bewußtseinsinhalt aus; dieser
Bewußtseinsinhalt macht Botengänge in der Welt. Ja,
wenn der Mensch zum Beispiel eine Wesenheit aus der Hierarchie
der Angeloi kennenlernen will, dann genügt es nicht,
daß er Erkenntniskräfte anwendet von
gewöhnlicher Art. Wenn er sie wirklich kennenlernen will,
dann muß er sein Bewußtsein verlegen können, das
heißt, er muß die Kräfte seines Selbsts
heraussondern können und ein Stück von seinem
Selbstbewußtsein hinüberverlegen können in die
Wesenheit des betreffenden Wesens aus der Hierarchie der
Angeloi. Was wir immer für ein Wesen kennenlernen, wir
können es nur so kennenlernen, daß wir unser
Selbstbewußtsein in dieses Wesen hineinverlegen. Das ist
der Drang des Selbstes, aus sich herauszugehen, sich in das
andere Wesen hinein-zuverlegen und das, was zuerst nur in einem
selbst gelebt hat, weiterleben zu lassen in dem anderen Wesen.
Dieser Drang zeigt sich auf einer niedrigeren Menschheitsstufe
der menschheitlichen Wesenheit, auf der Stufe des
gewöhnlichen Menschendaseins, in einem gewissen Drange,
sein Bewußtsein aus sich selber heraus zu entfernen; es
zeigt sich dieses in dem Bedürfnis nach Schlaf. Und
dasjenige, was den Menschen seelisch zum Schlafen treibt, das
ist ganz derselbe Impuls, der in höherer Ausbildung das
Bewußtsein nicht in die unbewußte Schlafenswelt
hinüberleitet, sondern in das Bewußtsein des Angeloi
oder des Geistes der Form oder höherer Hierarchien. So
könnte man das paradoxe Wort aussprechen: Was heißt
es, einen der Elohim, einen der Geister der Form
kennenzulernen? Das heißt, sich so weit entwickelt haben,
daß man imstande ist, hinüberzuschlafen in das
Bewußtsein des Elohim und im Elohim aufzuwachen mit dem
Bewußtsein dieses Geistes der Form, dieses Geistes der
höheren Hierarchien. Das heißt Erkennen einer
höherenWesenheit: sein Bewußtsein aufgeben, wie man
es im Schlaf aufgibt, aber es so aufgeben vermöge der
höheren in ihm erwachten Kräfte, daß dieses
Bewußtsein aufwacht und einem als das Bewußtsein
dieses höheren Wesens entgegenleuchtet.
So
wird ein astralischer Leib in richtiger okkulter Entwicklung
wie eine Sonne, welche ihre Weltinteressen hinausstrahlt. Ein
Selbst aber wird, wenn es sich höher entwickelt, wie die
Planeten, die um diese Sonne des astralischen Leibes kreisen
und welche bei ihrem Kreisen durch die Welt anderen Wesenheiten
begegnen und, indem sie anderen Wesenheiten begegnen, von
diesen anderen Wesenheiten Kunde bringen dem erkennenden Wesen
des Menschen. So bietet in der Tat der astralische Leib und das
Selbst bei einem in okkulter Entwicklung begriffenen Menschen
das Bild einer Sonne — das ist der astralische Leib
—, umgeben von ihren Planeten: das ist eine Anzahl von
Vervielfältigungen des Selbstes, die hinausgesandt werden
in andere Wesenheiten, damit der Mensch durch das, was ihm
zurückstrahlt sein vervielfältigtes Selbst von diesen
anderen Wesenheiten, das Wesen dieser anderen Wesenheiten
erkenne.
Und
das Gefühl, das man hat beim Erkennen der Glieder
höherer Hierarchien in ihrer inneren Wesenheit —
durch physischen Leib und Ätherleib lernt man sie erkennen
in ihrer äußeren Wesenheit; innerlich lernt man sie
erkennen durch astralischen Leib und Selbst, man gelangt durch
astralischen Leib und Selbst sozusagen in Verkehr mit diesen
Wesenheiten der höheren Hierarchien —, das
Gefühl, das man hat, das ist: wie wenn man sich
müßte in seinem astralischen Leibe zur Sonne machen
und ein Selbst von sich abspalten, welches die Veranlagung hat,
unterzutauchen in die Hierarchie der Angeloi; ein anderes
Selbst, das die Veranlagung hat, unterzutauchen in die
Hierarchie der Archangeloi; ein anderes Selbst, das die
Veranlagung hat, unterzutauchen in die Hierarchie der Geister
der Form. Ein viertes Selbst taucht unter in die Hierarchie der
Geister der Bewegung, ein fünftes taucht unter in die
Hierarchie der Geister der Weisheit und des Willens, ein
sechstes Ich taucht unter in die Hierarchie der Cherubim und
ein siebentes in die Hierarchie der Seraphim. Es ist
möglich, meine lieben Freunde, daß der Mensch, wenn
er die vier Glieder seiner Wesenheit zur Ausbildung auf eine
hohe Stufe erhebt, in der Tat zu einem solchen Erleben kommt,
wie es jetzt eben charakterisiert worden ist. Es ist dieses
möglich; aber neben dem, daß der Mensch zu einer
solchen Entwicklung seines Selbstes kommt, wie ich es eben
jetzt angedeutet habe, kann er zu einer gewissermaßen noch
höheren Entwicklung seines Selbstes gelangen.
Dadurch nämlich, daß das Selbst sieben Selbste aus
sich heraussondert, dadurch macht es als achtes
zurückbleibendes eine höhere Entwicklung durch. Also
bitte, wollen Sie die Sache so betrachten: Wir haben das
ursprüngliche Selbst des Menschen, das dem Menschen
gegeben ist, bevor er eine okkulte Entwicklung durchgemacht
hat. Jetzt macht er eine solche durch, und dadurch sendet
dieser Mensch sieben Selbste aus sich aus. Damit das, was ihm
ursprünglich gegeben ist, sieben Selbste hat aussenden
können, hat er eine innere Kraft anwenden müssen.
Dadurch, daß dieses Selbst das durchgemacht hat, ist es
aber selber um eine Stufe höher gestiegen. Nun bitte ich
Sie aber, zu bedenken, daß der Vorgang, den ich hier
sozusagen in seinem Extrem geschildert habe, sich nach und nach
vollzieht. Der Mensch, der eine okkulte Entwicklung durchmacht,
ist natürlich nicht gleich eine vollkommene Sonne in
seinem astra-lischen Leib, umgeben von den Planeten seines
Selbstes, sondern er erlangt zuerst ein unvollkommenes
Sonnendasein, unvollkommene Ausbildungen seiner planetarischen
Selbste; das geht alles nach und nach vor sich. Damit aber geht
auch ganz langsam und allmählich die Entwicklung des
gewöhnlichen Selbstes ins höhere Selbst über.
Wenn diese Entwicklung an einem bestimmten Punkt angelangt ist,
wenn also tatsächlich das Selbst höher und höher
gelangt, dann bietet sich allmählich die Möglichkeit,
zu früheren Inkarnationen zurückzuschauen. Ich
bezeichne Ihnen hier also den Punkt, der die Möglichkeit
gibt, in frühere Inkarnationen zurückzuschauen. Das
ist die Entwicklung des Selbstes über sich hinaus, so
daß es über sich hinauskommt durch die Kräfte,
die ihm zugleich die Möglichkeit geben, die höheren
Hierarchien zu durchschauen. Man könnte also sagen: Der
Mensch wird in bezug auf sein Selbst und seinen astralischen
Leib durch seine okkulte Entwicklung sternenähnlich,
ster-nensystemähnlich für den hellseherischen
Blick.
Damit, meine lieben Freunde, habe ich Ihnen mehr oder weniger
dasjenige geschildert, was für das äußere
Hellsehen, für das Anschauen einer anderen hellsehend
werdenden Persönlichkeit sich ergibt, während ich
Ihnen in den verflossenen Tagen mehr die Erlebnisse als innere
Erlebnisse dargestellt habe. Noch etwas Wichtiges ist
darzustellen, was gewissermaßen eine Andeutung, die schon
gemacht worden ist, weiter auszuführen hat. Der Mensch
gelangt dazu, wie Sie sehen, wenn er also seinen astralischen
Leib und sein Selbst ausbildet, eine Welt, die vorher leer war,
angefüllt zu schauen mit den Wesenheiten der höheren
Hierarchien: Angeloi, Archangeloi, Archai und so weiter. Jetzt
können Sie ja die Frage aufwerfen: Verändern sich
auch die Reiche der Natur um den Menschen herum? — Und in
der Tat, die Reiche der Natur verändern sich ganz
wesentlich. Sehen Sie, ich habe Ihnen ja vorhin gesagt,
daß der physische Leib für den Hellseher schon bei
der gewöhnlichen Persönlichkeit wie eine Summe von
Gemälden sich darstellt, die immer mehr innerlich
erglänzend werden, je mehr die Persönlichkeit
fortschreitet.
Wie
ist es denn bei den Tieren? Ja, wenn man mit hellseherischem
Blick die Tiere anschaut, dann verwandelt sich ihr physischer
Leib auch in Imaginationen, und dann weiß man: Diese Tiere
sind nicht das, was sie in der Maja erscheinen, sondern sie
sind Imaginationen, das heißt sie sind in einem
Bewußtsein vorgestellte Imaginationen. Wer stellt denn die
Tiere als Imaginationen vor? Bei wem sind sie die
Imaginationen? Tiere, auch Pflanzen in ihren äußeren
Formen — aber Pflanzen weniger als Tiere und am wenigsten
die Mineralien — sind Imaginationen Ahrimans. Unsere
Physiker suchen nach den materiellen Gesetzen in den
äußeren Naturreichen; der okkultistische Erkenner
kommt immer mehr und mehr darauf, daß die
äußeren Naturreiche, insofern sie sich als materielle
Wesenheiten darstellen, Imaginationen Ahrimans sind. Wir wissen
ja, daß den Tieren zum Beispiel Gruppenseelen zugrunde
liegen. Die Gruppenseelen sind nicht Imaginationen Ahrimans,
sonderndie einzelnen Individuen der Tiere in äußeren
Gestalten sind die Imaginationen Ahrimans. Wenn wir also das
Reich der Löwen haben, so ist die Gruppenseele derselben
angehörig sozusagen den guten geistigen Wesenheiten, und
der Kampf Ahrimans gegen die guten geistigen Wesenheiten
besteht eben darin, daß er ihnen ihre Gruppenseele
preßt in die einzelnen individuellen Gestalten der Tiere
und denen aufprägt seine Imaginationen. Die
einzelnen Löwengestalten, wie sie draußen real
herumlaufen in der Welt, sind aus den Gruppenseelen
herausgezwängt durch Ahriman. So zeigt sich uns auch die
Umwelt allmählich sich verwandelnd in etwas ganz anderes,
als sie in der Maja erscheint.
Nun
will ich Ihnen noch, damit Sie gewissermaßen etwas haben,
woran Sie die Gedanken, die sich uns eröffnet haben im
Laufe dieses Zyklus, wie auf einer Leiter hinanführen
können, ich will Ihnen noch eine Art schematischer
Zeichnung geben. Zunächst will ich aufzeichnen links hier
das, was wir nennen können die Gliederung
des
gewöhnlichen Menschen aus physischem Leib,
ätherischem Leib, astralischem Leib, Empfindungsseele,
Gemüts- oder Verstandesseele, Bewußtseinsseele,
Geistselbst, Lebensgeist, Geistesmensch. So kennen wir ja die
Gliederung des Menschen. Ich will also das nur in Strichen
darstellen. Das Innere, das sei Empfindungsseele, das
nächste Gemüts- oder Verstandesseele, das
nächste Bewußtseinsseele, das nächste sei
Geistselbst. Die oberen Glieder können ja, weil wir
sieheute nicht mehr brauchen, ergänzt gedacht werden.
Diese Konstitution des Menschen zeigt sich ja
äußerlich so, daß das Leibliche gleichsam in den
drei niederen Gliedern, das, was seelisch erlebt wird, in den
drei mittleren Gliedern, und das Geistselbst gar nicht mehr
sozusagen, sondern wie eine Perspektive in die Zukunft am
Menschen vorhanden ist. Wenn nun der Mensch eine okkulte
Entwicklung durchmacht, so handelt es sich zunächst darum,
daß gewisse Dinge in der Seele selber unterdrückt
werden. Wir haben gesehen, wie es insbesondere darauf ankommt,
daß der Mensch es dazu bringt, die äußeren
Sinneseindrücke auszuschalten. Das ist ja das erste
Erfordernis eines wirklichen okkulten Vorwärtskommens,
daß man die äußeren Sinneseindrücke
ausschaltet. Dadurch, daß der Mensch die äußeren
Sinneseindrücke ausschaltet, verändert sich innerlich
das Glied seiner Seele, welches vorzugsweise unter der
Einwirkung der äußeren Sinneseindrücke sich
ausbildet. Das ist die Bewußtseinsseele. Verstehen Sie
recht: die Bewußtseinsseele ist gegenwärtig in ihrer
Hauptausbildung, weil da hauptsächlich auf die
äußeren Sinneseindrücke gezählt wird.
Daß die Bewußtseinsseele innerlich am meisten
erstarkt unter dem Eindrucke der Sinneseindrücke,
müssen Sie nicht mit der Tatsache verwechseln, daß
diese Sinneseindrücke durch die Empfindungsseele
vermittelt werden. Wenn es sich um die okkulte Entwicklung
handelt, so hat man darauf zu sehen, unter was für
Einflüssen die Bewußtseinsseele am meisten erstarkt:
das ist unter den Einflüssen der äußeren
Sinneseindrücke; wenn diese ausgeschaltet werden, dann
wird die Bewußtseinsseele gedämpft. So daß also
— rechts will ich hinzeichnen das, was sich im okkult
entwickelten Menschen mit den einzelnen Seelengliedern
entspricht — die Bewußtseinsseele im okkult sich
entwickelnden Menschen vor allen Dingen wird zurücktreten
müssen. Das also ist gemeint, was im gewöhnlichen
Leben den Menschen dazu führt, sein Ich zu betonen, was
ihn dazu führt, vor allen Dingen auf allen möglichen
Gebieten dieses Ich zu betonen. In unserer Zeit wird ja dieses
Ich schon auf dem Gebiet des Denkens betont. Nichts kann man
öfter hören als: Dies ist mein Standpunkt, ich denke
dies oder jenes. — Als ob es darauf ankäme, was
dieser oderjener Mensch denkt, als ob es nicht vielmehr darauf
ankäme, was die Wahrheit ist! Wahr ist, daß die Summe
der drei Winkel eines Dreiecks zusammen hundertachtzig Grad
ausmachen, und gleichgültig ist, was der Mensch für
einen Standpunkt dazu einnimmt. Wahr ist es, daß die
Hierarchien zerfallen in drei mal drei nach oben vom Menschen
aus gerechnet, und gleichgültig ist, was der Mensch
für einen Standpunkt dazu einnimmt. Das also, was Betonung
des Ich ist, tritt zurück; dafür erfüllt sich
die Bewußtseinsseele, die früher vorzugsweise zur
Kultur des Ich gedient hat, allmählich mit dem, was wir
die Imagination nennen. Wir können geradezu sagen: Beim
okkult sich entwickelnden Menschen verwandelt sich die
Bewußtseinsseele in die Imaginationsseele.
Dann wissen wir ja aus den Darstellungen der vergangenen Tage,
daß sich verwandeln muß auch das Denken selber,
welches vorzugsweise ausgebildet wird in der Verstandes- oder
Gemütsseele. Wir haben ja gehört, wie das Denken
immer mehr und mehr verzichten muß, eigene Gedanken zu
entwickeln, wie die menschliche Persönlichkeit immer mehr
und mehr das Selbstdenken unterdrük-ken muß. Wenn es
dem Menschen gelingt, das, was er in seinem gewöhnlichen
Leben aus seiner Verstandes- oder Gemütsseele gemacht hat,
zu unterdrücken, dann geht an den Platz dessen, was als
gewöhnliches Denken, als Verständigkeit und auch als
gewöhnliches Gemütsleben für den physischen Plan
in dem Menschen lebt, die Inspiration, da verwandelt sich die
Verstandes- oder Gemütsseele in die Inspirations- oder
inspirierte Seele. Die inspirierten Werke der Kultur sind in
die verwandelte Verstandesseele herein inspiriert worden.
Die
Empfindungsseele wird vorzugsweise dadurch allmählich
ausgeschaltet, daß man den astralischen Leib
überhaupt überwindet, Weltinteressen zu den seinigen
macht und dadurch immer mehr und mehr über das
persönliche Empfinden hinauskommt; dadurch verwandeln sich
Empfindungsseele, alle inneren Impulse, inneren Leidenschaften
und Affekte, in Intuitionen. Und an die Stelle der
Empfindungsseele tritt die Intuitionsseele. — So daß
wir jetzt rechts hier (siehe Schema Seite 175) aufzeichnen
können den okkultentwickelten Menschen, von dem wir sagen:
Er besteht auch aus astralischem Leib, Ätherleib und
physischem Leib, aber innerlich aus der Intuitionsseele, der
Inspirationsseele, der Imaginationsseele, was dann ins
Geistselbst übergeht. Und jetzt können Sie aus dem
Schema, das richtig die Tatsachen der okkulten Beobachtung
wiedergibt, von den Ergebnissen der Vorträge sozusagen
behalten, wie der Mensch durch den Grad seiner moralischen
Entwicklung sich seine okkulte Entwicklung beeinflußt. Was
ist denn ein Mensch, der noch ganz erfüllt ist von
persönlichen Affekten, persönlichen Leidenschaften,
der unter dem Eindruck von, man möchte sagen, menschlichen
Instinkten handelt? Ein solcher Mensch lebt noch ganz in seiner
Empfindungsseele; der moderiert seine Instinkte nicht durch
Verstandesbegriffe, geschweige denn durch die Ausbildung seines
Bewußtseins; der ist sozusagen, wenn ich jetzt die
moralische Entwicklung in die Mitte hereinzeichne als diesen
Strich (Seite 175, kleinster Pfeil), ist gleichsam nur bis zu
der Empfindungsseele hierher entwickelt.
Es
kann also der Fall eintreten, daß ein Mensch nur bis zu
der Empfindungsseele entwickelt ist, das heißt, daß
er ganz und gar seinen persönlichen Begierden, Trieben und
so weiter die Herrschaft läßt. Nehmen wir an, ein
solcher würde hinaufgeschraubt durch okkulte Entwicklung.
Die Folge wäre, daß er seine Empfindungsseele
umgestaltet in seine Intuitionsseele und er gewisse Intuitionen
hätte; aber diese Intuitionen stellten sich als nichts
anderes dar denn als die Umgestaltungen seiner eigenen
persönlichen Triebe, Begierden und Instinkte. Ein Mensch,
der mit seiner moralischen Entwicklung bis zur Verstandesseele
gekommen ist, das heißt, der reinliche Begriffe,
allgemeinere Begriffe sich angeeignet hat, der in seinem
Gemüte umfaßt allgemeine Welteninteressen in gewisser
Weise, der wird wenigstens seine Gemütsseele in die
Inspirationsseele verwandeln und er kann zu gewissen
Inspirationen kommen, wenn auch noch immer seine hellsichtige
Kraft nicht ganz reinlich ist.
Erst wenn der Mensch mit seinem Ich wirklich bis zur
Bewußtseinsseele vorgedrungen ist, dann entwickelt er
zunächst die Umgestaltung seiner Bewußtseinsseele in
die Imaginationsseele, unddas andere ergibt sich sozusagen,
weil er ja durch die anderen Stadien gegangen ist, als eine
selbstverständliche Konsequenz. In unserer Zeit muß
daher ein entsprechendes wirkliches Hellsehen darauf gehen, dem
Menschen die Aufgabe zu stellen, seine moralische Entwicklung
in der Weise zu betreiben, daß er zunächst seine
Triebe, Begierden und so weiter aus dem Persönlichen
herausschält und auf den Standpunkt der allgemeinen
Welteninteressen erhebt; dann muß versucht werden,
daß ein solcher Mensch wirklich sich als Ich erfaßt,
aber in der Bewußtseinsseele sich als Ich erfaßt.
Dann werden ohne alle Gefahr verwandelt werden können
Empfindungsseele, Gemütsseele, Bewußtseinsseele in
Intuitionsseele, Inspirationsseele, Imaginationsseele. Es ist,
wenn wir das gewöhnliche Bewußtsein auf dem
physischen Plan betrachten, die Empfindungsseele die reichste
Seele. Denn was alles ist als eine Summe von Instinkten und
Trieben in so einer Menschenseele, wenn sie noch so niedrig
steht, verborgen! Welcher Triebe und Begierden ist so eine
Menschenseele nicht fähig! Etwas ärmer schon ist
diese Menschenseele an Gemüts- und Verstandesinhalt, aber
am ärmsten als Bewußtseinsseele, zusammengeschrumpft
bis zu dem Bewußtsein des Selbstes, also
gewissermaßen bis zu einem Punkt. Man möchte sagen:
Die Figur, welche uns darstellt die menschliche Seele im
natürlichen Zustand auf dem physischen Plan, würde
eine Art nach oben gerichteter Pyramide (siehe die zwei
Dreiecke) darstellen;
unten an der Basis die Summe der Triebe, Begierden und
Leidenschaften, oben an der Spitze der Punkt des
Bewußtseins. Eine umgekehrte Pyramide stellt dar die
entwickelte Seele des wahren Hellsehers: Eine Pyramide, welche
oben die Basis hat, nämlich alle möglichen
Imaginationen, die man sich bilden kann und die da zum Ausdruck
bringen alles das, was uns abbilden kann den Welteninhalt,
unten als Spitze dasjenige, was das höhere
Einzelbewußtsein des Menschen ergibt. Aber noch in einem
anderen Sinne ist dieses Schema gewissermaßen
maßgebend. Ich habe es auch schon angedeutet in den neuen
Auflagen meiner «Theosophie», daß wir sagen
können: Die Empfindungsseele ist gleichsam der
provisorisch umgestaltete Astralleib. So daß wir hier
zusammenstellen können:
unten physischen Leib, dann Ätherleib, dann astralischen
Leib. Der provisorisch umgewandelte Astralleib ist die
Empfindungsseele auf dem physischen Plan; der provisorisch
umgewandelte Ätherleib ist die Verstandes- oder
Gemütsseele, und der provisorisch umgewandelte physische
Leib ist die Bewußtseinsseele.
Also die Bewußtseinsseele haben wir zunächst im
gegenwärtigen Menschheitszyklus als lokalisiert im
physischen Leib, das heißt so, daß sie sich der
physischen Werkzeuge bedient. Die Verstandesseele im
Ätherleib, das heißt, daß sie sich der
ätherischen Bewegungen bedient. Die Empfindungsseele, die
Triebe, Begierden und Leidenschaften zum Inhalt hat, bedient
sich der Kräfte, die im astralischen Leib lokalisiert
sind. Die Gemüts- oder Verstandesseele, die die inneren
Empfindungskräfte, Mitleidskräfte zum Beispiel zum
Inhalte hat, bedient sich des ätherischen Leibes; die
Bewußtseinsseele bedient sich des Gehirns des physischen
Leibes.
Wenn in diesem Sinn die Empfindungsseele umgestaltet wird zu
der Intuitionsseele, so müssen Sie sich demgemäß
auch vorstellen, daß die Intuitionsseele im Astralleibe
des Menschen ihr Werkzeughat. Die Inspirationsseele ist die
umgewandelte Verstandes- oder Gemütsseele. Sie hat im
Ätherleibe des Menschen ihr Werkzeug. Und die
Imaginationsseele, die umgewandelte Bewußtseinsseele hat
im physischen Leib des Menschen ihr Werkzeug. Und nun
vergleichen Sie das, was ich hier als Schema dargestellt habe,
mit dem, was ich eben vorhin ausgeführt habe, dann werden
Sie gewahr werden, daß Sie an diesem Schema ein
Erinnerungsbild haben. Ich habe Ihnen ausgeführt, daß
sich der physische Leib für das hellseherische Anschauen
in Imaginationen verwandelt, die Gemälde des Makrokosmos
sind. Sie sehen hier im Schema die Imaginationsseele den
physischen Leib ausfüllen. In der Tat taucht ein die
Imaginationsseele in den physischen Leib, durchdringt ihn, so
daß das hellseherische Bewußtsein, je mehr es einem
entwickelten Menschen gegenübersteht, die Glieder des
physischen Leibes durchdrungen sieht mit immer höheren und
höheren Imaginationen, die von dem Inneren dieser
Persönlichkeit in den physischen Leib hineingedrückt
werden. Im gewöhnlichen Menschen sind eine Anzahl von
Imaginationen, die ihm von höheren geistigen Wesenheiten
in die Glieder seines Leibes eingeprägt sind; bei dem
höher entwickelten Menschen treten in die Glieder des
physischen Leibes zu den Imaginationen, die ursprünglich
da sind, diejenigen hinzu, welche er aus seinem eigenen Innern
in seine Leibesglieder hineinprägt; so daß immer
reicher und reicher die Organe des physischen Leibes einer
okkult entwickelten Persönlichkeit werden.
Ich
wollte Ihnen in diesem Schema nichts anderes geben als eine Art
von Notiz, die zusammenfaßt das, was ich in den
Vorträgen schildernd ausgeführt habe. Ich mache Sie
besonders darauf aufmerksam, daß Sie aus diesem Schema
immer die Erinnerung davon behalten können, daß
Empfindungsseele, Gemüts- oder Verstandesseele und
Bewußtseinsseele sich umkehren, so daß nicht die
Bewußtseinsseele zur Intuitionsseele, sondern zur
Imaginationsseele, und nicht die Empfindungsseele zur
Imaginationsseele, sondern zur Intuitionsseele wird.
Damit, meine lieben Freunde, haben wir eine Skizze von dem
geliefert, was im Laufe dieser unserer Vorträge gegeben
werdenkonnte unter dem Thema: Die Veränderungen der
menschlichen Hüllen und des menschlichen Selbstes im Laufe
einer ernsthaft getriebenen anthroposophischen Entwicklung oder
einer esoterisch okkulten Entwicklung, was ja im Grunde
durchaus auch zusammenfallen kann. Sie haben gesehen, wie wir
begonnen haben sozusagen bei den kleinen, kaum wahrnehmbaren
Veränderungen des physischen Leibes, die der in okkulter
Entwicklung Begriffene zuerst leise wahrnimmt: die einzelnen
Glieder des physischen Leibes werden wie innerlich lebendiger
und lebendiger, während uns sonst nur der gesamte
physische Leib des Menschen wie ein Lebendiges vorkommt. Dann
haben wir gesehen, wie gewisse Veränderungen vorgehen, die
gewaltige Tatsachen des Innenlebens darstellen: diejenigen
Veränderungen des astralischen Leibes und des Selbstes,
welche jene gewaltigen Imaginationen geben, durch die wir uns
wie an den Anfang unserer Erdenmenschheitsentwicklung versetzt
fühlen können, ja noch ein Stück darüber
hinaus, die zur Paradieses- und zur Kain-Abel-Imagination
führen. Sie haben gesehen, wie in der Tat als eine
Wirklichkeit eine Art von Kraft im physischen Leib entsteht,
die ihn befähigt, sich gleichsam zu zerteilen; er bleibt
aber doch zusammen, er gibt nicht nach, weil hier in unserem
Menschheitszyklus die okkulte Übung nicht so weit gehen
darf, daß es zur Schädigung des physischen Leibes
führt. Aber es gibt doch eine Stärke der okkulten
Entwicklung, welche bis an die Möglichkeit
heranführt, daß der physische und der Ätherleib
sich innerliche Zerstörungskräfte heranerziehen; und
im Grunde genommen ist das immer da, wenn der Mensch die
Begegnung mit dem Hüter der Schwelle hat. Diese Begegnung
mit dem Hüter der Schwelle ist gar nicht möglich,
ohne daß man vor der Gefahr steht, in gewisser Beziehung
Zerstörungskräfte einzupflanzen seinem physischen und
ätherischen Leibe; aber eine jede richtige okkulte
Entwicklung schafft zugleich die Gegenmittel, und diese
Gegenmittel sind gegeben in dem, was Sie in meiner
«Geheimwissenschaft» als die sechs okkulten
Nebenübungen bezeichnet finden: Gedankenkonzentration, das
heißt starkes Anspannen seiner Gedanken, konzentriertes
Zusammenfassen seiner Gedanken; Herausentwicklung einergewissen
Initiative des Willens, eines gewissen Gleichmaßes von
Lust und Leid, eine gewisse Positivität im Verhalten zur
Welt, einer gewissen Unbefangenheit. Wer diese Eigenschaften in
seiner Seele parallel der okkulten Entwicklung heranerzieht,
bei dem entwickelt sich allerdings auf der einen Seite eine Art
Bestreben des physischen und ätherischen Leibes, zu
zerbrechen, das heißt, Todeskeime unter dem Einflüsse
der okkulten Entwicklung aufzunehmen; aber in dem gleichen
Maße, wie sich das entwickelt, wird es aufgehoben, so
daß es eigentlich nie wirksam ist, wenn der Mensch die
genannten Eigenschaften entwickelt oder durch seine moralische
Entwicklung ohnedies schon genug hat an Eigenschaften, die
diesen sechs Eigenschaften gleichkommen.
Mehr noch als eine Schilderung Ihnen zu geben, war ich
bestrebt, ein Gefühl in Ihren Herzen hervorzurufen von
dem, was okkulte Entwicklung ist und wie mannigfaltig und den
Menschen verändernd okkulte Entwicklung in das
Menschenwesen eingreift. Ahnen und empfinden haben Sie es
können, daß der Mensch vor mancherlei
Erschütterndem, auch Gefahrbringendem steht, wenn er eine
okkulte Entwicklung durchmacht. Aber neben manches, was
vielleicht schon in der theoretischen Betrachtungsweise ein
leises Grauen eingeflößt hat, mußte doch immer
sich der Gedanke vor die Seele hinzaubern, der alles Grauen
hinwegschafft, alle Furcht vor Gefahr beseitigen kann, der
einfach Enthusiasmus, Willensstärke in unserer Seele
aufruft: der Gedanke, daß wir an der von den Göttern
gewollten Evolution selbsttätig ein Stück arbeiten,
indem wir uns weiterbringen. Wer diesen Gedanken zu fassen
weiß in seiner ganzen Größe, in seiner ganzen
enthusiasmierenden und anfeuernden Bedeutung, wer diesen
Gedanken zu fassen weiß so, daß er Evolution, okkulte
Entwicklung im schönsten Sinn als seine Pflicht erscheinen
läßt, wer dies vermag zu fühlen, der fühlt
den Beginn dessen, was neben aller Gefahr, neben allem Kampfe,
neben allen Verwirrungen, neben allen Hindernissen
verknüpft ist mit aller Entwicklung des Entgegengehens den
Seligkeiten der geistigen Welten. Denn indem man diesen
Gedanken von der enthusiasmierenden Kraft des Ideals der
Entwicklung empfindet, kann manschon die Seligkeit der
Entwicklung beginnen fühlen; aber diese Seligkeit
bedeutet: dieses Entwickeln, diesen okkulten Fortschritt als
eine Notwendigkeit anzuerkennen. Das wird die Zukunft solcher
spirituell-esoterischer Bewegungen, wie die unsrige eine ist,
sein, daß spirituelle Entwicklung der Menschenseelen immer
mehr und mehr als eine Notwendigkeit wird angesehen werden und
daß das Ausschließen, das Sichfeindlichstellen zur
spirituellen Entwicklung — bedeuten wird ein
Sichverbinden mit den in der eigenen Erdenschwere zugrunde
gehenden Abfallsprodukten des Irdischen, mit dem Herausfallen
aus der gottgewollten Evolution des Weltenalls.
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